Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 82 II 430



82 II 430

58. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Oktober 1956
i.S. Romann gegen Volkart und Sutz. Regeste

    Art. 62, 64 OR.

    a)   Wann und in welchem Umfange liegt eine unentgeltliche Zuwendung
durch gemischten Vertrag vor? (Erw. 4-6).

    b)  Zuwendung im Hinblick auf die zwischen dem Empfänger und der
Tochter des Zuwendenden versprochene Ehe (Erw. 7). Da der Grund der
Zuwendung noch nicht verwirklicht war, musste der Empfänger mit der
Rückerstattung rechnen (Erw. 8).

    c)  Bemessung des zurückzuerstattenden Betrages; der gutgläubige
Empfänger der Zuwendung darf nach der Rückerstattung nicht schlechter
dastehen, als wenn die Zuwendung unterblieben wäre (Erw. 9).

Sachverhalt

    A.- Jean Volkart besass in Rümlang eine Liegenschaft, in der er
unter Mithilfe seiner Tochter Margrit eine Metzgerei führte. Am 9.
Februar 1949 verkaufte er sie samt Geschäftsmobiliar für Fr. 90'000.--
an Eugen Romann, der seit 4. Juli 1948 mit Margrit Volkart verlobt war.
Liegenschaft und Mobiliar hatten damals einen Verkehrswert von Fr. 155
750.--. Die Gebäude waren für Fr. 219 600.-- gegen Brand versichert.

    Romann, der bisher zusammen mit seinen Eltern im Hause seines Vaters
in Dielsdorf eine Metzgerei geführt hatte, liess auf der neu erworbenen
Liegenschaft bedeutende Umbauarbeiten vornehmen, bewog seine Eltern,
Geschäft und Grundbesitz in Dielsdorf zu verkaufen, zog im Mai 1950 mit
ihnen in Rümlang ein und übernahm hier den Betrieb des Geschäftes.

    Am 29. März 1951 starb Jean Volkart. Er wurde von seinen Kindern
Margrit Volkart, Hans Volkart und Elisabeth Sutz beerbt.

    Am 18. Juni 1951 löste Romann sein Verlöbnis mit Margrit Volkart auf.

    B.- Am 7. Juli 1952 klagten die Erben des Jean Volkart beim
Bezirksgericht Dielsdorf gegen Eugen Romann mit den Begehren, er sei
zu verpflichten, ihnen Fr. 70 000.-- nebst 5% Zins ab 1. März 1949 zu
bezahlen, eventuell ihnen die Liegenschaft gegen Rückerstattung von Fr. 90
000.-- und gegen Erstattung des vom Beklagten geschaffenen Mehrwertes zu
übertragen. Sie machten geltend, im Verkauf der Liegenschaft zu bewusst
stark untersetztem Preise liege eine unentgeltliche Zuwendung im Hinblick
darauf, dass der Empfänger die Tochter des Verkäufers habe heiraten
wollen. Da die Ehe nicht zustande gekommen sei, habe der Beklagte die
Zuwendung nach Art. 62 ff. OR herauszugeben.

    Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.

    Das Bezirksgericht hiess sie dahin teilweise gut, dass es ihn
verurteilte, den Klägern Fr. 28'500.-- nebst 5% Zins seit 9. Februar 1949
zu bezahlen.

    Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien appellierten
und vor dem sie an ihren Anträgen festhielten, änderte am 30. September
1955 das Urteil dahin ab, dass es den Klägern Fr. 35'000.-- nebst 5%
Zins seit 9. Oktober 1951 zusprach. Es ging davon aus, Jean Volkart
habe dem Beklagten Liegenschaft und Mobiliar um Fr. 65 750.-- unter dem
Verkehrswert verkauft. Zurückzuerstatten sei aber nur der Unterschied
zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Preise, den die Parteien
vernünftigerweise verabredet hätten, wenn der Verkäufer nicht, wie es
beiden Teilen bewusst sein musste, eine unentgeltliche Zuwendung hätte
vornehmen wollen. Dieser Unterschied hange nicht nur von objektiven
Umständen ab. In einem billigen Kaufpreis liege nicht ohne weiteres eine
unentgeltliche Zuwendung, da es durchaus natürlich sei, dass ein Verkäufer
einem zukünftigen Schwiegersohne eine solche billiger überlasse als einem
Fremden, ohne damit geradezu eine Schenkung machen zu wollen. Auch hätte
der Beklagte, dem eine Metzgerei in Dielsdorf zur Verfügung gestanden
habe, kaum die Liegenschaft in Rümlang erworben, wenn er dafür soviel
hätte bezahlen müssen wie irgend ein Dritter. Der Beklagte könne nicht
auf einem Umwege gezwungen werden, einen Kaufpreis zu bezahlen, den er
niemals angeboten hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte
im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Erwerbs grosszügiger umgebaut habe,
als wenn er den vollen Verkehrswert hätte bezahlen müssen.

    Eine Nichtigkeitsbeschwerde, die der Beklagte gegen das
oberinstanzliche Urteil einreichte, wurde vom Kassationsgericht des
Kantons Zürich am 30. April 1956 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat.

    C.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung
erklärt mit den Anträgen, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen,
eventuell sei die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuer Entscheidung
an die kantonale Instanz zurückzuweisen.

    Die Kläger haben die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 56'000.-- nebst 5% Zins
seit 9. Oktober 1951.

    D.- Die Kläger beantragten Abweisung der Berufung, der Beklagte
Abweisung der Anschlussberufung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    .....

Erwägung 4

    4.- Zur Rückerstattung aus ungerechtfertigter Bereicherung ist gemäss
Art. 62 OR unter anderem verpflichtet, wer aus einem nicht verwirklichten
Grund eine Zuwendung erhalten hat. Eine solche braucht entgegen der
Auffassung des Beklagten nicht auf einem Rechtsgeschäft zu beruhen,
das nur den Zuwendenden zu einer Leistung verpflichtet. Auch wer eine
Leistung entgilt, das aber nur teilweise tut, ist bereichert. Die den
Empfänger bereichernde Zuwendung liegt dann im nicht entgoltenen Teil
der Leistung. Man spricht von einem gemischten Geschäft, gemischt in
dem Sinne, dass eine entgeltliche Zuwendung mit einer unentgeltlichen
verschmolzen ist. Ob die entgeltliche und die unentgeltliche aus ein und
demselben Grunde gemacht werden, ist unerheblich. Trifft das zu und wird
der Grund nicht verwirklicht, so lassen die Art. 62 ff. OR sich auf den
nicht entgoltenen Teil der Leistung dennoch anwenden, wogegen sie den
entgoltenen nicht erfassen, weil der Empfänger wegen seiner Gegenleistung
insoweit nicht bereichert ist.

Erwägung 5

    5.- Nicht jeder Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung nicht
gleichviel wert sind, ist ein gemischter. Die übereinstimmende gegenseitige
Willensäusserung der Parteien kann das Geschäft trotz des objektiv nicht
bestehenden Gleichgewichts zwischen den beidseitigen Leistungen zu einem
ausschliesslich zweiseitigen Vertrage machen. Denn niemand ist gehalten,
den Leistungen ihren objektiven Wert beizulegen. Die Parteien können aus
mannigfaltigen Gründen, insbesondere wegen persönlicher Beziehungen zur
Gegenpartei, das Gleichgewicht als hergestellt sehen, obschon es objektiv
nicht besteht. Von einem gemischten Vertrage kann daher nur die Rede sein,
wenn nach übereinstimmender gegenseitiger Willensäusserung der Parteien der
Unterschied zwischen dem objektiven Wert der Leistungen oder ein Teil davon
unentgeltliche Zuwendung sein soll (vgl. BGE 45 II 379, 520, 77 II 39).

    Die Tatsache, dass Volkart dem Beklagten für die Kaufgegenstände einen
objektiv um Fr. 65'750.-- zu niedrigen Preis verlangt hat, macht daher für
sich allein das Geschäft nicht zu einem gemischten. Anderseits wird ein
solches nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte behauptet, er habe
keine unentgeltliche Zuwendung erhalten wollen, sondern nur deshalb einen
so geringen Preis bezahlt, weil er die Liegenschaft auf Abbruch gekauft
habe. Nicht was der Beklagte tatsächlich gewollt hat, ist massgebend,
sondern auf den Inhalt der übereinstimmenden Willensäusserungen, die den
Vertrag zustande bringen (Art. 1 OR), kommt es an.

Erwägung 6

    6.- Im vorliegenden Fall ist dieser Inhalt aus den Umständen zu
ermitteln, da zu der Frage, ob der Vertrag als gemischter zu gelten
habe, keine Partei beim Vertragsabschluss eine ausdrückliche Erklärung
abgegeben hat.

    Die Umstände aber geben dem Vertrage den Sinn eines gemischten
Geschäftes. Der vereinbarte Preis liegt so erheblich unter dem
Verkehrswert, dass der Beklagte nicht annehmen durfte, Volkart sehe
in ihm einen blossen Freundschaftspreis, wie er unter eng verbundenen
Personen etwa vereinbart wird. Er lässt sich auch nicht mit einem blossen
Entgegenkommen des Verkäufers im Hinblick auf den vom Käufer geplanten
Umbau erklären. Dagegen lag in der Absicht des Beklagten, die Tochter
des Verkäufers zu heiraten, ein erkennbarer Grund, dem Beklagten eine
unentgeltliche Zuwendung zu machen. In diesem Sinne legte auch der
Notar den Vertrag aus, sah er sich doch veranlasst, den Verkäufer -
in Abwesenheit des Beklagten - vor der Verurkundung zu fragen, ob er
sich nicht durch ein Rückkaufsrecht oder eine Grundpfandverschreibung
sichern wolle, da er ja nicht wisse, ob die Verlobung seiner Tochter
wirklich zu einer Heirat führen werde. Volkart antwortete nicht etwa,
dass er die Fr. 90'000.-- angesichts der Umstände als gerechten Preis
erachte, über den er nicht hinausgehen wolle, was auch immer kommen möge,
sondern er gab seinem Vertrauen in den Käufer Ausdruck, das eine Sicherung
unnötig mache. Wie das Bezirksgericht auf Grund der Aussagen des Notars
und seines Substituten sowie weiterer Zeugen ausführt, war es denn auch
tatsächlich der Wille des Verkäufers, dem Beklagten die Liegenschaft
im Hinblick auf die erwartete Verehelichung mit Margrit Volkart unter
dem Verkehrswert zu überlassen, eine Feststellung, die vom Obergericht
durch Verweisung auf die tatsächlichen Ergebnisse des erstinstanzlichen
Urteils übernommen wird und daher das Bundesgericht bindet. Dem Beklagten
konnte diese Einstellung des Verkäufers nicht entgehen, und Volkart
durfte annehmen, sein Wille, eine unentgeltliche Zuwendung zu machen,
liege auch ohne ausdrückliche Erklärung klar zutage. Der Beklagte war zur
Zeit des Vertragsabschlusses fünfunddreissigjährig, führte nach seinen
eigenen Angaben in Dielsdorf das grosse, sieben Angestellte aufweisende
Geschäft seiner betagten Eltern und war diesen die Hauptstütze. Wenn ihn
das Obergericht als erfahrenen Geschäftsmann bezeichnet, so kann daher
von einem offensichtlichen Versehen, wie der Beklagte unter Hinweis auf
Art. 55 Abs. 1 lit d und Art. 63 Abs. 2 OG geltend macht, keine Rede
sein. Als erfahrener Geschäftsmann aber konnte er auch ohne besondere
Fachkenntnisse im Handel mit Grundeigentum den Wert einer Liegenschaft
mit Metzgerei einigermassen ermessen und musste er sich daher bewusst
werden, dass jene des Volkart erheblich mehr als Fr. 90 000.-- wert
war und ihm der Verkäufer eine unentgeltliche Zuwendung machen wollte,
weil er in ihm seinen künftigen Schwiegersohn sah. Dass die Parteien
sich über das Mass dieser Zuwendung einig waren oder sich auch bloss
über den objektiven Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung
übereinstimmende Vorstellungen machten, ist nicht nötig. Es genügt, dass
der Beklagte aus den Umständen auf ein gemischtes Geschäft schliessen
musste. Seiner Auffassung, es liege ein reiner Kaufvertrag vor, ist somit
nicht beizupflichten.

Erwägung 7

    7.- Demnach erblickte Volkart den Grund der unentgeltlichen Zuwendung
in der versprochenen Ehe zwischen seiner Tochter und dem Beklagten,
und auch dieser musste ihn nach den Umständen darin sehen.

    Dieser Grund hat sich nicht verwirklicht, womit insoweit die
Voraussetzung der Rückerstattung gemäss Art. 62 OR erfüllt ist. Eines
Vorbehaltes der Rückforderung für den Fall der Auflösung der Verlobung
bedurfte es nicht; der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung ergibt
sich aus dem Gesetz. Dass Volkart keinen dahingehenden Vorbehalt in den
Vertrag aufnahm, bedeutet daher nicht Verzicht; die gegenteilige Auffassung
des Beklagten hält nicht stand.

    Ebensowenig lässt die Rückerstattungspflicht sich mit der Überlegung
bestreiten, die Zuwendung hange mit dem nicht verwirklichten Grund nicht
ursächlich zusammen, weil das, was Vater Volkart gewollt habe, nicht durch
ihn, sondern durch den Beklagten selbst, nämlich durch den mit eigenen
Mitteln erstellten Umbau erreicht worden sei. Grund der Zuwendung war
die Heirat, nichts anderes, und da die Ehe nicht zustande kam, hängt die
Bereicherung mit der Nichtverwirklichung des Zuwendungsgrundes ursächlich
zusammen.

Erwägung 8

    8.- Das Obergericht erachtet die Einwendung des Beklagten, er sei
nicht mehr bereichert und daher nicht zur Rückerstattung verpflichtet,
als unerheblich, weil er solange mit der Rückerstattung habe rechnen
müssen, als der Grund der Zuwendung nicht verwirklicht war (Art. 64 OR).

    Diese Auffassung ist zutreffend. Der Beklagte vermag sie nicht
mit der Begründung zu widerlegen, der Vertrag, dessetwegen Volkart
leistete, nämlich die Verlobung, sei ja im Augenblick der Zuwendung schon
abgeschlossen gewesen. Die unentgeltliche Zuwendung erfolgte nicht wegen
der Verlobung und in der Erwartung, dass sie bestehen bleibe, sondern
im Hinblick auf die künftige Heirat. Das war ein zwar versprochenes,
aber dennoch unsicheres Ereignis, was auch immer zur Ursache seines
Nichteintrittes geworden sein und wer immer sie gesetzt haben mag. Daher
kommt auf den weiteren Einwand des Beklagten, er habe nicht damit rechnen
müssen, dass seine Braut wichtige Gründe zur Aufhebung der Verlobung
schaffen werde, nichts an. Da die Trauung nicht stattgefunden hatte,
als der Beklagte die Zuwendung erhielt, musste er damit rechnen, dass es
möglicherweise nicht zur Heirat komme und die Zuwendung zurückerstattet
werden müsse.

Erwägung 9

    9.- a) Zurückzuerstatten ist höchstens der Betrag der unentgeltlichen
Zuwendung. Unentgeltlich zugewendet aber ist im gemischten Vertrag
nicht notwendigerweise der ganze Unterschied zwischen den objektiven
Werten der Leistung und der Gegenleistung. Wie die Parteien trotz
eines solchen Unterschiedes das Gleichgewicht als hergestellt erklären
und damit die Würdigung als gemischtes Geschäft ausschliessen können,
steht es ihnen frei, durch übereinstimmende Willensäusserungen nur einen
Teil des objektiven Wertunterschiedes zur unentgeltlichen Zuwendung zu
machen. Ein dahin gehender Wille braucht nicht ausdrücklich erklärt zu
werden, sondern kann sich aus den Umständen ergeben.

    Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass schon die
Ermittlung des objektiven Wertunterschiedes dem Ermessen weiten Raum
lässt. Das erhellt daraus, dass das Bezirksgericht in Anlehung an das
Gutachten Gisiger/Schweizer einen Verkehrswert der Kaufgegenstände
von Fr. 118'500.--, das Obergericht dagegen, im wesentlichen dem
Gutachten Rehfuss/Stettler folgend, einen solchen von Fr. 155'750.--
feststellt. Wenn auch das Bundesgericht an die oberinstanzliche
Feststellung gebunden ist, so liegt doch auf der Hand, dass sie das
Ergebnis blosser Abwägung ist, die in guten Treuen auch anders hätte
ausfallen können. Das Obergericht hat denn auch die Einholung eines
weiteren Gutachtens mit der Begründung abgelehnt, ein solches würde nur
neue Schätzungszahlen ergeben, "die genau so diskutabel wären wie die
alten". Daher lässt sich nicht sagen, die Umstände ergäben eine von den
Parteien gewollte unentgeltliche Zuwendung in der Höhe des im Prozess
festgestellten Wertunterschiedes von Fr. 65 750.--. Es fehlt denn auch
jeder Anhaltspunkt, dass die eine oder andere Partei gerade an diesen
Betrag gedacht habe. Was den Verkäufer betrifft, steht gegenteils fest,
dass er, wenn auch erst kurz vor seinem Tode, eine Rückerstattung von
Fr. 40 000.-- in Aussicht nahm entwarf er doch damals, offenbar weil
das Verlöbnis inzwischen brüchig geworden war, eine Schuldanerkennung in
dieser Höhe. Freilich können ihn dabei auch andere Überlegungen als nur
die subjektive Bewertung der Kauf sache bewogen haben, seinen Anspruch
auf nur Fr. 40 000.-- zu beziffern.

    Ferner ist durchaus natürlich, dass ein Verkäufer einem zukünftigen
Schwiegersohn, auch ohne ihm eine unentgeltliche Zuwendung machen zu
wollen, eine Sache billiger überlässt als einem Fremden. Auch diese
Erfahrungstatsache verbietet hier, den ganzen Unterschied zwischen
Verkehrswert der Kaufsache und dem vereinbarten Preis als unentgeltlich
zugewendet zu behandeln.

    Endlich kommt dazu, dass der Beklagte die erworbenen Gebäude weitgehend
umbauen wollte, was auch dem Verkäufer bekannt war, enthält doch der
Vertrag eine Bestimmung, wonach der Käufer im Hinblick auf den geplanten
Umbau eine leere Pfandstelle von Fr. 100'000.-- errichte. Allerdings steht
nicht fest, dass, wie der Beklagte behauptet, die Gebäude zum Abbruch
bestimmt gewesen seien, gibt er doch selber zu, dass die Vorderfront
stehen blieb. Doch auch die Kläger sprechen von wesentlichen Umbauarbeiten,
und aus den Akten ergibt sich, dass schliesslich für sie allein nach der
Bauabrechnung Fr. 242 376.75 ausgelegt werden mussten. Der grosse Aufwand
für den Umbau, der dem Beklagten beim Kauf der Liegenschaft in Aussicht
stand, kann bei der Bestimmung des Kaufpreises nicht ganz ausser Betracht
gefallen sein.

    b) Bei der Bemessung des herauszugebenden Betrages ist ferner darauf
Bedacht zu nehmen, dass der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen
Zuwendung nach der Rückerstattung nicht schlechter dasteht, als wenn
die Zuwendung nicht stattgefunden hätte. Das heisst, wer im Vertrauen
auf die Endgültigkeit der Zuwendung eine sein übriges Vermögen mindernde
Verfügung trifft oder eine Massnahme zur Wahrung seiner Vermögensinteressen
unterlässt, soll sich dafür, auch wenn den andern kein Verschulden trifft,
an der empfangenen Zuwendung schadlos halten können (BGE 73 II 108 f.).

    Dass der Beklagte beim Empfang der unentgeltlichen Zuwendung guten
Glaubens war, die versprochene Ehe komme zustande und er dürfe die
Zuwendung behalten, ist nicht bestritten. Auch ist davon auszugehen,
dass er im Vertrauen auf ihre Endgültigkeit grosszügiger umgebaut
hat, als wenn er den Verkehrswert hätte bezahlen müssen. Es ist eine
Erfahrungstatsache, dass billiger Bodenerwerb oder der Kauf eines zum
Umbau bestimmten Hauses zu einem unter seinem Werte stehenden Preis den
Käufer leicht zu Bauauslagen bewegt, die er sonst unterliesse und denen
keine entsprechende Wertvermehrung gegenübersteht. Gerade dies behaupten
die Kläger vom Beklagten, wenn sie ausführen, er habe im alten Teil des
Ladens die ganzen Plattenbeläge herausgerissen, statt nur den neuen Teil
mit Platten verkleiden zu lassen, und er sei auch sonst auf ähnliche
Weise vorgegangen. In derartigen Auslagen, die, ohne ertragbringend
zu sein, seinen Geschäftsbetrieb belasten und ohne das Vertrauen auf
den tiefen Einstandspreis der Liegenschaft unterblieben wären, liegt
eine mit der unentgeltlichen Zuwendung ursächlich zusammenhangende
Vermögensverminderung, die bei Bestimmung der Höhe der Rückerstattung
ebenfalls zu berücksichtigen ist.

    Welches Ausmass sie erreichte, steht nicht fest, doch erübrigt es sich,
hierüber Beweis anzuordnen. Der vom Beklagten zu leistende Betrag müsste
ohnehin nach Ermessen bestimmt werden, weil zahlenmässige Anhaltspunkte
dafür, in welchem Umfang der Unterschied zwischen Preis und Verkehrswert
als unentgeltliche Zuwendung zu gelten hat, fehlen, und weil schliesslich
auch "Gesichtspunkte der Billigkeit, die das Gebiet der ungerechtfertigten
Bereicherung in ausgeprägtem Masse beherrscht" (BGE 73 II 108), in die
Waagschale geworfen werden müssen.

    c) Unter Berücksichtigung aller erwähnten Umstände, insbesondere der
Tatsache, dass das Vertrauen auf die Endgültigkeit des billigen Erwerbes
der Liegenschaft den Beklagten zu unnützen Bauauslagen verleitet hat, ist
das Hauptbegehren der Klage nur im Umfang von Fr. 20'000.-- gutzuheissen.

Erwägung 10

    10.- Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass er seit 9. Oktober
1951 im Zahlungsverzug sei, falls eine Schuldpflicht bestehe. Der
Verzugszins ist daher auf einem Betrag von Fr. 20 000.-- zu 5% seit
9. Oktober 1951 zuzusprechen (Art. 104 OR).

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

Erwägung 1

    1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.

Erwägung 2

    2.- Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. September 1955
aufgehoben und der Berufungskläger verurteilt, den Berufungsbeklagten
Fr. 20'000.-- nebst Zins zu 5% seit 9. Oktober 1951 zu bezahlen.