Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 55



83 IV 55

14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. März 1957
i.S. Statthalteramt des Bezirkes Zürich gegen Weber. Regeste

    Art. 1 Abs.1,2Abs. 1 lit. bAO.

    Ankündigung besonderer, vom Verkäufer nur vorübergehend gewährter
Vergünstigungen.

Sachverhalt

    A.- In der Zeit vom 9. Juni bis 14. Juli 1956 liess Walter Weber als
verantwortlicher Vertreter der Firma Möbel Hummel, Zürich, in verschiedenen
Schweizer Tages- und Wochenzeitungen Inserate erscheinen, in welchen er
in schmalen, langgezogenen Spalten "infolge abgelaufener Lagerfrist",
"infolge Umzugs (Geschäftsverlegung)", "infolge Räumung des Lagers"
fabrikneue und ungebrauchte Aussteuern zu bestimmten Preisen und mit
10-jähriger Garantie zum Verkauf anbot. In einem Teil der Anzeigen
wurden die Interessenten aufgefordert, sich in Eilofferten an die Firma
Möbellagerhaus Hummel oder an eine bestimmte Chiffre zu wenden.

    B.- Mit Verfügung vom 10. Oktober 1956 verfällte das Statthalteramt
des Bezirkes Zürich Weber wegen Übertretung der Art. 1, 2, 4 und 20 Abs. 1
lit. a der Verordnung über Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen (AO)
vom 16. April 1947 in eine bedingt löschbare Busse von Fr. 120.-- mit der
Begründung, die Inserate hätten beim Publikum den Eindruck erwecken müssen,
die Firma Möbel Hummel verkaufe die angepriesenen Aussteuern vorübergehend
billiger als üblich.

    Weber verlangte gerichtliche Beurteilung.

    Am 17. Januar 1957 sprach der Einzelrichter in Strafsachen des
Bezirksgerichtes Zürich Weber frei, weil den öffentlichen Ankündigungen
das Merkmal der zeitlichen Begrenzung fehle.

    C.- Das Statthalteramt des Bezirkes Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde
mit dem Antrag, das Urteil des Einzelrichters sei aufzuheben und die
Sache zur Bestrafung Webers wegen Übertretung der AO an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Es wird geltend gemacht, der Wortlaut der Inserate
weise zwar nicht ausdrücklich auf eine bloss vorübergehend gewährte,
besondere Vergünstigung hin. Diese ergebe sich jedoch zwangsläufig aus
den Überschriften der Anzeigen, insbesondere aus dem Wort Räumung. Dafür,
dass es sich bei den angebotenen Möbeln um Neu-Occasionen handelte,
sei den Inseraten nichts zu entnehmen.

    D.- Weber beantragt Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- .....

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz liess dahingestellt, ob das Publikum aus den
angefochtenen Inseraten, in denen unbestrittenermassen Veranstaltungen
des Detailverkaufes öffentlich angekündigt wurden, den Eindruck gewinnen
musste, es würden ihm von der Firma Möbel Hummel besondere Vergünstigungen
gewährt. Indessen kann die Frage auf Grund der Akten ohne weiteres bejaht
werden. Wie der Beschwerdegegner in seiner Vernehmlassung selbst ausführt,
wurden mit den Anzeigen "infolge bestimmter Umstände ganz bestimmte
Aussteuern zu ganz bestimmten Vorzugspreisen" angeboten. Das wurde auch
von der Käuferschaft nicht anders verstanden. Vielmehr musste der Hinweis
darauf, dass die ausgeschriebenen Möbel infolge Ablaufs der Lagerfrist
udgl. zum Verkaufe kämen, den Leser zur Annahme führen, die Inserentin
befinde sich in einer Zwangslage und gewähre daher eine besondere
Vergünstigung. Zugleich wurde damit der Veranstaltung das Gepräge des
Einmaligen und Vorübergehenden gegeben. Denn wer, wie der Beschwerdegegner,
infolge Räumung des Lagers oder Ablaufs der Lagerfrist Waren zum
Verkauf anpreist, weist damit unmissverständlich auf die mengenmässige
Beschränkung seines Angebotes hin und kündigt eine Sonderveranstaltung
an. In diesem Eindruck musste vorliegend die Käuferschaft noch dadurch
bestärkt werden, dass sie in den Anzeigen aufgefordert wurde, sich
in Eilofferten an die Inserentin zu wenden. Demgegenüber vermag der
Einwand des Beschwerdegegners nicht aufzukommen, die Firma Möbel Hummel
sei dauernd in der Lage, Aussteuern der angepriesenen Art zu liefern,
weil die Vermittlung billiger Möbel einen wesentlichen Bestandteil ihres
Geschäftsbereiches bilde.

    Dem Beschwerdegegner kann auch insoweit nicht beigepflichtet werden,
als er behauptet, die angefochtenen Anzeigen hätten bloss Occasionen
betroffen und seien daher nicht bewilligungspflichtig gewesen. Zwar ist
einzuräumen, dass das schmale, langgezogene Format der Inserate dem
für Occasionsanzeigen üblichen Bild entspricht. Indessen liesse sich
der Einwand Webers nur hören, wenn seine Ankündigungen in der Presse
auch nach ihrem Wortlaut dem Leser diesen Sinn hätten bewusst machen
können. Das trifft nicht zu. Weisen sie doch ausdrücklich darauf hin, dass
es sich um fabrikneue, ungebrauchte Möbel handle, die vom Verkäufer mit
10-jähriger Garantie abgegeben würden. Dass den angepriesenen Aussteuern
irgendwelche Fehler anhafteten, wie das bei sog. Neu-Occasionen der
Fall ist, behauptet der Beschwerdegegner selbst nicht und ist auch seinen
Anzeigen nicht zu entnehmen.

    Die von ihm angekündigten Verkäufe, welche nach dem Eindruck, den das
Publikum auf Grund der Zeitungsreklame gewinnen musste, ausschliesslich
der Räumung des Lagers dienten, zeigen daher alle objektiven Merkmale
einer bewilligungspflichtigen Sonderveranstaltung im Sinne des Art. 2
Abs. 1 lit. b AO.