Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 IV 105



83 IV 105

29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Mai 1957 i.S. Worni
und Meschenmoser gegen Schweiz. Lampen- und Metallwaren-AG Regeste

    Art.2 Abs. 1, Art. 13 UWG. Wer kann wegen unlauteren Wettbewerbs
Strafantrag stellen?

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Strafverfolgung wegen unlauteren Wettbewerbes setzt einen
Strafantrag voraus. Dieser steht den zur Zivilklage berechtigten Personen
und Verbänden zu (Art. 13 UWG). Antragsberechtigt ist also in erster
Linie, "wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem
Kredit oder beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb oder sonst
in seinen wirtschaftlichen Interessen geschädigt oder gefährdet ist"
(Art. 2 Abs. 1 UWG).

    Obschon diese Bestimmung es nicht ausdrücklich sagt, gibt sie
das Klagerecht nicht irgendwem, sondern nur den Mitbewerbern des
Beschuldigten. Das folgt daraus, dass Art. 2 Abs. 2 darüber hinaus die
Kunden als klageberechtigt erklärt. Das wäre überflüssig, wenn jeder,
dessen wirtschaftliche Interessen verletzt oder gefährdet sind, auf
Grund des Abs. 1 klagen könnte. Dass das Klagerecht der ausserhalb des
wirtschaftlichen Wettbewerbs stehenden Personen sich nicht von selbst
versteht, kommt auch darin zum Ausdruck, dass Abs. 2 es den Kunden
nur zuerkennt, wenn der unlautere Wettbewerb ihre wirtschaftlichen
Interessen schädigt, nicht schon, wenn er sie nur gefährdet. Es wäre
nicht zu verstehen, wenn Personen, die weder am Wettbewerb teilnehmen,
noch Kunden sind, bei blosser Gefährdung ihrer Interessen gemäss Abs. 1
zu klagen befugt wären, während die Kunden, die an einem den Grundsätzen
von Treu und Glauben entsprechenden Geschäftsgebaren in der Regel mehr
interessiert sind, gemäss Abs. 2 den Richter nur im Falle der Schädigung
anrufen können. Auch die Beispiele geschützter Interessen, deren Verletzung
oder Gefährdung gemäss Abs. 1 zur Klage berechtigt, deuten an, dass diese
Bestimmung sich nur auf Interessen von Mitbewerbern bezieht. Zwar folgt der
beispielsweisen Aufzählung der Kundschaft, des Kredites, des beruflichen
Ansehens und des Geschäftsbetriebes eine allgemeine Klausel, wonach auch
die Verletzung oder Gefährdung anderer wirtschaftlicher Interessen zur
Klage berechtigt. Damit sollen jedoch in Abweichung von Art. 48 OR,
der nur den Besitz der Geschäftskundschaft wahren wollte, lediglich
weitere Interessen des Mitbewerbers geschützt werden, z.B. das Interesse
an der Erhaltung seiner Bezugsquellen (vgl. Botschaft des Bundesrates,
BBl 1942 694). Die Möglichkeit des Schutzes anderer als der aufgezählten
Interessen bedeutet nicht, dass irgendwer wegen Verletzung oder Gefährdung
irgendwelcher wirtschaftlicher Interessen klagen könne. Die Botschaft zum
Gesetzesentwurf führt denn auch in den Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 1
nur die Mitbewerber als klageberechtigt an (BBl 1942 693). Das Recht,
zu klagen und Strafantrag zu stellen, steht daher z.B. den Lieferanten
oder Gläubigern eines Mitbewerbers des Beschuldigten nicht zu.

    Aber auch die Mitbewerber haben es nicht schlechthin. Berechtigt
ist nur der, dessen vom Recht geschützte wirtschaftliche Interessen
durch die Handlung unmittelbar verletzt oder gefährdet werden. Insoweit
unterscheiden sich Art. 2 und 13 UWG nicht von Art. 28 Abs. 1 StGB,
der nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein Antragsrecht nur dem
zuerkennt, dessen Rechtsgut durch die strafbare Handlung unmittelbar
betroffen wird, nicht auch einem Dritten, den sie nur mittelbar schädigt
(BGE 74 IV 7). Handlungen, die zwar im Rahmen des wirtschaftlichen
Wettbewerbs stehen und an deren Unterlassung daher alle Mitbewerber
wirtschaftlich interessiert sein können, die aber nach den in Art. 13
UWG aufgestellten Tatbestandsmerkmalen einen Eingriff in besondere
Interessen eines einzelnen von ihnen voraussetzen, können daher
nur auf Antrag dieses in seinen besonderen Interessen unmittelbar
verletzten Mitbewerbers verfolgt werden. Das trifft insbesondere in
den Fällen der Buchstaben f und g des Art. 13 zu, die erfüllt sind,
wenn der Täter einen Dienstpflichtigen, Beauftragten oder eine andere
Hilfsperson zum Verrat oder zur Auskundschaftung von Fabrikations- oder
Geschäftsgeheimnissen ihres Dienstherrn oder Auftraggebers verleitet,
bzw. wenn er Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse verwertet oder
andern mitteilt, die er ausgekundschaftet oder von denen er sonstwie
gegen Treu und Glauben Kenntnis erlangt hat. Antragsberechtigt ist nur
der Träger des Geheimnisses. Nur er wird durch die Handlung in rechtlich
geschützten Interessen unmittelbar getroffen. Andere Mitbewerber haben
keinen Anspruch darauf, dass das Geheimnis gewahrt werde. Mögen sie
auch durch die Tat benachteiligt werden, weil sie den Beschuldigten im
Wettbewerb begünstigt, so haben sie sich doch damit abzufinden, wie
sie es auch hinzunehmen hätten, wenn das Geheimnis von seinem Träger
freiwillig zugunsten des Beschuldigten preisgegeben worden wäre. Dass das
Bundesgericht in Auslegung des Art. 48 OR entschieden hat, das Klagerecht
setze nicht einen gegen den Kläger persönlich gerichteten Angriff voraus
(BGE 58 II 430 ff.), ändert nichts. Das bleibt durchaus richtig, wenn die
Handlung, wie in jenem Falle, nicht ihrer Natur nach nur durch Eingriff in
die Interessen eines ganz bestimmten Mitbewerbers begangen werden kann,
z.B. wenn der Täter über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder
Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht, um das
eigene Angebot im Wettbewerb zu begünstigen (Art. 13 lit. b UWG). Jeder
Mitbewerber hat, ohne persönlich angegriffen zu sein, Anspruch darauf,
dass solche Irreführung der Kunden unterbleibe, und ist durch sie in
seinen vom Recht geschützten wirtschaftlichen Interessen unmittelbar
geschädigt oder gefährdet und daher klageberechtigt.