Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 IV 89



82 IV 89

19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. März 1956 i. S. Lenzin
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Regeste

    Art. 148 StGB. Darlehensbetrug. Nur wenn die Darlehensforderung
erheblich gefährdet und infolgedessen in ihrem Werte wesentlich
herabgesetzt ist, liegt eine Vermögensschädigung im Sinne dieser Bestimmung
vor (Änderung der Rechtsprechung).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Betrug setzt voraus, dass der Irrende zu einem Verhalten bestimmt
wird, durch das er sich oder einen andern am Vermögen schädigt. Dabei
genügt zum Tatbestand von Art. 148 StGB ein bloss vorübergehender
Schaden (BGE 73 IV 226; 74 IV 153; 76 IV 76/7, 230), der seinerseits nach
bisheriger Rechtsprechung in einer blossen Gefährdung von Vermögensrechten
bestehen kann. So hat das Bundesgericht für den Fall der Darlehensaufnahme
in BGE 72 IV 124 und verschiedenen nicht veröffentlichten Urteilen
entschieden, dass eine Schädigung bereits gegeben sei, wenn der Borger von
Anfang an weniger Gewähr für die vertragsgemässe Rückzahlung biete, als der
Darleiher glaubte und jener ihm zu bieten behauptete. Diese Auffassung kann
jedoch nicht ohne Einschränkung aufrecht erhalten werden. Die Frage, ob
der Darleiher mit der Hingabe des Geldes eine vermögensmindernde Verfügung
im Sinne des Art. 148 StGB trifft, ist nicht in jedem Falle schon dann
zu bejahen, wenn der Geldgeber gegen den Borger eine Darlehensforderung
erwirbt, deren Einbringlichkeit nicht ohne weiteres gesichert ist. Zwar
liegt in der Unsicherheit des Schuldners eine Gefährdung der gegen ihn
gerichteten Forderung, was grundsätzlich als Schaden nach Art. 148 StGB
in Betracht fallen kann. Doch ist nicht zu übersehen, dass jede nicht in
vollem Umfange sichergestellte Forderung gegenüber dem Besitz des Geldes
einen vermögensmäss igen Minderwert darstellt, den der Darleiher als Risiko
auf sich nimmt. Mit der Gewährung des Darlehens entäussert er sich bewusst
des sicheren Besitzes an seinem Gelde, um dafür eine Forderung zu erwerben,
deren Einbringlichkeit mehr oder weniger gewiss ist. Dies schliesst
aber zum vorneherein aus, in jeder noch so geringfügigen Gefährdung
von Vermögensrechten, wie sie gerade im Abschluss von Kreditgeschäften
liegen kann, eine nach Art. 148 StGB beachtliche Vermögensschädigung
zu sehen. Eine solche ist sinngemäss nur dann gegeben, wenn der Borger
entgegen den beim Darleiher geweckten Erwartungen von Anfang an dermassen
wenig Gewähr für eine vertragsgemässe Rückzahlung des Geldes bietet, dass
die Darlehensforderung erheblich gefährdet und infolgedessen in ihrem Werte
wesentlich herabgesetzt ist. In diesem Falle überschreitet der Kreditnehmer
in unzulässiger Weise die Grenze des dem Kreditgeber zumutbaren Risikos.