Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 II 187



84 II 187

28. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Februar 1958 i.S. Bischoff
gegen A.-G. für Kohlenförderung. Regeste

    Vorkaufsrecht der Verwandten des Verkäufers nach Art. 6 EGG und
ergänzendem kantonalen Recht.

    1.  Streitwert beim Prozess über Grundeigentum (Erw. 1).

    2.  Prätendentenstreit zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem
Käufer, der die rechtswirksame Ausübung des Vorkaufsrechts bestreitet. Ist
der Vorkaufsberechtigte bereits im Grundbuch eingetragen, so ist der Käufer
bei Einwilligung des Verkäufers auch zum Begehren um Grundbuchberichtigung
legitimiert. Art. 975 ZGB (Erw. 2).

    3.  Das Grundbuchamt hat den Verkauf erst dann nach Art. 13 Abs. 3 EGG
den vorkaufsberechtigten Verwandten anzuzeigen, wenn er zur Eintragung
angemeldet ist. Die Anmeldung eines in die Sperrfrist des Art. 218 OR
(in der Fassung nach Art. 50 EGG) fallenden Verkaufes ist erst zulässig,
wenn die zuständige Behörde ihn bewilligt hat. Art. 965 und 966 ZGB,
12 Abs. 1 GBV, 218ter OR (Erw. 3).

    4.  Die Ausübungserklärung nach Art. 14 EGG erfolgt rechtzeitig, wenn
sie binnen der Monatsfrist, d.h. bis 24 Uhr des letzten Tages, an das
Grundbuchamt adressiert der schweizerischen Post übergeben wird. Analoge
Anwendung von Art. 32 Abs. 3 OG (Erw. 4).

    5.  Kann auf das Verwandten-Vorkaufsrecht mit Bezug auf einen konkreten
Verkauf verzichtet werden? Frage offen gelassen. Jedenfalls fällt nur eine
dem Grundbuchamt oder zu dessen Handen abgegebene Erklärung in Betracht
(Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Anton Bischoff, Landwirt in Aach-Tübach (Sankt Gallen), hatte 1952
durch Erbteilung ein landwirtschaftliches Heimwesen erworben. Mit Vertrag
vom 3. Mai 1955 verkaufte er es der A.-G. für Kohlenförderung, St. Gallen,
zum Preise von Fr. 208'000.--. Unter den "weitern Kaufsbestimmungen"
wurde ausdrücklich erklärt: "Für diesen Kaufvertrag ist die Zustimmung
des kantonalen Volkswirtschaftsdepartementes bezüglich vorzeitigen Verkauf
(Kürzung der Sperrfrist) einzuholen".

    B.- Diese Zustimmung wurde am 12. Mai 1955 erteilt.  Schon am 5. Mai
hatte jedoch das Grundbuchamt Tübach die Anmeldung des Kaufvertrages
gemäss Art. 13 Abs. 3 EGG den vorkaufsberechtigten Personen mitgeteilt,
mit der Weisung, "innert Monatsfrist, von der Zustellung dieser Mitteilung
an gerechnet, dem unterzeichneten Grundbuchamt mittels beigefügtem Zirkular
schriftlich zu erklären", ob sie ihr Vorkaufsrecht geltend machen wollten.

    C.- Olga Bischoff, Zürich, Schwester des Verkäufers, erhielt
diese Mitteilung am 6. Mai 1955. Am 6. Juni 1955 liess sie die von ihr
unterzeichnete Erklärung, sie übe ihr Vorkaufsrecht aus, in St. Gallen
der Post übergeben. Das Grundbuchamt erhielt sie am 7. Juni 1955,
liess gleichen Tages den Verkäufer die Anmeldung zur Eintragung der
Vorkaufsberechtigten unterzeichnen und nahm diese Eintragung vor.

    D.- Hierauf klagte die A.-G. für Kohlenförderung (Käuferin) einerseits
gegen den Verkäufer Anton Bischoff, anderseits gegen die nunmehr auf
Grund ihres Vorkaufsrechtes eingetragene Eigentümerin Olga Bischoff.

    Mit der ersten Klage verlangte sie, es sei ihr das verkaufte Heimwesen
als Eigentum zuzusprechen, und sie sei zur Anmeldung der Eintragung
des Eigentumsüberganges zu ermächtigen; eventuell sei der Verkäufer
zu Schadenersatz (in noch zu bestimmender Höhe) zu verpflichten. Vor
Bezirksgericht anerkannte Anton Bischoff den Hauptantrag dieser Klage;
er ermächtigte die Klägerin, die Eintragung des Eigentumsübergangs auf
sie anzumelden. Das Bezirksgericht Rorschach schrieb am 22. Dezember 1955
die Sache als dadurch erledigt ab.

    Im vorliegenden zweiten Prozess erstrebt die A.-G. für Kohlenförderung
eine Grundbuchberichtigung in dem Sinne, dass sie selbst an Stelle der
Beklagten Olga Bischoff als Eigentümerin einzutragen sei. Sie begründet die
Klage damit, die Beklagte habe vor und nach dem Abschluss des Kaufvertrages
in mündlichen Verhandlungen sowohl gegenüber dem Verwaltungsratspräsidenten
der Klägerin, Ettore Corazza, als gegenüber dem Verkäufer Anton Bischoff
ihr Einverständnis mit dem Verkauf an die Klägerin erklärt und auf ihr
Vorkaufsrecht vorbehaltlos und unwiderruflich verzichtet. Wenn das aber
nicht genügte oder nicht nachweisbar wäre, hätte die Beklagte jedenfalls
ihr Vorkaufsrecht wegen verspäteter Abgabe ihrer Erklärung verwirkt. Die
Monatsfrist nach Art. 14 Abs. 1 EGG in Verbindung mit Art. 77 Abs. 1
Ziff. 3 OR sei am 6. Juni 1957 abgelaufen. An diesem Tage, nicht erst
am 7. Juni, hätte die Erklärung beim Grundbuchamt eintreffen müssen,
weil es sich um ein Gestaltungsrecht, daher um eine empfangsbedürftige
Erklärung handle.

    Die Beklagte bestritt, jemals einen Verzicht auf ihr Vorkaufsrecht
ausgesprochen zu haben. In rechtlicher Hinsicht machte sie geltend, zur
Wahrung des Vorkaufsrechtes habe die Postaufgabe ihrer Ausübungserklärung
am letzten Tage der Frist genügt. Im übrigen sei die Klägerin zu einer
Grundbuchberichtigungsklage gar nicht legitimiert. Nach Art. 975 Abs. 1
ZGB habe nur derjenige ein Klagerecht, der durch einen Eintrag in seinen
dinglichen Rechten verletzt sei. Ein solches Recht an der umstrittenen
Liegenschaft habe die Klägerin nie erworben.

    E.- Das Bezirksgericht Rorschach hat die Klage mangels
Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Es nahm an, die Klägerin
könnte ein dingliches Recht an der Liegenschaft nur durch ein Urteil,
das ihr gemäss Art. 656 Abs. 2 ZGB das Eigentum zugesprochen hätte,
erworben haben. Einer Klageanerkennung ohne Urteil mit nachfolgender
Abschreibung des Prozesses könne diese Wirkung nicht zukommen; es hätte
der materiellen Beurteilung des Erwerbsanspruchs durch den Richter bedurft,
um einen Eigentumsübergang ohne Grundbucheintrag zustande zu bringen. - Das
Bezirksgericht fügte bei, die Klage wäre auch bei Bejahung der Legitimation
abzuweisen, weil die Beklagte ihr Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt habe. Es
sei heute ein allgemein anerkannter Grundsatz (wobei auf BGE 81 IV 322
hingewiesen wird), dass eine Erklärung rechtzeitig erfolge, wenn sie am
letzten Tag der Frist einer schweizerischen Poststelle übergeben werde.

    F.- Auf Appellation der Klägerin hat das Kantonsgericht St. Gallen
die Klage am 7. Dezember 1956 gutgeheissen. Das Urteil bejaht
die Aktivlegitimation der Klägerin, weil die Klageanerkennung im
Prozess der Klägerin gegen Anton Bischoff mit dem darauf gestützten
Abschreibungsbeschluss einem Urteil gleichzusetzen sei. Auf diesem
Wege habe die Klägerin das Eigentum und damit auch das Recht zur Klage
nach Art. 975 ZGB gegen die eingetragene Eigentümerin erworben. Dass
diese Rechtsänderung erst während der Hängigkeit des vorliegenden
Prozesses eingetreten sei, schade nichts, denn nach st. gallischem
Prozessrecht genüge es, wenn die Aktivlegitimation bis zum Abschluss
des Schriftenwechsels behauptet werde und bei Urteilsfällung zu
Recht bestehe. - Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil erachtet das
Kantonsgericht das Vorkaufsrecht der Beklagten sodann für verwirkt, da
sie die Ausübungsfrist von einem Monat nicht gewahrt habe. Es handle
sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die erst mit der
Zustellung an den Empfänger wirksam abgegeben sei. Daran ändere es
nichts, dass als Empfänger eine Behörde (das Grundbuchamt) erscheine;
denn der Grundbuchverwalter habe nach Art. 14 Abs. 1 EGG als Vertreter der
Vertragsparteien zu handeln. Somit behalte die Ausübung des Vorkaufsrechtes
den Charakter einer privaten, rechtsgeschäftlichen Erklärung. Auf diesen
Sachverhalt lasse sich die prozessuale, für Eingaben an Behörden im
allgemeinen geltende Regel, auf die sich auch BGE 81 IV 322 beziehe,
nicht ausdehnen. Bei diesem Ergebnis brauche nicht geprüft zu werden,
ob die Beklagte ihr Vorkaufsrecht infolge Verzichtes überhaupt nicht
gültig hätte ausüben können, auch wenn sie die ihr dazu angesetzte Frist
eingehalten hätte.

    G.- Neben einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde, die das
Kassationsgericht St. Gallen am 28. Juli 1957 abwies, legte die Beklagte
gegen das Urteil des Kantonsgerichts die vorliegende Berufung an das
Bundesgericht ein mit dem Antrag auf Abweisung der Klage, eventuell
Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung.

    Die Klägerin trägt auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Eventuell, wenn den Erwägungen des Kantonsgerichts nicht gefolgt würde,
wäre nach ihren Ausführungen die Rückweisung der Sache zur Abklärung der
Verzichtsfrage geboten.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Streit geht um das Eigentum an einer Liegenschaft. Deren Wert
macht daher den Streitwert aus. Er würde, nach dem Kaufpreis bemessen, Fr.
208'000.-- und nach den Angaben der Berufungsschrift Fr. 210'000.--
betragen. Jedenfalls ist der für die Berufung an das Bundesgericht,
und zwar mit mündlicher Parteiverhandlung, erforderliche Streitwert von
Fr. 8000.-- erreicht.

Erwägung 2

    2.- Die vorliegende Klage stellt sich nach dem Antrag als
Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB dar. Zu einer solchen
Klage ist nach dem Gesetzestext befugt, wer durch einen ungerechtfertigten
Eintrag in seinen dinglichen Rechten verletzt ist. Ebenso dient diese
Klage zum Schutze vorgemerkter sowie solcher dinglicher Rechte, die durch
den beanstandeten Eintrag indirekt betroffen werden (OSTERTAG, 2. Aufl.,
N. 15-18, und HOMBERGER, 2. Aufl., N. 13-17 zu Art. 975 ZGB). Als
blosse Käuferin befand sich die Klägerin zunächst in keiner derartigen
Rechtsstellung. Der Kaufvertrag gab ihr nur einen persönlichen Anspruch
auf Eintragung, und der bei Weigerung des Eigentümers entstehende Anspruch
auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums lässt den Käufer ebenfalls
nicht als sogleich dinglich Berechtigten erscheinen, da ihm erst das
gerichtliche Urteil das Eigentum zuweisen soll (Art. 665 Abs. 1 ZGB). Als
Eigentumserwerbsakt kommt daher für die Klägerin nur die erfolgreiche
Beendigung des Prozesses gegen den Verkäufer in Betracht. Abgesehen
von der unter den Parteien umstrittenen Frage aber, ob ein gerichtlicher
Vergleich oder eine gerichtliche Klageanerkennung, also ein Willensakt ohne
materielle gerichtliche Überprüfung des Anspruches auf Eigentumserwerb,
die Wirkung einer gerichtlichen Eigentumszusprechung haben könne, ist
zweifelhaft, ob sich im Prozess gegen den Verkäufer, und wäre es auch
durch Urteil, ein Eigentumsübergang auf die Käuferin überhaupt bewirken
liess, nachdem jener über das Grundstück zugunsten einer Drittperson,
der Beklagten, verfugt hatte und diese im Grundbuch eingetragen worden war.

    Wie dem auch sein mag, ist indessen die Aktivlegitimation der Klägerin
aus folgenden Gründen zu bejahen:

    Die Klage mündet zwar nach ihrem Antrag in eine
Grundbuchberichtigungsklage aus, ist aber nach ihrer Begründung in
erster Linie eine Prätendentenklage der Käuferin gegen die gestützt auf
ein Vorkaufsrecht in den Kaufvertrag eingetretene Dritte, die ihr den
Erwerbsanspruch streitig gemacht hat. Normalerweise haben sich die beiden
Ansprecher auseinanderzusetzen, bevor der eine von ihnen im Grundbuch
als neuer Eigentümer eingetragen wird. Art. 14 Abs. 1 EGG verpflichtet
denn auch das Grundbuchamt, die Erklärung über die Ausübung eines
Vorkaufsrechts den Vertragsparteien mitzuteilen, also auch dem Käufer
(vgl. dazu A. COMMENT, Le droit de préemption agricole, ZBGR 39/1958
S. 22). Der Verkäufer wird sich dazu in der Regel neutral verhalten, und es
kommt daher, wenn ein Vorkaufsrecht geltend gemacht wird, der Käufer aber
dessen gültige Ausübung bestreitet, zum Prätendentenstreite, nach dessen
Beendigung erst der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen wird,
und zwar auf den obsiegenden Prätendenten. Im vorliegenden Falle wurde
die Beklagte nur deshalb vor der Auseinandersetzung mit der Klägerin
eingetragen, weil der Grundbuchverwalter, sobald er im Besitz ihrer
Ausübungserklärung war, beim Verkäufer die Bewilligung zur Eintragung
des Eigentumsüberganges auf sie einholte und erhielt, ohne dass die
Stellungnahme der Klägerin abgewartet wurde. Da sie aber die gültige
Ausübung des Vorkaufsrechtes bestritt, blieb ihr die Durchführung des
Prätendentenstreites gegen die Beklagte vorbehalten, um entscheiden
zu lassen, ob deren Erwerbsanspruch zu schützen sei oder nicht, wovon
es abhängt, ob der bestehende Eigentumseintrag zu Recht besteht oder
als ungerechtfertigt zu gelten hat. Der bei ungültiger Ausübung des
Vorkaufsrechts sich ergebende Anspruch auf Grundbuchberichtigung stand
an und für sich dem Verkäufer zu, dessen Eintrag durch denjenigen der
Beklagten ersetzt wurde. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist jedoch
auch in dieser Hinsicht gegeben, nachdem der Verkäufer die von ihr
gegen ihn erhobene Klage anerkannt hat. Denn abgesehen von der oben
offen gelassenen Frage, ob dieser Anerkennung Urteilswirkung zukomme,
ist darin die Erklärung des Verkäufers enthalten, es stehe der Käuferin
anheim, den Anspruch auf Berichtigung des Eigentumseintrages zu erheben
und, wenn dieser Anspruch geschützt würde, unmittelbar sich selbst als
Eigentümerin eintragen zu lassen.

Erwägung 3

    3.- Somit ist zu prüfen, ob die Beklagte ihr Vorkaufsrecht wegen
verspäteter Geltendmachung verwirkt habe, so dass sich ihre auf dieses
Recht gestützte Eintragung als ungerechtfertigt erwiese. Dabei stellt
sich in erster Linie die Frage, ob der Grundbuchverwalter befugt gewesen
sei, die Frist den vorkaufsberechtigten Verwandten des Verkäufers
zur Stellungnahme schon am 5. Mai 1955 anzusetzen, obwohl der in die
Sperrfrist des Art. 218 OR (in der Fassung nach Art. 50 EGG) fallende
Kaufvertrag noch der behördlichen Bewilligung bedurfte und sie erst am
12. Mai erhielt. Diese Frage wurde zwar im kantonalen Verfahren von keiner
Seite aufgeworfen. Sie betrifft aber die Rechtsfolgen festgestellter
Tatsachen, ist also eine vom Bundesgericht im Rahmen der Parteianträge
von Amtes wegen zu beurteilende Rechtsfrage (Art. 63 Abs. 1 und 3 OG).

    Das Vorkaufsrecht der Verwandten nach EGG und ergänzendem kantonalen
Recht (Art. 6 Abs. 2 EGG) untersteht nicht dem Art. 681 Abs. 2 und
3 ZGB. Nach spezialgesetzlicher Ordnung hat die Urkundsperson dem
Grundbuchverwalter ein von der zuständigen kantonalen Behörde beglaubigtes
Verzeichnis solcher vorkaufsberechtigter Personen einzureichen. Und diesen
hat alsdann der Grundbuchverwalter "die Anmeldung eines Kaufvertrages
unverzüglich mitzuteilen, unter Hinweis auf die Frist zur Geltendmachung
des Vorkaufsrechts" (Art. 13 Abs. 1 und 3 EGG). Diese Fristansetzung
ist somit erst zulässig, wenn der Kaufvertrag beim Grundbuchamte zur
Eintragung angemeldet worden ist. Nichts anderes meint Art. 14 Abs. 1 EGG,
wenn er ungenau auf die "Mitteilung vom Abschluss des Kaufvertrages"
Bezug nimmt. Diese Vorschrift knüpft an die vorausgehende an, die
eindeutig als Gegenstand der Mitteilung an die Vorkaufsberechtigten
die Anmeldung des Kaufvertrages bezeichnet (vgl. auch den französischen
Text von Art. 13 Abs. 3 EGG: "Dès que l'inscription de la vente a été
requise, le conservateur ... avisera ..."). Zu beanstanden ist daher
der Text des vom Grundbuchamte verwendeten Formulars "Mitteilung an die
Vorkaufsberechtigten ...", wonach ihnen Kenntnis gegeben wird, "dass ...
seine landwirtschaftliche Liegenschaft ... zu verkaufen beabsichtigt".
Massgebend ist, dass nach der erwähnten gesetzlichen Vorschrift die
Anzeige an die Vorkaufsberechtigten mit Fristansetzung erst nach Eingang
der Anmeldung des Kaufvertrages erfolgen darf. Und zwar fällt nur eine
Anmeldung in Betracht, die als formell gültige Grundlage der Eintragung
erscheint. Sie muss nach Art. 12 Abs. 1 GBV unbedingt und vorbehaltlos sein
und sich nach Art. 965 ZGB auf den Ausweis über (das Verfügungsrecht und)
den Rechtsgrund stützen. Fehlt es an einem genügenden Ausweis über den
Rechtsgrund, so ist die Anmeldung nach Art. 966 Abs. 1 ZGB abzuweisen,
ohne dass auch nur eine vorläufige Eintragung nach Abs. 2 daselbst in Frage
käme. Bei Kaufverträgen, die in die gesetzliche Sperrfrist nach Art. 218 OR
fallen, bedarf der Rechtsgrundausweis einer besondern Ergänzung. Solche
Verträge sind, solange die behördliche Ausnahmebewilligung aussteht,
"nichtig und geben kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch" (Art. 218ter
OR). Daher ist die Anmeldung erst zulässig, wenn ihr als Beleg ausser
dem öffentlich beurkundeten Vertrag eine amtliche Bescheinigung über die
behördliche Bewilligung beigelegt werden kann. Das traf im vorliegenden
Fall erst am 12. Mai 1955, dem Tag der Erteilung dieser Bewilligung, zu,
so dass eine frühere Anmeldung verfrüht war und mangels der unerlässlichen
formellen Ausweise auch nicht Gegenstand einer Anzeige nach Art. 13
Abs. 3 EGG bilden konnte. Übrigens ist gar nicht festgestellt und aus
den Akten nicht ersichtlich, dass das Grundbuchamt am 5. Mai überhaupt im
Besitz einer solchen (mangelhaften) Anmeldung (Eintragungsbewilligung des
Verkäufers) war, deren es (als materieller Verfügung über das Grundeigentum
zur Erfüllung der im Kaufvertrag eingegangenen Verpflichtung) auch in
den Kantonen bedarf, welche die Vertragsbeurkundung dem Grundbuchamt
zugewiesen haben. Jedenfalls durfte mangels einer gehörig belegten
Anmeldung die Anzeige mit Fristansetzung an die Beklagte am 5. Mai 1955
noch nicht ergehen. Dies um so weniger, als eine in die Sperrfrist fallende
Veräusserung bisweilen nur unter bestimmten Bedingungen bewilligt wird,
die auch ein in den Vertrag eintretender Vorkaufsberechtigter einhalten
muss, und sich die Behörde mitunter für den Fall des Eintritts eines
Vorkaufsberechtigten die nochmalige Entscheidung vorbehält. Über diese
Modalitäten der Bewilligung sind die vorkaufsberechtigten Verwandten in
der grundbuchamtlichen Anzeige ebenso zu orientieren wie über die für ihre
Entschliessung wesentlichen Bestimmungen des Kaufvertrages (wozu vgl. JOST,
N. 3 zu Art. 13 EGG; COMMENT, Le droit de préemption agricole, aaO S. 18;
BGE 83 II 517 ff.). Nach alldem konnte die Monatsfrist gegenüber der
Beklagten frühestens am 12. Mai beginnen, ist also durch die am 6. Juni
zur Post gegebene, am 7. Juni beim Grundbuchamt eingetroffene Erklärung
auf alle Fälle eingehalten.

    Dass die Beklagte aus Rechtsunkenntnis sich an die Fristansetzung,
wie das Grundbuchamt sie vornahm, halten zu müssen glaubte, kann ihr
nicht schaden. Vielmehr muss ihr die gesetzliche Ordnung zugute kommen,
wonach die unabänderlich auf einen Monat bemessene Frist nicht vor dem
12. Mai beginnen konnte.

    Für den Fristbeginn ist belanglos, ob die behördliche Bewilligung
sicher in Aussicht steht. Hier war dies übrigens nicht der Fall, da die
Klägerin sich nicht landwirtschaftlich betätigt. Die Behörde fand sich,
wie aus der Begründung ihrer Verfügung hervorgeht, zur Erteilung der
Bewilligung deshalb bereit, weil die Klägerin die Kaufliegenschaft einem
Landwirt verpachten will.

Erwägung 4

    4.- Bei dieser Sachlage entfällt die von den Parteien gestützt
auf Rechtsgutachten erörterte Frage, ob die Ausübungserklärung der
Beklagten bei Berechnung der Frist vom 6. Mai 1955 an am 6. Juni 1955
als dem letzten Tag der Frist hätte beim Grundbuchamt eintreffen müssen,
oder ob es hiefür genügte, dass sie an diesem Tage an das Grundbuch
adressiert bei einem schweizerischen Postamt aufgegeben wurde. Entgegen
der Ansicht der Klägerin erweist sich die Ausübungserklärung auch bei
dieser Berechnung des Fristenlaufes als rechtzeitig. Freilich hat man es
bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes mit einer jemand anderem (nämlich
nach den erwähnten Vorschriften des EGG dem Grundbuchamt) abzugebenden,
also mit einer "empfangsbedürftigen" Willenserklärung zu tun. Damit ist
aber nicht entschieden, welche Handlung oder sonstige Tatsache binnen
der zur Abgabe der Erklärung angesetzten Frist erfolgen muss. Bei
rechtsgeschäftlichen Erklärungen unter Abwesenden gilt allerdings
grundsätzlich die Empfangstheorie, wie sie Art. 3 Abs. 2 OR für die
Annahme von Vertragsofferten anerkennt und wonach die Erklärung vor
Ablauf der dafür eingeräumten Frist beim Destinatär eintreffen muss
(vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 der Vorbem. zu Art. 3-10 OR; GUHL, OR
§ 13 III/IV; siehe auch Art. 1 Abs. 4 VVG; hinsichtlich der Anwendung
dieses Grundsatzes auf andere befristete Willenserklärungen, namentlich
Kündigungen: v. TUHR, OR, § 22 VI; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 9, und BECKER,
N. 8 zu Art. 267 OR). Diese in BGE 73 II 168 Mitte auch auf die Ausübung
eines Vorkaufsrechts nach Art. 681 ZGB angewendete Regel ist immerhin
dispositiver Natur. Es besteht somit Raum für abweichende Vereinbarungen
und Übungen, wie sie denn auch in bestimmten Berufs- und Gewerbekreisen
anzutreffen sind und in Geschäftsbedingungen und Vertragsformularen
Ausdruck finden. Namentlich wird dabei etwa auf das Datum der Postaufgabe
abgestellt. Doch ist nicht zu ersehen, dass sich für die Beklagte auf
privatrechtlichem Boden eine solche Abweichung vom "Empfangsprinzip"
rechtfertigen liesse. Was nun aber die Postaufgabe vom 6. Juni 1955
auf alle Fälle als den für die Fristwahrung genügenden Akt erscheinen
lässt, ist der Umstand, dass die Erklärung nicht einer Privatperson,
sondern dem Grundbuchamt abzugeben war, gemäss dem in Art. 13 und 14 EGG
vorgeschriebenen amtlichen Verfahren. Es drängt sich auf, für die Frage
der Wahrung dieser amtlich anzusetzenden Frist die im Verfahrensrecht des
Bundes (insbesondere Art. 32 Abs. 3 OG) und in zahlreichen Prozessgesetzen
der Kantone aufgestellte, geradezu allgemeines schweizerisches öffentliches
Gewohnheitsrecht gewordene Regel anzuwenden, wonach es zur Wahrung einer
Frist für Eingaben an Behörden und andere amtliche Stellen genügt, wenn
der an die betreffende Stelle adressierte Brief noch binnen der Frist der
schweizerischen Post übergeben worden ist (vgl. auch BGE 81 IV 321). Und
zwar ist als Endpunkt der gemäss Art. 13/14 EGG dem Vorkaufsberechtigten
anzusetzenden Monatsfrist das Ende (24 Uhr) des letzten Tages zu
betrachten, entsprechend Art. 32 Abs. 3 OG, also abweichend von
einzelnen kantonalen Prozessgesetzen wie auch von dem durch Art. 169
OG aufgehobenen Art. 31 Abs. 3 SchKG, wonach die Frist für Eingaben an
Behörden am letzten Tag um 18 Uhr ablief. Dieser Betrachtungsweise lässt
sich nicht mit Fug entgegenhalten, die beim Grundbuchamt abzugebende
Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes diene der Wahrung privater
Ansprüche und habe daher rechtsgeschäftlichen Charakter wie eine dem
allgemeinen Recht des Art. 681 ZGB unterstehende Erklärung; somit
sei das Grundbuchamt nur als gesetzlicher Vertreter der Beteiligten zu
betrachten. Gewiss geht es um die Geltendmachung eines Privatpersonen
zustehenden gesetzlichen Vorkaufsrechts. Aber dafür schreibt das EGG
im Unterschied zum allgemeinen Recht des ZGB (Art. 681/82) und des
OR (Art. 216 Abs. 3) eben das vom Grundbuchverwalter durchzuführende
Verfahren vor. Damit wird die Einholung der Ausübungserklärungen zu einem
Teil der Grundbuchführung, nämlich der sich an den Eingang der Anmeldung
des Kaufvertrages anschliessenden Massnahmen des Grundbuchamtes. Dieses
erlässt die Mitteilung und Fristansetzung nach Art. 13/14 EGG denn auch in
eigenem Namen als Behörde (Amtsstelle), nicht als gesetzlicher Vertreter
des Verkäufers oder des Käufers. Es handelt sich somit um eine amtliche
Verfügung gleichwie etwa die Ansetzung der Frist zum Rechtsvorschlag oder
zur Bestreitung des Lastenverzeichnisses durch ein Betreibungsamt. Hier
wie dort tut der in der Verwirklichung privater Ansprüche bestehende
Zweck des Verfahrens seinem amtlichen Charakter keinen Abbruch. Wer
als Vorkaufsberechtigter eine solche grundbuchamtliche Einladung zur
Stellungnahme unter Fristansetzung erhält, betrachtet deshalb mit Recht die
ihm obliegende Erklärung als Eingabe an eine Behörde, was die Heranziehung
der in Art. 32 Abs. 3 OG formulierten Regel zur Auslegung der Art. 13
und 14 EGG vollauf rechtfertigt. In gleichem Sinne hat sich übrigens
bereits ein Kreisschreiben des eidg. Justiz- und Polizeidepartementes
vom 6. Dezember 1917 (BBl 1917 IV S. 877 ff., Ziff. 3) zur Anwendung des
Art. 108 ZGB (Einspruch gegen die Eheschliessung) ausgesprochen.

Erwägung 5

    5.- Zu prüfen bleibt, ob die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen
sei zur Beweiserhebung über den von der Klägerin behaupteten Verzicht
der Beklagten auf die Ausübung ihres Vorkaufsrechts. Die Behauptung geht
dahin, die Beklagte habe wiederholt, namentlich am 18. April und am 17. Mai
1955, in telefonischer Besprechung mit dem Verwaltungsratspräsidenten der
Klägerin ihr Einverständnis mit dem Kauf der Liegenschaft durch diese
und den Verzicht auf ihr Vorkaufsrecht erklärt. Im gleichen Sinn habe
sie sich gegenüber dem Verkäufer Anton Bischoff geäussert, als sie ihn
im Kantonsspital St. Gallen besucht habe, und Bischoff habe dies wieder
der Klägerin mitgeteilt.

    Nach herrschender Lehre bedarf die Aufhebung eines gesetzlichen
Vorkaufsrechts der öffentlichen Beurkundung und der Eintragung in das
Grundbuch gemäss Art. 680 Abs. 2 ZGB (JOST, N. 3 zu Art. 6 EGG mit
Zitaten). Dagegen wird der Verzicht auf die Ausübung eines solchen
Vorkaufsrechts im einzelnen Vorkaufsfall, nach dessen Eintritt, als
formlos zulässig betrachtet (JOST, aaO und N. 6 zu Art. 7 EGG). Gegenüber
diesem zweiten Fall eines Verzichtes, wie er hier allein behauptet wird,
erheben sich Bedenken, wenn ein Vorkaufsrecht von Verwandten nach EGG in
Frage steht. Denn wenn die Liegenschaft an jemand veräussert wird, der mit
dem Vorkaufsberechtigten nicht auch verwandt ist, läuft der Verzicht auf
Ausübung bei diesem Verkauf auf die endgültige Aufgabe des Vorkaufsrechtes
hinaus. Allerdings kann dieses Recht auch bei Versäumung der für die
Ausübung eingeräumten Frist nicht mehr wirksam zur Geltung kommen, was
man als stillschweigenden Verzicht bezeichnen mag. Dabei stand aber dem
Berechtigten die Überlegungsfrist ganz zur Verfügung. Die an die Versäumung
der Frist geknüpfte Verwirkungsfolge besagt nicht, dass schon während der
Frist ein Verzicht in jeder Form habe verbindlich ausgesprochen werden
können. Verneint man die Zulässigkeit eines solchen Verzichtes, so bleibt
die Ausübungserklärung der Beklagten gültig, auch wenn vorher eine (eben
nicht rechtsverbindliche) Verzichtserklärung abgegeben worden sein sollte.

    Aber auch wenn man die Möglichkeit eines rechtsverbindlichen,
unwiderruflichen Verzichtes nach Eintritt des Vorkaufsfalles bejaht,
könnte doch nach der in den Art. 13 und 14 EGG getroffenen Ordnung
nur ein beim Grundbuchamt oder zu dessen Handen erklärter und ihm
tatsächlich übermittelter Verzicht in Betracht kommen. Denn nach den
erwähnten spezialgesetzlichen Vorschriften ist die Feststellung, ob
die betreffenden Vorkaufsrechte ausgeübt werden oder auf die Ausübung
verzichtet werde, Aufgabe des Grundbuchamtes. Mit Recht werden daher die
Berechtigten laut dem vom Grundbuchamt verwendeten Mitteilungsformular
ersucht, diesem Amte binnen Monatsfrist schriftlich zu erklären, "ob Sie
das Vorkaufsrecht geltend machen, evtl. zu welchem Preis, oder ob Sie
auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichten". Im vorliegenden Falle
hat das Grundbuchamt keine Verzichtserklärung erhalten, und es ist gar
nicht behauptet worden, die Beklagte habe ihre angeblich an die Klägerin
gerichtete Verzichtserklärung zu Handen des Grundbuchamtes abgegeben, was
übrigens der guten Ordnung halber in einem Schriftstück hätte geschehen
sollen, das dem Grundbuchamt hätte als von der verzichtenden Person
ausgestelltes Beleg übermittelt werden können. Nachdem das Verfahren vor
dem Grundbuchamt keinen Verzicht ergeben, sondern zur vorbehaltlosen und,
wie dargetan, rechtzeitigen Ausübung des Vorkaufsrechtes geführt hatte,
war die Beklagte rechtswirksam in den Kaufvertrag eingetreten. Diese
Rechtsgestaltung lässt sich nicht entkräften durch einen Verzicht, der
dem Grundbuchamt nicht, jedenfalls nicht vor der Ausübungserklärung,
eingereicht worden ist.

    Vorbehalten bleibt die Frage, ob ein ausserhalb des grundbuchlichen
Verfahrens der Art. 13 und 14 EGG erklärter und daher unbeachtlicher
Verzicht immerhin die Grundlage von Schadenersatzansprüchen, etwa aus
dem Gesichtspunkt arglistig oder leichtfertig gegebener Zusicherungen,
bilden könne, was die vorliegende Klage nicht geltend macht.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichtes
des Kantons St. Gallen vom 7. Dezember 1956 aufgehoben und die Klage
abgewiesen.