Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 I 81



83 I 81

13. Urteil vom 27. Februar 1957 i.S. B. und D.-B. gegen S. und
Justizdirektion des Kantons Bern. Regeste

    1.  Art. 58 Abs. 1 BV: Tragweite der Gewährleistung des
verfassungsmässigen Richters (Erw. 3).

    2.  Gebühren:

    Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit (Ausstellung
von Erbbescheinigungen) steht dem bernischen Notar ein Entgelt von
Gebührencharakter zu (Erw. 5).

    Erfordernis der gesetzlichen Grundlage (Erw. 5).

    Grundsätze für die Bemessung einer Notariatsgebühr (Erw. 6, 7).

Sachverhalt

    A.- Friedrich B., der am 23. November 1953 in Bern starb, hinterliess
als einzige Erben den Sohn Fritz B. und die Tochter Lucie D. geb. B. Im
Auftrag der Erben nahm Notar S. in Bern das Inventar des Nachlasses auf; er
besorgte ausserdem einige weitere die Erbschaft betreffende Geschäfte. So
erstellte er je eine sogen. Erbgangsurkunde über die Grundstücke des
Erblassers in den Grundbuchkreisen Bern, Laupen und Tafers; unter Vorlegung
dieser Urkunden meldete er den gesetzlichen Eigentumsübergang vom Erblasser
auf die Erbengemeinschaft zur Eintragung im Grundbuch an. Am 31. Dezember
1955 stellte er den Erben für seine Bemühungen Gebühren von Fr. 12'000.--
und Auslagen von Fr. 548.35 in Rechnung. Die Erben anerkannten und
beglichen die Forderung bis auf einen Rechnungsposten von Fr. 5901.80, der
sich auf Gebühren für die Errichtung der drei Erbgangsurkunden bezieht,
wofür 3é des amtlichen Werts der Liegenschaften von Fr. 1'513,289.--
zuzüglich 30% Teuerungszulage verlangt wurden.

    B.- Gestützt auf Art. 25 des bernischen Gesetzes über das Notariat
(NG) vom 31. Januar 1909 ersuchten die Erben die Justizdirektion des
Kantons Bern um amtliche Kostenfestsetzung mit dem Antrag auf angemessene
Herabsetzung des genannten Rechnungspostens. Sie machten geltend, die
Leistungen, die der Notar in diesem Zusammenhang zu erbringen gehabt
habe, rechtfertigten die Höhe der Gebühr nicht. Die Einwohnergemeinderäte
stellten den eingesetzten Erben für 5 bis 10 Franken eine Erbbescheinigung
aus. Der Notar dürfe für diesen Teil der Erbgangsurkunde nicht wesentlich
mehr berechnen. Für die weiter darin enthaltene Liegenschaftsbeschreibung,
die überflüssig sei, dürfe höchstens so viel verlangt werden wie für einen
Grundbuchauszug. Das Eintragungsgesuch, das sich daran anschliesst, sei
keine öffentliche Urkunde, weshalb dafür keine Notariatsgebühr erhoben
werden dürfe.

    C.- Am 27. Oktober 1956 hat die Justizdirektion auf Grund eines
Gutachtens der Notariatskammer die streitige Gebühr auf Fr. 3026.60
herabgesetzt. Sie hat dabei festgestellt, dass sich Notar S. an den Tarif
des Verbands bernischer Notare gehalten hat. Der angewendete Gebührenansatz
stütze sich auf frühere Moderationsentscheide und ein Kreisschreiben der
Justizdirektion. Im allgemeinen habe es sich durchaus bewährt, die Gebühr
für Erbgangsurrkunden auf 3é des amtlichen Werts der darin aufgeführten
Liegenschaften anzusetzen. Im vorliegenden Fall stehe eine so bemessene
Entschädigung indes zum Arbeitsaufwand des Notars in keinem rechten
Verhältnis. Die Gebühr sei deshalb ausnahmsweise auf 2é des amtlichen
Werts der Grundstücke festzusetzen.

    D.- Fritz B. und Frau Lucie D. geb. B. führen staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV. Sie beantragen,
der Entscheid der Justizdirektion sei aufzuheben und die ihm zugrunde
liegenden Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts seien für nicht
(amtlich) tarifierte Verrichtungen des Notars als unanwendbar zu erklären.

    E.- Die Justizdirektion des Kantons Bern und Notar S.  schliessen auf
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 23 Abs. 3 NG wird die Höhe der vom Notar zu beziehenden
Gebühren regelmässig durch einen vom Grossen Rat aufzustellenden Tarif
bestimmt. Die Entschädigung für Verrichtungen, auf die sich der Tarif
nicht ausdrücklich erstreckt, ist zwischen dem Notar und den Parteien zu
vereinbaren. In jedem Fall aber haben die zahlungspflichtige Partei und
der Notar das Recht, die geschuldeten Gebühren durch die Justizdirektion
amtlich festsetzen zu lassen (Art. 25 NG).

    Dem Entscheid dieser Behörde kommt nach dem Gesetz die Bedeutung eines
"rechtskräftigen Administrativurteils" zu. Dieses ergeht nur über die Höhe
der Kostenforderung des Notars; über die Schuldpflicht hat im Streitfall
der Zivilrichter zu entscheiden (ZBJV 65 S. 175; MBVR 35 Nr. 182, 36
Nr. 132 und 134, 40 Nr. 236; vgl. auch BGE 38 I 504 ff.). Hinsichtlich
der Höhe der Kostenforderung ist der Richter an den Entscheid der
Justizdirektion gebunden. Die Festsetzungsverfügung stellt damit nicht
bloss eine gutachtliche Äusserung dar, sondern einen individuellen,
konkreten kantonalen Hoheitsakt, der ein bestimmter Rechtsverhältnis
nach einer Richtung hin endgültig und verbindlich ordnet. Eine solche
Verfügung kann Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde bilden.

    Während die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 58 Abs. 1 BV schon
vor Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs erhoben werden kann (Art. 86
Abs. 2 OG), kann die Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV erst an den
Entscheid der letzten kantonalen Instanz angeschlossen werden (Art. 87
OG). Da die Justizdirektion als einzige kantonale Instanz urteilt, ist
diese Voraussetzung erfüllt. Ob die Kostenfestsetzung als Endentscheid oder
als Zwischenentscheid zu betrachten sei, ist in diesem Zusammenhang ohne
Belang, da die Beschwerde auch im zweiten Fall zulässig ist, sofern der
Entscheid für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur
Folge hat (Art. 87 OG). Dies trifft unter den vorliegenden Verhältnissen
ohne weiteres zu.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verletzung der
Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 Abs. 1 BV). Sie
beantragen, der angefochtene Entscheid sei, weil von einer unzuständigen
Instanz erlassen, aufzuheben, und die dem Entscheid zugrunde liegenden
Bestimmungen des bernischen Notariatsrechts (Art. 25 NG sowie § 12 des
Dekrets betreffend die Ausführung des Gesetzes über das Notariat vom 24.
November 1909) seien für nicht (amtlich) tarifierte Verrichtungen der
Notare als unanwendbar zu erklären. Ist das zweite Beschwerdebegehren
lediglich dahin zu verstehen, dass die erwähnten kantonalen Bestimmungen im
vorliegenden Fall nicht anzuwenden seien, so kommt ihm keine selbständige
Bedeutung zu. Sollte es den Beschwerdeführern dagegen darum gehen, jene
Vorschriften allgemein für nicht tarifierte Verrichtungen als unanwendbar
erklären zu lassen, so könnte auf diesen Antrag nicht eingetreten
werden. Eine Erklärung dieses Inhalts liefe auf eine teilweise Aufhebung
von Art. 25 NG und § 12 des Dekrets hinaus. Das kann aber, nachdem die
Frist zur Anfechtung des Notariatsgesetzes und der zugehörigen Verordnung
längst abgelaufen ist, nicht mehr verlangt werden.

Erwägung 3

    3.- Mit der Vorschrift, niemand dürfe seinem verfassungsmässigen
Richter entzogen werden, gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV dem Bürger die
Freiheit, nur von dem Richter Recht zu nehmen, der nach den bestehenden
Verfassungsbestimmungen, Gesetzen und Verordnungen allgemein für die
Streitsachen zuständig ist, zu denen der konkrete Prozess gehört
(FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 867). Dass ihre Sache
von der nach kantonalem Recht zuständigen Instanz beurteilt worden
ist, räumen die Beschwerdeführer selbst ein, wenn sie erklären, die
bernische Notariatsgesetzgebung habe sie veranlasst, die Justizdirektion
anzurufen. Entgegen ihrer Auffassung verstossen die betreffenden
kantonalen Vorschriften ihrerseits nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV. Dieser
Verfassungssatz fordert weder eine bestimmte Gerichtsorganisation noch
ein bestimmtes Verfahren. Insbesondere verlangt Art. 58 Abs. 1 BV nicht,
dass zivilrechtliche Ansprüche ausschliesslich durch Zivilgerichte,
verwaltungsrechtliche Streitigkeiten dagegen nur durch Verwaltungsbehörden
zu beurteilen seien (vgl. BGE 16 728, 27 I 35).

    Auf die Einwendungen, welche die Beschwerdeführer gegen die
Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens vorbringen, könnte daher nur
unter dem Gesichtswinkel des von ihnen gleichfalls angerufenen Art. 4
BV eingetreten werden. Die Beantwortung der Frage, ob ihnen in formeller
Hinsicht das Recht verweigert worden sei, erübrigt sich jedoch, da ihre
Beschwerde, wie sich im Folgenden ergibt, jedenfalls wegen materieller
Rechtsverweigerung gutzuheissen ist.

Erwägung 4

    4.- Die angefochtene Kostenfestsetzung bezieht sich auf die Ausstellung
sogen. Erbgangsurrkunden. Diese Urkunden sind von der Praxis der
bernischen Notariate und Grundbuchämter im Hmnblick auf die Anmeldung und
Eintragung des Eigentumsübergangs kraft gesetzlicher Erbfolge entwickelt
worden. Erster Bestandteil der Urkunde bildet die Erbbescheinigung, der
herkömmlicherweise ein Verzeichnis der Liegenschaften des Erblassers (mit
genauer Beschreibung jedes einzelnen Grundstücks) und das Gesuch an das
Grundbuchamt um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges folgen.

    Diese Teile sind von verschiedener rechtlicher Natur. Die Ausstellung
der Erbbescheinigung ist der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen
(GULDENER, Freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 9). Ob nach bernischem
Recht allein der Notar den gesetzlichen Erben eine solche Bescheinigung
ausstellen dürfe (wie die Justizdirektion in einem Kreisschreiben vom
19. Juni 1934, ZBGR 20 S. 167 f., unter Hinweis auf die herrschende Meinung
annimmt), oder ob diese Befugnis daneben auch den Einwohnergemeinderäten
zukomme, die zur Ausstellung von Erbbescheinigungen an eingesetzte Erben
zuständig sind, kann dahingestellt bleiben. Nimmt ein Notar, wie das hier
der Fall war, diese Verrichtung vor, so handelt es sich dabei jedenfalls
um eine berufliche Dienstleistung, die er nur in seiner Eigenschaft als
Notar erbringen kann.

    Im Gegensatz dazu liegen den weiteren Bestandteilen der Erbgangsurkunde
nicht eigentlich notarielle Verrichtungen zugrunde. Den erbrechtlichen
Eigentumsübergang können die Erben, die im Besitz einer Erbbescheinigung
sind, ohne Hilfe des Notars beim Grundbuchamt zur Eintragung anmelden. Die
entsprechende Erklärung braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Der
dieses Begehren enthaltende dritte Teil der Erbgangsurkunde ist deshalb
von den Beschwerdeführern unterzeichnet worden. Das Verzeichnis der
Liegenschaften des Erblassers ist als Teil des Eintragungsgesuchs
aufzufassen.

Erwägung 5

    5.- Arbeit und Verantwortung des Notars sind demnach vornehmlich mit
der Ausstellung der Erbbescheinigung verknüpft. Als Akt der nichtstreitigen
Gerichtsbarkeit stellt diese Verrichtung eine Amtshandlung dar (vgl. BGE
73 I 385), die, was die hier zu beurteilenden Rechtsfolgen anbelangt, durch
das öffentliche Recht geregelt wird. Für Verrichtungen der nichtstreitigen
Gerichtsbarkeit steht dem Notar denn auch nicht eine Vergütung im Sinne
des Obligationenrechts zu, sondern ein Entgelt von Gebührencharakter
(MARTI, Der Notar des Kantons Bern, in Notar und Recht, Festschrift des
Verbands bernischer Notare 1953, S. 37).

    Gemäss Art. 23 NG ist der Notar berechtigt, eine Entschädigung sowie
den vollen Ersatz der Auslagen zu fordern. Der Gebührenanspruch des
Notars beruht somit dem Grundsatze nach auf einer besonderen gesetzlichen
Grundlage, wie sie für Gebühren, die den Bürger erheblich belasten,
verlangt werden muss (BGE 82 I 28). Das Gesetz oder die von ihm abgezweigte
Verordnung hat aber gleichzeitig auch den Gebührentarif festzusetzen;
denn die Bestimmung der Höhe der Gebühr darf im Rechtsstaat nicht der
Entscheidung von Fall zu Fall überlassen bleiben (FLEINER, Institutionen
des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 135 f., 426; vgl. auch BGE
80 I 327). Wohl kann eine Gebührenordnung kaum je sämtliche denkbaren
Anwendungsfälle einzeln erfassen. Alle wichtigeren gebührenpflichtigen
Amtshandlungen sollten darin indes in einer Weise berücksichtigt werden,
dass sich allfällige Lücken mittels Auslegung unschwer ausfüllen lassen.

    Das bernische Notariatsrecht geht andere Wege. Das Dekret
betreffend die Notariatsgebühren vom 13. März 1919 enthält lediglich 6
Gebührenansätze (während der vom Verband bernischer Notare erlassene
Tarif vergleichsweise allein für eigentlich notarielle Handlungen 59
Gebührenansätze vorsieht). Die Lücken der Gebührenordnung sucht Art. 23
Abs. 3 NG dadurch zu schliessen, dass er die Festsetzung der Entschädigung
für Verrichtungen, auf die sich der Tarif nicht ausdrücklich erstreckt, der
freien Vereinbarung zwischen dem Notar und den Parteien anheimstellt. Um
den Beteiligten und namentlich dem Bürger, der bei dieser Regelung
praktisch weitgehend von den mit der "ausschliesslichen Befugnis zur
Vornahme von Handlungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit" (Art. 1
Abs. 2 NG) ausgestatteten Angehörigen des "autorisierten" Notariatsberufes
(Art. 1 Abs. 1 NG) abhängig ist, ein gewisses Mass von Rechtssicherheit
zu gewährleisten, öffnet Art. 25 NG beiden Seiten die Möglichkeit,
die Notariatsgebühr (nachträglich) durch die Justizdirektion amtlich
festsetzen zu lassen.

    Wie weit diese Ordnung den oben angeführten rechtsstaatlichen
Anforderungen gerecht wird, braucht nicht geprüft zu werden. Zu untersuchen
ist einzig, ob der angefochtene Entscheid, der im Rahmen dieser Ordnung
ergangen ist, der Rüge der Willkür standhalte.

Erwägung 6

    6.- Zu den wichtigen und häufig vorzunehmenden Verrichtungen, auf
die sich der Dekretstarif nicht erstreckt, gehört auch die Ausstellung
von Erbbescheinigungen bzw. von Erbgangsurkunden. Dass sie, da Gesetz
und Verordnung hiefür keine bestimmte Gebühr festlegen, überhaupt nicht
zur Entrichtung einer solchen verpflichtet seien (vgl. BGE 80 I 327 und
dortige Zitate), machen die Beschwerdeführer nicht geltend. Sie fechten
vielmehr ausschliesslich die Höhe der streitigen Gebühr an und bemängeln
die Art der Kostenberechnung.

    Bei Festsetzung der Entschädigung hat die Justizdirektion auf Art. 23
Abs. 3 NG hingewiesen, der bei Fehlen eines amtlichen Gebührenansatzes
die freie Vereinbarung zwischen Notar und Bürger Platz greifen lässt. Sie
ist aber richtigerweise nicht davon ausgegangen, dass die Parteien im
vorliegenden Fall eine solche Abrede getroffen hätten. Zu Recht hat sie
ihnen nicht unterstellt, sich stillschweigend auf den Konventionaltarif des
Verbands bernischer Notare geeinigt zu haben, der den Beschwerdeführern
gar nicht bekannt war. Dass dieser Tarif für die Justizdirektion nicht
verbindlich ist, steht ausser Frage (MBVR 11 Nr. 43, 39 Nr. 202); sie hat
sich nur insofern darauf berufen, als ihre eigene "jahrzehntealte Praxis"
(die sie in einem Kreisschreiben vom 14. Mai 1935 zusammengefasst hat)
darin eingegangen ist.

    Mangels gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen über die Höhe
der geschuldeten Gebühr hat die Justizdirektion ihren Entscheid nach
freiem Ermessen getroffen, wobei sie sich im einzelnen auf allgemeine
finanzrechtliche Grundsätze berufen hat. Nach Rechtsprechung und
Wissenschaft ist die Gebühr ein besonderes Entgelt für eine bestimmte,
durch den Pflichtigen veranlasste Amtshandlung. Um als Gegenleistung für
die beanspruchte amtliche Tätigkeit gelten zu können, muss die Abgabe der
Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten dieser Verrichtung
und der Grösse der damit verbundenen Verantwortung stehen. Unter den Kosten
sind dabei nicht nur die unmittelbaren Aufwendungen für die verlangte
Amtshandlung zu verstehen; es fällt darunter auch ein entsprechender Anteil
an den allgemeinen Unkosten (BGE 53 I 482, 56 I 515, 72 I 394 ff.). Die
Verteilung der Unkosten auf die einzelnen Verrichtungen braucht nicht
notwendigerweise dem durch diese verursachten Arbeits- und Kostenaufwand zu
entsprechen; vielmehr dürfen die Gebühren im Hinblick darauf und unter
Berücksichtigung der mit der Amtshandlung verbundenen Verantwortung
nach dem Interesse des Pflichtigen an der behördlichen Verrichtung und
nach dessen Leistungsfähigkeit so abgestuft werden, dass die Gebühren
für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus Verrichtungen ausgleichen,
für die wegen der Geringfügigkeit des Interesses keine kostendeckende
Entschädigung verlangt werden kann (BGE 53 I 468/7, 72 I 396). So können
die Grundbuchgebühren nach dem Wert der einzutragenden Rechte (BGE 53
I 486 ff.), die Gebühren für die Prüfung vormundschaftlicher Inventare
und Rechnungen nach der Höhe des Mündelvermögen (BGE 29 I 45 und das
in BGE 53 I 487 angeführte nicht veröffentlichte Urteil vom 13. April
1927 i.S. Tobler), die Gerichtsgebühren nach dem Streitwert berechnet
werden. Dieser Staffelung sind jedoch insofern gewisse Grenzen gesetzt,
als dadurch nicht die Benützung bestimmter Institute verunmöglicht oder
übermässig erschwert werden darf (BGE 48 I 540, 73 I 383 Erw. 8, 75 I
111 ff., 79 I 213 Erw. 2 und 3, 82 I 286 Erw. 4), und als die Abgabe
nie den Charakter einer Gebühr verlieren darf, wie das der Fall wäre,
wenn sie zu den wirklichen Kosten der verlangten Verrichtung in keinem
vernünftigen Verhältnis mehr stünde.

Erwägung 7

    7.- Mit den Beschwerdeführern ist festzustellen, dass die vom
Notar erbrachte Leistung und die von der Justizdirektion festgesetzte
Gegenleistung in einem solchen Missverhältnis stehen. Beim heutigen
Ausbau des Zivilstandswesens sind die gesetzlichen Erben in der Regel
ohne Schwierigkeiten und grossen Zeitaufwand zu ermitteln, was die mit
der Ausstellung einer Erbbescheinigung verbundenen Risiken entsprechend
verringert. Der Konventionaltarif des Verbands bernischer Notare
sieht denn auch für "Erbgangsbescheinigungen in Titel" lediglich
eine Gebühr von 5 bis 20 Franken (zuzüglich 30% Teuerungszulage)
vor. Dass dieser von den unmittelbar daran Interessierten gewählte
Ansatz den tatsächlichen Aufwendungen nicht gerecht werde, ist nach
dem Gesagten nicht anzunehmen. Die Ausstellung von Erbbescheinigungen
zuhanden des Grundbuchamtes verursacht aber weder mehr Arbeit, noch
schliesst sie eine höhere Verantwortung in sich als die Errichtung von
"Erbgangsbescheinigungen in Titel". Eine Entschädigung in der genannten
Höhe dürfte daher auch in Fällen wie dem vorliegenden den wirklichen
Aufwendungen des Notars Rechnung tragen. Wie dargelegt, darf der dafür
ausgesetzte Betrag um einen dem Interesse an der Verrichtung angepassten
Anteil an den allgemeinen Unkosten erhöht werden, wobei der Umstand
berücksichtigt werden kann, dass der Notar für viele kleinere Geschäfte
nur ungenügend bezahlt wird. Dieser Zuschlag darf indes nicht so bemessen
werden, dass die Entschädigung für die unmittelbaren Aufwendungen nur
noch den kleinsten Teil der Gebühr ausmacht. Dies trifft hier jedoch
zu. Wenn die Justizdirektion die Entschädigung für eine keine besonderen
Schwierigkeiten und Risiken in sich schliessende Verrichtung auf weit mehr
als das Dutzendfache dessen festgesetzt hat, was dem Notar für den mit
der Ausstellung der Erbbescheinigung verbundenen Zeitaufwand bestenfalls
hätte zugesprochen werden können, so hat sie damit die Grundsätze, nach
denen die Gebühr zu bemessen ist, offensichtlich verkannt.

    Dass die in Frage stehenden Erbgangsurkunden neben der Erbbescheinigung
das Gesuch um Eintragung des erbrechtlichen Eigentumsüberganges
und ein ausführliches Liegenschaftsverzeichnis enthalten, vermag
daran nichts zu ändern. Das Gesuch an das Grundbuchamt, das von den
Erben selbst unterzeichnet ist, umfasst lediglich wenige Zeilen. Dem
Liegenschaftsverzeichnis aber darf bei der Festsetzung der Gebühr nicht die
Bedeutung beigelegt werden, die ihm dem Umfang nach zuzukommen scheint. Die
darin enthaltenen (vom Standpunkt des Bundesrechts aus übrigens nicht
erforderlichen) Liegenschaftsbeschreibungen stellen nichts anderes dar
als die Wiedergabe von Grundbuchauszügen, die ihrerseits öffentlichen
Glauben geniessen. Der mit ihrer Erstellung verbundene Aufwand kann nur
gering eingeschätzt werden.

Erwägung 8

    8.- Nach dem Gesagten hat die Justizdirektion bei Festsetzung der
streitigen Gebühr den für die Bemessung einer solchen massgebenden
Grundsätzen und Umständen nicht Rechnung getragen. Sie hat damit die
Grenzen des pflichtgemässen Ermessens überschritten. Ihr Entscheid
erscheint insofern als willkürlich; er ist, weil gegen Art. 4 BV
verstossend, aufzuheben, ohne dass auf die weiteren Einwendungen der
Beschwerdeführer einzutreten wäre.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird insofern teilweise gutgeheissen, als der Entscheid
der Justizdirektion des Kantons Bern vom 27. Oktober 1956 aufgehoben wird.