Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 II 41



83 II 41

8. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. März 1957 i.S. Michel gegen
Reinhardt. Regeste

    1.  Internationales Privatrecht. Welches Recht ist auf die Verjährung
anwendbar? (Erw. 1).

    2.  Art. 591 Abs. 1 OR.

    a)  Die Veröffentlichung der Auflösung der Gesellschaft im
Schweizerischen Handelsamtsblatt setzt die Verjährung gegen die
Gesellschafter nur in Gang, wenn der Veröffentlichung eine gültige
Eintragung im Handelsregister zugrunde liegt (Erw. 3).

    b)  Art. 591 Abs. 1 schneidet dem Gesellschafter die Einreden aus
Art. 127 ff. OR, die der Forderung als solcher entgegen3. Argehalten
werden können, nicht ab (Erw. 4).

    3.  Art. 135 Ziff. 2 OR. Das Betreibungsbegehren unterbricht die
Verjährung auch dann, wenn der Zahlungsbefehl am unrichtigen Ort ergeht,
der Schuldner sich aber nicht dagegen beschwert (Erw. 5).

    4.  Art. 136, 593 OR. Die gegen die Kollektivgesellschaft wirkende
Unterbrechung der Verjährung wirkt auch gegen die nicht ausgeschiedenen
Gesellschafter (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- 1. - Carl Reinhardt, Kaufmann in Bern, und J. A.  Michel,
Staatsrat in Addis Abeba, schlossen sich am 19. Dezember 1919 zur
Kollektivgesellschaft C. Reinhardt & Cie zusammen, um "Handelsgeschäfte
(Import, Export und Inlandgeschäfte) mit und in Abessinien zu betreiben"
und einen in Karaba (Abessinien) stehenden Wald und "damit verbundene
weitere kommerzielle und industrielle Unternehmen in Abessinien
auszubeuten". Das Recht, den Wald zu nutzen, war Michel am 17. Juni 1918
auf die Dauer von dreissig Jahren verliehen worden. Michel übertrug
es auf die Gesellschaft, wogegen Reinhardt einen Beitrag in Geld
leistete. Die Gesellschaft sollte am 1. März 1920 beginnen, zehn Jahre
dauern und sich mangels Kündigung jeweilen für zehn Jahre erneuern. Als
Sitz wurde Bern bestimmt. Durch Art. 10 des Vertrages unterstellten
die Vertragschliessenden ihr Rechtsverhältnis dem schweizerischen
Obligationenrecht.

    Am 16. August 1922 vereinbarten Reinhardt und Michel unter anderem, die
finanziellen Mittel der Gesellschaft seien "vorderhand in der Hauptsache
für die Ausbeutung der Waldkonzession zu verwenden". Sie verlegten den
Sitz der Gesellschaft nach Addis Abeba und bestimmten, von der Eröffnung
einer Filiale in der Schweiz werde vorderhand abgesehen. Sie erklärten,
Art. 10 des Vertrages vom 19. Dezember 1919 bleibe unverändert.

    Ein Gesuch der Gesellschaft um Eintragung in das Handelsregister
von Bern wurde vom Regierungsrat des Kantons Bern am 20. Januar 1925
abgewiesen.

    Am 5. Juli 1942 starb Carl Reinhardt. Sein Erbe Rudolf Reinhardt,
der den Nachlass unter öffentlichem Inventar annahm, stellte am 18. Mai
1946 beim Gerichtspräsidenten von Bern das Gesuch, J. A. Michel sei die
Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft C. Reinhardt & Cie in Liquidation
einstweilen zu entziehen und es sei ein Liquidator zu ernennen. Am 14. Juni
1946 verglichen die Parteien sich dahin, dass sie Notar Niklaus in Bern als
Liquidator einsetzten, und am 5. Juli 1946 meldeten sie die Gesellschaft in
Liquidation gemeinsam zur Eintragung in das Handelsregister von Bern an,
wobei sie als Auflösungsgrund den Tod des Carl Reinhardt angaben. Die
Eintragung erfolgte und wurde am 15. Juli 1946 im Schweizerischen
Handelsamtsblatt veröffentlicht.

    Am 17. September 1946 ersuchte Rudolf Reinhardt das Handelsregisteramt
Bern, die Eintragung zu löschen, weil die Gesellschaft ihren Sitz in
Addis Abeba habe. Die Akten wurden dem Regierungsrat des Kantons Bern
überwiesen, und dieser entschied am 14. Januar 1947, die Eintragung
werde "annulliert" und die Firma C. Reinhardt & Cie in Liq. sei von
Amtes wegen zu löschen. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die Michel
gegen diesen Entscheid führte, wurde am 3. Juni 1947 vom Bundesgericht
abgewiesen. Beide Instanzen kamen zum Schluss, die Kollektivgesellschaft
habe ihren Sitz seit 1922 nicht mehr in Bern, sondern in Abessinien;
die Eintragung vom 5. Juli 1946 habe somit der Wahrheit nicht entsprochen.

Erwägung 2

    2.- Am 1. Januar 1925 versprachen die Eheleute Gustav und Jeanne
Goetz-Kessel in Nizza der Firma C. Reinhardt & Cie ein Darlehen von
höchstens franz. Fr. 800'000.--. Der Vertrag bestimmte unter anderem:

    Art. 4 Abs. 2:

    "Au surplus, nous nous considérons suffisamment couverts par les
Art. 561, 563, 564 et 568 du Code Civil Suisse du 1er janvier 1912 auquel
la Société C. Reinhardt se déclare soumise par l'art. XI du contrat
principal du mois de décembre 1919."

    Art. 9:

    "Le capital engagé par les époux Goetz-Kessel devra leur être remboursé
dès que la trésorerie de la Société C. Reinhardt & Co. disposera des
fonds nécessaires et en tout cas au plus tard à l'expiration de la dite
société ou à sa liquidation éventuelle.

    Mr. J. A. Michel se déclare solidairement responsable avec son associé
Mr. C. Reinhardt, et cela suivant le droit des obligations suisse, dont
les époux Goetz-Kessel acceptent d'avance les prescriptions comme base,
sans prévaloir aucune autre juridiction."

    Art. 10:

    "Les sommes successivement investies dans la Société C. Reinhardt &
Co. en francs français seront commuées en francs suisses au cours du jour
au für et à mesure des versements.

    Le remboursement devra se faire au siège social en Suisse par cette
seule monnaie effective.

    En ce qui concerne les intérêts, ceux-ci peuvent toutefois être réglés
en France en francs français au gré des parties à condition qu'il n'y
ait pas de retard.

    Chacun des créanciers pourra à n'importe quel moment délivrer valable
quittance, soit pour le capital, soit pour les intérêts, sans que les
deux signatures soient nécessaires."

    Die tatsächlichen Leistungen der Eheleute Goetz beliefen sich auf
franz. Fr. 750'000.--. Die Gesellschaft anerkannte am 1. Februar 1925
durch die Unterschrift Michels, ihnen dafür 226'965.80 Schweizerfranken
zu schulden.

    Am 2. Februar 1930 anerkannte Jeanne Goetz-Kessel, an diesem Tage von
Michel "pour le compte de la Sté. C. Reinhardt & Cie" teils in bar, teils
in Form von Kunstgegenständen franz. Fr. 150'000.-- als erste Anzahlung auf
die für die Jahre 1925-1928 geschuldeten Darlehenszinsen erhalten zu haben.

    Am 13. März 1933 starb Gustav Goetz. Er wurde von Jeanne Goetz-Kessel
und seiner Tochter Suzanne Goetz beerbt.

    Am 10. März 1937 anerkannte Jeanne Goetz-Kessel, an diesem Tage von
Michel "pour le compte de la société C. Reinhardt & Co" teils in Geld,
teils in anderen Sachen franz. Fr. 187'500.-- als Anzahlung auf den Zins
der Jahre 1929-1933 erhalten zu haben.

    Mit Zahlungsbefehl vom 25./28. September 1946 des Betreibungsamtes
Bern forderte Jeanne Goetz-Kessel von der Firma C. Reinhardt & Cie in
Liq. unter Berufung auf die Schuldanerkennung vom 1. Februar 1925 Fr.
226'965.80 nebst 5% Zins seit 1. Januar 1934. Der Liquidator Niklaus
erhob Rechtsvorschlag.

    Jeanne Goetz-Kessel heiratete im Jahre 1948 den J. A. Michel. Sie
und ihre Tochter liessen auf 9. Januar 1952 Rudolf Reinhardt durch den
Gerichtspräsidenten von Bern zum Aussöhnungsversuch vorladen. Gegenstand
desselben bildete das Begehren, er habe ihnen Fr. 226'965.80 nebst 5%
Zins seit 1. Januar 1934, eventuell die Hälfte dieses Betrages, zu
bezahlen. Eine Einigung kam nicht zustande.

    Am 25. Februar und 18. März 1952 traten Jeanne Michel-Goetz und Suzanne
Goetz ihre Ansprüche aus dem Vertrage vom 1. Januar 1925 an René Michel,
den Sohn des J. A. Michel ab.

    B.- Am 19. Februar 1953 klagte René Michel gegen Rudolf Reinhardt
beim Handelsgericht des Kantons Bern auf Bezahlung von Fr. 226'965.80
nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 1934. Das Handelsgericht verneinte seine
sachliche Zuständigkeit, worauf der Appellationshof des Obergerichts die
ordentlichen Zivilgerichte als zuständig erklärte und die Sache seiner
I. Kammer überwies.

    Diese hiess am 2. Mai 1956 die vom Beklagten erhobene Einrede
der Verjährung gut und wies die Klage ab. Die Kammer nahm an, die
Vereinbarung vom 16. August 1922 habe den Zweck der Gesellschaft
C. Reinhardt & Cie auf die Ausbeutung der Waldkonzession beschränkt. Am
30. Juni 1929 sei er unerreichbar geworden, weil die Gesellschaft seit
1922 die Konzessionsgebühren nicht mehr bezahlt habe, die Konzession
dadurch hinfällig geworden sei und keine Möglichkeit bestanden habe,
sie wieder zu erlangen. Die Gesellschaft sei daher seit 30. Juni 1929
aufgelöst. Gemäss Art. 9 des Vertrages vom 1. Januar 1925 sei damit
das Darlehen zur Rückzahlung fällig geworden und habe die zehnjährige
Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Die Zinszahlung vom 10. März
1937 habe sie unterbrochen. Dann habe während mehr als zehn Jahren
keine Unterbrechung mehr stattgefunden. Die Betreibung vom September
1946 habe die Verjährung gegenüber dem Beklagten nicht unterbrochen;
da die Gesellschaft längst aufgelöst gewesen sei, hätten die einzelnen
Gesellschafter betrieben werden müssen. Würde man von der Unerreichbarkeit
des Zweckes absehen, so wäre die Gesellschaft spätestens mit dem Tode des
Carl Reinhardt aufgelöst worden. Damit, dass die Auflösung am 15. Juni
1946 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden sei, habe
die fünfjährige Verjährungsfrist des Art. 591 OR zu laufen begonnen. Sie
sei nicht unterbrochen worden. Dass der Regierungsrat den ungültigen
Eintrag wieder habe löschen lassen, ändere nichts; denn der Grund für die
Verkürzung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre liege einzig darin, dass die
Auflösung der Gesellschaft mit Sicherheit jedermann zur Kenntnis gelange,
was vom Gesetzgeber dann angenommen werde, wenn die diesbezüglichen
Tatsachen im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden seien.

    C.- Der Kläger hat gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Er
beantragt, es sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung
der Klage an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    D.- Der Beklagte beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das
angefochtene Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bestimmt jenes
Recht, dem der Vertrag untersteht, ob der aus ihm abgeleitete Anspruch
verjährt sei (BGE 12 682, 38 II 360, 59 II 358, 66 II 236, 72 II 414, 75
II 61, 78 II 148). Im vorliegenden Falle ist es das schweizerische Recht,
dem die Kollektivgesellschaft C. Reinhardt & Cie und die Eheleute Goetz
das Darlehensverhältnis durch Art. 9 Abs. 2 des Vertrages vom 1. Januar
1925 unterstellt haben. Auch soweit die Verjährung von der Auflösung der
Gesellschaft abhängt, gilt schweizerisches Recht, das die Gesellschafter
durch Art. 10 des Gesellschaftsvertrages vom 19. Dezember 1919 und den
Nachtrag vom 16. August 1922 anwendbar erklärt haben. Unerheblich ist,
dass die Gesellschafter durch den Nachtragsvertrag die Hauptniederlassung
der Gesellschaft nach Addis Abeba verlegt und in der Schweiz keine
Zweigniederlassung beibehalten haben. Art. 4 Abs. 2 des Darlehensvertrages
nimmt Bezug darauf, dass das Gesellschaftsverhältnis dem schweizerischen
Recht unterstehe. Damit anerkannte die Borgerin, dass auch im Verhältnis
zu den Darlehensgebern die Frage der Auflösung der Gesellschaft nach
schweizerischem Recht zu beurteilen sei. Die Parteien machen der Vorinstanz
denn auch keinen Vorwurf daraus, dass sie den Streit in jeder Beziehung
nach schweizerischem Recht beurteilt hat.

    2. -- Der Gesellschafter haftet für alle Verbindlichkeiten der
Kollektivgesellschaft mit seinem ganzen Vermögen, kann aber, solange
weder er selbst in Konkurs geraten, noch die Gesellschaft aufgelöst oder
erfolglos betrieben worden ist, für Gesellschaftsschulden nicht persönlich
belangt werden (Art. 568 OR).

    Die Kollektivgesellschaft C. Reinhardt & Cie ist spätestens mit dem
Tode des Carl Reinhardt, am 5. Juli 1942, aufgelöst worden. Der Beklagte,
der die Erbschaft unter öffentlichem Inventar angenommen hat, kann daher
für die vom Kläger behauptete Gesellschaftsschuld belangt werden. Immerhin
kann das nur unter den Voraussetzungen des Art. 590 Abs. 2 ZGB geschehen,
da die Schuld in das Inventar nicht aufgenommen worden ist. Ob diese
Voraussetzungen erfüllt sind, steht noch dahin.

Erwägung 3

    3.- Für Forderungen von Gesellschaftsgläubigern gegen einen
Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Kollektivgesellschaft sieht
Art. 591 OR eine besondere Verjährungsfrist vor. Sie dauert fünf Jahre
und beginnt im Zeitpunkt, da die Auflösung der Gesellschaft (oder das
Ausscheiden des Gesellschafters) im Schweizerischen Handelsamtsblatt
veröffentlicht wird (Abs. 1), es wäre denn, die Forderung werde erst
später fällig (Abs. 2).

    Unter der Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt versteht
Art. 591 die amtliche Veröffentlichung der Eintragung im Handelsregister
gemäss Art. 931 OR. Das ergibt sich daraus, dass Art. 586 a OR die
Verjährung mit dem Zeitpunkt beginnen liess, in dem die Auflösung der
Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wurde. Der Zweck der
Revision erschöpfte sich darin, die Bestimmung dem Art. 932 Abs. 2
OR anzupassen, wonach gegenüber Dritten nicht schon die Eintragung im
Handelsregister, sondern erst deren Veröffentlichung im Handelsamtsblatt
Wirkungen auslöst.

    Art. 591 Abs. 1 OR setzt daher ausser der Veröffentlichung eine gültige
Eintragung im Handelsregister voraus. Die Veröffentlichung heilt das Fehlen
oder die Nichtigkeit der Eintragung nicht. Das Gesetz bestimmt nicht,
dass alle Mitteilungen im Handelsamtsblatt, seien sie zu Recht oder zu
Unrecht erfolgt, wirksam seien und als bekannt zu gelten hätten, sondern
es verleiht der Veröffentlichung nur die Kraft, eine gültige Eintragung
auch Dritten gegenüber wirksam zu machen (Art. 932 Abs. 2 OR), und nur
wenn diese Wirkung eintritt, schliesst es die Einwendung des Dritten aus,
er habe die Eintragung nicht gekannt (Art. 933 Abs. 1 OR). Die Überlegung
der Vorinstanz, Art. 591 Abs. 1 lasse die fünfjährige Verjährungsfrist
mit der Veröffentlichung laufen, weil davon auszugehen sei, diese habe
die Auflösung der Gesellschaft jedermann zur Kenntnis gebracht, trifft
daher nicht zu, wenn der Veröffentlichung keine gültige Eintragung zu
Grunde liegt. Ob die Gesellschaft wirklich aufgelöst worden ist und der
Gläubiger die Veröffentlichung der zu Unrecht erfolgten Eintragung gelesen
hat, ist unerheblich. Nicht die tatsächliche Kenntnis von der Auflösung
der Gesellschaft, sondern nur die gültige Eintragung der Auflösung in
Verbindung mit der nachfolgenden Veröffentlichung setzt die fünfjährige
Verjährung in Gang.

    Die Auflösung der Gesellschaft C. Reinhardt & Cie ist am 15.
Juli 1946 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden,
aber auf Grund einer Eintragung, die der Regierungsrat des Kantons Bern
am 14. Januar 1947 nichtig erklärt hat und die daher unwirksam ist. Die
Veröffentlichung vom 15. Juli 1946 hat die Verjährung nach Art. 591 Abs. 1
OR nicht in Gang gesetzt.

Erwägung 4

    4.- Art. 591 Abs. 1 OR will lediglich, dass der Gesellschafter, der
ausgeschieden oder durch Auflösung der Gesellschaft belangbar geworden ist,
sich durch eine besondere Einrede der Haftung für die Gesellschaftsschulden
entschlagen könne. Die Bestimmung schneidet ihm die Einreden aus Art. 127
ff. OR, die der Forderung als solcher entgegengehalten werden können,
nicht ab. Art. 591 Abs. 1 OR behält denn auch ausdrücklich den Fall
vor, dass "wegen der Natur der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist
gilt". Ebenso kann der Gesellschafter sich auf eine Verjährungsfrist
berufen, die fünf Jahre übersteigt, aber trotzdem vor jener des Art. 591
Abs. 1 abläuft, weil sie früher begonnen hat (HAFNER Art. 585 N. 8;
HABERSTICH 408; SIEGWART Art. 591-593 N. 3). Ist die Forderung gegen die
Gesellschaft verjährt, so steht auch dem Gesellschafter die entsprechende
Einrede zu, selbst wenn die Verjährung im Zeitpunkt seines Ausscheidens
oder der Auflösung der Gesellschaft noch nicht abgelaufen war (HARTMANN
Art. 568 N. 29).

Erwägung 5

    5.- Alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes
bestimmt, verjähren mit Ablauf von zehn Jahren (Art. 127 OR). Diese Frist
gilt für die Forderung des Klägers gegen die Gesellschaft C. Reinhardt
& Cie. Sollte die Forderung, wie die Vorinstanz annimmt, gemäss Art.
9 Abs. 1 des Vertrages vom 1. Januar 1925 am 30. Juni 1929 wegen
Hinfalles der Waldkonzession fällig geworden sein, so wäre die damit in
Gang gesetzte Verjährung (Art. 130 Abs. 1 OR) zunächst am 2. Februar 1930
und dann am 10. März 1937 durch die im Namen der Gesellschaft erfolgten
Zinszahlungen unterbrochen worden (Art. 135 Ziff. 1 OR). Unterbrochen
wurde die Verjährung, gleichgültig, ob sie schon am 30. Juni 1929 oder
erst mit dem Tod des Carl Reinhardt am 5. Juli 1942 begonnen habe, auch
durch das Betreibungsbegehren, das Jeanne Goetz-Kessel im September
1946 gegen die Firma C. Reinhardt & Cie in Liq. stellte. Zwar hatte
die Gesellschaft in Bern schon seit 1922 keine Niederlassung und daher
auch keinen Betreibungsort mehr. Ein am unzuständigen Ort ergangener
Zahlungsbefehl ist aber nicht nichtig (BGE 68 III 35, 79 III 15). Wenn er
dem Schuldner zugestellt und nicht auf Beschwerde hin aufgehoben wird,
ist er gültig und daher die Verjährung durch das Betreibungsbegehren
unterbrochen (BGE 69 II 172 ff.; vgl. auch BGE 71 II 155). Das trifft
hier zu. Der Liquidator der Gesellschaft hat gegen den Zahlungsbefehl
nicht Beschwerde geführt, sondern nur Rechtsvorschlag erhoben.

Erwägung 6

    6.- Gemäss Art. 593 OR vermag die Unterbrechung der Verjährung
gegenüber der fortbestehenden Gesellschaft oder einem andern Gesellschafter
die Verjährung gegenüber einem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zu
unterbrechen. Aus dieser nur zugunsten des ausgeschiedenen Gesellschafters
aufgestellten Bestimmung ergibt sich, dass die gegen die Gesellschaft
wirkenden Unterbrechungsgründe auch die Verjährung gegen die nicht
ausgeschiedenen Gesellschafter unterbrechen.

    Das war schon in der Literatur zu Art. 155 und 588 aoR anerkannt
und ist auch heute vorherrschende Lehrmeinung (HAFNER Art. 588 Anm. 5;
HABERSTICH 409 f.; SCHNEIDER/FICK 2. Aufl. Art. 588 N. 1; ROSSEL 248;
ZELLER Art. 588 N. 2; WIELAND, Handelsrecht 633, 730; SIEGWART Art. 591-593
N. 4; MANGOLD, Die Verjährung der Haftung des Kollektivgesellschafters,
Zürich 1947 22, 45; a. M. HARTMANN Art. 593 N. 3). Der Grundsatz
entspricht der Natur der Kollektivgesellschaft und der Stellung
des Gesellschafters zu ihren Verbindlichkeiten (Art. 568 OR). Die
Gesellschaftsschulden sind für die Gesellschafter nicht fremde, sondern
(gemeinsame) eigene Schulden (BGE 39 I 298, 41 III 333, 42 III 39, 45 II
302, 71 II 40). Wird die Verjährung gegen die Gesellschaft unterbrochen,
so geschieht es für eine Forderung, die gegen die Gesellschafter selbst
gerichtet ist, wenn auch für sie zunächst nur in die den Gesellschaftern
gemeinsam gehörenden Vermögenswerte und erst unter den Voraussetzungen
des Art. 568 Abs. 3 OR auch in das persönliche Gut der Gesellschafter
vollstreckt werden kann. Der Gesellschafter ist mit der Gesellschaftsschuld
enger verbunden als der Solidarschuldner mit der Verbindlichkeit der
Mitschuldner oder der Bürge mit der Verpflichtung des Hauptschuldners. Da
Art. 136 OR die Unterbrechung der Verjährung gegen den Solidarschuldner
und den Hauptschuldner auch zulasten der anderen Solidarschuldner bzw. des
Bürgen wirken lässt (Art. 136 Abs. 1 und 2 OR), kann die Verjährung gegen
den Kollektivgesellschafter nicht von den Unterbrechungshandlungen gegen
die Gesellschaft, der er noch angehört, unberührt bleiben.

    Es wäre auch nicht zu verstehen, weshalb das Vorgehen gegen die
Gesellschaft die Verjährung gegen den Gesellschafter nicht sollte
unterbrechen können, während Handlungen gegen einen Mitgesellschafter
nach Art. 136 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 568 Abs. 1 OR diese
Wirkung zweifellos haben. Die Belangung der Gesellschaft berührt den
Gesellschafter mehr als das Vorgehen gegen Mitgesellschafter, weil ihm
deren Privatvermögen ferner steht als das Gesellschaftsvermögen. Er ist an
den Aktiven der Gesellschaft auch noch während der Liquidation beteiligt
und erhält nach deren Beendigung seinen Anteil heraus. Es rechtfertigt
sich, ihn grundsätzlich auch hinsichtlich der Schulden das Schicksal der
Gesellschaft bis zu Ende teilen zu lassen, in dem Sinne, dass, mit der in
Art. 591 OR vorgesehenen Einschränkung, die Haftung mit seinem persönlichen
Vermögen erst verjährt, wenn die Gesellschaftsschuld verjährt. Er befindet
sich in anderer Lage als der Ausgeschiedene, dem die Sonderbehandlung nach
Art. 593 OR zugute kommt, weil er an den Aktiven der Gesellschaft und der
Geschäftsführung nicht mehr teilhat. Würde die Unterbrechung der Verjährung
gegen die Gesellschaft gegen den ihr noch angehörenden Gesellschafter nicht
wirken, so müssten die Gläubiger unter Umständen entgegen allgemeiner Übung
noch vor der Liquidation des Gesellschaftsvermögens, selbst wenn es zur
Deckung der Gesellschaftsschulden ausreicht, gegen die Gesellschafter
vorgehen, und der Zahlende hätte auf die Mitgesellschafter Rückgriff
zu nehmen. Mit diesem Umweg wäre dem Gesellschafter sowenig gedient wie
dem Gläubiger.

    Das Begehren der Gläubigerin vom September 1946 um Betreibung
der Gesellschaft C. Reinhardt & Cie in Liq. hat somit die ordentliche
Verjährungsfrist des Art. 127 OR auch gegen den Beklagten unterbrochen. In
gleichem Sinne hätten die Zinszahlungen der Gesellschaft vom 2. Februar
1930 und 10. März 1937 gewirkt, wenn damals die Gesellschaft schon
wegen Hinfalles der Waldkonzession aufgelöst gewesen und die Forderung
fällig geworden sein sollte. Da die Verjährung auch seit September 1946
unterbrochen worden ist, nämlich im Januar 1952 durch die Vorladung
des Beklagten zum amtlichen Sühneversuch und nachher durch Einreichung
der Klage, ist die Forderung nicht verjährt. Die Vorinstanz hat über
die materiellen Einwendungen zu urteilen, die der Beklagte gegen seine
Schuldpflicht erhoben hat.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil der I. Zivilkammer des
Appellationshofes des Kantons Bern vom 2. Mai 1956 aufgehoben und die
Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.