Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 IV 129



82 IV 129

27. Urteil des Kassationshofes vom 6. Juni 1956 i.S. Eggler gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    Art. 24 Abs. 1 StGB. Der Rückzug des Strafantrages gegen den Haupttäter
steht der Bestrafung des Anstifters nicht entgegen.

Sachverhalt

    A.- Am 11. Februar 1954 erklärte das Bezirksgericht Zürich
Alois Eggler des wiederholten Betruges, der Anstiftung (der Adelheid
Stadelmann) zu Diebstahl, der Hehlerei, der Urkundenfälschung, des
Versuchs der Nötigung, der Entwendung eines Motorfahrzeuges zum Gebrauch,
der Sachentziehung und der Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit
dienen, schuldig und verurteilte ihn zu einem Jahr Gefängnis, abzüglich
62 Tage Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Es schob den Strafvollzug
auf und wies den Verurteilten in eine Arbeitserziehungsanstalt ein.

    B.- Am 9. Januar 1956 kam Eggler beim Obergericht des Kantons Zürich
um Wiederaufnahme des durch das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom
11. Februar 1954 abgeschlossenen Strafverfahrens ein. Er machte geltend,
der Diebstahl, zu dem er Adelheid Stadelmann angestiftet habe, wäre gemäss
Art. 137 Ziff. 3 StGB nur auf Antrag des Geschädigten strafbar gewesen. Der
Bestohlene habe aber den Strafantrag gegen Adelheid Stadelmann rechtzeitig
zurückgezogen. Diese Tatsache, die auch der Verurteilung wegen Anstiftung
zu diesem Diebstahl entgegenstehe, sei dem Bezirksgericht bei Erlass des
Urteils nicht bekannt gewesen, so dass sie die Revision begründe.

    C.- Am 13. April 1956 wies das Obergericht das Gesuch ab.

    D.- Diesen Entscheid ficht Eggler mit Nichtigkeitsbeschwerde an.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Unter welchen Voraussetzungen gegenüber einem rechtskräftigen
Strafurteil die Wiederaufnahme des Verfahrens verlangt werden kann,
bestimmt sich grundsätzlich nach kantonalem Recht, dessen Anwendung der
Kassationshof des Bundesgerichts nicht nachzuprüfen hat (Art. 269 Abs. 1,
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Das Bundesrecht, wegen dessen Verletzung
der Kassationshof allein durch Nichtigkeitsbeschwerde angerufen werden
kann, greift in das kantonale Recht nur insofern ein, als es die Kantone
verpflichtet, gegenüber Urteilen, die auf Grund des StGB oder eines
anderen Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder
Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht
bekannt waren, die Wiederaufnahme zu Gunsten des Verurteilten zuzulassen
(Art. 397 StGB).

    Ob die Tatsache, dass der Strafantrag gegen Adelheid Stadelmann
zurückgezogen worden ist, dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens
nicht bekannt war, kann dahingestellt bleiben, da sie jedenfalls nicht
im Sinne des Art. 397 StGB erheblich ist, nämlich nicht zu einem für den
Beschwerdeführer milderen Urteil führen kann.

    Wegen Anstiftung wird gemäss Art. 24 Abs. 1 StGB bestraft, wer jemanden
zu dem von ihm verübten Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich bestimmt
hat. Die Bestrafung des Anstifters setzt demnach nicht voraus, dass die
Haupttat beurteilt worden sei, sondern nur, dass sie verübt und strafbar
sei (BGE 71 IV 135; 74 IV 74). Darum schliesst nach der Rechtsprechung des
Kassationshofes der Umstand, dass der Haupttäter nicht verurteilt werden
kann, weil er unbekannt ist, die Bestrafung des Anstifters nicht aus (BGE
74 IV 74). Dasselbe muss auch gelten, wenn - wie hier - der Haupttäter
nicht (mehr) verfolgt werden kann, weil sein Verbrechen (Diebstahl zum
Nachteil eines Angehörigen; Art. 137 Ziff. 3 StGB) Antragsdelikt und der
Strafantrag vor der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils zurückgezogen
worden ist. Der Rückzug des Strafantrages ändert nichts daran, dass der
Diebstahl verübt worden und strafbar ist (vgl. BGE 69 IV 72; 73 IV 97;
81 IV 92) und steht demnach der Bestrafung des Anstifters nicht entgegen.

    Auch die Berufung auf Art. 31 Abs. 3 StGB hilft dem Beschwerdeführer
nicht. Als Anstifter war er zwar im Sinne des Art. 30 StGB an der Tat
der Adelheid Stadelmann beteiligt (BGE 81 IV 91 Erw. 1). Der Rückzug des
Strafantrages gegen die Haupttäterin ist aber für den Beschwerdeführer
bedeutungslos, weil er von Amtes wegen zu verfolgen ist und die
Bestimmungen der Art. 28 ff. StGB daher auf ihn gar keine Anwendung finden.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.