Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 IV 312



81 IV 312

67. Urteil des Kassationshofes vom 23. September 1955 i. S. Pedrotta
gegen Bundesanwaltschaft. Regeste

    Art. 5 Abs. 1 BB Vers vom 26. April 1951 /23. März 1954 über Massnahmen
zur Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern in
unsichern Zeiten. Nach welchen Grundsätzen ist die Busse zu bemessen?

Sachverhalt

    A.- Tilone Pedrotta führte am 26. März und am 17. Mai 1954 insgesamt
rund 1630 kg Nickelanoden im Werte von ca. Fr. 14'700.-- nach Österreich
aus, obwohl er die gemäss Verfügung Nr. 1 des EVD vom 18. Juni 1951
hiefür erforderliche besondere Bewilligung nicht besass. Er verkaufte in
Wien diese Ware, für die er in der Schweiz Fr. 9.- per kg bezahlt hatte,
zum Preise von Fr. 11.50 das Kilo.

    B.- Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden verurteilte Pedrotta
am 1. April 1955 wegen Widerhandlung gegen die Vorschriften über die
Überwachung der Ausfuhr zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 5000.--.

    C.- Pedrotta führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil
sei aufzuheben und die Vorinstanz zu verhalten, ihn mit bloss Fr. 500.-- zu
büssen; eventuell sei die Busse von Fr. 5000.-- angemessen herabzusetzen.

    D.- Die Bundesanwaltschaft beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde
sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die rechtliche Qualifikation der dem Beschwerdeführer zur Last
gelegten Handlungen ist nicht streitig. Er beanstandet lediglich die Höhe
der ausgefällten Busse.

Erwägung 2

    2.- Der allgemeine Tatbestand des Bannbruches wird in Art. 76 des
Bundesgesetzes über das Zollwesen (ZG) umschrieben und ist in Art. 77 ZG
mit Busse bis zum sechsfachen Betrag des Inlandwertes der Ware bedroht. Der
Beschwerdeführer ist allerdings nicht nach Art. 76 f. ZG verurteilt
worden, sondern wegen Widerhandlung gegen den Bundesratsbeschluss
über die Überwachung der Ausfuhr lebenswichtiger Güter vom 18. Juni
1951 (BRB 1951), der sich auf den Beschluss der Bundesversammlung über
Massnahmen zur Sicherung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern
vom 26. April 1951 (BBVers 1951) stützt. Die vorsätzliche Übertretung von
Vorschriften des BRB 1951 ist in Art. 5 Abs. 1 BBVers 1951 mit schwererer
Strafe bedroht als der allgemeine Tatbestand des Bannbruches, nämlich mit
Busse bis Fr. 30'000.-- oder Gefängnis bis zu einem Jahr. Anderseits wird
in Art. 5 Abs. 1 BBVers 1951, im Gegensatz zu Art. 77 ZG, nichts gesagt
über das Verhältnis der im Einzelfall auszusprechenden Busse zum Wert
der geschmuggelten Ware. Daraus kann jedoch unmöglich abgeleitet werden,
dass der Wert der Ware bei der Festsetzung einer nach Art. 5 Abs. 1
BBVers 1951 auszufällenden Busse weniger schwer ins Gewicht falle als bei
einer Verurteilung nach Art. 76 f. ZG. Für eine solche Unterscheidung
besteht kein vernünftiger Grund. Vielmehr drängt sich der Schluss auf,
dass, wenn bei einer Verurteilung wegen des allgemeinen Tatbestandes des
Bannbruches die Busse bis zum sechsfachen Betrag des Inlandwertes der Ware
angesetzt werden darf, auch bei einer Bestrafung wegen qualifizierten
(mit schwererer Strafe bedrohten) Bannbruches im Sinne des BRB 1951 und
des BBVers 1951 dem Wert des geschmuggelten Gutes bei der Festsetzung
der Busse mindestens das gleiche Gewicht beizumessen ist.

    Die vom Beschwerdeführer ausgeführten Nickelanoden waren nach
der tatsächlichen und daher verbindlichen (Art. 277 bis Abs. 1 BStP)
Feststellung der Vorinstanz ca. Fr. 14'700.-- wert. Die gegen den
Beschwerdeführer ausgefällte Busse von Fr. 5000.-- macht demnach nicht,
wie dies erlaubt wäre (Erw. 2 Abs. 1), ein Mehrfaches, sondern bloss
einen Bruchteil des Wertes des geschmuggelten Gutes aus. Schon aus
diesem Grunde kann sie unmöglich als offenbar unvernünftig, sinnlos
hart bezeichnet werden. Nur dann läge jedoch ein bundesrechtswidriger
Ermessensmissbrauch (Art. 269 Abs. 1 BStP) vor, gegen den das Bundesgericht
angegangen werden kann.

    Von einer Ermessensüberschreitung kann aber auch deshalb keine Rede
sein, weil die Busse nur um einen verhältnismässig geringen Betrag höher
angesetzt worden ist, als der Gewinn ausmacht, den der Beschwerdeführer
nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz durch die Straftaten
erzielt hat. Nach der neueren Rechtsprechung des Kassationshofes soll
namentlich bei Zollvergehen die Busse dem Schuldigen allerwenigstens
die Früchte der Tat entziehen (BGE 76 IV 297 Erw. 3). Im vorliegenden
Falle rechtfertigte es sich umsomehr, über dieses Minimum hinauszugehen,
weil der Beschwerdeführer das Ausfuhrverbot wiederholt übertreten hat
und ein solches Verhalten eines ehemaligen Zollbediensteten besonders
verwerflich ist.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.