Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 III 13



84 III 13

4. Entscheid vom 28. März 1958 i.S. T. Regeste

    Rechtsvorschlag. Hat der Schuldner nachweisbar Rechtsvorschlag erhoben,
so kann ihm die Angabe im Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls, es sei
kein Rechtsvorschlag erfolgt, nicht schaden. Die Unrichtigkeit dieser
Angabe kann durch einen Bericht des Betreibungsamtes nachgewiesen werden.

Sachverhalt

    In der Betreibung Nr. 3436 stellte das Betreibungsamt der Gläubigerin
am 18. Januar 1958 das Doppel des am 16. Januar dem Schuldner zugestellten
Zahlungsbefehls zu. Darauf war vermerkt, es sei kein Rechtsvorschlag
erhoben worden. Hierauf stellte die Gläubigerin am 30. Januar 1958
(also sechs Tage vor Ablauf der Frist von Art. 88 Abs. 1 SchKG) das
Fortsetzungsbegehren. Am 3. Februar 1958 sandte ihr das Betreibungsamt
dieses zurück mit der Begründung, es könne ihm keine Folge geben, weil
der Betriebene auf den Zahlungsbefehl hin Rechtsvorschlag erhoben habe.

    Hierauf führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Begehren, das
Betreibungsamt sei anzuweisen, dem Fortsetzungsbegehren zu entsprechen,
weil das Betreibungsamt auf dem Zahlungsbefehl bestätigt habe, dass kein
Rechtsvorschlag erhoben worden sei. Dazu erklärte das Betreibungsamt in
seiner Vernehmlassung vom 8. Februar 1958, die Ehefrau des Schuldners
sei am 18. Januar im Amtsbüro erschienen und habe für ihren Ehemann
mündlich Rechtsvorschlag erhoben; dieser Rechtsvorschlag sei auf dem
Betreibungsbegehren und auf dem Schuldnerdoppel des Zahlungsbefehls sowie
im "Hauptbuch" (d.h. offenbar: im Betreibungsbuch im Sinne von Art. 30 der
Verordnung Nr. I zum SchKG vom 18. Dezember 1891) eingetragen worden; auf
dem gleichentags (also vor Ablauf der zehntägigen Rechtsvorschlagsfrist)
versandten Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls sei aus Versehen vermerkt
worden, es sei kein Rechtsvorschlag erfolgt; die Gläubigerin hätte schon
beim Vergleich der Daten feststellen können, dass ein Irrtum vorliegen
müsse.

    In Übereinstimmung mit der ersten Instanz stellte die obere kantonale
Aufsichtsbehörde auf Grund der Auskünfte des Betreibungsamtes, die sie
als zuverlässig betrachtete, fest, dass in der streitigen Betreibung
am 18. Januar 1958, also fristgerecht, Rechtsvorschlag erhoben worden
sei. Demgemäss hat sie mit Entscheid vom 8. März 1958 die Beschwerde
abgewiesen.

    Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Gläubigerin,
ihre Beschwerde sei gutzuheissen und das Betreibungsamt anzuweisen,
ihrem Fortsetzungsbegehren Folge zu leisten. Das Bundesgericht weist den
Rekurs ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Begründung:

    Der Rechtsvorschlag erfolgt nach Art. 74 Abs. 1 SchKG durch mündliche
oder schriftliche Erklärung an das Betreibungsamt und bewirkt nach Art. 78
Abs. 1 SchKG die Einstellung der Betreibung. Aus diesen klaren Bestimmungen
ergibt sich zweifelsfrei, dass die gegenüber dem Betreibungsamt abgegebene
Erklärung des Schuldners oder seines Vertreters, er erhebe Rechtsvorschlag,
ohne weiteres zur Folge hat, dass die Betreibung mindestens einstweilen
(d.h. solange der Rechtsvorschlag nicht beseitigt ist) nicht weitergeführt
werden kann. Ob das Betreibungsamt diese Erklärung dem Gläubiger auf der
für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls gemäss Art. 76 Abs. 1
SchKG richtig mitteilt oder nicht, kann auf ihre Wirkung keinen Einfluss
haben. Insbesondere macht es den Rechtsvorschlag nicht ungeschehen,
wenn das Betreibungsamt auf dieser Ausfertigung versehentlich vermerkt,
es sei kein Rechtsvorschlag erhoben worden. Das Gesetz enthält keine
Bestimmung, aus der sich ableiten liesse, dass sich der Gläubiger auf
einen solchen Vermerk ähnlich wie ein gutgläubiger Dritter auf einen
Eintrag im Grundbuch ohne Rücksicht darauf, ob er richtig sei oder nicht,
unbedingt verlassen dürfe, und es liesse sich auch sachlich in keiner
Weise rechtfertigen, wenn ein Betriebener, der Rechtsvorschlag erhoben
hat, wegen eines dem Betreibungsamt unterlaufenen Übermittlungsfehlers
wehrlos der Durchführung der ganzen Betreibung ausgesetzt wäre. Beim
Vermerk auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls handelt es sich
um eine amtliche Beurkundung, die nach Art. 8 Abs. 3 SchKG und Art. 9
ZGB für die durch sie bezeugten Tatsachen solange - und nur solange -
Beweis schafft, als nicht nachgewiesen ist, dass sie inhaltlich unrichtig
ist. Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden (Art. 9 Abs. 2
ZGB, JAEGER N. 7 zu Art. 8 SchKG). Er kann insbesondere durch einen von
der kantonalen Aufsichtsbehörde als zuverlässig erachteten Bericht des
Betreibungsamtes (der entgegen der von der Rekurrentin im kantonalen
Verfahren vertretenen Ansicht nicht eine unbewiesene Parteibehauptung,
sondern eine amtliche Auskunft darstellt) erbracht werden. In diesem
Sinne hat sich das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit schon in den
Entscheiden BGE 25 I Nr. 100 und namentlich 26 I Nr. 44 (= Sep.ausg. 2
Nr. 51, 3 Nr. 22) ausgesprochen, auf die JAEGER an der von der Rekurrentin
selber angerufenen Kommentarstelle hinweist (N. 5 a zu Art. 70 SchKG).

    Im vorliegenden Falle haben die kantonalen Instanzen auf Grund
des Amtsberichtes des Betreibungsamtes festgestellt, dass die Ehefrau
des Schuldners für diesen am 18. Januar 1958 und damit fristgerecht
Rechtsvorschlag erhoben habe. Die Rekurrentin bestreitet das vor
Bundesgericht mit Recht nicht mehr. Aus dieser Tatsache folgt nach dem
Gesagten ohne weiteres, dass das Fortsetzungsbegehren der Rekurrentin
zurückzuweisen war, wie es geschehen ist.