Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 I 102



82 I 102

15. Urteil vom 23. Mai 1956 i.S. Matter gegen Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft. Regeste

    Bauverbot: Erfordernis der gesetzlichen Grundlage für ein Bauverbot;
Bedeutung der bisherigen Auslegung der Vorschrift.

    Begriff der Verunstaltung; Rücksichtnahme auf das bisherige
Landschaftsbild; Ausscheidung nicht zulässiger Kriterien.

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer Emil Matter-Gehring ist Eigentümer des
Grundstückes Nr. 1192 an der Hauptstrasse in Füllinsdorf. Die Parzelle
liegt etwas vor dem Dorfkern von Füllinsdorf auf einem Landsporn am
Hange gegen die Ergolz. Der Beschwerdeführer will darauf ein Holzchalet
im Brienzerstil erstellen und beauftragte die Firma Gyger-Brack A.-G. in
Zofingen mit der Erstellung der Pläne und des Kostenvoranschlages. Die
Pläne sehen ein zweistöckiges Chalet von 6.75/12.70 m mit breiter
Vorderfront, ziemlich breit ausladendem Dach und stumpfem Firstwinkel
vor. Die kantonale Baudirektion holte das Gutachten der staatlichen
Kommission für Heimatschutz ein, die das Bauvorhaben ablehnte, weil es
sich um einen ortsfremden Stil handle, d.h. um einen Haustypus, wie er
meist im Berner Oberland anzutreffen, im Kanton Basel-Landschaft aber mit
den vorgesehenen Dachvorsprüngen und Knaggen sowie den über die Fassaden
vorragenden Balkenknöpfen nicht heimisch sei. Die Baudirektion lehnte
daher das Baugesuch ab. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
ist mit Entscheid vom 22. Juli 1955 auf eine Beschwerde hiegegen nicht
eingetreten. In der Begründung des Entscheides wird ausgeführt: Nach § 22
des kantonalen Baugesetzes sei im ganzen Kanton der bisherige Baucharakter
möglichst zu wahren, und nach § 5 der Verordnung betreffend Natur-,
Pflanzen- und Heimatschutz sei die Errichtung von Gebäuden untersagt,
die das Orts-, Strassen- und Landschaftsbild verunstalten. Gerade die
Ortschaft Füllinsdorf mit ihrer von weither sichtbaren Hanglage bedürfe
einer gut abgewogenen Überbauung. Ein Berner Chalet unmittelbar vor dem
alten Dorfkern müsste als Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes
erscheinen. Der projektierte Chaletbau schlage jeder saubern Baugesinnung
im Gebiet des Kantons ins Gesicht. Ausserdem sei diese Art von Chalets
an sich etwas Unehrliches. Denn sie wollten nach aussen hin etwas sein,
dem das Innere nicht entspreche. Die Bauten, auf die der Gesuchsteller
vergleichshalber hinweise, seien wesentlich zurückhaltender. Dass im Kanton
noch hie und da Chaletbauten anzutreffen seien, sei zu bedauern. Jedenfalls
könnten sie aber kein Präjudiz bilden für eine weitere Verunstaltung
der Landschaft.

    B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt Emil Matter, den
Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und diesen zu verhalten, die
nachgesuchte Baubewilligung zu erteilen, eventuell selbst eine materielle
Entscheidung zu treffen. Es wird Verletzung von Art. 4 BV und von § 9
KV (Schutz wohlerworbener Rechte) geltend gemacht und zur Begründung im
wesentlichen ausgeführt: Es sei willkürlich, anzunehmen, das projektierte
Chalet würde das Orts-, Strassen- oder Landschaftsbild verunstalten. Das
früher hübsche Ortsbild sei durch eine moderne Siedlung, in der Nähe des
Bauplatzes durch eine turmähnliche Transformatorenstation, sowie durch
zwei Flachdachhäuser bereits beeinträchtigt worden und biete heute keinen
heimatschützlerisch wertvollen Anblick mehr. Der Beschwerdeführer werde
durch die Verweigerung der Baubewilligung auch rechtsungleich behandelt,
weil andere Chaletbauten bisher unbeanstandet zugelassen worden seien.

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt die
Abweisung der Beschwerde.

    D.- Die Instruktionskommission des Bundesgerichtes hat in Anwesenheit
der Parteien, der Heimatschutzkommission und einer Vertretung des
Gemeinderates von Füllinsdorf eine Lokalbesichtigung vorgenommen, und das
Bundesgericht hat diese Besichtigung nach einer ersten Beratung wiederholt.
Dabei hat sich ergeben: Das Chalet des Beschwerdeführers käme unterhalb
der von der Ergolz zum Dorfkern von Füllinsdorf führenden Strasse, in
einigem Abstand von dieser auf einen Landsporn zu stehen, unter welchem
das Gelände wieder stark abfällt, in nördlicher Richtung gegen ein Tälchen,
das, in einigem Abstand hinter dem Bauplatz, als Kehrichtablagerungsplatz
benützt wird. Dazwischen steht eine turmartige Transformatorenstation
und südlich oberhalb des Platzes ein Wohnhaus mit ganz unsymetrischen
Dachlukarnen. Von der Strasse aus ist das mit der Hauptfront gegen das
Tal zu gerichtete Haus nur teilweise sichtbar. Seine Vorderfront wäre
dagegen erkennbar von der etwa 700 m weit entfernten Durchgangsstrasse
Liestal-Basel, indes offenbar nicht mit ihren Einzelheiten. Von dort aus
bietet sich das Dorf als Hangdorf mit einem Dorfkern von zu einem Teil
nicht im Landschäfter Stil errichteten Häusern, rechts am Hang mit einer
neuern Wohnsiedlung einheitlichen Baustils. Unterhalb des Dorfes ist
die Bebauung unregelmässig. An der zum Dorfkern führenden Hauptstrasse
befindet sich ein neueres Holzhaus, ein weiteres, teilweise aus Holz
erstelltes nördlich der erwähnten Wohnkolonie. Eine neuere Chaletbaute
(Chalet F. Jaggi-Leuthold) hat das Bundesgericht auf Veranlassung des
Beschwerdeführers am Osthang von Liestal besichtigt. In den bezüglichen,
vom Regierungsrat eingereichten Bauakten heisst es, die Knaggen seien
überall wegzulassen, um das Gebäude der heimatlichen Bauweise anzupassen.

    E.- § 97 des EG ZGB ermächtigt den Landrat, Vorschriften aufzustellen
über die Erhaltung von Altertümern, Kunstdenkmälern und seltenen Pflanzen
sowie gegen Verunstaltung von Landschafts- und Ortschaftsbildern sowie
Aussichtspunkten. Gestützt darauf hat der Landrat die Verordnung betreffend
Natur-, Pflanzen- und Heimatschutz vom 29. Septemner 1924 erlassen,
die in § 5 bestimmt:

    Die Errichtung sowie die Erweiterung und Erhöhung bestehender Gebaude
ist untersagt, sofern dadurch das Orts-, Strassen- und Landschaftsbild
oder Aussichtspunkte verunstaltet werden...

    Das kantonale Gesetz betreffend das Bauwesen vom 15. Mai 1941 bestimmt
unter dem Titel: Hochbauvorschriften in § 22:

    Im ganzen Kanton soll der bisherige Baucharakter moglichst gewahrt
werden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Entscheid des Regierungsrates stellt nach seinem Dispositiv
einen Nichteintretensentscheid dar. Nach den darin angestellten Erwägungen
wird aber damit ohne Zweifel auf die Beschwerde materiell eingetreten und
in der Sache selbst entschieden. Auch der Regierungsrat stellt übrigens
in der Vernehmlassung fest, dass er mit dem Entscheid das Baugesuch
materiell behandelt und abgelehnt habe. Die staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte durch Verweigerung einer
Baubewilligung konnte deshalb an diesen Entscheid angeschlossen werden.

Erwägung 2

    2.- Die Eigentumsgarantie, über deren Verletzung der Beschwerdeführer
sich beschwert, schützt das Eigentum nicht als unbeschränkte
Herrschaft über die Sache, sondern nur mit demjenigen Inhalt, den das
Vermögensrecht nach der jeweiligen Rechtsordnung hat. Sie schützt daher
nur vor Beschränkungen ohne Grundlage im positiven (Gesetzes- oder
Verordnungs-) Recht (BGE 60 I 271, 69 I 241, Urteile vom 15. Juli 1937
i.S. Einwohnergemeinde Beinwil, 3. Juni 1946 i.S. Le Fort und vom 20. März
1947 i.S. Teilkirchgemeinde Möriken; Kirchhofer, Eigentumsgarantie,
Eigentumsbeschränkung und Enteignung, ZSR n. F. 58, 140). Die gesetzliche
Grundlage mangelt nicht bloss, wenn es an einer positiven Vorschrift
überhaupt fehlt, welche die Beschränkung des Eigentums vorsehen oder
rechtfertigen würde, sondern auch, wenn die kantonale Behörde auf eine
Vorschrift abstellt, aus der sich die Zulässigkeit der Einschränkung
schlechterdings nicht ergibt und nicht ohne sachlich nicht haltbare
Auslegung oder Anwendung abgeleitet werden kann. Insoweit fällt die Rüge
der Verletzung der Eigentumsgarantie mit derjenigen der Verletzung von
Art. 4 BV, d.h. des Verbotes der Willkür und rechtsungleicher Behandlung,
zusammen.

    Hier ist streitig, ob § 97 EG ZGB nebst der darauf fussenden Verordnung
über den Naturschutz, eventuell ob § 22 des kantonalen Baugesetzes für
das Bauverbot eine gesetzliche Grundlage zu bilden vermögen.

Erwägung 3

    3.- Indem § 22 des Baugesetzes die kantonalen Baubehörden anweist,
den bisherigen Baucharakter möglichst zu wahren, vermöchte er für das
Verbot eines Hauses, das dem bisherigen Baucharakter nicht entspricht,
eine hinreichende Grundlage abzugeben. Es kommt jedoch nicht allein auf
den Wortlaut der Vorschrift an, sondern es darf auch nicht unbeachtet
bleiben, wie die kantonalen Behörden in 15jähriger Praxis zum Baugesetz
die Vorschrift ausgelegt und angewendet haben und wie sie sie in
Zukunft zu handhaben gedenken. Sie im einen Falle so, im andern anders
auszulegen, würde das Verbot rechtsungleicher Behandlung verletzen. Wie
die Lokalbesichtigung gezeigt hat und sich aus der Vernehmlassung des
Regierungsrates und den Äusserungen seiner Vertreter anlässlich des
Augenscheins ergibt, sind in neuerer und neuester Zeit, also seit dem
Inkrafttreten des geltenden Baugesetzes, im Kanton Bauten bewilligt
worden, die vom bisherigen Baucharakter ganz wesentlich abweichen. Die
Behörden haben Bauten nicht beanstandet, die den verschiedensten
Baustilen angehören, vom einfachen Holzchalet bis zur Pultdach- und
Flachdachkonstruktion und zum Schwedenhaus. In der Vernehmlassung wird
dazu ausgeführt, man könne Häuser wie das letztere nicht einfach deshalb
verbieten, weil sie modern seien. Denn sie müssten - im Gegensatz zum
Chalet des Beschwerdeführers - als echte und zeitgemässe Erscheinungsformen
der Baukunst gelten. Das wird zutreffen, ändert aber nichts daran,
dass damit der bisherige Baucharakter nicht gewahrt worden ist, und
es zeigt gleichzeitig, dass auch in Zukunft als zeitgemäss betrachtete
Neukonstruktionen, selbst wenn sie bisher im Kanton nicht heimisch waren,
und damit vom hochgiebligen Landschäftlerhaus wesentlich abweichende
Bautypen, nicht beanstandet werden, sofern sie nur für das Landschafts-
oder Strassenbild nicht im Sinne einer Verunstaltung wirken (dazu
Vernehmlassung des Regierungsrates S. 12 und die bezüglichen Erklärungen
seiner Vertreter bei der Lokalbesichtigung). Ob das angefochtene Verbot
eine gesetzliche Grundlage habe, fällt bei diesem Vorbehalt mit der
Antwort auf die andere Frage zusammen, ob das Bauverbot auf § 97 EG und die
Naturschutzverordnung abgestellt werden könne. Trifft das nicht zu, so kann
§ 22 des Baugesetzes nicht als gesetzliche Grundlage angesprochen werden.

Erwägung 4

    4.- § 97 EG ZGB und die Naturschutzverordnung rechtfertigen das
Bauverbot, wenn das Chalet das Strassen-, Orts- oder Landschaftsbild
verunstalten würde. Im Begriff der Verunstaltung liegt nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtes, dass es sich um eine erheblich
ungünstige Wirkung auf das Landschaftsbild handeln müsste, also um mehr
als ein blosses "nicht verschönern" oder "leicht beeinträchtigen". Es muss
ein Gegensatz zu Bestehendem vorhanden sein, der erheblich stört. Der
Massstab muss dabei in Anschauungen von einer gewissen Verbreitung und
Allgemeingültigkeit gefunden werden, nicht im Denken und Fühlen bloss
einzelner Personen von besonderer aesthetischer Empfindlichkeit und
spezieller Geschmacksrichtung. Bei Auslegung des Begriffs darf sich die
zuständige Behörde nicht auf ihr subjektives Empfinden verlassen, sondern
muss in der Lage sein, sich auf objektive und grundsätzliche Kriterien
zu stützen und darzutun, dass deren Anwendung auf einen bestimmten
Sachverhalt zur Geltendmachung des verordnungsmässigen Bauverbotes führen
muss (Urteile vom 11. Juli 1935 i.S. Fankhauser, Erw. 3, 15. Juli 1937 i.S.
Einwohnergemeinde Beinwil S. 23, 22. März 1950 i.S. Leu, Erw. 3 und vom 22.
Oktober 1954 i.S. Bader, S. 13). Das bisherige Orts- und Landschaftsbild
spielt dabei naturgemäss eine wesentliche Rolle. Ein besonders schönes
Bild kann unter Umständen durch bauliche Vorkehren beeinträchtigt werden,
wo sonst eine Verunstaltung nicht notwendigerweise eintreten würde. Dass
das ursprüngliche Bild bereits in bloss untergeordneter Weise eine gewisse
Störung erfahren hat, schliesst die Schutzwürdigkeit nicht aus, wenn die
Behörde willens ist, die Schutzwürdigkeit im übrigen zu erhalten (das
erwähnte Urteil i.S. Leu und die dortigen Zitate). Ob im Einzelfall eine
Verunstaltung angenommen werden dürfe, lässt als Tatfrage dem Ermessen
der kantonalen Behörde einen erheblichen Spielraum. Das Bundesgericht
kann nur einschreiten, wenn die kantonalen Behörden dieses Ermessen
augenscheinlich überschritten haben (BGE 60 I 273, Urteil vom 20. März
1947 i.S. Teilkirchgemeinde Möriken Erw. 4).

Erwägung 5

    5.- Eine derartige Verunstaltung kann zum vorneherein nicht deshalb
angenommen werden, weil das projektierte Chalet keine "echte und ehrliche
Erscheinungsform" des Bauens darstelle, d.h. weil es nach aussen etwas
sein wolle, dem das Innere nicht entspreche (Keller mit Betonmauern,
geplättelte Badezimmer, moderner Komfort usw.). Denn das Strassen- und
Ortschaftsbild könnte nur durch etwas aussen Sichtbares, nicht durch
die innere Ausstattung des Hauses beeinträchtigt werden. Dagegen hätte
eine Verunstaltung ohne Ermessensüberschreitung dann angenommen werden
können, wenn der Beschwerdeführer beabsichtigt hätte, das Chalet in den
Dorfkern von Füllinsdorf zu stellen, wo der bisherige Baucharakter im
allgemeinen noch ordentlich gut gewahrt ist. Denn hier würde es, neben
die vorhandenen Landschäftlerhäuser gestellt, störend wirken. Das Chalet
soll jedoch nicht hieher, sondern an den Rand des Dorfes gestellt werden,
auf einen von der Strasse abliegenden und ausserdem etwas tiefer gelegenen
Bauplatz, mit Hauptfassade vom Dorfe weg. Es würde von der Strasse und vom
Dorfe her nur von der hintern und obern Seite wahrnehmbar sein. Davon,
dass diese Ansicht hässlich wäre oder einen erhaltungswürdigen Blick gegen
Westen beeinträchtigen würde, kann nicht gesprochen werden. Wenn bei dem
von der Dorfstrasse bis zur Ergolz zum Teil ziemlich steil abfallenden und
zudem durch ein Tälchen eingeschnittenen Gebiet von einem einheitlichen
Quartier gesprochen werden könnte, was als fraglich erscheint, so
könnte doch jedenfalls zur Zeit nicht von einem einheitlichen oder gar
ansprechenden Quartier die Rede sein. In der erwähnten Talmulde liegt
der offene Kehrichtablagerungsplatz der Gemeinde. Ferner sind hier eine
unsymetrische Lukarnenausbaute, eine turmähnliche Transformatorenstation,
ein Pultdach und eine Wellblechgarage ersichtlich, neben denen das Chalet
des Beschwerdeführers sicherlich nicht hässlich wirken könnte.

    Der Regierungsrat scheint übrigens eine Verunstaltung weniger deshalb
anzunehmen, weil das Strassen- oder Quartierbild von der Ortschaft aus
betrachtet beeinträchtigt würde, als deshalb, weil die Neubaute von der
Kantonsstrasse Liestal-Basel aus störend wirke. Dass ein Ortsbild beim
Anblick von einem bestimmten Punkt ausserhalb des Dorfes beeinträchtigt
werden kann, ist natürlich durchaus möglich. Doch darf auch dabei nicht
ausser Betracht bleiben, welches Bild sich dem Beschauer schon bisher
bot. In dieser Hinsicht wären gewisse Zweifel angebracht angesichts der
obigen Feststellungen über das Bild, das die Gegend zwischen Strasse und
Ergolz zur Zeit bietet. Es ist aber anzuerkennen, dass Einzelheiten nicht
deutlich in die Augen springen. Aus dem gleichen Grunde könnte jedoch
eine Verunstaltung durch das Chalet selbst dann nicht angenommen werden,
wenn es im Ortsbild als störend empfunden werden könnte. Denn die Strasse
befindet sich vom Dorfkern etwa 700 m entfernt. Auf diese Entfernung sind
wohl die breite Form der Hauptfassade, der etwas flachere Dachwinkel und
das weiter ausladende Dach erkennbar, und es wäre auch ersichtlich, dass
sich das Haus in Material und Farbe von den oberhalb stehenden Steinhäusern
unterscheiden würde. Das letztere wirkt aber für das Dorfbild keineswegs
im Sinne einer Verunstaltung. In den Häusergruppen finden sich bereits
Bauten im Chaletstil, ohne dass das Dorfbild aus diesem Grunde unschön oder
hässlich wirken würde. Die entscheidende Abweichung in der Dachgestaltung
aber hebt sich auf die festgestellte Entfernung nicht besonders ab und
lässt sich schlechterdings nicht als verunstaltend bewerten. Von der
Stelle des Beschauers präsentiert sich dem Blick nicht bloss der Dorfkern
von Füllinsdorf, der oberhalb des Bauplatzes liegt, sondern das Dorf als
Gesamtes, das nicht von besonderer Einheitlichkeit ist, und Bauelemente
aus verschiedenen Zeitepochen nebeneinander aufweist. Das Chalet des
Beschwerdeführers würde von der Strasse aus gesehen nicht anders wirken
als andere Bauten, insbesondere die Chalets, von denen der Regierungsrat
erklären liess, er würde sie wieder bewilligen.

    Legt man also an den Begriff der Verunstaltung nicht einen allzu
subjektiven Massstab an, und lässt man sich auch nicht durch Beanstandungen
mitbestimmen, die für die Frage nach der Verunstaltung eines Ortsbildes
überhaupt nicht in Betracht fallen können, so erweist sich die Anwendung
des Begriffes der Verunstaltung auf das vom Beschwerdeführer projektierte
Holzchalet als nicht haltbar. Damit entfällt aber die erforderliche
gesetzliche Grundlage sowohl aus dem Gesichtspunkt von § 22 des Baugesetzes
als aus demjenigen von § 97 EG ZGB und der Naturschutzverordnung.

    Ob der Beschwerdeführer im Verhältnis zu den Eigentümern, denen die
Erstellung von Chalets bewilligt wurde, rechtsungleich behandelt worden
sei, kann dahingestellt bleiben.

Erwägung 6

    6.- Bei Verweigerung einer Polizeibewilligung durch eine kantonale
Behörde kann das Bundesgericht diese anweisen, die verweigerte
Baubewilligung zu erteilen. Das rechtfertigt sich auch hier. Vorbehalten
bleibt das Recht des Regierungsrates, zu prüfen, ob die aufgehobene
Weigerung nicht aus andern, von ihm nicht geltendgemachten Gründen wieder
verfugt werden dürfe. Bisher sind derartige Gründe nicht angeführt worden.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Regierungsrates
vom 22. Juli 1955 aufgehoben und der Regierungsrat angewiesen, dem
Beschwerdeführer die verlangte Baubewilligung zu erteilen.