Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 183



83 IV 183

51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Oktober 1957
i.S. Plesch gegen Plesch. Regeste

    Art. 270Abs. 1 BStP, Art.28Abs. 4 StGB. Sind die Angehörigen des
Antragstellers nach dessen Tod zur Nichtigkeitsbeschwerde befugt?

Sachverhalt

    Am 7. Januar 1957 stellte Janos Plesch bei der Staatsanwaltschaft des
Kantons Graubünden gegen Arpad Plesch Strafantrag wegen Vermögensdelikten.

    Am 21. Juni 1957 verfügte die Staatsanwaltschaft die Einstellung
des Strafverfahrens.

    Gegen diesen Entscheid legten die Kinder des Antragstellers, der am 1.
März 1957 gestorben war, Nichtigkeitsbeschwerde ein.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Nach Art. 270 Abs. 1 BStP steht die Nichtigkeitsbeschwerde dem
Angeklagten und dem öffentlichen Ankläger des Kantons zu. In den
Fällen, die nur auf Antrag des Verletzten verfolgt werden, ist auch
der Antragsteller zur Nichtigkeitsbeschwerde berechtigt. Dass es bei
Todesfall insoweit eine Nachfolge der Angehörigen in die Rechte des
Antragstellers gebe, dass jene gleicherweise zur Nichtigkeitsbeschwerde
legitimiert wären wie dieser, sagt Art. 270 BStP nicht ausdrücklich. Er
sieht in Abs. 2 lediglich eine Rechtsnachfolge der Verwandten und
Verschwägerten, der Geschwister und des Ehegatten des Angeklagten vor.
Daraus per argumentum e contrario zu folgern, der Gesetzgeber habe
die Hinterbliebenen des Antragstellers von der Nichtigkeitsbeschwerde
ausschliessen wollen, wäre indessen nur zulässig, wenn die Frage
nicht schon in Abs. 1 geregelt wäre. Diese Bestimmung bezeichnet den
Antragsteller als zur Nichtigkeitsbeschwerde befugt. Wer Antragsteller
ist, bestimmt das materielle Recht. Nach Art. 28 Abs. 4 StGB steht das
Antragsrecht jedem Angehörigen des Verletzten zu, wenn dieser stirbt, ohne
Strafantrag gestellt oder auf diesen ausdrücklich verzichtet zu haben. Als
Antragsteller kraft Rechtsnachfolge müssen daher auch die Angehörigen
des Verletzten zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein. Steht ihnen
aber die Nichtigkeitsbeschwerde schon zu, wenn dieser vor Stellung des
Strafantrages stirbt, so sind sie hiezu erst recht befugt, wenn der
Verstorbene noch selber die Bestrafung des Täters verlangt hatte. Denn
in diesem Fall vollstrecken sie mit der Ergreifung des Rechtsmittels den
eindeutig bekundeten Willen des Verstorbenen, dass die Strafverfolgung
durchgeführt werde.