Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 42



83 IV 42

10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Februar 1957
i.S. Stump gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich. Regeste

    Art.36 Abs.2MFG. Wann ist jemand "verletzt"?

Auszug aus den Erwägungen:

    Ist bei einem Motorfahrzeug- oder Fahrradunfall jemand verletzt worden,
so ist der Führer des beteiligten Fahrzeugs einerseits zur Beistands- und
Hilfeleistung an den Verletzten und anderseits zur Meldung des Unfalls an
die nächste Polizeistelle und zur Angabe seiner Personalien verpflichtet
(Art. 36 Abs. 2 MFG). Das Gesetz verwendet den Ausdruck Verletzung im Sinne
von Personenschaden, was daraus hervorgeht, dass es ihn im Schlussatz
des Art. 36 Abs. 2 dem Wort Sachschaden gegenüberstellt. Ebenso wird
in Art. 37 Abs. 1 MFG von Tötung oder Verletzung eines Menschen und
in Art. 39 MFG von körperlichem Schaden im Gegensatz zu Sachschaden
gesprochen. Darnach ist unter dem Begriff Verletzung eine Schädigung der
körperlichen Unversehrtheit oder des Gesundheitszustandes eines Menschen
zu verstehen. Wie Art. 36 Abs.1 MFG den Begriff des Unfalls weit fasst und
nicht eine Tragweite besonderer Art verlangt, so macht auch Abs. 2 keinen
Unterschied, ob die Körperverletzung schwerer oder leichterer Natur ist,
und ebensowenig, ob der Sachschaden ein erhebliches oder geringes Ausmass
erreicht. Die Betrachtungsweise der Beschwerdeführerin geht daher fehl,
wenn sie glaubt, unter Körperverletzung sei nur entweder eine Wunde
mit Blutaustritt oder ein erkennbarer Bruch zu verstehen. Darunter
fallen auch innere Verletzungen, die äusserlich nicht sichtbar sind,
sowie Quetschungen und Schürfwunden, sofern es sich nicht bloss um
geringfügige, praktisch bedeutungslose Schäden handelt. Nicht anders wird
der Begriff der Körperverletzung im Haftpflichtrecht (vgl. STREBEL N. 23
zu Art. 37 MFG), in Art. 123 StGB (BGE 72 IV 21) und auch nach allgemeinem
Sprachgebrauch verstanden. Eine Quetschung mit Bluterguss, zumal wenn sie
eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 4 Tagen zur Folge hat, ist daher
eine Verletzung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 MFG. Im vorliegenden Fall
bestand ausserdem eine ausgesprochene Druckempfindlichkeit in der Gegend
der untern Kreuzwirbel, wo vom nachbehandelnden Arzt eine Schwellung
festgestellt wurde.