Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 198



83 IV 198

58. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1957
i.S. Manss gegen Schläpfer. Regeste

    Art. 13 lit. d UWG. Hängt die Verwechselbarkeit einer Warenbezeichnung
(-ausstattung) davon ab, ob sie Verkehrsgeltung habe?

Sachverhalt

    A.- August Manss in Kassel konstruiert Spezialtransportgeräte, die
er unter der Bezeichnung "Expresso" vertreibt. Seit Februar 1954 bezog
die Firma J. U. Schläpfer in Basel, in deren Namen bald Ulrich Schläpfer
sen., bald dessen gleichnamiger Sohn verhandelten, von Manss solche
Produkte zum Weiterverkauf. Gleichzeitig bewarben sie sich bei Manss
um das Alleinverkaufsrecht für die "Expresso"-Geräte in der Schweiz.
Durch Vertrag vom 31. August 1955 verpflichtete sich die Firma J. U.
Schläpfer gegenüber Manss, "ohne Genehmigung von Manss keine anderen
Transportgeräte direkt oder indirekt zu vertreiben, die nicht von Manss
geliefert waren". Weiter verpflichtete sie sich, die Geräte mit dem
Firmenschild von Manss zu verkaufen; immerhin wurde Schläpfer eingeräumt,
"wo es ihm aus Verkaufsgründen erforderlich" erschien, das Firmenschild
von Manss durch ein Schild von Schläpfer mit dem Zusatz "Expresso-Geräte"
auszutauschen.

    B.- Am 19. Juni 1956 stellte Manss gegen Vater und Sohn Schläpfer
Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbes, u.a. mit der Begründung, sie
hätten Geräte, die von der Firma Schade, einer Konkurrentin des Anzeigers,
stammten, unter der Bezeichnung "Expresso" vertrieben.

    C.- Mit Beschluss vom 29. August 1957 stellte die Überweisungsbehörde
des Kantons Basel-Stadt das gegen Vater und Sohn Schläpfer eingeleitete
Strafverfahren ein.

    D.- Manss führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Beschluss
der Überweisungsbehörde sei aufzuheben und die Sache mit der Auflage an
die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, gegen die Beschuldigten Anklage
wegen unlauteren Wettbewerbes zu erheben.

    E.- Die Beschuldigten beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Nach Auffassung der Vorinstanz war die den Beschwerdegegnern zur Last
gelegte Verwendung der Bezeichnung "Expresso" für Produkte des Schade
nicht geeignet, im Sinne des Art. 13 UWG Verwechslungen mit den von Manss
vertriebenen "Expresso"-Geräten herbeizuführen, weil diese Erzeugnisse,
als die Beschwerdegegner die beanstandeten Vorkehren trafen, in der
Schweiz kaum bekannt gewesen seien, jedenfalls nicht unter der Bezeichnung
"Expresso". Dabei hat die Vorinstanz offenbar sinngemäss auf den in BGE 79
II 321 ff. und in früheren Entscheidungen (BGE 69 II 297; 70 II 112; 72 II
397) ausgesprochenen Grundsatz abgestellt, dass die äussere Ausstattung
einer Ware nur dann des Wettbewerbsschutzes teilhaftig sei, wenn sie
Verkehrsgeltung erlangt habe. Diese Bedeutung misst das Bundesgericht
indessen in der durch BGE 83 II 162 ff. eingeführten Rechtsprechung
der Verkehrsgeltung nicht mehr bei. Nach ihr genügt das Vorliegen einer
vermeidbaren Verwechselbarkeit, die dann anzunehmen ist, wenn die Ware
des einen Wettbewerbers für diejenige des andern gehalten werden kann.

    Von dieser neueren Rechtsprechung abzuweichen, besteht kein Anlass;
die Vorinstanz und die Beschwerdegegner führen keine Gegengründe an,
die vom Bundesgericht in jenem Entscheid nicht bereits ausdrücklich
oder mittelbar erwogen worden wären. Dass es in BGE 83 II 162 ff. um
die Ausstattung und nicht wie hier um die Bezeichnung der Ware ging,
steht der Anwendung der in jenem Urteil aufgestellten Grundsätze auf den
vorliegenden Fall nicht entgegen. Es ist nicht einzusehen, inwiefern der
Schutz gegen Verwechselbarkeit der Bezeichnung von anderen Voraussetzungen
abhängen soll als der Schutz gegen verwechselbare Ausstattung der Ware. Die
Annahme der Vorinstanz, unlauterer Wettbewerb sei ausgeschlossen, weil
die Erzeugnisse des Beschwerdeführers jedenfalls unter der Bezeichnung
"Expresso" in der Schweiz kaum bekannt gewesen seien, geht daher fehl.