Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 83 III 59



83 III 59

17. Auszug aus dem Entscheid vom 13. April 1957 i. S. Eberhard. Regeste

    Ordentliche Betreibung. Beschwerde des Schuldners mit Hinweis auf
ein Pfandrecht. Art. 41 SchKG.

    Die auf eine Bescheinigung über das Pfandrecht gestützte Beschwerde
des Schuldners darf nicht kurzerhand abgewiesen werden, weil die
Bescheinigung nicht zweifellos dieselbe Forderung betrifft, sondern es
ist eine Vernehmlassung des Gläubigers einzuholen (Erw. 1).

    Als pfandgesichert gilt jede Forderung, für die ein Pfand haftet,
auch wenn dieses allenfalls nicht volle Deckung bietet (Erw. 2).

    Ein Verzicht des Gläubigers auf das Pfandrecht vermag die
ordentliche Betreibung nur dann zu rechtfertigen, wenn er spätestens im
Betreibungsbegehren ausgesprochen wurde (Erw. 3).

Sachverhalt

                     Aus dem Tatbestand:

    A.- Terrier hob gegen Eberhard eine ordentliche Betreibung an,
mit folgender Angabe des Forderungsgrundes: "Rückforderung einer als
Solidarbürge bezahlten Schuld durch Herrn Terrier an die Schweiz.
Bankgesellschaft".

    B.- Darüber beschwerte sich der Schuldner mit dem Begehren um Aufhebung
der eingeleiteten ordentlichen Betreibung und um Verweisung des Gläubigers
auf den Weg der Pfandbetreibung. Als Ausweis über die Pfandbestellung
legte er eine Bescheinigung der Schweizerischen Bankgesellschaft vor.

    C.- Ohne den Gläubiger zur Beschwerde anzuhören, wies die kantonale
Aufsichtsbehörde am 5. März die Beschwerde des Schuldners ab mit der
Begründung, die von ihm vorgelegte Bankbescheinigung könne nicht als
liquider Ausweis dafür gelten, dass die in Betreibung stehende Forderung
pfandgesichert sei.

    D.- Mit vorliegendem Rekurs hält der Schuldner an der Beschwerde
fest. Er erklärt, auch der Gläubiger werde, wenn er nicht wider besseres
Wissen handle, bestätigen müssen, dass es nur ein einziges Kreditgeschäft
Bankgesellschaft/Eberhard/Terrier gegeben habe, und dass das von ihm
angerufene Pfandrecht deshalb für die in Betreibung stehende und für
keine andere Forderung gelte.

    E.- In der vom Bundesgericht eingeholten Rekursbeantwortung bestätigt
der Gläubiger diesen Sachverhalt. Er beantragt die Abweisung des Rekurses
und bringt vor, das seinerzeit bestehende Pfandrecht sei untergegangen,
weil die Pfänder jeglichen Wert verloren hätten; sie stünden dem Schuldner
zur Verfügung.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Wenn der auf Pfändung oder Konkurs betriebene Schuldner auf dem
Beschwerdeweg das beneficium excussionis realis mit Berufung auf ein dem
Gläubiger zustehendes Pfandrecht in Anspruch nehmen will, hat er dessen
Bestand in liquider Weise darzutun (BGE 77 III 101 und dort zitierte
frühere Entscheidungen; JAEGER, N. 2 zu Art. 41 SchKG). Im vorliegenden
Fall glaubte der Schuldner mit der seiner Beschwerde beigelegten
Bankbescheinigung einwandfrei darzutun, dass die in Betreibung stehende
Forderung pfandgesichert sei. Das trifft denn auch zu, sofern diese
Forderung mit der von der Bank erwähnten identisch ist. Deren Bescheinigung
machte dies wahrscheinlich, indem sie von "der" seinerzeitigen, vom Bürgen
getilgten Forderung spricht, ohne dass von einer weitern ihr gegen Eberhard
zustehenden und von Terrier verbürgten Forderung die Rede wäre. Auch durfte
wohl nicht ohne weiteres angenommen werden, der Schuldner und dessen Anwalt
versuchten sich auf eine Pfandbestellung zu berufen, die gar nicht die
in Betreibung stehende Forderung betreffe. Unter diesen Umständen hat
die Vorinstanz die Anforderungen an den vom Schuldner beizubringenden
Nachweis, dass die in Betreibung stehende Forderung pfandgesichert sei,
überspannt. Um darüber völlige Klarheit zu schaffen, ob die von der
Bank bescheinigte Pfandbestellung sich wirklich auf die in Betreibung
stehende Forderung beziehe (die übrigens im Betreibungsbegehren und im
Zahlungsbefehl auch nicht näher als Darlehen bezeichnet war), hätte es
genügt, eine Vernehmlassung des Gläubigers zur Beschwerde einzuholen,
also das normale Beschwerdeverfahren durchzuführen, statt es kurzerhand
durch abweisenden Entscheid zu beendigen. Bei solchem Vorgehen, das
sich bei Beschwerden wie der vorliegenden in besonderer Weise aufdrängt -
da sich der Schuldner auf ein Nebenrecht des Gläubigers beruft, worüber
dieser Auskunft geben kann -, hätte die Vorinstanz erfahren, was nun aus
der vom Bundesgericht eingeholten Rekursbeantwortung hervorgeht.

Erwägung 2

    2.- Die Behauptung des Gläubigers, die Pfänder seien wertlos (oder
jedenfalls nicht geeignet, genügende Deckung zu bieten), vermag das
beneficium excussionis realis nicht auszuschalten. Als pfandgesicherte
Forderung gilt nach allgemeinem Sprachgebrauch, wie er dem Art. 41
SchKG zugrunde liegt (vgl. im gleichen Sinn Art. 219 Abs. 1 SchKG),
jede Forderung, für die ein Pfand haftet. Deshalb ist das Recht des
Schuldners, den Gläubiger in erster Linie auf die Pfandverwertung zu
verweisen, nach feststehender Praxis nicht vom Wert der Pfänder abhängig
(vgl. BGE 58 III 55, wogegen die Kritik von HAAB, ZbJV 69 S. 505, und
GUISAN, Journal des Tribunaux 1932 S. 103, nicht aufkommen kann, da sie
der vorbehaltlosen Fassung des Gesetzes wie auch des Art. 85 Abs. 2 VZG
nicht gebührend Rechnung trägt). Für einen Pfandausfall wird der Gläubiger,
sofern nicht blosse Pfandhaftung besteht, was im Beschwerdeverfahren nicht
behauptet worden ist, auf das übrige Vermögen des Schuldners greifen können
(Art. 158 Abs. 2 SchKG).

Erwägung 3

    3.- Indem der Gläubiger die Pfänder in der Rekursbeantwortung
dem Schuldner zur Verfügung stellt, spricht er einen Verzicht auf das
Pfandrecht aus. Dieser ist an sich geeignet, das beneficium excussionis
realis hinfällig zu machen, da es mit dem Verzichte gegenstandslos wird
(vgl. JAEGER, N. 2 zu Art. 41 SchKG). Auf die vorliegende Betreibung
hat aber der erst in der Rekursbeantwortung erfolgte Verzicht keinen
Einfluss. Um die ordentliche Betreibung zu rechtfertigen, müsste
er spätestens im Zahlungsbefehl dem Schuldner mitgeteilt, also im
Betreibungsbegehren ausgesprochen worden sein (BGE 59 III 16/17).

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    In Gutheissung des Rekurses werden der vorinstanzliche Entscheid und
die angefochtene Betreibung aufgehoben.