Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 I 53



82 I 53

9. Urteil vom 22. Februar 1956 i.S. Räber und Fries-Räber gegen
Einwohnergemeinde Luzern. Regeste

    Verjährung des Rückforderungsrechtes gemäss Art. 102 EntG.

Sachverhalt

    A.- Am 24. Juli 1908 ermächtigte der Bundesrat auf Grund des
Expropriationsgesetzes (ExprG) die Einwohnergemeinde Luzern zur Enteignung
von Land "zur Erweiterung der dortigen Allmend". Gestützt darauf wurden
insgesamt rund 15 ha Land enteignet, insbesondere die beiden Liegenschaften
Hubelmatt des L. Reinert von 4,36 ha und Hummelrüti des H. Räber von
4,16 ha. Die Entschädigung für die letztere wurde letztinstanzlich
auf Fr. 149'761.-- festgesetzt. Am 25. Februar 1910 verpachtete die
Einwohnergemeinde Luzern die Hummelrüti an H. Räber, der darauf wie
bisher Landwirtschaft betrieb; im Pachtvertrag verpflichtete er sich, die
gesamte Pachtliegenschaft für Truppenübungen jederzeit zur Verfügung zu
stellen und den Truppen die Benützung des Geländes unter keinen Umständen
zu verwehren, gegen Ersatz des durch die militärische Inanspruchnahme
entstehenden Schadens. Analoge Bestimmungen enthielten der Pachtvertrag
von 1925 mit dem nachfolgenden Pächter Kneubühler und der Pachtvertrag
über die Hubelmatt, die ebenfalls weiter landwirtschaftlich genutzt
wurde. Als 1920 ein Teil der Hubelmatt überbaut wurde, verlangte der
frühere Eigentümer Reinert dessen Rückerstattung nach Art. 47 ExprG. Die
Klage wurde vom Bundesgericht am 29. Dezember 1921 abgewiesen mit der
Begründung, nachdem die Liegenschaft dauernd dem Expropriationszwecke
gedient habe, vermöge die nachträgliche Verwendung zu einem andern Zwecke
kein Rückerstattungsrecht mehr zu begründen.

    Durch eine Vereinbarung vom 5. November 1928/7. Januar 1929 zwischen
Bund und Einwohnergemeinde Luzern wurde das im Jahre 1910 enteignete
Land auf den 1. Januar 1929 "aus dem Waffenplatzvertragsverhältnis
ausgeschieden". In der Folge erstellte die Einwohnergemeinde Luzern
darauf, u.a. auf einem Teil der Hummelrüti, Sportplatzanlagen, die
sie dem Sportklub Luzern vermietete; der Beschluss wurde in einer
Gemeindeabstimmung vom 8. Mai 1932 gefasst, und die Anlagen wurden
im Jahre 1934 erstellt. Der Rest der Hummelrüti wurde weiterhin
landwirtschaftlich genutzt. Im Jahre 1952 plante die Einwohnergemeinde
Luzern, darauf Schulhäuser zu erstellen. Die Erben des früheren Eigentümers
H. Räber erhoben hiegegen öffentlich-rechtliche und privatrechtliche
Einsprache, indem sie ein Rückforderungsrecht nach Art. 102 EntG geltend
machten. Die öffentlich- rechtliche Einsprache wurde vom Stadtrat
Luzern am 3. November 1952 abgewiesen; die privatrechtliche zogen die
Einsprecher am 24. Dezember 1952 zurück mit der Erklärung, dass sie
am Rückforderungsanspruch grundsätzlich festhielten und im Fall seiner
Gutheissung anstelle der Rückübertragung des Bodens eine entsprechende
Entschädigung verlangten. Drei von den fünf Kindern des H. Räber traten
ihre Ansprüche an ihren Bruder Bernhard Räber ab.

    B.- Am 14. Oktober 1953 leiteten Berhard Räber und Marie Fries-Räber
bei der Eidg. Schätzungskommission V gegen die Einwohnergemeinde Luzern
Klage ein mit den Rechtsbegehren:

    1)  Die Liegenschaft Hummelrüti in einem Ausmasse von noch ca. 40 000
m2 sei zu 4/5 in das Eigentum von Bernhard Räber und zu 1/5 in dasjenige
von Marie Fries-Räber zu übertragen und das Grundbuchamt Luzern anzuweisen,
die notwendigen Eintragungen vorzunehmen.

    2)  Eventuell sei die Einwohnergemeinde Luzern zu verurteilen, an
B. Räber Fr. 1'024,000.-- und an M. Fries-Räber Fr. 256'000 nebst 5%
Zins seit 13. November 1952 zu bezahlen.

    Die Kläger machten geltend, die Enteignung sei hauptsächlich erfolgt,
um auf dem enteigneten Boden Kasernen und Stallungen zu erstellen, und
nur zum Teil, um den Truppenübungsraum auszudehnen. Die Hummelrüti sei
nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet, sondern Bedürfnissen der
Einwohnergemeinde Luzern dienstbar gemacht worden. Für Truppenübungen
sei sie höchstens in einem Masse beansprucht worden, das sich auch
jeder dritte Grundeigentümer gestützt auf Art. 33 MO gefallen lassen
müsste. Damit sei das Rückforderungsrecht nach Art. 47 ExprG und Art. 102
EntG entstanden. Das ExprG habe keine Verjährung desselben gekannt;
die Verjährung des EntG, insbesondere die 25jährige Frist von Art. 102
lit. b, habe erst mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1932
zu laufen begonnen.

    Die Einwohnergemeinde Luzern beantragte Nichteintreten auf das
Begehren 1 und im übrigen Abweisung der Klage in vollem Umfang. Sie
bestritt insbesondere die Entstehung eines Rückforderungsrechtes, da die
Hummelrüti in erster Linie für die Erweiterung des Truppenübungsplatzes
enteignet und bis 1928 auch intensiv hiefür benützt worden sei. Eventuell
wäre ein Rückforderungsrecht längst verjährt, da die Kläger es weder nach
der Entlassung der Hummelrüti aus dem Waffenplatzvertrag noch bei deren
Verwendung für Sportplatzanlagen oder nach dem Inkrafttreten des EntG
geltend gemacht hätten.

    C.- Mit Entscheid vom 21. Oktober 1955 wies die Eidg.
Schätzungskommission V die Klage vollumfänglich ab. Die Kläger ziehen
diesen Entscheid an das Bundesgericht weiter und erneuern ihre vor der
Schätzungskommission gestellten Rechtsbegehren.

    Die Einwohnergemeinde Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde
sowie der darin gestellten Anträge auf Aktenergänzung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Kläger machen ein Rückforderungsrecht im Sinne der Art. 102 ff.
EntG geltend, weil die enteignete Liegenschaft Hummelrüti nicht zu dem
Zwecke verwendet worden sei, für den die Enteignung bewilligt wurde. Sie
sind dazu gemäss Art. 103 EntG legitimiert als Erben des damals Enteigneten
und auf Grund der Abtretung seitens der Miterben. Durch den Rückzug
ihrer Baueinsprache gegen die auf der Liegenschaft geplanten und seither
begonnenen Schulhausbauten haben sie auf den Rückforderungsanspruch
nicht verzichtet; sie haben vielmehr ausdrücklich daran festgehalten
und lediglich erklärt, dass sie im Falle seiner Gutheissung anstelle
der Rückübertragung des Bodens eine entsprechende Entschädigung
verlangten. Die Einwohnergemeinde Luzern bestreitet den Anspruch auch als
Voraussetzung einer solchen Entschädigung. Der Streit geht also um ein
Rückforderungsrecht nach Art. 102 ff. EntG. Über solche Streitigkeiten
entscheidet gemäss Art. 108 EntG die Schätzungskommission unter Vorbehalt
der Weiterziehung an das Bundesgericht. Auf die Beschwerde ist deshalb
einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Die Eidg. Schätzungskommission V hat für die Abweisung der
Klage eine doppelte Begründung gegeben: eine materielle dahin, dass
kein Rückforderungsrecht bestehe, weil die Liegenschaft Hummelrüti zu
dem Zwecke, für den sie enteignet wurde, verwendet worden sei, und eine
formelle dahin, dass das Rückforderungsrecht, falls ein solches entstanden
wäre, verjährt wäre.

    Es rechtfertigt sich, zuerst die Frage der Verjährung zu prüfen; denn
wenn diese eingetreten ist, erübrigt sich die materielle Beurteilung
samt den dafür beantragten Weiterungen. Die Verjährung ist eine
reine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht ohne Beizug von Experten der
Oberschätzungskommission zu beurteilen ist. In solchen Fällen wird nach der
Praxis auch von der vorhergehenden Zustellung eines Urteilsentwurfes des
Instruktionsrichters an die Parteien gemäss Art. 84 EntG Umgang genommen,
weil dieses Verfahren auf die Auswertung des Obergutachtens zugeschnitten
ist. Die Parteien haben sich damit einverstanden erklärt.

Erwägung 3

    3.- Das jetzt in Art. 102 ff. EntG geordnete Rückforderungsrecht war
grundsätzlich, wenn auch in teilweise anderer Ausgestaltung, schon in
Art. 47 ExprG vorgesehen. Es konnte also an sich schon unter dem früheren
Recht entstehen; doch sind auch dann gemäss der Übergangsbestimmung
von Art. 122 Abs. 3 EntG die Voraussetzungen und Fristen für seine
Geltendmachung nach dem neuen Recht zu beurteilen.

    Über die Verjährung des Rückforderungsrechtes enthielt das alte Gesetz
keine Bestimmung; unter ihm galt jenes somit als unverjährbar, da nach
damaliger Auffassung die Verjährung nur auf Grund einer ausdrücklichen
Vorschrift eintreten konnte. Diese Auffassung kommt noch in der Botschaft
des Bundesrates vom 21. Juni 1926 zum EntG zum Ausdruck, welche davon
ausgeht, dass die Rückforderung als öffentlichrechtliche Klage den
allgemeinen Verjährungsbestimmungen nicht unterstehe, weshalb das EntG eine
solche aufstellen müsse (BBl 1926 II S. 104). Sie wird auch geteilt von
HESS, Kommentar zum EntG, N. 1 zu Art. 105: "Im Unterschied zum bisherigen
Recht, das keine Verjährung des Rückforderungsrechtes kannte,. .." Die
Verjährung wurde durch Art. 105 EntG neu eingeführt. Sie ist aber nach
allgemeinen Rechtsgrundsätzen und nach Art. 122 Abs. 3 EntG auch anwendbar
auf die schon vor dessen Inkrafttreten erledigten Enteignungen. Das muss
selbst dann gelten, wenn das Rückforderungsrecht schon auf Grund des alten
Rechtes entstanden war, obwohl es danach keiner Verjährung unterlag; denn
es ist allgemein anerkannt und ergibt sich aus dem Zwecke der Verjährung,
die Rechtssicherheit durch Befristung der Ausübung von Rechten zu wahren,
dass eine neu eingeführte Verjährung auch auf bisher unverjährbare Rechte
anwendbar ist (MUTZNER, Kommentar zum SchIZGB, N. 7 zu Art. 49; HAFNER,
Kommentar zum aoR, N. 5 a zu Art. 883). Wohl aber erfordert der Schutz der
bestehenden Rechte, dass in solchen Fällen die Verjährungsfrist nicht vor
dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem die Verjährung eingeführt wird,
also nicht vor dem Inkrafttreten des neuen Rechtes. Art. 49 SchIZGB
und Art. 883 aoR, welche das für diese Gesetze ausdrücklich bestimmen,
entsprechen einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch für andere Fälle
der Einführung einer bisher nicht bestandenen Verjährung gilt. Die Parteien
und die Schätzungskommission stimmen denn auch mit Recht darin überein,
dass auf den vorliegenden Fall die Verjährungsvorschrift von Art. 105
EntG zur Anwendung kommt, dass aber die Verjährung nicht vor dem 1. Januar
1932 beginnen konnte.

Erwägung 4

    4.- Unter diesem Vorbehalt begann die Verjährungsfrist für ein
allfälliges Rückforderungsrecht in dem Zeitpunkt zu laufen, der in Art. 105
EntG, je nach der Art der Entstehung dieses Rechtes, festgesetzt ist. Für
die Fälle von Art. 102 lit. a und b ist das der Zeitpunkt des Ablaufes
der dort genannten Fristen von fünf Jahren ohne Verwendung des enteigneten
Rechtes für das geplante Werk bzw. von 25 Jahren für die Erweiterung des
bereits bestehenden. Diese Fristen selbst sind keine Verjährungsfristen;
ihr unbenützter Ablauf ist vielmehr eine Voraussetzung für die Entstehung
des Rückforderungsrechtes. Daher bestimmen sie sich gemäss Art. 122 Abs. 3
EntG nach dem neuen Rechte, auch mit Bezug auf schon früher erledigte
Enteignungen; auch für solche beträgt nunmehr die Frist fünf bzw. 25 Jahre,
nicht mehr bloss zwei wie nach Art. 47 ExprG. Sie beginnt aber nach wie
vor mit dem Erwerb des enteigneten Rechtes durch den Enteigner zu laufen,
auch wenn dieses schon unter dem alten Rechte erworben worden ist. Es
kann keine Rede davon sein, dass auch diese Fristen, welche nicht die
Verjährung, sondern die Entstehung des Rückforderungsrechtes betreffen,
erst mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtes beginnen könnten. Das EntG
hat das Rückforderungsrecht nicht neu eingeführt, es auch gegenüber dem
alten Recht nicht erleichtert, sondern durch die Verlängerung der Frist
erschwert; es besteht deshalb kein Grund, die vor seinem Inkrafttreten
abgelaufene Zeit auf diese verlängerte Frist nicht anzurechnen. Nur die
Verjährung wurde erst durch das neue Gesetz eingeführt; bloss die in
Art. 105 selbst geordneten Verjährungsfristen konnten daher nicht vor
dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen beginnen.

    Im seinerzeitigen Enteignungsverfahren betreffend die Hummelrüti
wurde gemäss Feststellung im Urteilsantrag der Instruktionskommission
des Bundesgerichtes vom 16. August 1910, der am 4. November 1910 als
in Rechtskraft erwachsen erklärt wurde, der Übergang der Rechte an die
Einwohnergemeinde Luzern auf den 1. April 1910 festgesetzt. Von diesem
Tage an sind die Fristen von fünf bzw. 25 Jahren gemäss Art. 102 lit. a
bzw. b EntG zu berechnen. Sofern seine Voraussetzungen erfüllt sind,
entstand also das Rückforderungsrecht nach Art. 102 lit. a am 1. April
1915, dasjenige nach lit. b am 1. April 1935. Gleichzeitig begann nach
Art. 105 Abs. 1 die einjährige Verjährungsfrist zu laufen. Weil dies aber,
wie ausgeführt, erst vom Inkrafttreten des EntG an möglich war, begann sie
für das Rückforderungsrecht aus Art. 102 lit. a erst am 1. Januar 1932
und lief am 31. Dezember 1932 ab. Für den Fall von lit. b spielt jener
Vorbehalt keine Rolle; hier begann die Verjährung am 1. April 1935 und
lief am 1. April 1936 ab. In beiden Fällen war das Rückforderungsrecht -
seine Entstehung vorausgesetzt - längst verjährt, als es mit der Klage
vom 14. Oktober 1953 geltend gemacht wurde.

Erwägung 5

    5.- Anders ist die Verjährung geordnet für das Rückforderungsrecht
aus Art. 102 lit. c EntG, das begründet wird durch die Veräusserung des
enteigneten Rechtes oder durch seine Verwendung zu einem Zwecke, für den
das Enteignungsrecht nicht bewilligt wurde. Während die Nichterstellung
des geplanten Werkes innert bestimmter Frist für den Enteigneten leicht
erkennbar ist, trifft das nicht zu bei der Veräusserung oder Änderung
des Verwendungszweckes. Für diesen Fall schreibt deshalb Art. 104 EntG
dem Enteigner eine Anzeige an den Rückforderungsberechtigten vor und lässt
Art. 105 Abs. 2 die einjährige Verjährungsfrist mit dem Empfang der Anzeige
- oder, wenn sie unterblieb, mit der sonstigen Kenntnis des Berechtigten
von der Veräusserung oder anderen Verwendung - zu laufen beginnen.

    Die Einwohnergemeinde Luzern hat die Hummelrüti zwar nicht
veräussert, wohl aber für Zwecke verwendet, für welche die Enteignung
nicht bewilligt worden war. Die Änderung des Verwendungszweckes trat ein,
als auf den 1. Januar 1929 die seinerzeit enteigneten Liegenschaften
aus dem Waffenplatzvertrag entlassen wurden. Wenn auch damals über die
Art und Weise ihrer neuen Verwendung noch nicht entschieden wurde, so
stand doch fest, dass sie nicht mehr für den Zweck verwendet wurden, für
den sie enteignet worden waren. Damit entstand - falls auch die weitere
Voraussetzung von Art. 102 lit. c EntG erfüllt war, d.h. die enteigneten
Liegenschaften nicht zu einem öffentlichen Zwecke verwendet worden waren -
das Rückforderungsrecht; massgebend hiefür ist nicht erst die tatsächliche
Verwendung, sondern schon die Änderung der Zweckbestimmung, wie sich aus
den Worten "verwendet werden soll" eindeutig ergibt.

    Da die Einwohnergemeinde Luzern keine Anzeige nach Art. 104
EntG machte, kann der Beginn der einjährigen Verjährungsfrist nicht
durch Anzeige, sondern nur dadurch ausgelöst worden sein, dass die
andere Verwendung der Hummelrüti den Klägern sonst bekannt wurde. Sie
bestreiten, von der Entlassung der enteigneten Liegenschaften aus
dem Waffenplatzvertrag, die durch eine interne Vereinbarung zwischen
Bund und Einwohnergemeinde Luzern erfolgt sei, Kenntnis erhalten zu
haben; ein Beweis dafür, dass sie schon damals davon erfuhren, liegt
nicht vor. Unmöglich aber kann ihnen als Bürgern und Einwohnern von
Luzern und angesichts des Interesses, das sie wegen ihres allfälligen
Rückforderungsrechtes an der Verwendung der Hummelrüti hatten, die
Erstellung der Sportplatzanlagen auf einem Teil derselben entgangen
sein. Sie bestreiten denn auch nicht, das gewusst zu haben. Doch machen sie
geltend, für die Sportplatzanlagen sei nur ein kleiner Teil der Hummelrüti
verwendet worden; nur für diesen habe dadurch ein Rückforderungsrecht
entstehen und die Kenntnis davon den Lauf der Verjährungsfrist auslösen
können; im Hinblick hierauf hätten sie den Rückforderungsanspruch auf den
"Rest" der Liegenschaft von 40 000 m2 beschränkt. Die Sportplatzanlagen
erfassten immerhin nicht nur etwa 16 a, wie man nach diesen Ausführungen
meinen könnte, sondern ungefähr einen Viertel der ganzen Liegenschaft von
4,16 ha, wie aus dem Plan ersichtlich ist, sowie mehrere der gleichzeitig
mit der Hummelrüti enteigneten anderen Liegenschaften. Zumindest mit
Bezug auf jenen Viertel haben die Kläger von der anderen Verwendung
spätestens durch die Erstellung der Sportplatzanlagen im Jahre 1934
Kenntnis erhalten. Im Zusammenhang damit müssen sie aber auch erfahren
haben, dass die sämtlichen im Jahre 1910 enteigneten Liegenschaften
inzwischen aus dem Waffenplatzvertrag entlassen worden waren; es ist
schlechterdings undenkbar, dass ihnen das auch jetzt noch unbekannt
geblieben sei. Mit jener Entlassung erhielten sie Kenntnis davon, dass
nicht nur der für die Sportplatzanlage benützte Teil, sondern die ganze
Hummelrüti endgültig einem anderen Zwecke zugewendet wurde als demjenigen,
für den die Enteignung bewilligt worden war. Damit entfällt ihr weiteres
Argument, es sei nicht erkennbar gewesen, ob die Sportplatzanlagen nicht
auch der militärischen Ausbildung dienten; davon könnte ohnehin keine
Rede sein, da sie an den Sportklub Luzern vermietet wurden. Die einjährige
Verjährungsfrist gemäss Art. 105 Abs. 2 EntG begann mithin spätestens im
Jahre 1934 mit Bezug auf die ganze Hummelrüti zu laufen; sie ist 1935,
lange vor der Einleitung der vorliegenden Klage, abgelaufen.

Erwägung 6

    6.- Abgesehen davon wäre die Klage wegen absoluter Verjährung
gemäss Art. 105 Abs. 2 i.f. EntG verspätet. Diese Vorschrift hat,
ähnlich wie andere Verjährungsbestimmungen (z.B. Art. 60 und 67 OR und
Art. 137 ZGB), neben der einjährigen Verjährungsfrist seit der Kenntnis
des Anspruches seitens des Berechtigten noch eine fünfjährige absolute
Verjährungsfrist aufgestellt, die von jener Kenntnis unabhängig ist und mit
"der Veräusserung oder anderweitigen Verwendung" zu laufen beginnt. Ihr
Sinn und Zweck wird deutlich umschrieben in der Botschaft des Bundesrates
zum EntG (S. 105): "Da ihm (sc. dem Berechtigten) eine Erkundigungspflicht
nicht obliegt, so kann die Verjährung erst mit der tatsächlichen Kenntnis
beginnen. Daneben erweist sich aber auch noch eine weitere Abgrenzung als
notwendig, um nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine Infragestellung von
konsolidierten Verhältnissen auszuschliessen, wie dies für eine ähnliche
Sachlage auch in den Art. 60 und 67 OR angeordnet worden ist. Daher lässt
der Entwurf diese Ansprüche auf alle Fälle, ohne Rücksicht darauf, ob der
Berechtigte Kenntnis von ihr hatte oder nicht, mit dem Ablauf von fünf
Jahren seit der Handlung, die das Rückforderungsrecht begründet hatte,
verjähren." Die Ausführungen in einem Gutachten von Prof. Liver, wonach
die Verjährung für den Berechtigten erst beginnen könne, wenn er einen
genügenden Anhaltspunkt für die Entstehung des Rückforderungsrechtes habe,
können sich nur auf die einjährige Frist beziehen, nicht aber auf die
absolute Verjährung, welche keine Kenntnis des Anspruches voraussetzt. Die
absolute Verjährungsfrist beginnt ihrer Natur nach mit der Entstehung
des Anspruches zu laufen, mit "der Handlung, die das Rückforderungsrecht
begründet hatte", wie sich die Botschaft ausdrückt. Allerdings nennt
Art. 105 Abs. 2 EntG als Zeitpunkt des Beginns der fünfjährigen Frist
die "Veräusserung oder anderweitige Verwendung", während nach Art. 102
lit. c für die Entstehung des Rückforderungsrechtes schon die Bestimmung
zur Veräusserung oder anderweitigen Verwendung genügt; Professor Liver
schliesst hieraus auf zwei verschiedene Zeitpunkte. Wenn auch nach dem
Wortlaut des Art. 105 Abs. 2 die fünfjährige Frist nicht in allen Fällen
schon mit der Entstehung des Anspruches beginnt, wie es dem Sinn und
Zweck der absoluten Verjährung entsprechen würde, so darf diese Bestimmung
anderseits nicht in einer Weise ausgelegt werden, welche diesem Sinn und
Zweck zuwiderliefe. Offenbar wird für die Verjährung nicht auf die blosse
Absicht der künftigen Verwendung des enteigneten Rechtes abgestellt, weil
sich diese Absicht hinterher nicht mit Sicherheit zeitlich festlegen lässt;
sie muss sich daher in einer Handlung des Enteigners geäussert haben. Als
"anderweitige Verwendung" im Sinne dieser Bestimmung muss deshalb schon
die vom Enteigner durch eine Handlung klar zum Ausdruck gebrachte Änderung
des Verwendungszweckes gelten, wodurch die Verwendung, für welche die
Enteignung bewilligt worden war, endgültig aufgegeben wird, selbst wenn
die Art und Weise der neuen Verwendung noch nicht konkret festgelegt ist
und sie noch nicht tatsächlich begonnen hat. Dieser Tatbestand wurde hier
erfüllt durch die Vereinbarung zwischen der Einwohnergemeinde Luzern und
dem Bund, wodurch die enteigneten Liegenschaften aus dem Waffenplatzvertrag
entlassen wurden: Damit gelangte nicht nur das Rückforderungsrecht gemäss
Art. 102 lit. c EntG zur Entstehung, sondern darin liegt auch schon die
"anderweitige Verwendung", mit der nach Art. 105 Abs. 2 die fünfjährige
Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Diese hätte somit am 1. Januar 1929
zu laufen begonnen, wenn das neue Recht schon damals gegolten hätte. Da
es aber erst am 1. Januar 1932 in Kraft trat, begann sie erst an diesem
Tage und lief am 31. Dezember 1936 ab. Auch die absolute Verjährung war
mithin längst vor der Einreichung der vorliegenden Klage eingetreten.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In Abweisung der Beschwerde wird die Klage wegen Verjährung abgewiesen.