Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 II 467



83 II 467

63. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1957
i.S. Willy Vogel gegen Mécafluid Constructions Mécaniques et Fluids
Appliqués SA Regeste

    Konzernmarke, Begriff; Art. 6bis MSchG (Erw. 2).

    Zuteilung der Marke nach dem Wegfall des Konzernverhältnisses: Mangels
vertraglicher Regelung kommt die Marke dem Unternehmen zu, dem sie nach
den gesamten Umständen am nächsten steht (Erw. 4, 5).

    Markenmässiger Gebrauch ist auch möglich an blossem Bestandteil einer
Sache (Erw. 4 b).

    Der Markeninhaber kann sich Dritten gegenüber auf den Ge. brauch
der Marke durch den Erwerber der damit versehenen Ware ebenfalls berufen
(Erw. 4 c).

Sachverhalt

                     Aus dem Tatbestand:

    Die Firma Willy Vogel in Berlin stellte seit 1927 eine
Zentralschmierungsanlage für Automobile und andere Maschinen her, die mit
einem einzigen Hebeldruck betätigt wird. Sie liess dafür am 6. November
1930 die Marke "Ein Druck" in der deutschen Warenzeichenkontrolle
eintragen.

    Am 4. Juli 1930 hatte der mit Willy Vogel befreundete französische
Industrielle Brauda, der ebenfalls solche Schmierungsanlagen herstellte,
im französischen Register dafür die Marke "Monocoup" eintragen lassen.

    1931 wurde in Paris die Monocoup SA gegründet. Als Gründer trat
formell Brauda auf, der auch die Marke "Monocoup" auf die Gesellschaft
übertrug. Das Unternehmen war jedoch wirtschaftlich weitgehend von der
Firma Willy Vogel abhängig und befand sich dieser gegenüber in der Stellung
einer Tochtergesellschaft.

    Die Firma Willy Vogel liess die Marke "Monocoup" 1933 im deutschen
und 1936 im internationalen Markenregister eintragen.

    Durch den Krieg wurden die früheren guten Beziehungen zwischen den
beiden Firmen zerstört. Zu einer Zusammenarbeit kam es auch nachher
nicht mehr.

    Im Jahre 1951 liess die Monocoup SA, die ihre Firma in Mécafluid
Constructions Mécaniques et Fluids Appliqués SA abänderte, die Wortmarke
"Graissage Central Monocoup" im internationalen Markenregister
eintragen. Die Firma Willy Vogel erhob im Jahre 1955 Klage auf
Nichtigerklärung dieser Marke für das Gebiet der Schweiz.

    Das Handelsgericht Bern wies mit Urteil vom 25. Juni 1957 die
Klage ab. Es ging davon aus, dass die Marke "Monocoup" wegen der engen
wirtschaftlichen Verbundenheit, die zwischen der Firma Willy Vogel und der
Monocoup SA bestanden hatte, als Konzernmarke i.S. von Art. 6 bis MSchG
zu betrachten sei. Nach dem Auseinanderfallen des Konzerns sei die Marke
mangels vertraglicher Abmachungen der Parteien der Beklagten zuzusprechen,
da ihr nach den gesamten Umständen die besseren Rechte daran zustünden.

    Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil
ab, im wesentlichen auf Grund der folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- ...

Erwägung 2

    2.- Die Klägerin anerkennt, dass zwischen der Berliner und der Pariser
Firma ein Konzernverhältnis bestanden habe. Sie hält aber dafür, die
Bezeichnung "Monocoup" könne trotzdem nicht als Konzernmarke angesprochen
werden, weil die beiden Firmen nie einen gemeinsamen Markt gehabt hätten...
Die Vorinstanz hat jedoch festgestellt, dass die französische Firma schon
seit ca. 1932 oder 1934 Schmieranlagen nach der Schweiz geliefert habe...

    Anderseits hatte die Firma Willy Vogel in Zürich einen
Generalvertreter, durch den sie ihre Zentralschmierungsanlagen in der
Schweiz vertreiben liess.

    Aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ergibt sich somit,
dass die Schweiz für beide Firmen ein Absatzgebiet, also einen gemeinsamen
Markt darstellte. Dass auf diesem gemeinsamen Absatzgebiet die Marke
"Monocoup" nur von einem der beiden Konzernmitglieder gebraucht wurde
(nach der Behauptung der Klägerin von ihr, nach der Ansicht der Vorinstanz
dagegen nur von der Beklagten), bildet entgegen der Meinung der Klägerin
keinen Grund, der genannten Marke die Eigenschaft einer Konzernmarke
abzusprechen. Eine solche kann auch vorliegen, wenn Konzernfirmen ein
und dasselbe Zeichen in verschiedenen Ländern verwenden.

Erwägung 3

    3.- ...

Erwägung 4

    4.- Da die Parteien keine vertragliche Abmachungen darüber getroffen
haben, welcher von ihnen nach dem Dahinfallen des Konzernverhältnisses
die Marke "Monocoup" zustehen solle, kann sie gemäss den zutreffenden
Ausführungen der Vorinstanz von demjenigen Unternehmen beansprucht werden,
welchem sie nach den gesamten Umständen am nächsten steht. Das trifft
in der Regel auf den ältesten Benützer zu. Als solcher ist hier nach
der Auffassung der Vorinstanz die Beklagte zu betrachten. Die Klägerin
bestreitet dies und macht geltend, die Beklagte habe während des Bestehens
des Konzernverhältnisses die Marke "Monocoup" in der Schweiz weder
eintragen lassen, noch sie überhaupt gebraucht.

    a) Wie bereits erwähnt, hat zwar die französische Firma seit
ca. 1932-1934 Schmieranlagen in die Schweiz geliefert; im weiteren
ist in einem Schreiben des Willy Vogel vom 22. Juni 1939 an Brauda
die Rede von Lieferungen der Beklagten an Schweizer Firmen der
Werkzeugmaschinenindustrie, d.h. also von der Lieferung von Schmieranlagen,
die nicht für Autos, sondern für Maschinen bestimmt waren.

    Es fehlt indessen eine tatbeständliche Feststellung der
Vorinstanz, dass bei solchen an sich erwiesenen direkten Lieferungen
von Schmierungsanlagen durch die Beklagte nach der Schweiz die Marke
"Monocoup" verwendet wurde.

    b) Erwiesen ist dagegen nach den Feststellungen der Vorinstanz,
dass die Beklagte, bzw. ihre Rechtsvorgängerin, schon 1930
Zentralschmierungsanlagen an französische Autofabriken verkauften, welche
sie in Personen- und Lastwagen einbauten und auf Weisung der Beklagten
das Schildchen mit der Marke "Monocoup" an 3-4 Stellen der Fahrzeuge
anbrachten; so ausgestattete Fahrzeuge wurden von den Autofabriken auch
nach der Schweiz ausgeführt. In dieser Anbringung der Namensschilder
hat die Vorinstanz eine markenmässige Verwendung des Zeichens "Monocoup"
erblickt. Sie führt zur Begründung dieser Auffassung unter Hinweis auf
BGE 60 II 161 aus, die Marke sei so auf einem Gegenstand angebracht
worden, der mit der zu schützenden Sache derart eng verbunden sei, dass
unmissverständlich zum Ausdruck komme, was geschützt werden solle.

    Wie jedoch die Klägerin mit Recht einwendet, lässt sich der vorliegende
Sachverhalt mit demjenigen von BGE 60 II 161 nicht vergleichen. Dort
handelte es sich um eine Kältemaschine, wobei nach dem Registereintrag
der Markenschutz sich auch auf die Kühlanlage als Ganzes erstrecken
sollte. Das Bundesgericht kam zum Schluss, die Kältemaschine stehe mit
dem gleichfalls vom Maschinenlieferanten erstellten Kühlkeller in einer
derart engen technischen und funktionellen Beziehung, dass der Kühlkeller
markenrechtlich nicht anders zu behandeln sei als die Anlage und dass
daher als Gegenstand der auf der Kellertüre angebrachten Marke auch ohne
weiteres die Maschinen erscheinen.

    Im vorliegenden Fall wurde dagegen die von der Beklagten gelieferte
Zentralschmierungsanlage durch einen Dritten, den Autofabrikanten,
in Motorfahrzeuge eingebaut, die eine eigene Marke führten. Es kann
daher im Gegensatz zu dem von der Vorinstanz erwähnten Fall nicht gesagt
werden, das Fahrzeug bilde mit der darin eingebauten, markengeschützten
Zentralschmierungsanlage markenrechtlich eine Einheit.

    Anderseits kommt entgegen der Meinung der Klägerin nichts darauf an,
dass die Schmieranlage durch den Einbau zum Bestandteil des Fahrzeuges
wurde. Das hatte nicht zur Folge, dass ihr jede markenrechtliche
Selbständigkeit entzogen worden wäre. Da sie ganz besondere technische
Aufgaben zu erfüllen hat, blieb ihr vielmehr unter dem Gesichtspunkt des
Markenrechts die Selbständigkeit erhalten, und sie war der Kennzeichnung
durch eine eigene Marke auch nach dem Einbau fähig.

    Wenn nun das Markenschildchen mit der Marke "Monocoup" an 3-4 Stellen
des Autos angebracht wurde, so hatte dies nicht die Bedeutung einer
blossen Gebrauchsanweisung, wie die Klägerin meint, sondern es wurde
damit, weil die Bezeichnung "Monocoup" besonders hervorsticht, vor allem
ein Hinweis auf die Herkunft der Schmieranlage bewirkt, was gerade das
Wesen des markenmässigen Gebrauches eines Zeichens ausmacht. Diese Art
des Markengebrauches ist im Wirtschaftsleben häufig anzutreffen. Wenn
z.B. die Firma Brown, Boveri & Co. AG die elektrischen Anlagen (Heizung
und Licht) für einen von einer Wagenfabrik gebauten SBB-Wagen liefert,
so findet sich an gut sichtbaren Stellen des Wagens ein Metallschild mit
der Firmenmarke der BBC, und es wird auf diese Weise auf die Herkunft
der elektrischen Anlage hingewiesen, obwohl diese Bestandteil des Wagens
geworden ist. Ähnlich verhält es sich bei den Autoreifen, welche die Marke
des Herstellers auch noch zeigen, nachdem sie am Fahrzeug angebracht
worden sind. Auch der mit einem elektrischen Apparat fest verbundene
Schalter kann eine andere Marke tragen als der Apparat selbst.

    c) Die Klägerin vertritt weiter die Auffassung, selbst wenn die
genannte Anbringung des "Monocoup"-Schildchens in der genannten Art
und Weise als markenmässiger Zeichengebrauch anzusehen sei, so habe
darin auf jeden Fall kein der Beklagten anzurechnender Gebrauch in der
Schweiz gelegen. Denn durch die in Frankreich erfolgte Anbringung des
Namensschildchens habe die Beklagte ihr Recht zur Inverkehrsetzung der
Ware verbraucht. Mit dem Verkauf der Schmieranlage an die Autofabriken
habe sie die Ware aus ihrer Verfügungsbefugnis entlassen, womit die
Ware für den Verkehr freigegeben worden sei. Die unabhängig vom Willen
der Beklagten erfolgte Einfuhr der mit der Schmieranlage ausgestatteten
Wagen in die Schweiz könne daher nicht als schweizerischer Markengebrauch
der Beklagten betrachtet werden. Zur Begründung dieser Auffassung beruft
sich die Klägerin auf die Literatur zum deutschen Warenzeichengesetz,
insbesondere auf BAUMBACH/HEFERMEHL, 7. Auflage S. 886, und auf REIMER,
3. Auflage S. 305, wonach sich das alleinige Recht des Markeninhabers
zur Inverkehrsetzung mit dem ersten Inverkehrbringen verbraucht. Mit
diesen Ausführungen wollen jedoch die genannten Autoren lediglich
dartun, dass der Markeninhaber, der eine mit seiner Marke versehene Ware
verkauft hat, dem Erwerber ihren weiteren Verkauf nicht unter Berufung
auf sein Markenrecht und die darin enthaltene Befugnis zur alleinigen
Inverkehrsetzung verwehren kann. Hier handelt es sich dagegen um eine
ganz andere Frage, nämlich darum, ob sich der Markeninhaber einem Dritten
gegenüber auf den Gebrauch seiner Marke durch den Erwerber der damit
versehenen Ware ebenfalls berufen könne. Diese Frage ist zu bejahen. Denn
selbst wenn ein Fabrikant die mit seiner Marke versehene Ware an eine
Exportfirma verkauft und diese sie dann im Ausland absetzt, so dient
die Marke dort ebenfalls dazu, die Ware als Erzeugnis ihres Herstellers
zu kennzeichnen. Dasselbe gilt umgekehrt auch, wenn ein ausländischer
Markenartikel vom Hersteller dem Grossisten im Ausland verkauft und von
diesem in die Schweiz eingeführt wird; auch in diesem Fall geniesst die
Marke, sofern die weiteren rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind,
in der Schweiz markenrechtlichen Schutz.

    Die seit 1930 erfolgte Einfuhr französischer Autos, die
mit Schmierungsanlagen der Beklagten ausgestattet und mit den
"Monocoup"-Schildchen versehen waren, ist daher der Beklagten als
Markengebrauch in der Schweiz anzurechnen.

    d) Demgegenüber steht fest, dass die Klägerin die Marke "Monocoup"
in der Schweiz selber nie gebraucht hat. Sie macht jedoch geltend,
auf Grund von Art. 5 des schweizerisch-deutschen Abkommens vom 13. April
1892/26. Mai 1902 betr. den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz
(BS 11 S. 1057) sei ihr der Gebrauch der Marke "Monocoup" in Deutschland
auf jeden Fall von der 1936 erfolgten internationalen Eintragung der Marke
an auch in der Schweiz anzurechnen. Die Vorinstanz hat diese Auffassung
als unrichtig erklärt mit der Begründung, die genannte Bestimmung könne
bei der Entscheidung der Frage, wer der älteste Markenbenützer in der
Schweiz sei, nicht herangezogen werden, da sie sich darauf beschränke,
die Rechtsnachteile zu verhindern, die bei Nichtgebrauch während bestimmter
Fristen in der Regel eintreten (so auch MATTER, MSchG, S. 51).

    Welche Auslegung die richtige sei, kann dahingestellt bleiben. Denn
auch nach der Auffassung der Klägerin selbst wäre sie erst 1936 in der
Schweiz in den Genuss des Markenrechtes am Zeichen "Monocoup" gelangt,
während es der Beklagten, bzw. ihren Rechtsvorgängern, schon seit 1930
zustand, weshalb die Beklagte unter allen Umständen als die älteste
Benützerin der Konzernmarke in der Schweiz zu betrachten ist.

Erwägung 5

    5.- Die Klägerin vertritt die Ansicht, bei der Zuteilung einer früheren
Konzernmarke müsse vor allem auf die wirtschaftlichen Verhältnisse
abgestellt werden; in einem bestimmten Gebiet sollte die Marke von
demjenigen Konzernmitglied weiter gebraucht werden dürfen, das dort
die grösseren Interessen habe; entscheidend sei die "wirtschaftliche
Interessenkonzentration".

    Selbst wenn man diese Auffassung als grundsätzlich richtig
anerkennen wollte, so müsste im vorliegenden Fall eine zu Gunsten
der Klägerin sprechende "wirtschaftliche Interessenkonzentration"
im Gebiete der Schweiz auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz verneint werden. Denn es steht fest, dass die Klägerin ihre
Schmieranlagen unter den Bezeichnungen "Ein Druck" und "Willy Vogel" in
die Schweiz lieferte, während sie hier die Marke "Monocoup" überhaupt
nicht benützte. Schmieranlagen mit dieser Marke, die in die Schweiz
gelangten, stammten ausnahmslos aus dem Betrieb der Beklagten bzw. ihrer
Rechtsvorgängerin. Hinsichtlich des Gebrauchs der dem Konzern zustehenden
Marken war also für das Gebiet der Schweiz eine Aufteilung in dem Sinne
erfolgt, dass die Berliner Firma für ihre Anlagen die deutsche Marke "Ein
Druck" verwendete, während die Beklagte die von ihrer Seite stammende Marke
"Monocoup" gebrauchte.

    Die weitere Behauptung der Klägerin, die Schweiz sei als
Geschäftsgebiet ihr vorbehalten gewesen, wird durch die Feststellungen
der Vorinstanz ebenfalls widerlegt...

    Angesichts dieser tatsächlichen Verhältnisse lässt sich daher nicht
sagen, die Klägerin habe in der Schweiz wesentlich höhere wirtschaftliche
Interessen als die Beklagte. Deren Interesse erscheint gegenteils gerade
hinsichtlich der Marke "Monocoup" als das weit überwiegende.

    Die Bezeichnung "Monocoup" ist für die Beklagte auch deswegen von
grösserer Bedeutung als für die Klägerin, weil sie jene als einzige Marke
für ihre Zentralschmierungsanlagen verwendete, währen die Klägerin sich
vorwiegend der Marken "Willy Vogel" und "Ein Druck" bediente.

    Endlich darf entgegen der Meinung der Klägerin bei der Würdigung der
gesamten Umstände auch mitberücksichtigt werden, dass die Marke "Monocoup"
vom Rechtsvorgänger der Beklagten, Brauda, geschaffen wurde.

    In Würdigung aller Umstände ist daher der Vorinstanz beizupflichten,
dass nach dem Auseinanderfallen des Konzerns die streitige Marke der
Beklagten zusteht.