Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 III 122



84 III 122

29. Beschluss der II. Zivilabteilung vom 27. November 1958 i.S. Elektrische
Bahn Stansstad-Engelberg AG Regeste

    Nachlassvertrag einer privaten Eisenbahnunternehmung.

    1.  Annahme des Nachlassvertrags (Art. 65 VZEG). Beschlussfassung
über die Umwandlung von Prioritäts- in Stammaktien (Art. 51 Abs. 4 VZEG,
Art. 654/655 OR).

    2.  Verweigerung der Bestätigung des Nachlassvertrags wegen unredlicher
oder grobfahrlässiger (sehr leichtfertiger) Handlungen zum Nachteil
der Gläubiger? (Art. 68 Ziff. 3 VZEG, Art. 306 Abs. 1 SchKG).

    3.  Klagefristansetzung an die Gläubiger bestrittener
Forderungen? (Art. 69 VZEG). Welche Bedeutung kommt den Entscheidungen,
die der Masseverwalter im Zwangsliquidationsverfahren gemäss Art. 26 VZEG
über die eingegebenen Forderungen erlassen hat, in einem gemäss Art. 76
VZEG während der Zwangsliquidation eingeleiteten Nachlassverfahren zu?

    4.  Wieweit ist die Vorschrift des Art. 47 VZEG über die Behandlung
nicht bezogener Abfindungsbeträge für Obligationäre im Nachlassverfahren
entsprechend anzuwenden? (Änderung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- Die Elektrische Bahn Stansstad-Engelberg AG, die seit 1898
die in der Firma genannte Schmalspurbahn betreibt, hat seit langem
mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Stammaktienkapital
von ursprünglich Fr. 1'000,000.-- wurde im Jahre 1924 auf die Hälfte
herabgesetzt und durch neu ausgegebene Aktien auf Fr. 800'000.-- erhöht
und musste im Jahre 1942 auf Fr. 160'000.-- abgeschrieben werden. Die
Stammaktionäre erhielten im ganzen nur während 13 Jahren eine (bescheidene)
Dividende, letztmals im Jahre 1929 eine solche von 2%. Das im Jahre
1899 geschaffene Prioritätsaktienkapital von Fr. 600'000.-- wurde im
Jahre 1942 auf Fr. 480'000.-- herabgesetzt und ist seit dem Jahre
1931 ertraglos. Das im Jahre 1898 aufgenommene Obligationenkapital
von Fr. 1'000,000.-- wurde 1904 auf Fr. 1'200,000.-- und 1912 auf
Fr. 1'600,000.-- erhöht. Im Jahre 1927 nahm die Bahngesellschaft zwecks
Konversion des Anleihens von 1912 ein neues, zu 5 1/2% verzinsliches
Obligationenanleihen von Fr. 1'600,000.-- (eingeteilt in 1600 Titel
zu Fr. 1000.--) auf, das gemäss den Anleihensbedingungen am 30.
Juni 1937 zurückbezahlt werden sollte. Dieses Anleihen wurde (wie schon
die frühern) durch eine I. Hypothek auf der Bahnlinie samt Zubehör und
Betriebsmaterial sichergestellt. In der Folge mussten der Bahngesellschaft
in drei aufeinander folgenden Gläubigergemeinschaftsverfahren (1933/34,
1941/42, 1951/52) Zinsermässigungen und Verlängerungen der Laufzeit dieses
Anleihens bewilligt werden (Beschlüsse des Bundesgerichtes vom 18. Januar
1934, 5. März 1942, 13. Juni 1952). Der vom Bundesgericht am 13. Juni 1952
genehmigte Gläubigerbeschluss sah die Erstreckung der Anleihensdauer bis
Ende 1954 zum ermässigten Zinsfuss von 3% vor.

    B.- Die Bahngesellschaft zahlte vom 1. Januar 1954 an auch diesen
ermässigten Zins nicht mehr und war ausserstande, Ende 1954 das Kapital
zurückzuzahlen. Daher verlangten in der Folge verschiedene Gläubiger die
Zwangsliquidation. Zwei Gesuche wurden durch Nichteintreten bzw. Rückzug
erledigt (Beschluss der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 1. März
1955 i.S. Falck, Verfügung des Instruktionsrichters vom 17. Oktober 1955
i.S. Ringwald). Dagegen eröffnete die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
in Gutheissung des Gesuchs des Obligationärs Dr. Paul Leumann, der sich
als Inhaber von 200 Obligationen auswies, am 13. April 1956 gemäss Art. 17
Abs. 3 des Bundesgesetzes über Verpfändung und Zwangsliquidation von
Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen vom 25. September 1917 (VZEG)
das Verfahren auf Zwangsliquidation und setzte der Bahngesellschaft eine
Frist von sechs Monaten zur Befriedigung des Gesuchstellers (Art. 19
Abs. 1 VZEG).

    Während dieser Frist (mit Eingabe vom 7. August 1956)
stellte die Bahngesellschaft das Gesuch um Einberufung einer neuen
Gläubigerversammlung. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer entsprach
diesem Gesuch mit Beschluss vom 29. August 1956. Die Umwandlung
der Obligationen in Vorzugsaktien und der Erlass der seit 1. Januar
1954 laufenden Zinsen, welche die Bahngesellschaft den Obligationären
vorschlug, fanden jedoch nicht die Zustimmung einer Mehrheit von zwei
Dritteln des im Umlauf befindlichen Kapitals, wie sie nach Art. 1170
OR für die gültige Annahme dieser Anträge erforderlich gewesen wäre,
sondern an der Gläubigerversammlung vom 22. Oktober 1956 ergab sich
ein klares Gegenmehr. Daher wurde das Gläubigergemeinschaftsverfahren am
8. November 1956 als dahingefallen erklärt und das nach Veröffentlichung
der Einberufung der Gläubigerversammlung eingestellte Verfahren auf
Zwangsliquidation weitergeführt.

    Da die der Bahngesellschaft angesetzte, letztmals bis 27. November
1956 erstreckte Frist zur Befriedigung des Gläubigers Dr. Leumann unbenützt
ablief, ordnete die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer nach Einholung von
Vorschlägen der Beteiligten für die Wahl des Masseverwalters am 3. Januar
1957 die Zwangsliquidation des Vermögens der Schuldnerin an und ernannte
Advokat Dr. Kurt Sidler in Luzern zum Masseverwalter.

    C.- Als das Liquidationsverfahren schon weit fortgeschritten war
(Schuldenruf, Prüfung der eingegebenen Forderungen und Ansprüche
und Entscheid darüber durch den Masseverwalter, Erledigung der
Rekurse gegen diese Entscheide, Beurteilung von Beschwerden gegen
Administrativverfügungen des Masseverwalters, Aufzeichnung des Vermögens
der Bahnunternehmung, Ernennung und Instruktion der Sachverständigen für
die Schätzung dieses Vermögens, Verhandlungen mit dem Eidg. Post- und
Eisenbahndepartement, Vorbereitung der Steigerungsbedingungen durch den
Masseverwalter), ersuchte die Schuldnerin am 18. Januar 1958 gestützt auf
Art. 54 und 76 VZEG um Gewährung einer Nachlassstundung. Es war inzwischen
(Ende November 1957) der Ersparniskasse Nidwalden gelungen, von Gläubigern,
die sich der von der Schuldnerin im Jahre 1956 vorgeschlagenen Sanierung
widersetzt hatten, über 800 Obligationen zu kaufen, so dass nunmehr
Aussicht bestand, für eine Sanierung eine Mehrheit zu gewinnen.

    Das Eidg. Post- und Eisenbahndepartement empfahl in seiner
Vernehmlassung vom 31. Januar 1958 die Bewilligung der Stundung mit
dem Bemerken, die Unfähigkeit der Schuldnerin zur Rückzahlung der
Anleihensschuld von Fr. 1'600,000.--, die bisher ein Hindernis für
eine technische Sanierung gemäss den Bundesgesetzen vom 6. April 1939
und 21. Dezember 1949 über die Hilfeleistung an private Eisenbahn-
und Schiffahrtsunternehmungen gebildet habe, sei offensichtlich;
das Zustandekommen eines Nachlassvertrages wäre zu begrüssen, wobei
die Eliminierung der Anleihenschuld aus der Bilanz die Voraussetzungen
für eine anschliessende finanzielle Intervention der öffentlichen Hand
begünstigen würde.

    Hierauf bewilligte die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer der
Schuldnerin mit Beschluss vom 4. Februar 1958 die nachgesuchte Stundung,
stellte das Liquidationsverfahren für deren Dauer ein und beauftragte den
gemäss Art. 76 VZEG an die Stelle des Sachwalters tretenden Masseverwalter,
das Nachlassverfahren durchzuführen, soweit nach dem vorausgegangenen
Liquidationsverfahren noch erforderlich. Im April 1958 erstatteten die mit
der Schätzung des Vermögens der Schuldnerin beauftragten Sachverständigen
Prof. Dr. B. Bauer, Ingenieur F. Joss und Baumeister A. Kurmann, denen
der Masseverwalter nach Bewilligung der Nachlassstundung einen der neuen
Lage (vgl. Art. 58 Abs. 3 VZEG) angepassten Fragebogen vorgelegt hatte,
ihr Gutachten. Der von der Schuldnerin innert der Frist von Art. 55
Abs. 1 VZEG eingereichte Nachlassvertragsentwurf lautet in der auf Grund
der Stellungnahme der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer (Beschluss
vom 22. Mai 1958) und der Ergebnisse des Rechtstages vom 2. Juni 1958
bereinigten Fassung wie folgt:

    "1. Das auf Fr. 60'000.-- herabgesetzte Prioritätskapital wird in
Stammaktien umgewandelt, eingeteilt in 1200 Inhaber-Aktien zu je Fr. 50.-.

    2. Die Gläubigeransprüche gegenüber der Elektr. Bahn
Stansstad-Engelberg werden per Saldo durch Barzahlung wie folgt abgefunden:

    a)  Die Obligationenschuld von Fr. 1'600,00.- zuzüglich 3% Zins vom
1.1.54 bis 31.12.54 und 5 1/2 % Verzugszins seit 1.1.55, eingeteilt
in 1600 Obligationen à je Fr. 1000.-- und sichergestellt durch ein
Eisenbahnpfandrecht gemäss Art. 9 ff. VZEG:

    Durch Nachlass der Zinsen und eine Dividende von 45% (Barzahlung
von je Fr. 450.-- pro Obligation), wobei die 1600 Obligationen und das
Eisenbahnpfandrecht annulliert werden. Die Dividende ist zahlbar binnen
2 Monaten nach Bestätigung des Nachlassvertrages durch das Bundesgericht.

    b)  Die nach Art. 40 Ziff. 4 VZEG privilegierte Forderung der SBB
durch Barzahlung binnen 2 Monaten nach Bestätigung des Nachlassvertrages
durch das Bundesgericht.

    c)  Die Kurrentforderungen (zurzeit 17 Gläubiger mit einer
Gesamtforderungssumme von Fr. 35'726.35):

    Durch eine Dividende von 30%, zahlbar binnen 2 Monaten nach Bestätigung
des Nachlassvertrages durch das Bundesgericht.

    3. Der Nachlassvertrag ist durch den Masseverwalter zu vollziehen.

    4. Das Bundesgericht ist zu ersuchen, den Liquidationszustand der
Elektr. Bahn Stansstad-Engelberg aufzuheben."

    In seinem Gutachten vom 4. August 1958 (Art. 58 Abs. 4 VZEG) beurteilte
der Masseverwalter diesen Vorschlag als angemessen.

    D.- Die auf den 1. Juli 1958 einberufene ausserordentliche
Generalversammlung der Bahngesellschaft, in der 1682 von 3200 Stammaktien
und 583 von 1200 Prioritätsaktien vertreten waren, beschloss die
Abschreibung des Stammkapitals, die Herabsetzung des Prioritätskapitals
auf Fr. 60'000.--, die Ausgabe neuer Aktien für Fr. 740'000.-- und die
Anpassung der Statuten an diese neuen Kapitalverhältnisse. Art. 3 der
Statuten wurde dahin abgeändert, dass das voll einbezahlte Aktienkapital
Fr. 800'000.--, bestehend in 1200 Inhaberaktien von je Fr. 50.- mit einer
Stimme und 1480 Inhaberaktien von je Fr. 500.-- mit je 10 Stimmen, betrage
(welche Statutenänderung sowohl in einer Gesamtabstimmung als auch in einer
Sonderabstimmung der Prioritätsaktionäre einstimmig angenommen wurde). Alle
Beschlüsse wurden unter der Bedingung gefasst, dass der Nachlassvertrag
gemäss dem oben wiedergegebenen Entwurf zustande komme. Schliesslich wurde
der Versammlung unter Vorlegung der bezüglichen Urkunden bekanntgegeben,
dass der Kanton Nidwalden 909, der Kanton Obwalden 571 neue Inhaberaktien
zu Fr. 500.-- gezeichnet und durch Barzahlung liberiert habe.

    Am 9. September 1958 fanden die vom Masseverwalter gemäss Art. 60 in
Verbindung mit Art. 51 Abs. 4 und Art. 63 VZEG einberufenen Versammlungen
der Anleihensgläubiger, der Kurrentgläubiger und der Prioritätsaktionäre
statt. Bei Mitberücksichtigung der vor und binnen 30 Tagen nach der
Versammlung schriftlich abgegebenen Stimmen haben dem Nachlassvertrag
zugestimmt: alle ihr Stimmrecht ausübenden 113 Obligationäre mit 1228
von insgesamt 1600 Titeln,

    alle 16 ihr Stimmrecht ausübenden Kurrentgläubiger mit Forderungen
von total Fr. 29'966.35 (bei einem Gesamtbetrag der zugelassenen
Kurrentforderungen Fr. 35'726.35),

    79 von 81 ihr Stimmrecht ausübenden Prioritätsaktionären, die 732 von
insgesamt 1200 Prioritätsaktien vertraten; 1 Aktionär mit 5 Aktien stimmte
für Verwerfung, 1 Aktionär mit 2 Titeln legte den Stimmzettel leer ein.

    Am 24./26. September 1958 unterbreitete der Masseverwalter dem
Bundesgericht die Akten und sein Gutachten im Sinne von Art. 66 Abs. 1
VZEG, worin er zum Schlusse kam, der Nachlassvertrag sei angenommen und
zu bestätigen.

    Einwendungen gegen den Nachlassvertrag sind auf die öffentliche
Bekanntmachung hin, dass das Bundesgericht heute über die Bestätigung des
Vertrags entscheiden werde und dass allfällige Einwendungen binnen 20 Tagen
von dieser Bekanntmachung an beim Bundesgericht schriftlich einzureichen
seien (Art. 66 Abs. 2 VZEG), nicht eingegangen. Zur heutigen Verhandlung
ist allein der Masseverwalter erschienen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- In den Gruppen der Obligationäre, der Kurrentgläubiger
und der Prioritätsaktionäre, die der Masseverwalter in Anwendung
von Art. 60 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 51 Abs. 4 VZEG gebildet und zu
besondern Versammlungen einberufen hat, stimmte die Mehrheit (ja
zum Teil die Gesamtheit) der ihr Stimmrecht ausübenden Gläubiger
(bezw. Prioritätsaktionäre) dem Nachlassvertrag zu und vertraten die
Zustimmenden mehr als die Hälfte des gesamten Forderungsbetrags der Gruppe
(bezw. des Prioritätskapitals). Alle diese Gruppen sind also gemäss
Art. 65 Abs. 1 VZEG als zustimmend zu betrachten.

    Eine ausserordentliche Generalversammlung der Bahngesellschaft
hatte schon vorher u.a. die Herabsetzung des Prioritätskapitals
von Fr. 480'000.-- auf Fr. 60'000.-- und eine Neufassung von Art. 3
der Statuten beschlossen, welche die Umwandlung des herabgesetzten
Prioritätskapitals in Stammkapital zur Voraussetzung hat (vgl. oben
D). Dabei hatte es aber nicht die Meinung, dass in der Generalversammlung
auch schon über diese Umwandlung Beschluss gefasst werden solle. Indem die
Generalversammlung ihre Beschlüsse unter der Bedingung fasste, dass der
Nachlassvertrag zustande komme, der diese Umwandlung in Ziff. 1 vorsieht,
überliess sie vielmehr die Beschlussfassung über diesen Punkt der gemäss
Art. 51 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 63 VZEG im Nachlassverfahren zu
bildenden Gruppe der Prioritätsaktionäre, die dann auch der in Frage
stehenden Massnahme mit der von Art. 65 Abs. 1 VZEG geforderten Kopf-
und Summenmehrheit zugestimmt hat.

    Man kann sich fragen, ob es für die Umwandlung der Prioritätsaktien
in Stammaktien noch nötig gewesen wäre, die Prioritätsaktionäre im
Nachlassverfahren gemäss Art. 51 Abs. 4 VZEG wie Gläubiger zu behandeln,
wenn die Generalversammlung der Bahngesellschaft diese Umwandlung
ihrerseits bereits beschlossen gehabt hätte, was unter Einhaltung
der Vorschriften von Art. 654 und 655 in Verbindung mit Art. 649 des
revidierten OR vom 18. Dezember 1936 bezw. der in diesen Vorschriften
vorbehaltenen statutarischen Bestimmungen möglich gewesen wäre. Art. 51
Abs. 4 VZEG ist im Jahre 1917, also in einem Zeitpunkt erlassen
worden, da das OR die Möglichkeit, Vorrechte der Prioritätsaktionäre
durch einen mit Mehrheit dieser Aktionäre (und sämtlicher Aktionäre)
gefassten Beschluss zu beseitigen, noch nicht vorsah und der grundlegende
Entscheid, der dieses Vorgehen als zulässig erklärte (BGE 51 II 427 E. 4,
Entscheid vom 5. Oktober 1925) noch nicht ergangen war. Mit dieser
Vorschrift wollte das VZEG dafür sorgen, dass bei Eisenbahnsanierungen
die Umwandlung von Prioritätsaktien in Stammaktien (oder ein sonstiger für
die Sanierung nötiger Eingriff in die Vorrechte der Prioritätsaktionäre)
unabhängig davon, ob das OR oder die Statuten dies zulassen, durch
einen Mehrheitsbeschluss erfolgen könne (vgl. BGE 47 III 114/115,
49 III 227). Im Hinblick auf diesen Zweck der Vorschrift von Art. 51
Abs. 4 VZEG lässt sich die Ansicht vertreten, seitdem durch die Praxis
und dann auch durch ausdrückliche Gesetzesbestimmungen die Beseitigung
von Vorrechten der Prioritätsaktionäre durch Beschlussfassung in der
Generalversammlung ermöglicht worden ist, erübrige sich die Einberufung
einer Gruppenversammlung der Prioritätsaktionäre gemäss VZEG, wenn die
Generalversammlung den in Frage stehenden Eingriff in die Vorrechte der
Prioritätsaktionäre bereits gültig beschlossen hat. Auch wenn man dies
annimmt, kann jedoch das im vorliegenden Falle gewählte Verfahren nicht
beanstandet werden. Die Beteiligten durften sich an den klaren Wortlaut der
sondergesetzlichen Vorschrift von Art. 51 Abs. 4 VZEG halten, die durch
das revidierte OR von 1936 nicht etwa als aufgehoben bezeichnet worden
ist. Der gemäss VZEG zustande gekommene Beschluss der Prioritätsaktionäre
über die Umwandlung der Prioritäts- in Stammaktien ist also zweifellos
als gültig zu betrachten.

    Die SBB wurden gemäss Art. 62 VZEG mit Recht nicht in die Verhandlungen
über den Nachlassvertrag einbezogen, weil ihre Forderung gemäss Art. 52
Ziff. 6 VZEG unverkürzt zu bezahlen ist.

    Demnach steht fest, dass der Nachlassvertrag im Sinne von Art. 65
Abs. 6 VZEG als angenommen zu gelten hat.

Erwägung 2

    2.- ... (Die Bestimmungen des Nachlassvertrags sind im Sinne von
Art. 68 Ziff. 2 VZEG den Interessen der Gläubiger angemessen und wahren
zwischen den einzelnen Gläubigergruppen ein Verhältnis, das der Billigkeit
und dem bisherigen Rang der Forderungen genügend Rechnung trägt.)

Erwägung 3

    3.- Die Bahnunternehmung hat zu einer Zeit, da bereits bestimmt
mit der baldigen Anordnung der Zwangsliquidation zu rechnen war,
noch grössere Lieferungen auf Kredit bestellt und entgegengenommen,
was zur Folge hatte, dass bei Eröffnung der Liquidation unbezahlte
Rechnungen für solche Lieferungen von rund Fr. 35'000.-- vorhanden waren
(vgl. z.B. den Fall Tenconi, BGE 83 III 121). Diese Forderungen mussten in
das Zwangsliquidations- und hernach in das Nachlassverfahren einbezogen
werden, voraus den betreffenden Gläubigern ein Verlust von 70% ihres
Guthabens entsteht. Dem damaligen Betriebsdirektor, der die fraglichen
Lieferungen bestellte und entgegennahm, ist jedoch zuzubilligen, dass
er subjektiv gutgläubig handelte. Nicht nur er, sondern auch die übrigen
Organe der Bahn gaben sich keine Rechenschaft davon, dass die Eröffnung
der Zwangsliquidation der Konkurseröffnung im Sinne der SchKG gleichkommt
und wie diese bewirkt, dass die Schuldnerin nicht mehr über ihr Vermögen
verfügen und insbesondere auch die vorhandenen flüssigen Mittel nicht
mehr zur Bezahlung vorher entstandener Verbindlichkeiten verwenden
kann. Dass die Bahnorgane die Bedeutung des (seit langem in keinem
Falle mehr zur Durchführung gelangten) Zwangsliquidationsverfahrens vor
seiner Eröffnung nicht richtig beurteilten, kann ihnen nicht als schweres
Verschulden angerechnet werden. Der Unternehmung sind daher "unredliche
oder grobfahrlässige Handlungen oder Unterlassungen zum Nachteil der
Gläubiger" im Sinne von Art. 68 Ziff. 3 VZEG nicht vorzuwerfen.

    Seit dem Erlass des VZEG von 1917 ist übrigens Art. 306 SchKG, der
praktisch gleich wie Art. 68 Ziff. 3 VZEG bestimmte, der Nachlassvertrag
werde nur bestätigt, wenn der Schuldner nicht zum Nachteil seiner Gläubiger
unredliche oder sehr leichtfertige Handlungen begangen habe, in dem Sinne
abgeändert worden, dass die Nachlassbehörde die Bestätigung verweigern
kann, wenn der Schuldner zum Nachteil seiner Gläubiger solche Handlungen
begangen hat (Art. 306 Abs. 1 SchKG in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom
28. September 1949). Mit dieser Revision wollte man namentlich erreichen,
dass die Fehler von Organen juristischer Personen die Bestätigung eines
im Interesse der Aktionäre, der Gläubiger und unter Umständen auch
der Öffentlichkeit liegenden Nachlasssvertrags nicht ausschliessen. Die
Bestätigung der Nachlassverträge von Eisenbahnunternehmungen (deren Inhaber
fast ausnahmslos juristische Personen sind) an strengere Voraussetzungen zu
knüpfen, als sie heute für die Nachlassverträge anderer Schuldner gelten,
lässt sich nicht rechtfertigen. Um so weniger lässt sich aus dem Verhalten
des frühern Betriebsdirektors der Stansstad-Engelberg-Bahn ein Grund für
die Verwerfung des vorliegenden Nachlassvertrags herleiten.

Erwägung 4

    4.- ... (Für die im Nachlassvertrag übernommenen Leistungen ist im
Sinne von Art. 68 Ziff. 1 VZEG genügende Sicherheit bestellt.)

    Nach alledem ist der Nachlassvertrag zu bestätigen, was gemäss Art. 76
Abs. 5 VZEG zur Aufhebung des Zwangsliquidationsverfahrens führt.

Erwägung 5

    5.- Massnahmen im Sinne von Art. 69 VZEG (Klagefristansetzung an
die Gläubiger bestrittener Forderungen usw.) erübrigen sich, weil keine
bestrittenen Forderungen mehr vorhanden sind. Der Masseverwalter hatte
im Zwangsliquidationsverfahren die auf den Schuldenruf hin eingegebenen
Forderungen gemäss Art. 26 VZEG zu prüfen und "über ihre Begründetheit
und den Betrag derselben" zu entscheiden. Diese - mit Motiven versehenen
- Entscheidungen sind am 23. Mai 1957 ergangen und den "Ansprechern"
schriftlich mitgeteilt worden. Ein Entscheid des Masseverwalters über die
Begründetheit des Anspruchs unterblieb - mit Recht - nur bezüglich der
Forderung Eugen Meiers aus einem Eisenbahnunfall, über die bei Eröffnung
der Zwangsliquidation bereits ein Prozess schwebte. Dieser Prozess
wurde nach dem Rückzug des Rekurses, mit dem Meier die Anerkennung
seiner Forderung im Verfahren gemäss Art. 26 VZEG erreichen wollte,
fortgesetzt und führte dazu, dass die Forderung Meiers letztinstanzlich
vom Bundesgericht abgewiesen wurde (Urteil der II. Zivilabteilung vom
8. Mai 1958, BGE 84 II 202). Die übrigen "Ansprecher" hatten, soweit ihre
Forderungen abgewiesen wurden, gemäss Art. 26 VZEG die Möglichkeit,
gegen den Entscheid des Masseverwalters binnen 30 Tagen seit der in
dieser Bestimmung vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung an das
Bundesgericht zu rekurrieren. Einen solchen Rekurs reichte Norbert Zumbühl
ein, zog ihn aber in der Folge zurück. Die andern mit ihren Ansprüchen
ganz oder teilweise abgewiesenen Gläubiger liessen die Rekursfrist
unbenützt verstreichen. Demzufolge sind alle abweisenden Entscheidungen des
Masseverwalters in Rechtskraft erwachsen. Sie bleiben für die abgewiesenen
Gläubiger, deren Forderungen auch von der Schuldnerin selber bestritten
worden sind, im hernach eingeleiteten Nachlassverfahren massgebend. Wenn in
BGE 49 III 197 ff. E. 4, 5 entscheiden wurde, dass die rechtskräftigen
Kollokationsverfügungen der Konkursverwaltung für einen während des
Konkursverfahrens zustande gekommenen Nachlassvertrag (von dem hier nicht
gegebenen Falle des Liquidationsvergleichs abgesehen) grundsätzlich
keine Bedeutung haben, so kann dies für das Verhältnis zwischen dem
Zwangsliquidationsverfahren im Sinne des VZEG und einem während dieses
Verfahrens abgeschlossenen Nachlassvertrag (Prozentvergleich) trotz
der weitgehenden Analogie, die sonst zwischen Zwangsliquidations-
und Konkursverfahren besteht, nicht entsprechend gelten. Während im
gewöhnlichen Konkursverfahren die Entscheidungen der Konkursverwaltung
über die Anerkennung der Forderungen (Art. 245 SchKG) nicht weiterziehbar
sind, sondern nur durch gerichtliche Klage gemäss Art. 250 SchKG als
Bestandteile des Kollokationsplans angefochten werden können, unterliegen
nämlich im Zwangsliquidationsverfahren die vom Masseverwalter gemäss
Art. 26 VZEG gefällten Entscheidungen über die Begründetheit und die
Höhe der eingegebenen Forderungen unmittelbar und ohne Beschränkung dem
Rekurs an das Bundesgericht, das im Falle solcher Weiterziehung auf Grund
freier Prüfung endgültig entscheidet. Angesichts dieser ganz besondern
Ausgestaltung des Verfahrens zur Feststellung der Begründetheit und der
Höhe der angemeldeten Forderungen sowie der Vorschrift von Art. 76 Abs. 2
VZEG, wonach das Nachlassverfahren nur durchgeführt wird, soweit dies
nach dem vorangegangenen Liquidationsverfahren noch erforderlich ist,
rechtfertigt es sich, die gemäss Art. 26 VZEG ergangenen und mangels
Rekurses rechtskräftig gewordenen Entscheidungen des Masseverwalters
gegebenenfalls auch in einem anschliessenden Nachlassverfahren zu
beachten, d.h. sie im Verhältnis zwischen den Gläubigern der in Frage
stehenden Forderungen und der Nachlassschuldnerin als massgebend zu
betrachten, sofern sie wenigstens wie hier zutreffend mit der eigenen
Stellungnahme der Schuldnerin zu diesen Forderungen übereinstimmen. Wie
es sich verhalte, wenn der Masseverwalter von der Schuldnerin selber
anerkannte Forderungen abgewiesen hat oder umgekehrt, braucht hier nicht
untersucht zu werden, da kein solcher Fall vorliegt. Den Gläubigern, deren
Forderungen durch rechtskräftige Entscheidungen des Masseverwalters ganz
oder teilweise abgewiesen wurden, ist daher nicht gemäss Art. 69 VZEG
Gelegenheit zu geben, ihre Forderungen nun noch in einem selbständigen
gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. (Zum Teil wären übrigens die
durch rechtskräftige Verfügung des Masseverwalters abgewiesenen Forderungen
und Ansprüche im Nachlassverfahren auch deswegen nicht zu berücksichtigen,
weil sie nur im Falle eines Abbruchs der Bahn aktuell geworden wären.)

Erwägung 6

    6.- Der Masseverwalter hat die Annullierung der Obligationen und die
Umwandlung der Prioritätsaktien zu Fr. 400.-- in Stammaktien zu Fr. 50.-,
die mit der Bestätigung des Nachlassvertrags verbunden sind, zugleich
mit dem Bestätigungsentscheid öffentlich bekanntzumachen (vgl. BGE 44
III 232). Die Abfindungsbeträge für Obligationen, die innert der vom
Masseverwalter anzusetzenden Frist nicht bezogen werden, sind in analoger
Anwendung von Art. 47 VZEG für Rechnung des Titelinhabers zinstragend
zu deponieren. Entgegen BGE 44 III 232/233 und Art. 51 der "Instruktion
der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Schweiz. Bundesgerichts
für den Sachwalter in Eisenbahn-Nachlassvertrags-Angelegenheiten"
vom 9. Februar 1920 (Nachtrag zur Sammlung der eidg. Erlasse über
Schuldbetreibung und Konkurs, Zürich, Verlag Orell Füssli, 1921, S. 165
ff.), die nicht etwa eine Verordnung, sondern nur eine Zusammenfassung
der in der bundesgerichtlichen Praxis entwickelten Grundsätze darstellt,
rechtfertigt es sich dagegen nicht, die für das Zwangsliquidationsverfahren
aufgestellte Vorschrift von Art. 47 VZEG im Nachlassverfahren auch insoweit
entsprechend anzuwenden, als sie bestimmt, dass der hinterlegte Betrag
nach zehn Jahren, wenn er innert dieser Frist nicht erhoben wurde, der
Krankenunterstützungskasse des betreffenden Unternehmens zufalle. Diese
Bestimmung erklärt sich daraus, dass im Falle der Zwangsliquidation die
Anleihensschuldnerin, die praktisch immer eine Aktiengesellschaft ist,
mit dem Abschluss des Liquidationsverfahrens verschwindet, und dass eine
nachträgliche Verteilung der während der Verjährungsfrist von zehn Jahren
nicht erhobenen Betreffnisse unter die übrigen Gläubiger unüberwindlichen
Schwierigkeiten begegnen würde. Im Gegensatz hiezu bleibt bei Abschluss
eines Nachlassvertrags, der für die Gläubiger die Abfindung durch eine
Kapitalzahlung vorsieht, das schuldnerische Unternehmen bestehen. Es
führt den Betrieb weiter, und man erwartet von ihm, dass es weiterhin in
angemessener Weise zur Finanzierung der Fürsorgeeinrichtungen für sein
Personal beitrage. Daher dürfen ihm Mittel, auf die es von Gesetzes wegen
Anspruch hat, nicht entzogen werden. Hiezu gehören die von ihm für die
Abfindung der Obligationäre bereitgestellten und von diesen während der
zehnjährigen Verjährungsfrist von Art. 127 OR nicht bezogenen Geldbeträge.
Zugunsten von Obligationären hinterlegte Abfindungsbeträge, die bis zum 27.
November 1968 nicht bezogen werden, sind also ohne weiteres der Schuldnerin
zur Verfügung zu stellen.

Entscheid:

             Demnach beschliesst das Bundesgericht:

    1. Der Nachlassvertrag wird bestätigt.

    2. Der Masseverwalter wird gemäss Ziffer 3 des Nachlassvertrags mit
dessen Vollzug beauftragt.

    3. Das Zwangsliquidationsverfahren wird aufgehoben.