Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 I 119



81 I 119

23. Urteil vom 17. Mai 1955 i.S. Sektion Zürich des Schweizerischen
Drogisten-Verbandes und Konsorten gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste

    Handels- und Gewerbefreiheit, Gewaltentrennung, Unverletzlichkeit
des Hausrechts, Eigentumsgarantie.

    Zürcherische Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln vom
2. September 1954.

    1.  Zulässigkeit des Verbots, eine Drogerie als "Drugstore" zu
bezeichnen (§ 46 VO).

    2.  Zulässigkeit von Bestimmungen über die Kontrolle der
Arzneimittelbetriebe (Recht der Kontrollorgane, Auskünfte zu verlangen,
Geschäftspapiere einzusehen und die Geschäftsräume zu betreten, § 51 VO).

    3.  Unzulässigkeit einer Bestimmung über die Beschlagnahme und
Verwertung gewisser Einrichtungsgegenstände (§ 56 VO). Verletzung des
Grundsatzes der Verhältnismässigkeit des polizeilichen Eingriffs.

Sachverhalt

    A.- Die vom Regierungsrat des Kantons Zürich am 2. Sept.  1954
erlassene Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln (VO) enthält u.a.
folgende Bestimmungen:

    § 46. Jede Drogerie ist als "Drogerie" zu bezeichnen.  Auskündungen,
die zu Verwechslungen mit Apotheken führen können, wie z.B.
"Medizinaldrogerie" oder "Drugstore", sind verboten.

    § 51. Die Arzneimittelbetriebe haben den Kontrollorganen die verlangten
Auskünfte zu geben und Zutritt in alle Geschäfts-, Betriebs-, Lager-
und Praxisräume zu gewähren.

    Die Kontrollorgane sind berechtigt, nötigenfalls die Rechnungen,
Geschäftsbücher, Lieferscheine und sonstigen Belege einzusehen.

    § 55. Werden Arzneimittel sowie Bestandteile, Packungen, Behälter
oder Anpreisungsmittel von solchen gemäss § 35 f des Medizinalgesetzes
beschlagnahmt, ist der Wareninhaber berechtigt, eine Quittung zu verlangen.

    § 56. Andere Einrichtungsgegenstände, die gefährlich, zweckuntauglich
oder unrein sind, können ebenfalls mit Beschlag belegt werden. Bei ihrer
Verwertung ist ein allfälliger Erlös dem Berechtigten auszuhändigen. Die
strafrechtliche Einziehung bleibt vorbehalten.

    B.- Die Sektion Zürich des Schweizerischen Drogisten-Verbandes und
ihre Mitglieder Eugen Graf, Hans Metzger und Theodor Locher, die im
Kanton Zürich Drogerien betreiben, führen gegen die VO staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 4 KV), der Garantie
der Unverletzlichkeit des Hausrechts (Art. 8 KV), des Grundsatzes der
Gewaltentrennung sowie der Art. 4 und 31 BV. Sie beantragen, § 46 VO
insoweit aufzuheben, als er die Bezeichnung "Drugstore" verbietet, und
die §§ 51 und 56 VO gänzlich aufzuheben, eventuell § 56 teilweise.

    C.- Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Sektion Zürich des Schweizerischen Drogisten Verbandes besitzt
als Verein im Sinne der Art. 60 ff. ZGB das Recht der Persönlichkeit; sie
bezweckt nach den Statuten "die Wahrung und Förderung der Standesinteressen
im allgemeinen und der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der
Mitglieder im besonderen". Daher ist sie nach der Rechtsprechung (BGE 72
I 99, 76 I 312) zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die angefochtenen
Verordnungsbestimmungen legitimiert, weil durch diese diejenigen ihrer
Mitglieder, die Inhaber von Drogerien im Kanton Zürich sind, in ihrer
Rechtsstellung betroffen werden. Zu diesen Mitgliedern gehören auch die
Personen, die neben dem Verband als Beschwerdeführer auftreten; sie sind
daher zur Beschwerde ebenfalls legitimiert.

Erwägung 2

    2.- Die VO nennt im Eingang als gesetzliche Grundlagen die §§ 37
lit. d, 41 Ziff. 2 und 32 Abs. 3 des kantonalen Gesetzes betreffend
das Medizinalwesen vom 2. Okt. 1854 mit den seitherigen Abänderungen
(MG), Art. 34 BG über die Betäubungsmittel vom 3. Okt. 1951 und die
Art. 49 und 55 der eidg. Vollziehungsverordnung zu diesem BG. In der
Vernehmlassung stützt der Regierungsrat die angefochtenen Bestimmungen
auf die §§ 27, 37 lit. d und 41 Ziff. 2 MG. Als gesetzliche Grundlage
für § 46 VO kommt indes nur § 41 Ziff. 2 MG in Frage, wonach der
Regierungsrat ermächtigt ist, eine Verordnung betreffend die Einrichtung,
den Betrieb und die Kontrolle der öffentlichen und der Privatapotheken
sowie der Drogerien und die Prüfung der Drogisten zu erlassen. Da diese
Delegationsnorm selber nicht angefochten wird, ist die beanstandete
Bestimmung in § 46 VO als rechtsgültig zu betrachten, wenn sie sich
im Rahmen jener Norm und des durch sie verfolgten Zwecks hält. Sofern
dies der Fall ist, erweisen sich die Rügen, sie verletze Art. 4 und 31
BV und den Grundsatz der Gewaltentrennung - der in der zürcherischen
KV zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, sich aber aus der darin
vorgenommenen Verteilung der Gewalten ergibt (BGE 79 I 131 Erw. 4)-, als
unbegründet. Es fehlt dann weder an einer gesetzlichen Grundlage noch an
einem sachlichen, polizeilichen Zweck, noch hat der Regierungsrat ohne
Befugnis neues Recht geschaffen. Die Handels- und Gewerbefreiheit ist nur
im Rahmen der öffentlichen Ordnung gewährleistet; sie darf durch kantonale
Vorschriften insbesondere auch zum Schutze von Treu und Glauben im Verkehr
beschränkt werden (BGE 80 I 143, 353). Unter diesem Gesichtspunkte sind
im Rahmen von Vorschriften über den Betrieb der Drogerien (§ 41 Ziff. 2
MG) auch Bestimmungen zum Schutze des Publikums vor Irreführung durch
eine unzutreffende Geschäftsbezeichnung zulässig (BGE 63 I 230, 65 I
72). Die Beschwerdeführer bestreiten das nicht, machen aber geltend,
die Bezeichnung "Drugstore" neben der zwingend vorgeschriebenen Benennung
"Drogerie" sei nicht geeignet, das Publikum irrezuführen, zu Verwechslungen
mit Apotheken Anlass zu geben.

    Die Bezeichnung "Drugstore" richtet sich, wie nicht bestritten ist,
nicht an die einheimische Bevölkerung, sondern an Ausländer englischer
Sprache, denen der Ausdruck "Drogerie" nicht geläufig ist. Die
Beschwerdeführer können sich daher nicht darauf berufen, dass jene
Bezeichnung nicht für sich allein, sondern nur neben der obligatorischen
Bezeichnung "Drogerie" verwendet werden soll. Wird eine fremdsprachige
Nebenbezeichnung gewählt - was nach § 46 VO nicht verboten ist -, so kommt
es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung "Drogerie" beim einheimischen
Publikum die Verwechslung mit Apotheken ausschliesst, sondern darauf, ob
die Nebenbezeichnung Fremden, deren Muttersprache sie angehört, zu solcher
Verwechslung Anlass geben kann. Wenn dies der Fall ist, hält sich das
angefochtene Verbot im Rahmen der Delegationsnorm in § 41 Ziff. 2 MG und
des damit verfolgten polizeilichen Zwecks und greift nicht, wie behauptet
wird, in verfassungsmässige Rechte ein. Insbesondere ist dann der aus
Art. 31 BV abzuleitende Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Massnahme
(BGE 80 I 353) nicht verletzt, weil der Verwechslungsgefahr nur durch
ein gänzliches Verbot der irreführenden Bezeichnung vorgebeugt werden kann.

    Dem vom Kantonsapotheker beigezogenen Bericht des Direktors der
Pharmakopöe-Kommission der Vereinigten Staaten von Amerika vom 19. März
1954 ist zu entnehmen, dass in den amerikanischen "Drugstores" Waren der
verschiedensten Art, z.B. auch Papeteriewaren, photographische Artikel,
Bücher, feilgehalten werden, dass darin in der Regel Mahlzeiten eingenommen
werden können und dass daselbst aber auch ärztliche Rezepte ausgeführt
werden. Die letztgenannte Tätigkeit ist jedoch im Kanton Zürich nur den
öffentlichen Apotheken gestattet, vorbehältlich der Selbstdispensation von
Ärzten und Tierärzten (§ 35 MG). Es besteht kein Grund, die Richtigkeit
jenes Berichtes in Zweifel zu ziehen, zumal da der wesentliche Punkt,
dass amerikanische "Drugstores" in der Regel auch eine Rezepturabteilung
führen, durch einen Artikel in den Nummern vom 21. und 28. Febr. 1953 der
"Schweizerischen Drogisten-Zeitung" bestätigt wird. Aus dem vom Drogisten
Gygax in Brig eingeholten Bericht der Britischen Gesandtschaft in Bern
vom 13. Nov. 1952, auf den in der Replik verwiesen wird, können die
Beschwerdeführer nichts zu ihren Gunsten ableiten. Darin wird ausgeführt,
dass ein "Drugstore" nicht in allen Teilen einer hiesigen Drogerie
entspricht und dass jener Ausdruck in Grossbritannien nicht gebräuchlich
ist, sondern nur in den Vereinigten Staaten von Amerika. Daraus folgt
zunächst, dass sich die Bezeichnung "Drugstore" jedenfalls wegen des
aus Grossbritannien kommenden Reisepublikums gar nicht rechtfertigen
lässt. Dass sie aber Gäste aus den Vereinigten Staaten von Amerika zu
Verwechslungen mit Apotheken verleiten kann, weil dort ein "Drugstore"
in der Regel auch eine Rezepturabteilung hat, ergibt sich nicht nur
aus dem Bericht des Direktors der amerikanischen Pharmakopöe-Kommission
und dem genannten Zeitungsartikel, sondern auch aus einem vom Walliser
Polizeidepartement auf staatsrechtliche Beschwerde des Drogisten Gygax hin
eingelegten Bericht der Amerikanischen Botschaft in Bern vom 22. Juli 1954
und wird durch den Bericht der Britischen Gesandtschaft nicht widerlegt. Es
besteht somit die Gefahr der Irreführung gerade desjenigen fremdsprachigen
Publikums, an das sich die verbotene Bezeichnung wendet. Diese Gefahr
wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass, wie die Beschwerdeführer geltend
machen, nach den amerikanischen Vorschriften die Rezepturabteilung eines
"Drugstore" als solche gut sichtbar bezeichnet und das Certificate des
Apothekers sichtbar aufgehängt sein muss. Abgesehen davon, dass sich
diese Hinweise offenbar nur im Innern des Geschäfts befinden müssen,
besteht im Kanton Zürich keine entsprechende Vorschrift für Apotheken,
so dass hier das Fehlen solcher Hinweise noch nicht den Schluss zulässt,
dass im betreffenden Geschäft keine ärztlichen Rezepte ausgeführt werden
dürfen. § 46 VO ist daher nicht zu beanstanden. Die Vorschrift verwehrt den
Zürcher Drogisten nicht, eine englische Nebenbezeichnung für ihr Geschäft
zu führen; diese ist aber so zu wählen, dass sie nicht zu Verwechslungen
mit Apotheken Anlass geben kann.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer bestreiten mit Recht nicht, dass
der Regierungsrat auf dem Verordnungswege Vorschriften über die
gewerbepolizeiliche Kontrolle der Drogerien aufstellen darf. In der
Tat ist die gesetzliche Grundlage dafür gegeben: § 27 MG unterstellt
die Drogerien der Kontrolle der Direktion des Gesundheitswesens,
und § 41 Ziff. 2 daselbst ermächtigt den Regierungsrat, durch
Verordnung Ausführungsbestimmungen dazu zu erlassen. Dagegen machen die
Beschwerdeführer geltend, die Ordnung der Befugnisse der Kontrollorgane
in § 51 VO verletze durch "schrankenlose und unverhältnismässige
Formulierung" den Grundsatz der Gewaltentrennung, Art. 31 und Art. 4 BV
sowie Art. 8 KV. Mit dem Vorwurf des Verstosses gegen den Grundsatz der
Verhältnismässigkeit des polizeilichen Eingriffs fallen alle übrigen
Rügen zusammen.

    a) Die Beschwerdeführer beanstanden, dass die Auskunftspflicht,
die § 51 Abs. 1 VO den Arzneimittelbetrieben auferlegt, nicht auf
sachbezügliche Auskünfte beschränkt sei. Indes ist klar, dass mit den
"verlangten Auskünften", die nach dieser Vorschrift den Kontrollorganen
zu geben sind, nicht beliebige Auskünfte gemeint sein können, sondern nur
solche, die als für eine wirksame Kontrolle erforderlich erachtet werden
(vgl. Art. 4 des eidg. Reglements betreffend die Erhebung von Proben
von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 16. April 1929), also
"sachbezüglich" sind. Das ist so selbstverständlich, dass es in der VO
nicht ausdrücklich gesagt zu werden brauchte. Der Regierungsrat durfte bei
ihrem Erlass voraussetzen, dass die Bestimmung über die Auskunftspflicht
von den vollziehenden Organen vernünftig werde gehandhabt werden. Diese
Bestimmung verletzt daher an sich den Grundsatz der Verhältnismässigkeit
des polizeilichen Eingriffs nicht. Sollten bei der Anwendung Übergriffe
vorkommen, so kann sich der Betroffene mit den von der Rechtsordnung
zur Verfügung gestellten Mitteln, gegebenenfalls mit staatsrechtlicher
Beschwerde, zur Wehr setzen.

    Unbegründet ist auch der Einwand, dass jener Auskunftspflicht keine
Schweigepflicht der Kontrollbeamten gegenüberstehe. Die VO selber schreibt
eine solche allerdings nicht vor. Das ist aber auch nicht notwendig, weil
die Kontrollorgane ohnedies, nach § 11 der zürcherischen Verordnung über
die Amtsstellung und Besoldung der Beamten und Angestellten der Verwaltung
und der Rechtspflege vom 15. März 1948, zur Verschwiegenheit verpflichtet
sind und sich durch Verletzung dieser Pflicht nach Art. 320 StGB strafbar
machen. Freilich sind sie unter Umständen gehalten, den Steuerbehörden
Auskünfte zu geben (§ 81 des zürcherischen Steuergesetzes, Art. 90 Abs. 1
WStB, Art. 280 BStP). Diese Beschränkung der Geheimhaltungspflicht gilt
indessen nicht nur für sie, sondern auch für viele andere Beamte. Sie
hat nicht zur Folge, dass Privaten Geschäftsgeheimnisse oder andere
grundsätzlich geheimzuhaltende Tatsachen geoffenbart werden dürften,
sondern bezweckt nur, dass die Steuerbehörde im Interesse der richtigen
und vollständigen Versteuerung über Verhältnisse unterrichtet wird,
über die der Steuerpflichtige ihr ohnehin Aufschluss zu geben und die
sie ihrerseits geheimzuhalten hat (§ 82 zürch. StG, Art. 71 WStB). Die
Beschwerdeführer haben daher kein legitimes Interesse daran, dass die
nach § 51 VO zu erteilenden Auskünfte von den Kontrollorganen nicht an die
Steuerbehörde weitergeleitet werden. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit
des polizeilichen Eingriffs verlangt nicht, dass solche Mitteilungen
unterbleiben.

    b) Die Beschwerdeführer erblicken eine Verletzung dieses Grundsatzes
auch darin, dass das in § 51 Abs. 2 VO den Kontrollorganen eingeräumte
Recht, Rechnungen, Geschäftsbücher, Lieferscheine und sonstige Belege
einzusehen, sachlich und zeitlich nicht begrenzt sei. Nach ihrer
Auffassung sollte es auf Fälle beschränkt sein, wo der erhebliche
Verdacht einer Widerhandlung vorliegt-Nun gewährt aber § 51 Abs. 2 VO das
Einsichtsrecht nicht schlechthin, sondern nur "nötigenfalls". Dadurch wird
zum Ausdruck gebracht, dass ein besonderer Anlass, ein gewisser Verdacht
einer Übertretung bestehen muss. Der Einwand der Beschwerdeführer, der
vollziehende Beamte könnte die Notwendigkeit der Einsichtnahme jederzeit
bejahen, ist nicht stichhaltig; denn dasselbe liesse sich sagen, wenn ein
"erheblicher" Verdacht Voraussetzung des Einblicksrechts wäre. § 51 Abs. 2
VO verstösst an sich so wenig gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit
wie die Bestimmung des Abs. 1 über die Auskunftspflicht (lit. a
hiervor). Es kommt wiederum darauf an, wie die Vorschrift im einzelnen Fall
angewendet wird. Der Regierungsrat erklärt übrigens in der Vernehmlassung,
die Direktion des Gesundheitswesens werde durch eine Dienstanweisung
dafür sorgen, dass vom Einsichtsrecht schonend, im Sinne des Wortes
"nötigenfalls", Gebrauch gemacht werde. Dabei ist er zu behaften. Was die
Schweigepflicht anbelangt, wird ebenfalls auf lit. a hiervor verwiesen. In
diesem Punkte unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von
dem des Urteils BGE 65 I 65 ff., auf das die Beschwerdeführer sich
berufen; denn dort war die Kontrolle einem privaten Verein überlassen,
der namentlich für Verschwiegenheit nicht dieselbe Gewähr bietet wie ein
staatliches Kontrollorgan. Der weitere Einwand, kein anderer Kanton gebe
den Kontrollbehörden ein so schrankenloses Einsichtsrecht, wie es in §
51 Abs. 2 VO vorgesehen sei, ist nicht belegt; übrigens würde daraus,
dass anderwärts die Kontrolle der Drogerien lockerer gestaltet ist als
im Kanton Zürich, noch nicht folgen, dass dessen Ordnung den Grundsatz
der Verhältnismässigkeit verletze.

    c) Art. 8 KV erklärt in Abs. 1 das Hausrecht als unverletzlich
und bestimmt in Abs. 2: "Zu Hausdurchsuchungen bedarf es entweder der
Einwilligung des Wohnungsinhabers oder der Ermächtigung durch einen
zuständigen Beamten, welche den Zweck und die Ausdehnung dieser
Massregel genau bezeichnen soll. Ausnahmen von dieser Regel sind
gestattet, wenn Gefahr im Verzuge ist." Die Beschwerde vermisst in der
angefochtenen Ordnung des Zutrittsrechts der Kontrollorgane (§ 51 Abs. 1
VO) Einschränkungen, wie sie in dieser Verfassungsvorschrift und in §§
88 ff. der zürcherischen StPO vorgesehen sind.

    Der Regierungsrat hält dafür, dass die im Jahre 1951 erlassenen §§
27 und 41 Ziff. 2 MG als neuere Spezialbestimmungen dem aus dem Jahre
1869 stammenden Art. 8 KV selbst dann vorgehen, wenn angenommen werde,
diese Bestimmung wäre an sich auch auf die Kontrolle der Drogerien
anwendbar. Er führt aus, nach zürcherischem Recht stehe das Gesetz den
Verfassungsbestimmungen an Geltungskraft gleich, da es in demselben
Verfahren wie sie zustandekomme. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass das
kantonale Medizinalgesetz wohl die Drogerien der behördlichen Kontrolle
unterstellt (§ 27), deren nähere Ausgestaltung aber der Regelung auf dem
Verordnungswege überlässt (§ 41 Ziff. 2). Der Regierungsrat behauptet
indessen mit Recht selber nicht, dass im Kanton Zürich durch eine
blosse Vollziehungsverordnung, die nicht wie Verfassung und Gesetz dem
Referendum untersteht, Verfassungsrecht aufgehoben oder geändert werden
könne. Ebensowenig kann aber nach dem kantonalen Recht ein gewöhnliches
Gesetz diese Wirkung haben. Auch im Kanton Zürich ist die gesetzgebende
Behörde an die Kantonsverfassung gebunden. Dass diese gegenüber dem
einfachen Gesetz den Vorrang hat, kommt in Verschiedenheiten des Verfahrens
der Rechtssetzung zum Ausdruck. Art. 65 KV bestimmt in Abs. 1 allerdings,
dass die Verfassungsrevision "auf dem Wege der Gesetzgebung" vorzunehmen
ist, doch knüpft er sie an erschwerende Formen: Abs. 2 schreibt ein
besonderes Verfahren vor für den Fall, wo auf dem Wege der Volksinitiative
die Gesamtrevision der Verfassung beschlossen wird, und Abs. 3 fordert für
die Partial- wie für die Totalrevision eine doppelte Beratung im Kantonsrat
und die Einhaltung eines Abstandes von mindestens zwei Monaten zwischen den
beiden Beratungen (GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone,
S. 465 f. und Anm. 24). Das MG ist aber ein einfaches Gesetz, nicht ein im
Verfahren der Verfassungsrevision zustandegekommenes "Verfassungsgesetz".

    § 51 Abs. 1 VO beschränkt das Zutrittsrecht der Kontrollorgane
auf Geschäftsräume; von Wohnräumen ist in der Bestimmung nicht die
Rede. Das Hausrecht, das in Art. 8 KV unter Schutz gestellt ist,
erstreckt sich indessen grundsätzlich auch auf Geschäftsräume. Wenn
aber die beanstandete Regelung des Zutrittsrechts der Kontrollorgane
mit Art. 31 BV - insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
des polizeilichen Eingriffs - vereinbar ist, so verstösst sie auch nicht
gegen Art. 8 KV. Wer die in den §§ 31 ff. MG den Drogerien zuerkannten
Befugnisse ausüben will, bedarf nach § 24 desselben Gesetzes einer
Bewilligung der Direktion des Gesundheitswesens. Durch die Erteilung der
Bewilligung wird ein besonderes Gewaltverhältnis zwischen dem Inhaber
und der Verwaltungsbehörde begründet. Der Inhaber muss sich diejenigen
Beschränkungen der verfassungsmässigen Freiheitsrechte gefallen lassen,
die dieses Gewaltverhältnis erfordert; insbesondere hat er sich der in
§ 27 MG vorgesehenen Kontrolle zu unterziehen, soweit der Grundsatz
der Verhältnismässigkeit des Eingriffs gewahrt ist (vgl. FLEINER,
Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 167). Die
Beschwerdeführer können sich daher zur Stützung ihres Standpunktes nicht
auf die §§ 88 ff. der zürcherischen StPO berufen. Die dort zum Schutze
des Bürgers aufgestellten Bestimmungen betreffen Hausdurchsuchungen der
Strafuntersuchungsbehörden, nicht Kontrollmassnahmen der Gewerbepolizei,
denen die Inhaber bewilligungspflichtiger Geschäftsbetriebe unterworfen
sind. Die Kontrolle, der das MG die Drogerien unterstellt, kann nur wirksam
sein, wenn die damit betrauten Beamten ein weitgehendes Recht auf Zutritt
zu den in § 51 VO genannten Geschäftslokalitäten haben. Art. 8 Abs. 2 KV
ist, wie aus dem Wortlaut der Bestimmung hervorgeht, auf polizeiliche
Durchsuchungen von Wohnungen zugeschnitten und kann daher dort, wo es
um die Durchsuchung von Geschäftsräumen zum Zwecke gewerbepolizeilicher
Kontrolle geht, nicht wörtlich anwendbar sein. Mit dem Sinn der Vorschrift
und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit steht aber die im Streite
liegende Zutrittsbefugnis in den Schranken, die ihrer Ausübung in Gesetz
und Verordnung gezogen sind, durchaus im Einklang. Es bedarf weder der
Einwilligung des Geschäftsinhabers, denn sonst wäre eine wirksame Kontrolle
in vielen Fällen überhaupt nicht möglich, noch der vorgängigen Anzeige,
da die Kontrolle überraschend sein muss, wenn sie einen zuverlässigen
Befund ergeben soll, noch einer besonderen Ermächtigung durch einen
zuständigen Beamten, welche den Zweck und die Ausdehnung der Massregel
genau zu bezeichnen hätte, denn die Ermächtigung liegt bereits im MG,
das in § 27 die Drogerien der Kontrolle der Verwaltung unterstellt,
und der Zweck und die Ausdehnung der Kontrolle ergeben sich ohne
weiteres aus den in Gesetz und Verordnung enthaltenen Bestimmungen über
Einrichtung und Betrieb der Drogerien und aus den Vorschriften des § 51
VO über die Auskunftspflicht und das Einsichtsrecht. Gewiss beschränkt §
51 Abs. 1 VO das Zutrittsrecht der Kontrollorgane nicht ausdrücklich
auf die üblichen Geschäftsstunden oder auf die Zeit, während der die
betreffenden Räumlichkeiten dem Verkehr geöffnet sind oder darin gearbeitet
wird, wie es für die Kontrolle von Lebensmittelgeschäften Art. 11 des
eidg. Lebensmittelgesetzes und Art. 2 der eidg. Verordnung betreffend
die technischen Befugnisse der kantonalen Lebensmittelinspektoren
und der Ortsexperten vorschreiben. Aber dem bezüglichen Einwand
der Beschwerdeführer ist wiederum entgegenzuhalten, dass derartige
gewerbepolizeiliche Bestimmungen nicht schon deswegen verfassungswidrig
sind, weil sie nicht ausdrücklich alle erdenklichen Beschränkungen zum
Schutze des Gewerbetreibenden vorsehen. Vernünftigerweise kann § 51 Abs. 1
VO nur so verstanden werden, dass jedenfalls dann, wenn keine dringende
Gefahr im Verzuge ist, das Zutrittsrecht der Kontrollorgane in der Zeit
auszuüben ist, während der die betreffenden Räumlichkeiten dem Verkehr
offenstehen oder darin gearbeitet wird. Wenn die Behörde die ihr danach
zustehenden Befugnisse im einzelnen Fall überschreitet, so kann sich der
Betroffene mit den ihm von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten
Mitteln wehren.

    Die Rüge der Verfassungswidrigkeit des § 51 VO hält somit in keiner
Beziehung stand.

Erwägung 4

    4.- Nach § 35 f MG kann die Direktion des Gesundheitswesens
"vorschriftswidrige, fehlerhaft hergestellte, verdorbene, unrechtmässig
angepriesene oder zur unrechtmässigen Abgabe bestimmte Mittel
sowie Bestandteile, Packungen, Behälter und Anpreisungsmittel
von solchen" einziehen. Hierauf bezieht sich § 55 VO, der nicht
Gegenstand der Beschwerde ist. Der angefochtene § 56 VO betrifft "andere
Einrichtungsgegenstände, die gefährlich, zweckuntauglich oder unrein sind";
er bestimmt, dass sie ebenfalls mit Beschlag belegt werden können, dass
bei ihrer Verwertung ein allfälliger Erlös dem Berechtigten auszuhändigen
ist und dass die strafrechtliche Einziehung vorbehalten bleibt.
Die Beschwerdeführer beanstanden diese Bestimmung wegen Verletzung des
Grundsatzes der Gewaltentrennung, der Eigentumsgarantie sowie der Art. 31
und 4 BV.

    Die Gegenüberstellung des Wortlautes der §§ 55 und 56 VO zeigt, dass
mit den "andern Einrichtungsgegenständen", von denen die zweite Bestimmung
spricht, nicht Arzneimittel oder Gifte gemeint sind, sondern Einrichtungen
und Geräte im Sinne des § 16 VO, wo von den Anforderungen die Rede ist,
die aus gesundheitspolizeilichen Gründen, auch zum Schutze des Personals
(Abs. 3), an die Einrichtung und den Betrieb von Arzneimittelgeschäften
gestellt werden. Die Befugnis des Regierungsrates, über "andere
Einrichtungsgegenstände" eine Verordnung zu erlassen, kann daher nicht
aus § 37 lit. d MG abgeleitet werden; denn diese Bestimmung bezieht sich
ausschliesslich auf Heilmittel und Gifte. Als gesetzliche Grundlage
kommt von den Bestimmungen des MG einzig § 41 Ziff. 2 in Betracht,
wonach der Regierungsrat ermächtigt ist, eine Verordnung betreffend
die Einrichtung, den Betrieb und die Kontrolle der Apotheken und der
Drogerien aufzustellen. Diese Vorschrift steht aber im Gegensatz zu § 37
im IV. Titel des Gesetzes, der die Bezeichnung "Vollziehung" trägt. Sie
gibt dem Regierungsrat nicht die Kompetenz, in Ergänzung des Gesetzes,
das die Einziehung auf bestimmte Mittel und Gegenstände beschränkt (§ 35 f
MG), die Beschlagnahme und Verwertung anderer Gegenstände vorzusehen. Der
Regierungsrat leitet die Befugnis hiezu nicht etwa aus Art. 21 KV her
(vgl. BGE 79 I 132), noch beruft er sich auf den Grundsatz, dass die
Abwehr ernsthafter Gefahren, die der öffentlichen Ordnung und Wohlfahrt
unmittelbar drohen, eine elementare polizeiliche Aufgabe des Gemeinwesens
ist, die auch dann erfüllt werden muss, wenn eine einschlägige gesetzliche
Bestimmung fehlt (BGE 67 I 76). Man kann sich daher fragen, ob § 56 VO
- mit Ausnahme des selbstverständlichen Vorbehalts der strafrechtlichen
Einziehung in Satz 3 - nicht schon deshalb aufzuheben sei, weil er mangels
gesetzlicher Grundlage gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung - wonach
die gesetzgebende Gewalt dem Volke unter Mitwirkung des Kantonsrates
zusteht (Art. 28 KV) -, die Eigentumsgarantie und Art. 31 BV verstosse.

    Auf jeden Fall aber sind die Sätze 1 und 2 dieser Verordnungsbestimmung
aus einem andern Grunde zu beanstanden, so dass jene Frage offen bleiben
kann. Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit des polizeilichen
Eingriffs darf die Verwaltungsbehörde kein stärkeres Zwangsmittel zur
Anwendung bringen, als zur Erreichung des beabsichtigten Erfolges
erforderlich ist. Die polizeiliche Zwangsvollstreckung darf erst
stattfinden, nachdem der Versuch, den polizeiwidrigen Zustand durch
weniger einschneidende Massnahmen zu beseitigen, erfolglos geblieben ist
(OTTO MAYER, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Bd., 3. Aufl., S. 287; FLEINER,
aaO, S. 217). § 56 VO schreibt zwar die Beschlagnahme und Verwertung nicht
zwingend vor, sondern überlässt sie dem Ermessen der Verwaltungsbehörde
("können"). Anderseits verpflichtet er diese aber auch nicht, zunächst zu
versuchen, mit weniger weitgehenden Mitteln zum Ziele zu kommen, sei es mit
einem Verwaltungsbefehl oder durch Bestrafung mit Busse (vgl. § 42 MG und §
57 VO) oder durch Androhung der Beschlagnahme. Ausserdem fehlen für den
Fall der Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Einrichtungsgegenstände,
die mit Beschlag belegt werden sollen, gefährlich, zweckuntauglich oder
unrein seien, Rechtsschutzbestimmungen zugunsten des Betriebsinhabers,
wie sie z.B. das eidg. Lebensmittelgesetz in Art. 16-24 enthält. Es
mag vorkommen, dass nur durch sofortige Beschlagnahme und Verwertung
(oder Vernichtung) von Gegenständen der in Frage stehenden Art ernsthafte
Gefahren, die der öffentlichen Wohlfahrt unmittelbar drohen, abgewendet
werden können. Aber in solchen Fällen, die eher selten sein werden,
könnte die Polizeibehörde diese Ausnahmen auch dann ergreifen, wenn sie
in Gesetz oder Verordnung nicht vorgesehen wären. In § 56 VO sind denn
auch, wie aus seinem Wortlaut hervorgeht, nicht oder jedenfalls nicht nur
diese Notfälle gemeint. In ihrer allgemeinen Fassung ist die Bestimmung
mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht vereinbar.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen in dem Sinne, dass die
Sätze 1 und 2 des § 56 der Verordnung des Regierungsrates des Kantons
Zürich über den Verkehr mit Heilmitteln vom 2. Sept. 1954 aufgehoben
werden. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.