Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 I 293



81 I 293

47. Urteil vom 23. September 1955 i.S. Meyer gegen
Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich. Regeste

    Wehrsteuer:

    1.  Änderung des Einkommens auf den Beginn einer Veranlagungsperiode
zufolge Übertritts eines unselbständig Erwerbenden in den Ruhestand.

    2.  Berechnung des steuerbaren Einkommens, wenn sich das Ruhegehalt
aus einem Kapitalbetrag und einer Rente zusammensetzt.

Sachverhalt

    A.- Die Angestellten der Schweizerischen Rückversicherungsgesellschaft
in Zürich erhalten, wenn sie altershalber zurücktreten, von der
Personalfürsorgestiftung der Gesellschaft eine lebenslängliche Pension,
die sich nach der Besoldung zur Zeit der Pensionierung und nach der Anzahl
der Dienstjahre richtet, und ausserdem einen nach der Höhe der Besoldung
abgestuften Kapitalbetrag, der am Tage des Austritts ausbezahlt wird
(§§ 15 und 16 des Statuts der Stiftung für die Angestelltenfürsorge der
Schweiz. Rückversicherungs-Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften,
vom 3. Juni 1949).

    B.- Meyer war Angestellter der Schweiz.  Rückversicherungsgesellschaft
und wurde bei Erreichung der Altersgrenze auf Ende 1952 in den
Ruhestand versetzt. Ihm wurde am 31. Dezember 1952 der Kapitalbetrag der
Personalfürsorge ausbezahlt, sodann bezog er seit dem 1. Januar 1953
eine jährliche Pension. Meyer ist am 21. April 1955 gestorben.

    C.- Bei der Einschätzung für die Wehrsteuer VII (1953 und 1954,
Berechnungszeitraum 1951/52) war der Bemessung des Einkommens aus dem
Dienstverhältnis die seit dem 1. Januar 1953 laufende Altersrente
zugrundegelegt worden; ausserdem wurde der am 31. Dezember 1952
ausgerichtete Kapitalbetrag angerechnet unter Anwendung des Rentensatzes
gemäss Art. 40 WStB. Die kantonale Wehrsteuer-Rekurskommission hat
eine gegen diese Einkommensberechnung gerichtete Beschwerde abgewiesen
(Entscheid vom 30. März 1955).

    D.- Gegen diesen Entscheid erheben die Erben des inzwischen
verstorbenen Steuerpflichtigen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Sie machen geltend, die angefochtene Einschätzung beruhe insoweit
auf einer Verletzung von Bundesrecht, als die am 31. Dezember 1952
ausgerichtete Kapitalleistung angerechnet wurde. Die Einschätzung habe
den Charakter einer Zwischenveranlagung im Sinne von Art. 96, Abs. 1
WStB. Für diesen Fall sei aber nach Art. 41, Abs. 4 WStB nur das nach
Eintritt der Voraussetzung der Zwischenveranlagung erzielte Einkommen
zugrunde zu legen. Die Kapitalzahlung sei vor Antritt des Ruhestandes
erfolgt. Die Auffassung der kantonalen Rekurskommission, dass der Zeitpunkt
des Anspruchserwerbs nicht massgebend sein solle, stehe daher im Gegensatz
zum Gesetzeswortlaut.

    Wenn schon bei Zwischenveranlagungen wegen Berufsaufgabe das vor der
Pensionierung erzielte höhere Arbeitseinkommen nicht mehr zu versteuern
sei, obwohl der Pensionierte es bezogen habe und in der Lage wäre, es
zu versteuern, so müsse das nämliche erst recht für eine Kapitalzahlung
gelten.

    Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen

Auszug aus den Erwägungen:

                          in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 96 WStB ist eine Zwischenveranlagung vorzunehmen,
wenn sich die Veranlagungsgrundlagen während der Veranlagungsperiode aus
bestimmten, im Gesetze bezeichneten Gründen verändert haben. Dann findet
"eine neue Veranlagung (Zwischenveranlagung)" statt. Diese gilt "für
den Rest der Veranlagungsperiode". Für den bei Eintritt der Veränderung
bereits abgelaufenen Teil der Veranlagungsperiode bleibt es bei der
ordentlichen Veranlagung.

    Wo die Veränderung auf den Beginn der Veranlagungsperiode
eingetreten ist, kommt eine Zwischenveranlagung nicht in Frage, da sich
die Veränderung, soweit sie für die Einschätzung von Bedeutung ist, von
Anfang an und nicht nur - was Voraussetzung für eine Zwischenveranlagung
wäre - während eines Restes der Veranlagungsperiode auswirkt.

    Die hier angefochtene Einschätzung ist die ordentliche Veranlagung
des Steuerpflichtigen für die 7. Periode der Wehrsteuer. Art. 96 WStB
findet auf sie nicht Anwendung. Soweit bei ihr veränderte Verhältnisse zu
berücksichtigen sind, hat dies gestützt auf Art. 42 WStB zu geschehen. In
dieser Bestimmung ist allerdings nur von Veränderungen die Rede, die im
Laufe der Berechnungsperiode eintreten. Die Ordnung umfasst aber - wie
der Vergleich mit Art. 96 zeigt - sinngemäss alle Veränderungen, die sich
vom Beginn der Veranlagungsperiode an auswirken und darum schon bei der
ordentlichen Veranlagung berücksichtigt werden müssen, also nicht zu einer
Zwischenveranlagung nach Art. 96 für einen "Rest der Veranlagungsperiode"
Anlass geben können.

Erwägung 2

    2.- Bei der eidg. Wehrsteuer wird das steuerbare Einkommen im
allgemeinen nach den Einkünften bemessen, die der Steuerpflichtige in
der Berechnungsperiode erzielt hat, d.h. in den beiden Jahren, die der
Veranlagungsperiode vorangegangen sind. Massgebend für die Einschätzung ist
der Jahresdurchschnitt des Einkommens in der Berechnungsperiode (Art. 41,
Abs. 1 und 2 WStB). Es kommt dann für die Steuerberechnung nicht darauf an,
welches Einkommen der Steuerpflichtige in der Veranlagungsperiode, also in
dem Zeitraum erzielt, für welchen er die Steuer zu bezahlen hat. Dies gilt
sowohl für einen Ausfall von Einkommen, als auch für Einkommenszuwachs.

    Von dieser Berechnungsweise, die die Regel bildet, werden zwei
Ausnahmen gemacht. Einmal wird bei Steuerpflichtigen, die neu, nämlich
nach Beginn der Berechnungsperiode, in die Steuerpflicht eintreten, auf
das Einkommen abgestellt, das nach dem Eintritt in die Steuerpflicht
erzielt wurde (Art. 41, Abs. 4). Es wird damit ausgeschlossen,
dass in die Steuerberechnung das Einkommen einbezogen wird, das
der Steuerpflichtige vor Begründung der subjektiven Steuerpflicht
gemäss Art. 3 WStB gehabt hatte. Anderseits wird, wenn im Laufe der
Berechnungsperiode aus bestimmten, im Gesetz einzeln aufgeführten Gründen
eine dauernde Veränderung des Einkommens eingetreten ist, für die von
der Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile auf das neue Einkommen
abgestellt (Art. 42). Das bedeutet praktisch, dass in diesen Fällen die
Einkommensverhältnisse massgebend sein sollen, wie sie bei Beginn der
Veranlagungsperiode bestanden haben. Das vor der Veränderung erzielte
Einkommen fällt ausser Betracht. An dessen Stelle tritt für die von der
Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile das neue Einkommen. Und
zwar gilt dies, wie aus Art. 42 WStB und aus den erläuternden Bemerkungen
der bundesrätlichen Botschaft (BBl 1950 III S. 570, vgl. auch S. 572) klar
hervorgeht, sowohl für den Fall, dass sich das Einkommen vermindert hat,
wie auch wenn es sich vermehrt. Das Gesetz geht noch weiter. Es erfasst
neues Einkommen überhaupt, auch wo es nicht weggefallenes ersetzt. Es
ordnet die Anwendung der Ausnahmebestimmung auch an für den Fall der
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Art. 42 (Fassung vom 20. Dezember
1950) ist also nicht zu verstehen im Sinne einer Erleichterung für den
Steuerpflichtigen, sondern als Anordnung der Anpassung der Besteuerung
an die veränderten Einkommensverhältnisse des Steuerpflichtigen überhaupt
(BGE 79 I S. 67).

    Es liegt aber auf der Hand, dass dort, wo das Gesetz eine Anpassung an
veränderte Verhältnisse anordnet, das Einkommen voll erfasst werden muss,
das der Steuerpflichtige an Stelle der bisher erzielten Einkünfte bezieht
(nicht publ. Entscheid vom 20. Dezember 1951 i.S. Oechslin, BGE 79 I
S. 68).

Erwägung 3

    3.- Ob Art. 41, Abs. 4 WStB für den Fall'den er unmittelbar regelt, den
Eintritt in die (subjektive) Steuerpflicht während der Veranlagungsperiode,
wirklich eine derart scharfe zeitliche Abgrenzung anordnet, wie sie die
Beschwerdeführer annehmen möchten, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn
es so ist, muss für die in Art. 42 WStB geordneten Fälle eine Auslegung
Platz greifen, welche die durch die Veränderung geschaffene neue Lage
sachgemäss erfasst. Eine solche Auslegung entspricht dem Wortlaute des
Gesetzes. Denn in Art. 42 WStB wird ausdrücklich die sinngemässe Anwendung
von Art. 41, Abs. 4 WStB angeordnet.

    In einem Falle, wo an Stelle bisherigen Arbeitseinkommens
das Ersatzeinkommen tritt, das dem Steuerpflichtigen infolge seiner
Versetzung in den Ruhestand anfällt, wären die neuen, nach der Veränderung
bestehenden Einkommensverhältnisse unrichtig erfasst, wenn eine beim
Dienstaustritt auszurichtende Kapitalleistung ausser Betracht gelassen
würde. Eine solche Kapitalleistung bildet einen wesentlichen Bestandteil
des dem Pensionierten anfallenden Ruhegehaltes und bestimmt die durch
die Pensionierung geschaffene neue Situation. Ob sie vor oder nach dem
Dienstaustritt ausgerichtet wird, ist dabei ohne Bedeutung.