Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 IV 172



82 IV 172

36. Urteil des Kassationshofes vom 8. Juni 1956 i.S. Hubmann gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn. Regeste

    Art. 15 Abs. 1 al. 3 des BG über die Arbeitsvermittlung vom 22. Juni
1951 ist nur in Fällen bewilligungspflichtiger Vermittlungstätigkeit
anwendbar.

Sachverhalt

    A.- Hubmann wurde im September 1954 die eidg.  Bewilligung für die
Vermittlung von Arbeitskräften vom Ausland nach der Schweiz entzogen. Am
16. Januar 1955 schrieb er Charlotte Jeray in Klagenfurt, der er früher
einmal eine Anstellung in der Schweiz vermittelt hatte und die sich
neuerdings um eine solche interessierte, dass sie im Rest. Bahnhof in
Bettlach sofort eine Servierstelle antreten könnte und sich mit dem
Arbeitgeber in Verbindung setzen möge. Gleichzeitig anerbot er sich,
allfälligen Bekannten, die ebenfalls in der Schweiz eine Anstellung suchen,
Plätze zu besorgen. Das Schreiben trug ausser der Unterschrift Hubmanns den
Aufdruck seines früheren Geschäftsstempels: "Stellenbureau Maxim staatl.
konz., Dornacherstr. 2, Tel 2.16.44, Solothurn 2". Eine Anstellung kam
nicht zustande, und Hubmann hat auch keine Entschädigung verlangt oder
entgegengenommen.

    B.- Das Obergericht des Kantons Solothurn verurteilte Hubmann am
14. Dezember 1955 wegen Übertretung des BG über die Arbeitsvermittlung
vom 22. Juni 1951 (Art. 15 Abs. 1 al. 3) zu einer Busse von Fr. 30.-.
Es warf ihm vor, er habe bei Ausübung der Vermittlungstätigkeit gegenüber
einem Arbeitnehmer unwahre Angaben gemacht, indem er sich im Schreiben
vom 16. Januar 1955 als staatlich konzessionierter Stellenvermittler
ausgegeben habe.

    C.- Hubmann führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil
sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an das Obergericht
zurückzuweisen. Er macht geltend, er habe keine bewilligungspflichtige
Arbeitsvermittlung betrieben und falle deshalb auch nicht unter die
Strafbestimmungen des Arbeitsvermittlungsgesetzes.

    D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn hat auf
Gegenbemerkungen verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Nach Art. 15 Abs. 1 des BG über die Arbeitsvermittlung vom 22. Juni
1951 wird mit Busse bestraft, wer bei Ausübung der Vermittlungstätigkeit
in öffentlichen Ankündigungen oder gegenüber Behörden, Arbeitgebern oder
Arbeitnehmern unwahre oder irreführende Angaben macht (al. 3). Diese
Bestimmung verwendet den Ausdruck "Vermittlungstätigkeit" ohne
Einschränkung, scheint also nach dem Wortlaut auf jede Art von
Arbeitsvermittlung anwendbar zu sein, bei deren Ausübung falsche Angaben
gemacht werden. Eine solche Auslegung widerspräche aber dem Sinn und
Zweck des Gesetzes.

    Der eidg. Gesetzgeber hat sich mit der privaten Vermittlungstätigkeit
nur soweit befasst, als er deren Ausübung der Bewilligungspflicht
unterstellt hat. Das ist der Fall bei der gewerbsmässigen Vermittlung
im Inland (Art. 7) und bei der entgeltlichen Vermittlung über die
Landesgrenzen, sofern sie nicht nur gelegentlich in Einzelfällen betrieben
wird (Art. 10). In dieser Beschränkung der gesetzlichen Ordnung auf einen
bestimmten Kreis privater Arbeitsvermittler kommt zum Ausdruck, dass
der Bund die übrigen Gebiete privater Arbeitsvermittlung nicht regeln
wollte. Diese Absicht ergibt sich auch eindeutig aus der Botschaft des
Bundesrates vom 10. Juli 1950 (S. 352/9) und aus Art. 16 Abs. 3 des
Gesetzes, wo den Kantonen ausdrücklich das Recht zum Erlass weiterer
Vorschriften vorbehalten wird, soweit bundesrechtlich nichts bestimmt
worden ist. Dienen aber die Strafnormen des Bundesgesetzes lediglich der
Durchsetzung seiner materiellen Bestimmungen, so kann ihr Geltungsbereich
unmöglich ein verschiedener sein. Unter Vermittlungstätigkeit im
Sinne des Art. 15 Abs. 1 al. 3 ist daher nicht jede beliebige private
Vermittlung zu verstehen, sondern nur die vom Gesetz in Art. 7 und 10
bewilligungspflichtig erklärte. Folglich ist die erwähnte Strafbestimmung
nicht anwendbar auf falsche Angaben, die bei Ausübung einer nicht
bewilligungspflichtigen Arbeitsvermittlung gemacht werden, wie immer auch
die Täuschung beschaffen sein mag.

    Dass der Beschwerdeführer keine Arbeitsvermittlung betrieben hat, die
bewilligungspflichtig gewesen wäre, ist eine Tatsache, die das Obergericht
für den Kassationshof verbindlich festgestellt hat. Somit ist er zu
Unrecht auf Grund des eidg. Arbeitsvermittlungsgesetzes bestraft worden.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Solothurn vom 14. Dezember 1955 aufgehoben
und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz
zurückgewiesen.