Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 84 III 105



84 III 105

27. Entscheid vom 9. September 1958 i.S. M. in Nachlassliquidation.
Regeste

    Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung.  Grundpfandgesicherte
Forderungen fallen im Sinne von Art. 316 a Abs. 2 SchKG nicht unter
den Nachlassvertrag, so dass die Gläubiger solcher Forderungen die
Liquidationsmasse (Art. 316 d Abs. 2 Satz 2 SchKG) auf Grundpfandverwertung
betreiben können.

Sachverhalt

    Am 15. März 1956 bewilligte eine Bank dem Bauunternehmer M. einen
Kontokorrentkredit von Fr. 67'000.--. Zur Sicherung dieses Kredites
einschliesslich Zinsen, Provisionen und Kosten wurde am 28. März
1956 auf einem Grundstück M.s in Zollikon eine im I. Rang stehende
Grundpfandverschreibung für den Höchstbetrag von Fr. 73'000.-- errichtet.
Nachdem M. am 6. Dezember 1956 eine Nachlassstundung erlangt hatte, meldete
die Bank am 14. Dezember 1956 auf den Schuldenruf hin beim Sachwalter
eine grundpfandgesicherte Forderung von Fr. 68'184.-- an und kündigte am
6. Mai 1957 die bis dahin auf Fr. 69'735.-- aufgelaufene Kontokorrentschuld
M.s auf den 20. Juni 1957 zur Rückzahlung. Am 30. Juli 1957 bestätigte
die untere Nachlassbehörde den von M. vorgeschlagenen Nachlassvertrag
mit Vermögensabtretung, und am 18. Oktober 1957 wies die obere kantonale
Nachlassbehörde einen hiegegen gerichteten Rekurs ab, worauf die von der
Gläubigerversammlung gewählten Liquidatoren ihre Tätigkeit aufnahmen.

    Am 11. Dezember 1957 stellte die Bank beim Betreibungsamt Zollikon das
Begehren, gegen M. in Nachlassliquidation sei für die Forderung von Fr.
69'735.-- nebst 5% Zins seit 20. Juni 1957 die Betreibung auf Verwertung
des ihr bestellten Grundpfandes durchzuführen. Die Liquidatoren erhoben
namens der Nachlassmasse gegen den ihnen am 16. Dezember 1957 zugestellten
Zahlungsbefehl Nr. 3591 Rechtsvorschlag und führten ausserdem Beschwerde
mit dem Antrag, die Betreibung sei aufzuheben, weil die damit geltend
gemachte Forderung nach Art. 316 c Abs. 1 SchKG unter den Nachlassvertrag
falle, so dass die Zwangsvollstreckung dafür gemäss Art. 316 a Abs. 2
SchKG ausgeschlossen sei.

    Von der untern und am 1. August 1958 auch von der obern kantonalen
Aufsichtsbehörde abgewiesen, erneuern die Liquidatoren vor Bundesgericht
ihr Beschwerdebegehren.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Art. 316 a SchKG, der in Abs. 1 sagt, welche Rechte über das
schuldnerische Vermögen der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
(Liquidationsvergleich) den Gläubigern verleiht, schliesst in Abs. 2
die Zwangsvollstreckung für die unter den Nachlassvertrag fallenden
Forderungen aus, und Art. 316 c Abs. 1 SchKG bestimmt, dass von einem
Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung alle Schuldverpflichtungen betroffen
werden, die vor der Bekanntmachung der Nachlassstundung oder bis zur
rechtskräftigen Bestätigung des Nachlassvertrages ohne Zustimmung des
Sachwalters entstanden sind. Fasst man nur den Wortlaut dieser beiden
Bestimmungen ins Auge, so scheint die Auffassung der Liquidatoren, dass
die - vor der Nachlassstundung entstandene - Grundpfandforderung der
Bank unter den Nachlassvertrag falle und daher nicht mehr in Betreibung
gesetzt werden dürfe, richtig zu sein. Diese Auffassung lässt sich jedoch
nicht aufrechterhalten, sobald die erwähnten Bestimmungen in einen weitern
Zusammenhang gestellt werden.

    a) Auf die in Art. 316 c Abs. 1 SchKG enthaltene Umschreibung der vom
Liquidationsvergleich betroffenen Schuldverpflichtungen folgt in Art. 316 c
Abs. 2 die Bestimmung, die während der Nachlassstundung mit Zustimmung des
Sachwalters eingegangenen Verbindlichkeiten seien Masseverbindlichkeiten,
auch in einem nachfolgenden Konkurs. Im ganzen genommen, will also
Art. 316 c vor allem die Kriterien für die Unterscheidung zwischen
den vom Nachlassvertrag betroffenen Verbindlichkeiten und den
Masseverbindlichkeiten festlegen.

    b) Obwohl Art. 316 c Abs. 1 alle vor Bekanntmachung der
Nachlassstundung oder bis zur rechtskräftigen Bestätigung des
Nachlassvertrages ohne Zustimmung des Sachwalters entstandenen
Schuldverpflichtungen als vom Liquidationsvergleich betroffen erklärt,
welche Vorschrift, buchstäblich aufgefasst, auch die vor Bekanntmachung
der Nachlassstundung begründeten Faustpfandforderungen dem Nachlassvertrag
und damit dem Zwangsvollstreckungsverbot von Art. 316 a unterwerfen würde,
gibt Art. 316 k den Faustpfandgläubigern u.a. das Recht, ihre Pfänder
durch Betreibung auf Pfandverwertung zu liquidieren. Dies zeigt, dass
Art. 316 c Abs. 1 trotz seiner ganz allgemein lautenden Fassung die Frage,
welche Verbindlichkeiten im Sinne von Art. 316 a unter den Nachlassvertrag
fallen, nicht abschliessend regeln will.

    c) Art. 316 o, der sich mit der Frage befasst, in welchem Umfang
die Pfandgläubiger an Abschlagsverteilungen aus dem Liquidationserlös
teilnehmen, bestimmt in Abs. 2 u.a., wenn der Pfandgläubiger nachweise,
dass der Pfanderlös unter der Schätzung (d.h. unter der Schätzung des
Sachwalters im Sinne von Art. 299) geblieben sei, so habe er Anspruch
auf entsprechende Dividende und Abschlagszahlung. Vom Pfandgläubiger
einen solchen Nachweis zu verlangen, hat nur dann einen Sinn,
wenn das Pfand nicht von den Liquidatoren, sondern ausserhalb des
Nachlassliquidationsverfahrens verwertet worden ist. In Art. 316 o wird
also die Möglichkeit einer solchen Verwertung vorausgesetzt, und zwar
nicht etwa bloss für Faustpfänder, sondern auch für Grundpfänder, da
diese Bestimmung ganz allgemein von den Pfandgläubigern, den Pfändern,
dem Pfanderlös und dem Pfandausfall spricht.

    d) Kann demnach in Art. 316 c, der die vom Nachlassvertrag betroffenen
Verbindlichkeiten von den Masseverbindlichkeiten abgrenzt, nicht zugleich
die massgebende Vorschrift darüber gefunden werden, welche Forderungen im
Sinne von Art. 316 a unter den Nachlassvertrag fallen, so greift Art. 316 t
ein, wonach die allgemeinen Bestimmungen des Nachlassvertragsrechts, welche
in dem die Art. 293 bis 316 umfassenden Abschnitt über den "Ordentlichen
Nachlassvertrag" enthalten sind, auch auf den Liquidationsvergleich zur
Anwendung kommen, soweit in den Art. 316 a bis 316 s keine abweichende
Ordnung getroffen ist oder Abweichungen sich nicht aus der besondern
Natur des Verfahrens ergeben. Zu jenen allgemeinen Bestimmungen gehört
Art. 311, der sagt, dass der bestätigte Nachlassvertrag für sämtliche
Gläubiger rechtsverbindlich ist, ausgenommen nur die Pfandgläubiger für
den durch das Pfand gedeckten Forderungsbetrag (welche Ausnahme damit
zusammenhängt, dass nach Art. 305 Abs. 2 bei Prüfung der Frage, ob die
nach Art. 305 Abs. 1 für die Annahme des Nachlassvertrages erforderlichen
Mehrheiten erreicht seien, pfandversicherte Forderungen nur mit dem nach
der Schätzung des Sachwalters ungedeckten Betrag mitzählen). Ausserdem ist
Art. 297 Abs. 2 zu berücksichtigen, wonach während der Nachlassstundung
für Lohnforderungen erster Klasse sowie für periodische Unterhaltsbeiträge
die Betreibung auf Pfändung und für grundpfandgesicherte Forderungen
die Betreibung auf Pfandverwertung zulässig ist, die Verwertung des
Grundpfandes jedoch ausgeschlossen bleibt.

    Es kann entgegen der Ansicht der Liquidatoren nicht gesagt werden,
dass die besondere Natur des Liquidationsvergleichs die Anwendung
von Art. 311 verbiete und die Anwendung der Vorschriften über den
Konkurs (insbesondere des Art. 206) verlange. Wenn die Rechtsprechung
angesichts der Analogien, die hinsichtlich des Liquidationsverfahrens
zwischen Liquidationsvergleich und Konkurs bestehen, in manchen Punkten
konkursrechtliche Vorschriften zur Ergänzung der Bestimmungen über den
Liquidationsvergleich heranzieht (so z.B. BGE 76 I 292 für die Klage
auf Anfechtung des Kollokationsplans, 79 III 141 für das Verhältnis
zwischen den Liquidationsmassen Mitverpflichteter, Art. 216, und 81
III 27 für die Beschwerde gegen Beschlüsse der Gläubigerversammlung,
Art. 239), so geschieht dies nicht etwa auf Grund eines durchwegs
gültigen Grundsatzes. Vielmehr wird für jeden Punkt besonders geprüft,
ob die analoge Anwendung der Konkursvorschriften sich rechtfertige oder
nicht (vgl. BGE 82 III 87 und 91, wo die Anwendung der Bestimmungen
von Art. 235 Abs. 3 und Art. 252 über die Beschlussfähigkeit der ersten
Gläubigerversammlung und die Einberufung einer zweiten Gläubigerversammlung
abgelehnt wurde). Bei der Lösung der heute zu entscheidenden Frage
darf schon im Hinblick auf Art. 316 k und o nicht auf das umfassende
konkursrechtliche Betreibungsverbot des Art. 206 zurückgegriffen
werden. Anderseits steht es mit jenen Vorschriften im Einklang, wenn
Art. 311 auf den Liquidationsvergleich angewendet und gestützt darauf
angenommen wird, die Pfandgläubiger seien für den durch das Pfand gedeckten
Forderungsbetrag nicht an den Liquidationsvergleich gebunden und folglich
gemäss Art. 316 a nicht an der gesonderten Geltendmachung ihrer Forderungen
auf dem Wege der Zwangsvollstreckung gehindert. Zur Rechtfertigung dafür,
dass die Pfandgläubiger im Nachlassliquidationsverfahren eine freiere
Stellung geniessen als im Konkurs, lässt sich im übrigen anführen, dass
beim Liquidationsvergleich, der auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses an
die Stelle des ordentlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens treten kann,
die Gläubiger für den ungedeckt bleibenden Teil ihrer Forderungen in der
Regel kein Nachforderungsrecht erhalten (Art. 316 b Ziff. 1) und dass
hier die Liquidationsorgane die Art und den Zeitpunkt der Verwertung
grundsätzlich frei bestimmen können (Art. 316 h), so dass es als billig
erscheinen kann, den Pfandgläubigern, die von einem selbständigen Vorgehen
eine bessere Deckung oder auch nur eine raschere Befriedigung erhoffen,
die Möglichkeit zu einem solchen Vorgehen zu lassen. Die Anwendung von
Art. 311 führt also nicht zu einem mit der Natur des Liquidationsvergleichs
unverträglichen Ergebnis.

    Hinsichtlich des Art. 297 Abs. 2 ist bereits entschieden worden,
dass die Gläubiger, die den Schuldner gestützt auf diese Vorschrift
während der Nachlassstundung für Lohnforderungen der 1. Klasse oder für
periodische Unterhaltsbeiträge betrieben haben, diese Betreibung auch nach
der Bestätigung des Nachlassvertrages zu Ende führen können, und zwar
sowohl beim gewöhnlichen Nachlassvertrag wie beim Liquidationsvergleich
(BGE 83 III 116). Bei dieser Entscheidung, welche die Liquidatoren an sich
nicht kritisieren, ging das Bundesgericht davon aus, dass Art. 297 Abs. 2
die Möglichkeit schaffen wolle, Forderungen der erwähnten Art unabhängig
vom Nachlassverfahren schon vor dessen Abschluss einzubringen (aaO 117,
118 oben). Verfolgt Art. 297 Abs. 2 diesen Zweck, so müssen die Gläubiger
solcher Forderungen nicht nur das Recht haben, nach der Bestätigung
des Nachlassvertrages eine während (oder vor) der Nachlassstundung
angehobene Betreibung fortzusetzen, sondern muss ihnen auch die Befugnis
zugestanden werden, nach der Bestätigung des Nachlassvertrages Betreibungen
einzuleiten. Entsprechende Überlegungen müssen aber auch für die in
BGE 83 III 116 nicht erwähnten Grundpfandforderungen gelten. Auch den
Grundpfandgläubigern soll durch SchKG 297 Abs. 2 ermöglicht werden,
sich vor Abschluss des Nachlassverfahrens bezahlt zu machen. Der
Schlusssatz dieser Bestimmung, wonach die Verwertung des Grundpfandes
ausgeschlossen bleibt, bezieht sich nach dem Zusammenhang nur auf die Zeit
der Nachlassstundung. Mit der Bestätigung des Nachlassvertrages, auf die
dessen Ausführung folgt, wird gemäss dem Sinne von Art. 297 Abs. 2 der
Weg zur Fortsetzung der Betreibung auch für die Grundpfandgläubiger frei,
und von diesem Zeitpunkt an muss ihnen wie den Lohngläubigern erster Klasse
und den Alimentengläubigern auch die Einleitung neuer Betreibungen erlaubt
sein. Entgegen der Auffassung der Liquidatoren will Art. 297 Abs. 2, indem
er während der Nachlassstundung die Grundpfandbetreibung mit Ausschluss
der Verwertung erlaubt, den Grundpfandgläubigern nicht bloss ermöglichen,
die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- und Pachtzinsforderungen
(Art. 806 ZGB) zu erreichen, sondern ihnen auch gestatten, schon während
der Nachlassstundung die spätere Verwertung der Pfandliegenschaften durch
das Betreibungsamt in die Wege zu leiten, und zwar nicht etwa nur für
den Fall der Verwerfung, sondern auch für den Fall der Bestätigung des
Nachlassvertrages. Mit dem Ausschluss der Grundpfandverwertung während der
Nachlassstundung wird im wesentlichen nur bezweckt, der Nachlassbehörde
die Möglichkeit zu sichern, gemäss Art. 301 a die Verwertung eines für den
Gewerbebetrieb des Schuldners unentbehrlichen Grundstücks auf ein Jahr nach
Bestätigung des Nachlassvertrages (insbesondere eines Prozentvergleichs)
einzustellen und für den Fall des Liquidationsvergleichs die Liquidatoren
in den Stand zu setzen, im Verwertungsstadium die Interessen der Masse
wahrzunehmen.

    Sind demnach die Art. 311 und 297 Abs. 2 auch im Falle des
Liquidationsvergleichs anwendbar und im erwähnten Sinne auszulegen, so
erweist sich die Grundpfandbetreibung, welche die Bank nach Bestätigung des
von M. vorgeschlagenen Liquidationsvergleichs gegen die Liquidationsmasse
(vgl. Art. 316 d Abs. 2 Satz 2) eingeleitet hat, als zulässig.

    e) Die Annahme, dass der Abschluss eines Liquidationsvergleichs die
Grundpfandgläubiger nicht daran hindern kann, ihre Forderungen ausserhalb
des Liquidationsverfahrens durch Grundpfandbetreibung geltend zu machen,
wird schliesslich auch noch durch die Entstehungsgeschichte der heute im
SchKG enthaltenen Vorschriften über den Liquidationsvergleich gestützt,
wie das die Vorinstanz einlässlich dargelegt hat. Diese Vorschriften sind
im wesentlichen der Verordnung des Bundesgerichtes vom 11. April 1935
betr. das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (BS 10 S. 396;
VNB) entnommen, die gemäss Art. 51 der Verordnung über vorübergehende
Milderungen der Zwangsvollstreckung vom 24. Januar 1941 (VMZ) mit zwei hier
nicht in Betracht kommenden Abänderungen für den Inhalt und die Wirkungen
eines von andern Schuldnern als Banken und Sparkassen vorgeschlagenen
Liquidationsvergleichs sinngemäss galt, bis das Bundesgesetz vom
28. September 1949 betr. Revision des SchKG mit den neuen Art. 316 a ff.
in Kraft trat. In der (für Banken und Sparkassen heute noch gültigen)
VNB trägt Art. 25, der dem Art. 316 c inhaltlich genau entspricht,
das Marginale "Zeitliche Wirkung des Liquidationsvergleichs", was
bestätigt, dass diese Bestimmung nicht die Frage beantworten will, welche
Forderungen ihrer Art nach im Sinne von Art. 23 Abs. 2 VNB (= Art. 316
a Abs. 2 SchKG) unter den Nachlassvertrag fallen und daher nicht mehr
durch gesonderte Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden können. Vor
allem aber findet sich im letzten Absatz von Art. 35 VNB, dessen erster
Absatz das Vorbild für Art. 316 i SchKG abgegeben hat, die ausdrückliche
Bestimmung, dass (gegenüber der in Abs. 1 geordneten Verwertung der mit
Grundpfandrechten belasteten Liegenschaften durch die Liquidatoren) die
Grundpfandverwertung durch das Betreibungsamt infolge Grundpfandbetreibung
vorbehalten bleibt. Diese Bestimmung, die den Grundpfandgläubigern erlaubt,
ausserhalb des Nachlassliquidationsverfahrens Befriedigung zu suchen,
entspricht den Grundsätzen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts
für den Liquidationsvergleich galten, solange und soweit keine gesetzlichen
Vorschriften darüber bestanden (BGE 49 III 59, 59 III 272, 60 I 44, 61 III
200, 67 I 123). Bei Erlass der Art. 316 a ff. SchKG war nicht beabsichtigt,
den Liquidationsvergleich im SchKG materiell anders zu ordnen als in
der VNB, sondern man wollte die Regelung lediglich etwas vereinfachen
(vgl. namentlich den Schlussabsatz des Berichtes des Eidg. Justiz- und
Polizeidepartements an die ständerechtliche Kommission vom 6. Oktober 1948,
wo zu den vom Departement ausgearbeiteten, ohne grundsätzliche Änderungen
Gesetz gewordenen Bestimmungen über den Liquidationsvergleich gesagt wird:
"Im wesentlichen hielten wir uns an die bundesgerichtliche Verordnung
vom 11. April 1935/26. Februar 1936 betr. das Nachlassverfahren von
Banken und Sparkassen als Vorbild. Wir glaubten immerhin, die Ordnung
etwas einfacher gestalten zu dürfen ...", und die Äusserung von H. Kuhn,
Chef der Justizabteilung, in der nationalrätlichen Kommission, S. 11 des
Protokolls der Sitzung vom 16. März 1949: "Die Fassung des Ständerates
ist eigentlich nicht viel anderes als die in der Verordnung betr. das
Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen vom 11. April 1935 enthaltene
Regelung."). Unter diesen Umständen darf daraus, dass der letzte Absatz
von Art. 35 VNB nicht ins SchKG übernommen wurde, wofür während der
Gesetzesberatung kein Grund angegeben wurde, nicht geschlossen werden,
dass man bei der Revision des SchKG in diesem wichtigen Punkte von der
Regelung der VNB materiell habe abweichen wollen, so wenig wie z.B. die
Tatsache, dass Art. 316 g im Gegensatz zu Art. 30 VNB nichts von den
Klagen auf Anfechtung des Kollokationsplanes sagt, den Schluss erlaubt,
dass das SchKG solche Klagen gegenüber dem Kollokationsplan im Sinne von
Art. 316 g nicht zulasse (vgl. BGE 76 I 292). Vielmehr ist anzunehmen, dass
der die Grundpfandbetreibungen ausdrücklich gestattende Schlussabsatz von
Art. 35 VNB im SchKG (Art. 316 a ff.) einfach deswegen kein Gegenstück hat,
weil man davon ausging, die Zulässigkeit derartiger Betreibungen ergebe
sich schon aus Art. 316 t in Verbindung mit Art. 297 Abs. 2 und Art. 311
(auf den sich schon die erwähnte frühere Praxis des Bundesgerichtes
stützte; vgl. BGE 49 III 59, 59 III 271/72, 61 III 200). Dass der auf die
Faustpfandbetreibungen bezügliche Art. 36 VNB im Unterschied zum letzten
Absatz von Art. 35 VNB in das SchKG aufgenommen wurde (Art. 316 k), spricht
nicht gegen diese Annahme. Art. 36 VNB sagt eben nicht bloss, dass die
Pfandgläubiger mit Faustpfandrechten die Faustpfänder durch Betreibung
aufPfandverwertung liquidieren können, sondern bestimmt ausserdem, dass
sie ihr Pfand den Liquidatoren nicht abzuliefern brauchen und befugt sind,
die Faustpfänder, "wenn sie dazu durch den Pfandvertrag berechtigt waren,
durch Freihandverkauf oder börsenmässige Liquidation zu verwerten". Wollte
man den Faustpfandgläubigern diese bevorzugte Stellung auch beim
Liquidationsvergleich nach Art. 316 a ff. SchKG gewähren, so konnte es
als geboten oder wenigstens wünschbar erscheinen, dies im SchKG durch
Übernahme der entsprechenden Vorschrift der VNB besonders zum Ausdruck
zu bringen, auch wenn man davon ausging, das Recht der Pfandgläubiger,
ungeachtet des Liquidationsvergleichs Pfandbetreibungen durchzuführen,
ergebe sich schon aus andern Bestimmungen des Gesetzes und brauche daher
den Grundpfandgläubigern nicht durch eine besondere Bestimmung vorbehalten
zu werden.

    f) Erklärt sich die Fassung des Gesetzes auf diese Weise, so geht
es auch nicht an, durch Gegenschluss aus Art. 316 k zu folgern, die
Grundpfandgläubiger seien nicht befugt, ihre Ansprüche ausserhalb des
Nachlassliquidationsverfahrens geltend zu machen.

    Dass Art. 316 i den Liquidatoren die Verwertung pfandbelasteter
Liegenschaften gestattet, schliesst, wie die Vorinstanz zutreffend
ausgeführt hat (S. 20), ein konkurrierendes Verwertungsrecht der
Grundpfandgläubiger nicht aus.

    Entgegen der im vorliegenden Rekurs vertretenen Auffassung
kann schliesslich auch keine Rede davon sein, dass die Zulassung
der Grundpfandbetreibung einem Liquidationsvergleich in der Regel
den grössten Teil seiner praktischen Bedeutung entziehe und dass die
Verwertung pfandbelasteter Liegenschaften durch das Betreibungsamt auf
eine Verschleuderung von Vermögenswerten zum Nachteil der nachgehenden
Pfandgläubiger und der Gläubiger 5. Klasse hinauslaufe. Dass wie hier
die Aktiven der Liquidationsmasse fast ausschliesslich aus verpfändeten
Liegenschaften bestehen, ist ein Ausnahmefall, dessen Besonderheiten
für die Auslegung des allgemein gültigen Gesetzes nicht massgebend sein
können, und das Betreibungsamt ist wie die Liquidatoren verpflichtet, sich
um ein möglichst günstiges Verwertungsergebnis zu bemühen (vgl. Art. 134
in Verbindung mit Art. 156 SchKG).

    Es bleibt also dabei, dass das hängige Nachlassliquidationsverfahren
der Einleitung der vorliegenden Betreibung nicht im Wege stand. Die
Verwertung kann innerhalb der dafür geltenden Fristen (Art. 154) verlangt
werden, nachdem der gegen den Zahlungsbefehl erhobene Rechtsvorschlag
beseitigt ist. Hiebei ist zu beachten, dass die Liquidatoren
den Rechtsvorschlag nicht zurückziehen und in einem allfälligen
Gerichtsverfahren nicht den Abstand erklären dürfen, ohne vorher den
Gläubigern gemäss Art. 3161 Gelegenheit gegeben zu haben, im Sinne von
Art. 260 die Abtretung des Rechts auf Bestreitung der Forderung und des
Pfandrechts der betreibenden Grundpfandgläubigerin zu verlangen. Unternimmt
diese gegen die Masse keine gerichtlichen Schritte, bevor die Liquidatoren
gemäss Art. 316 g den Kollokationsplan erstellt haben, so ist der
Streit über die Forderung und das Pfandrecht im Kollokationsverfahren
auszutragen. Dass dieses unter allen Umständen abgewartet werden müsse,
bevor in der Grundpfandbetreibung zur Verwertung geschritten werden kann,
ist dagegen nicht anzunehmen, obwohl das Bundesgericht in dem im Rekurs
angerufenen Entscheide BGE 77 III 135 Erw. 2 erklärt hat, das in Art. 316 k
vorgesehene Recht der Faustpfandgläubiger zu abgesonderter Verwertung ihrer
Pfänder setze voraus, dass ihre Ansprüche im Kollokationsverfahren gemäss
Art. 316 g rechtskräftig festgestellt worden seien. In diesem Falle war
nur darüber zu entscheiden, ob über Faustpfandansprachen von Gläubigern,
die noch nicht Betreibung eingeleitet und auf Anerkennung ihrer Rechte
geklagt haben, Kollokationsverfügungen getroffen werden dürfen, was zu
bejahen war. Dafür, dass über solche Rechte nur im Kollokationsverfahren,
nicht auch in einem vom Pfandgläubiger schon vorher eingeleiteten Prozess,
entschieden werden könne, besteht kein sachlicher Grund. Insbesondere ist
das Recht der einzelnen Gläubiger zur Bestreitung der von den Liquidatoren
und vom Gläubigerausschluss als begründet erachteten Ansprüche der
Pfandgläubiger bei Beachtung von Art. 3611 auch dann gewahrt, wenn der
Streit über diese Ansprüche ausserhalb des Kollokationsverfahrens in einem
besondern Prozess zum Austrag kommt. Im übrigen hat das Bundesgericht
in BGE 83 III 118/19 ausdrücklich festgestellt, dass die auf Grund von
Art. 297 Abs. 2 eingeleiteten Betreibungen, zu denen die vorliegende
Betreibung in einem weiteren Sinne auch gehört (vgl. oben d), vor
Erstellung des Kollokationsplans fortgesetzt werden können.

Erwägung 2

    2.- Wie die Schwierigkeiten zu lösen sind, die sich allenfalls
ergeben können, wenn das Betreibungsamt und auf Grund von Art. 316 i
die Liquidatoren zur gleichen Zeit zur Verwertung einer verpfändeten
Liegenschaft schreiten wollen, braucht heute nicht entschieden zu werden.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.