Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 132



83 IV 132

34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. Oktober 1957
i.S. Beeler gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden. Regeste

    Art.23Abs. 1StGB. Wegen untauglichen Versuchs ist auch strafbar,
wer ein Verbrechen oder Vergehen mit einem untauglichen Mittel und an
einem untauglichen Gegenstand auszuführen versucht.

Sachverhalt

    A.- Im Sommer 1954 kam es einige Male zwischen Karl Beeler und Frau
Hildegard Gander zum Geschlechtsverkehr. Im August 1954 gab Frau Gander
ihrer Befürchtung Ausdruck, schwanger zu sein, worauf Beeler eines Nachts
mit einer Flasche bei ihr erschien und sie aufforderte, deren Inhalt
einzunehmen, um die Frucht abzutreiben. Frau Gander kam der Aufforderung
nach. Am folgenden Morgen stellte sich bei ihr eine so starke Blutung ein,
dass ein Arzt beigezogen werden musste.

    B.- Am 10. Januar 1957 verurteilte das Kreisgericht Churwalden Frau
Gander wegen untauglichen Versuchs der Abtreibung durch die Schwangere zu
acht Tagen Gefängnis. Beeler bestrafte es wegen Anstiftung zu untauglichem
Abtreibungsversuch mit acht Tagen Gefängnis als Zusatz zu der vom
Kreisgericht Chur am 16. September 1954 wegen Widerhandlung gegen das
MFG, Störung des öffentlichen Verkehrs und fahrlässiger Körperverletzung
ausgefällten Freiheitsstrafe von dreissig Tagen Gefängnis. Beiden
Angeklagten wurde der bedingte Strafvollzug gewährt.

    Eine von Beeler erhobene Beschwerde wies der Kantonsgerichtsausschuss
von Graubünden am 21. Februar 1957 als unbegründet ab.

    C.- Beeler führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil
des Kantonsgerichtsausschusses sei aufzuheben und die Sache zu seiner
Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- .....

Erwägung 2

    2.- Davon ausgehend, dass Frau Gander zur Zeit der Tat nicht schwanger
gewesen sei und die Tauglichkeit der von ihr auf Veranlassung Beelers
eingenommenen Flüssigkeit als Abtreibungsmittel nicht sicher feststehe,
gelangte die Vorinstanz zur Verurteilung des Beschwerdeführers wegen
Anstiftung zu untauglichem Versuch der Abtreibung durch die Schwangere.
Inwiefern darin eine Verletzung von Bundesrecht liegen sollte, ist nicht
ersichtlich. Dass auch die Nichtschwangere, die auf Abtreibung gerichtete
Handlungen vornimmt, wegen untauglichen Versuches nach Art. 118 in
Verbindung mit Art. 23 StGB strafbar ist, bestreitet der Beschwerdeführer
nicht. Er macht jedoch geltend, strafbar sei ein untauglicher Versuch
nur, wenn das Verbrechen oder Vergehen mit untauglichen Mitteln an einem
tauglichen Gegenstand oder mit tauglichen Mitteln an einem untauglichen
Objekt auszuführen versucht werde, nicht aber, wenn Mittel und Gegenstand
untauglich seien. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze.
Zwar nennt Art. 23 Abs. 1 StGB als Voraussetzung für die Strafmilderung
nach freiem richterlichen Ermessen die Untauglichkeit des Mittels "oder"
die Untauglichkeit des Tatgegenstandes. Damit wird indessen nicht mehr
gesagt, als dass der Richter von der ihm eingeräumten Befugnis schon
Gebrauch machen kann, wenn bloss eine der genannten Voraussetzungen gegeben
ist. Dass die Strafbarkeit überhaupt entfalle, wenn die Tat, wie hier,
mit einem untauglichen Mittel und an einem untauglichen Objekt auszuführen
versucht wird, ist der genannten Bestimmung auch bei sinngemässer Auslegung
nicht zu entnehmen. Nur wenn der Täter aus Unverstand handelt, kann der
Richter von einer Bestrafung absehen (Art. 23 Abs. 2 StGB). Dass die
Vorinstanz nach dieser Vorschrift hätte verfahren müssen, wird in der
Beschwerde nicht geltend gemacht.