Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 IV 112



81 IV 112

24. Urteil des Kassationshofes vom 28. Januar 1955 i. S. Schwaller gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    1.  Art. 269 BStP. Verhältnis der Nichtigkeitsbeschwerde zur
staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1). Darf der Kassationshof die
Angemessenheit der Strafe überprüfen? (Erw. 6).

    2.  Art. 38 der Verordnung vom 22. Juni 1951 über die Verhütung von
Unfällen bei der Verwendung von Kranen und Hebezeugen und Art. 66 K U V
G stehen der Anwendung der Art. 229 und 230 StGB nicht im Wege (Erw. 2).

    3.  Art. 229 StGB. Muss der Verstoss gegen Regeln der Baukunde im
Bauwerk in Erscheinung treten? (Erw. 3).

    4.  Art. 230 StGB. Wer kann sich der Beseitigung oder Nichtanbringung
einer Sicherheitsvorrichtung schuldig machen? (Erw. 4). Adäquater
Kausalzusammenhang (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die Franz Stirnimann Baumaschinen AG vermietete dem Bauunternehmer
J. Piller im Jahre 1952 einen Turmdrehkran und liess ihn auf einem von
Piller hergestellten 22 m langen Geleise, dessen Enden vorschriftsgemäss
durch Puffer gesichert waren, auf einem Bauplatz an der Lagerstrasse in
Zürich aufrichten. Er diente dort dem Bau eines Hauses. Als dieses im
Rohbau fertig war, liess Alois Kym, der als Polier im Dienste Pillers
stand, am 8. August 1953 auf Weisung seines Vorgesetzten, des Bauführers
Emil Leimgruber, das Geleise auf 9,5 m verkürzen und die weggenommenen
Teile für die Erstellung eines Krangeleises auf einem anstossenden
Bauplatz verwenden. Das frei gewordene Ende des ersten Geleises wurde bei
diesem Anlass nur durch eine Holzschwelle gesichert, die mit Draht an die
Unterlage gebunden wurde. Der Kran diente von da an nur noch gelegentlich
zum Heben von Lasten für den Neubau. Im wesentlichen verwendete ihn die
Franz Stirnimann Baumaschinen AG im Einverständnis mit Piller, um auf
dem angrenzenden Bauplatz unter der Leitung ihres Monteurs Otto Schwaller
einen anderen Kran aufzurichten. Bei dieser Verwendung fuhr der im Dienste
Pillers stehende Kranführer Fritz Weibel am 17. August 1953 mit dem ersten
Kran gegen die behelfsmässige Sicherung. Da sie zu schwach war, geriet
der Kran auf die freischwebenden Enden der Schienen. Diese gaben nach,
und der Kran neigte sich gegen den Neubau. Er riss einen Teil des Daches
und des Baugerüstes in die Tiefe, wodurch einige sich auf dem Gerüst
befindende Arbeiter, ferner Schüler in den gegen den Hof gerichteten
Klassenzimmern des anstossenden Institutes Minerva sowie Anwohner und
vorbeigehende Personen gefährdet wurden. Verletzt wurde niemand.

    B.- Kym, Weibel und Schwaller wurden wegen fahrlässiger Gefährdung
durch Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 Abs. 2 StGB) und
Beseitigung und Nichtanbringen von Sicherheitsvorrichtungen (Art. 230
StGB) angeklagt.

    Das Bezirksgericht Zürich büsste alle drei wegen fahrlässiger
Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde.

    Auf Appellation der Verurteilten sprach das Obergericht des Kantons
Zürich am 26. März 1954 Weibel frei, verurteilte dagegen Kym und Schwaller
wegen fahrlässiger Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde
zu je Fr. 80.- Busse.

    Den Freispruch Weibels begründete es damit, dieser Angeklagte habe
dadurch, dass er die ungenügende Sicherungsvorrichtung bei Kym beanstandet
habe, getan, was ihm habe zugemutet werden können. Dass er sich im Glauben,
durch vorsichtiges Fahren die Gefahr gänzlich ausschliessen zu können,
geirrt habe, sei ihm strafrechtlich nicht anzurechnen, da technisch die
Möglichkeit durchaus bestanden habe, durch rechtzeitiges Anhalten den
Umsturz des Krans zu vermeiden.

    Dem Kym warf das Obergericht vor, er habe für das teilweise Abbrechen
der Kranbahn die Verantwortung getragen, aber trotz Kenntnis des Ungenügens
der behelfsmässigen Sicherung keine dem Art. 14 der Verordnung der Stadt
Zürich vom 1. Oktober 1943 über die Verwendung von Hebewerkzeugen im Hoch-
und Tiefbau entsprechenden Prellböcke herbeischaffen lassen, wie sie ihm
im Magazin Pillers zur Verfügung gestanden hätten. Dass ein Funktionär
der Baupolizei während des Bestehens des Provisoriums auf der Baustelle
gewesen sei und nichts beanstandet habe, entlaste ihn nicht.

    Zum Verschulden Schwallers führte das Obergericht aus: Schwaller sei
der beauftragte Fachmann für die Errichtung und den Abbruch der Krane
gewesen. Er habe die mangelhafte Sicherungsvorrichtung bemerkt, und als
Fachmann habe ihm die damit verbundene Gefahr klar sein müssen. Trotzdem
sei er mit diesem Kran sogar selber eine zeitlang gefahren. Die Einwände,
der Abbruch des Krans habe noch nicht begonnen, weshalb er für diesen
noch nicht verantwortlich gewesen sei, und die mangelhafte Sicherung
habe schon bestanden, als er auf dem Platze erschienen sei, könnten
nicht gehört werden. Art. 15 der Verordnung schreibe vor, die Montage
und Demontage der Turmdrehkrane und der zugehörigen Vorrichtungen hätten
unter fachkundiger Leitung zu erfolgen. Diese Leitung habe Schwaller
obgelegen. Mindestens vom Zeitpunkte an, da er auf den Platz gekommen
sei, den Mangel festgestellt und den Kran sogar selber bedient habe,
habe ihn eine Mitverantwortung getroffen. Er hätte den Bauführer auf die
Gefahr aufmerksam machen sollen. Auch der Einwand, er sei als Angestellter
der Vermieterin des Krans nicht zuständig gewesen, bei Piller als Mieter
vorstellig zu werden, da die Vermieterin den Abbruch des Krans noch nicht
begonnen gehabt habe und für diesen noch nicht verantwortlich gewesen
sei, entlaste ihn nicht. Er sei unbestrittenermassen für die Aufstellung
des zweiten Krans verantwortlich gewesen und habe gewusst, dass die
vorschriftsgemässe Pufferung für diesen am anderen Kran weggenommen
worden sei. Das sei eine zu diesem Kran gehörende Vorrichtung gewesen,
die gemäss Art. 15 der Verordnung nur unter fachkundiger Leitung, die
Schwaller zugekommen sei, habe demontiert werden dürfen. Schwaller sei
auch verantwortlich, weil der erste Kran für die von ihm beaufsichtigte
Errichtung des zweiten Krans verwendet worden sei. Seine Verantwortung
habe daher auch den richtigen Einsatz der für diese Arbeit verwendeten
Hilfsmittel insbesondere des ersten Krans, umfasst, auch wenn dessen
Verwendung von Piller angeordnet worden sei.

    Das Obergericht fügte bei, es käme selbst dann, wenn Art. 230 statt
Art. 229 StGB anwendbar wäre, zum gleichen Ergebnis, nämlich dass Kym
und Schwaller fahrlässig gehandelt haben, Weibel dagegen freizusprechen
sei. Eine Verurteilung auf Grund ersterer Bestimmung wäre bei gleicher
oder milderer Bestrafung keine reformatio in peius, da sich deren Verbot
nur auf die Höhe der Strafe, nicht auch auf die rechtliche Würdigung des
eingeklagten Sachverhaltes beziehe. Die Schwere des Verschuldens bliebe
sich bei Anwendung des Art. 230 StGB gleich, und im Strafmass würde sich
nichts ändern.

    C.- Schwaller führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil
sei insoweit aufzuheben, als es ihn betreffe, und die Sache sei zu seiner
Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen.

    Er macht geltend, ein Kran sei nicht ein Bauwerk, sondern eine
Maschine. Art. 229 StGB treffe daher nicht zu. Das ergebe sich auch
aus Art. 230 StGB, der die Beseitigung oder das Nichtanbringen von
Sicherheitsvorrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen unter Strafe
stelle. Dieser Artikel käme praktisch nicht mehr in Frage, wenn alles,
was sich auf einem Bauplatze befinde, als Bauwerk oder Bestandteil eines
solchen zu würdigen wäre. Die Art. 229 und 230 StGB und die Verordnung
der Stadt Zürich seien aber hier überhaupt nicht anwendbar. Für alle
gemäss Art. 60 ff. KUVG der Unfallversicherung unterstellten Betriebe,
in denen Krane benützt würden, gelte die Verordnung des Bundesrates
vom 22. Juni 1951 über die Verhütung von Unfällen bei der Verwendung
von Kranen und Hebezeugen. Art. 38 dieser Verordnung verweise auf die
Strafbestimmung des Art. 66 KUVG. Da die Verordnung Sondergesetz und
jünger sei als Art. 229 und 230 StGB, müsse das Urteil aufgehoben und
der Beschwerdeführer freigesprochen werden. Die Aufhebung sei nötig,
weil das Urteil gegen Art. 4 BV verstosse, da sich die Strafuntersuchung
willkürlich nur mit Kym, Schwaller und Weibel befasst habe, statt mit
allen in Betracht kommenden Personen. Wenn man Kym und Schwaller ein
Verschulden vorwerfen wolle, müsse ein solches auch Weibel, Leimgruber,
Piller und den Baupolizeibeamten Killer und Kaufmann vorgeworfen
werden. Den Beschwerdeführer treffe nach seiner zivilrechtlichen Stellung
keine Verantwortung. Mit der Errichtung und Übergabe des ersten Kranes im
Dezember 1952 sei die Verantwortung für diesen und für dessen Bedienung bis
zum Ende der Mietzeit auf Piller übergegangen. Weder die Franz Stirnimann
Baumaschinen AG noch der Beschwerdeführer hätten etwas mit der Verkürzung
des Geleises des ersten und der Erstellung der Bahn des zweiten Krans zu
tun gehabt. Der Beschwerdeführer habe gesehen, dass das Ende des verkürzten
Geleises nur behelfsmässig gesichert worden sei; doch sei es nicht seine
Aufgabe gewesen, der Sache nachzugehen; er habe lediglich den neuen Kran
aufzurichten gehabt. Ihn treffe kein Verschulden. Er sei nicht verpflichtet
gewesen, die Fahrbahn und die Sicherungen des alten Krans zu untersuchen
und Anweisungen zu erteilen, weil Piller sein Personal angewiesen gehabt
habe, bei der Errichtung des zweiten Krans mit dem ersten beizustehen. Für
den Zustand und die Benützbarkeit des letzteren seien Piller und dessen
Angestellte allein verantwortlich gewesen. Auch hätte der Beschwerdeführer
angesichts der zivilrechtlichen Regelung zwischen der Franz Stirnimann
Baumaschinen AG und Piller und des Verhältnisses zu seiner Arbeitgeberin
gar nicht das Recht gehabt, in Bezug auf den ersten Kran Weisungen
zu erteilen. Der Beschwerdeführer habe auch annehmen dürfen, die neue
Sicherung sei genehmigt. Jedenfalls sei es Sache des Piller und seiner
Angestellten gewesen, die Genehmigung der Baupolizei einzuholen. Übrigens
habe ja Weibel reklamiert. Der Beschwerdeführer dürfe nicht damit belastet
werden, dass Piller und dessen Angestellte der Reklamation keine Folge
gegeben haben. Er habe keine Schutzvorrichtung beseitigt, und man könne
ihm auch nicht vorwerfen, er habe eine solche vorschriftswidrig nicht
angebracht. Art. 230 StGB treffe daher nicht zu. Dass der erste Kran vom
8. bis 17. August 1953 ohne Unfall habe benützt werden können, beweise,
dass Weibel schuld und die behauptete ungenügende Sicherung für das
Ereignis nicht kausal sei. Sollte der Beschwerdeführer doch schuldig sein,
so wäre sein Verschulden gegenüber dem der anderen Personen, insbesondere
Pillers, Weibels, Kyms und Leimgrubers, äusserst geringfügig, sodass die
Busse wesentlich herabgesetzt werden müsste; eine solche von Fr. 10.-
reiche aus.

    D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde
sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nur gegen Verletzung eidgenössischen
Rechts gegeben (Art. 269 Abs. 1 BStP), mit der Einschränkung, dass die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte, soweit ihr Inhalt nicht durch die
eidgenössische Gesetzgebung näher umschrieben ist, mit staatsrechtlicher
Beschwerde zu rügen ist (Art. 269 Abs. 2 BStP, Art. 84 Abs. 2 OG). Der
Kassationshof hat daher lediglich zu prüfen, ob der Beschwerdeführer
zu Recht verurteilt worden ist, nicht auch, ob wegen des Gebots der
Rechtsgleichheit (Art. 4 BV) auch andere hätten verurteilt werden
sollen. Unbegründete Nichtverurteilung Beteiligter kann nicht zur Folge
haben, dass auch der Beschwerdeführer freizusprechen sei.

Erwägung 2

    2.- Die Verordnung des Bundesrates vom 22. Juni 1951 über die
Verhütung von Unfällen bei der Verwendung von Kranen und Hebezeugen ist
in Ausführung des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken-
und Unfallversicherung (KUVG), insbesondere seines Art. 65, erlassen
worden. Sie will durch Verhütung von Betriebsunfällen den Interessen
der obligatorischen Unfallversicherung dienen. Art. 229 und 230 StGB
dagegen schützen Leib und Leben von Menschen um ihrer selbst willen,
unabhängig von Versicherungsinteressen. Wie durch den Zweck, weicht die
Verordnung auch durch die Tatbestände, die ihr Art. 38 in Verbindung
mit Art. 66 KUVG unter Strafe stellt, von Art. 229 und 230 StGB ab. Die
Verordnung setzt nicht voraus, dass jemand an Leib oder Leben konkret
gefährdet worden sei, und strafbar macht sich gemäss Art. 66 KUVG nur,
wer die Übertretung vorsätzlich begeht. Art. 229 und 230 StGB sind
dagegen nur bei konkreter Gefährdung von Leib und Leben anwendbar,
dann aber unabhängig davon, ob die Tat vorsätzlich oder nur fahrlässig
verübt worden ist. Der Verschiedenheit der Zwecke und der Tatbestände
entspricht die Verschiedenheit der angedrohten Strafen. Art. 66 KUVG
sieht, ausgenommen für Rückfall, nur wahlweise oder kumulativ Busse bis
zu fünfhundert Franken und Gefängnis bis zu drei Monaten vor, wobei seit
der Geltung des Strafgesetzbuches gemäss dessen Art. 333 Abs. 2 statt auf
Gefängnis auf Haft zu erkennen ist. Wer der Verordnung zuwider handelt,
begeht somit eine blosse Übertretung. Die Art. 229 und 230 StGB dagegen
umschreiben Vergehen, auf denen Gefängnis von drei Tagen bis zu drei Jahren
und Busse stehen und bei deren fahrlässigen Begehung diese Strafen einzeln
oder kumulativ ausgesprochen werden können (Art. 36 Ziff. 1, 50 Abs. 2
StGB). Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, dass die Verordnung
und Art. 66 KUVG den Art. 229 und 230 StGB nicht vorgehen können.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 229 Abs. 1 StGB ist strafbar, wer vorsätzlich bei
der Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes oder eines Abbruches die
anerkannten Regeln der Baukunde ausser acht lässt und dadurch wissentlich
Leib und Leben von Mitmenschen gefährdet. Lässt der Täter die anerkannten
Regeln der Baukunde fahrlässig ausser acht, so trifft Art. 229 Abs. 2 zu.

    Der Sturz des Krans war die natürliche Folge eines beim teilweisen
Abbrechen seines Geleises begangenen Fehlers, der darin bestand, dass
die vorgeschriebenen Puffer nicht wieder angebracht, sondern durch
einen behelfsmässig befestigten Balken ersetzt wurden. Dennoch kann
dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, er habe im Sinne der
erwähnten Bestimmung bei der Leitung oder Ausführung eines "Abbruches"
anerkannte Regeln der Baukunde ausser acht gelassen. Abgesehen davon,
dass die Verkürzung des Geleises von ihm weder geleitet noch ausgeführt
wurde, ging sie ordnungsgemäss vor sich und kam es zu einem Unfalle nur,
weil der nicht abgebrochene Rest des Geleises in vorschriftswidrigem
Zustande weiterverwendet wurde. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob
unter einem "Abbruch" nur der Abbruch eines Bauwerkes zu verstehen ist -
was der Umstand, dass Regeln der "Baukunde" verletzt worden sein müssen,
nahe legt -, und ob das Geleise ein "Bauwerk" war.

    Sollte das Geleise ein Bauwerk gewesen sein, so wäre freilich seine
mangelhafte Sicherung als ein bei der Herrichtung der verkürzten Anlage
unterlaufener Verstoss gegen anerkannte Regeln der Baukunde zu würdigen.
Allein auch unter diesem Gesichtspunkt könnte der Beschwerdeführer nicht
nach Art. 229 bestraft werden, weil nicht er das verkürzte Geleise zur
Weiterverwendung hergerichtet hat oder hat herrichten lassen.

    Das verkürzte Geleise diente dem ersten Kran, mittelbar sodann der
Aufrichtung des zweiten Krans und war damit auch Hilfsmittel für die
Erstellung des Hauses, das unter Verwendung des zweiten Krans gebaut werden
sollte. Da dieses Haus ein Bauwerk ist, wäre deshalb in der Verwendung
des mit mangelhafter Sicherung versehenen Geleises selbst dann ein bei der
Ausführung eines Bauwerkes begangener Verstoss gegen anerkannte Regeln der
Baukunde zu sehen, wenn nicht auch schon der zweite Kran als Bauwerk und
seine Aufrichtung als gegen solche Regeln verstossend zu würdigen wäre;
vorausgesetzt immerhin, dass Art. 229 auch dann zutreffe, wenn der Verstoss
nicht am Bauwerk selber, sondern lediglich an den bei seiner Erstellung
verwendeten Hilfseinrichtungen (Gerüste, Maschinen usw.) in Erscheinung
tritt. Ob diese Bestimmung diesen weiten Sinn hat und der Beschwerdeführer,
weil er sich des mangelhaft gesicherten ersten Krans bedient hat, nach
ihr strafbar ist, kann indessen offen bleiben; denn jedenfalls hat er
sich nach Art. 230 StGB vergangen, dessen Anwendung dem Obergericht ohne
Verletzung eidgenössischen Rechts zur Ausfällung der gleichen Strafe hätte
Anlass geben können und, wie es ausführt, tatsächlich Anlass gegeben hätte.

Erwägung 4

    4.- Art. 230 StGB bedroht mit Strafe den, der "vorsätzlich in Fabriken
oder in andern Betrieben oder an Maschinen eine zur Verhütung von Unfällen
dienende Vorrichtung beschädigt, zerstört, beseitigt oder sonst unbrauchbar
macht oder ausser Tätigkeit setzt" (Ziff. 1 Abs. 1) oder "vorsätzlich eine
solche Vorrichtung vorschriftswidrig nicht anbringt" (Ziff. 1 Abs. 2).
Strafbar macht sich auch, wer fahrlässig handelt (Ziff. 2).

    Die von Art. 14 der Verordnung der Stadt Zürich vom 1. Oktober 1943
über die Verwendung von Hebezeugen im Hoch- und Tiefbau vorgeschriebenen
Puffer oder geeigneten Prellböcke, die an den Enden der Geleise von
Kranen angebracht werden müssen, sind Vorrichtungen, die der Verhütung von
Unfällen dienen. Waren im vorliegenden Falle bei der Erstellung der 22 m
langen Geleiseanlage vorschriftsgemäss Puffer angebracht worden, so ist
nichtsdestoweniger klar, dass sie auch nach der Verkürzung des Geleises
wieder anzubringen waren. Fragen kann sich nur, ob diese vorschriftswidrige
Unterlassung lediglich dem zum Betriebe Pillers gehörenden Personal, das
das Geleise verkürzte, oder auch dem Beschwerdeführer, der den ersten
Kran auf ihm zwecks Erstellung des zweiten Krans verkehren liess, zur
Last fällt.

    Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers lässt
sich nicht mit der Begründung verneinen, weder er noch die Franz Stirnimann
Baumaschinen AG als seine Arbeitgeberin seien zivilrechtlich verpflichtet
gewesen, das Geleise in betriebssicheren Zustand zu bringen. Art. 230
StGB auferlegt Pflichten nicht nur dem Betriebsinhaber und den ihm
gegenüber zivilrechtlich gebundenen Gehilfen. Diese Einschränkung würde
den Schutz von Leib und Leben, dem die Bestimmung dienen will, erheblich
abschwächen. Jeder, der seine Sicherheitsvorrichtung der umschriebenen Art
vorsätzlich oder fahrlässig beseitigt, macht sich strafbar, desgleichen
jeder, der eine solche vorsätzlich oder fahrlässig nicht anbringt, wenn
er nach gesetzlicher Vorschrift, nach Vertrag oder auch bloss nach den
Umständen zur Anbringung verpflichtet ist. Für den Beschwerdeführer ergab
sich eine solche Pflicht daraus, dass er den mangelhaft gesicherten Kran,
wenn auch mit Einwilligung Pillers, zu der ihm obliegenden Aufrichtung
des zweiten Krans verwenden liess.

    Auch in subjektiver Hinsicht trifft Art. 230 zu. Der Beschwerdeführer
wusste, dass das Geleise statt der vorgeschriebenen Puffer nur eine
behelfsmässige Sicherung trug. Über deren Ungenügen konnte er sich als
Fachmann bei pflichtgemässer Überlegung Rechenschaft geben. Dass eine so
liederliche Vorrichtung von der Baupolizei genehmigt worden sei, durfte
er nicht annehmen, und selbst wenn er es hätte annehmen dürfen, wäre
er nicht entschuldigt, da sein Fachwissen ausreichte, um zu erkennen,
dass sie den Vorschriften nicht entsprach. Das Mitverschulden des Kym,
der trotz der Beanstandung durch Weibel nicht für Abhilfe sorgte,
ändert an der Pflichtwidrigkeit der Unterlassung des Beschwerdeführers
nichts. Dieser hätte verlangen sollen, es seien vorschriftsgemässe
Puffer anzubringen. Wäre seinem Begehren nicht entsprochen worden,
hätte er sich weigern sollen, den Kran für die Aufrichtung des andern
zu benützen. Der Beschwerdeführer konnte sich auch Rechenschaft geben,
dass selbst die Bedienung durch einen gewissenhaften Kranführer einen
Unfall nicht ausschloss. Gerade weil es schwierig ist, einen Kran so
zuverlässig zu führen, dass er nicht über die Enden des Geleises hinaus
gerät, zumal wenn dieses nur 9 m lang ist, werden vorschriftsgemässe
Puffer verlangt. Ob Weibel den Unfall hätte verhüten können, ist deshalb
unerheblich; mit einem allfälligen Versagen musste der Beschwerdeführer
rechnen. Dass der Kran stürzen und Menschen gefährden könne, wenn er
auf die frei schwebenden Enden der Schienen geraten würde, musste der
Beschwerdeführer sich ebenfalls sagen. Der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens
ist ihm gegenüber in allen Teilen begründet.

Erwägung 5

    5.- Die Bestreitung des Kausalszusammenhanges zwischen der ungenügenden
Sicherung und dem Sturz des Krans hält nicht stand. Der Beschwerdeführer
behauptet nicht, dass der Unfall auch eingetreten wäre, wenn die Geleise
vorschriftsgemässe Puffer getragen hätten. Fuhr der Kran aber nur deshalb
über das Geleise hinaus, weil die behelfsmässige Sicherung nachgab, nicht
weil etwa Weibel mit unvoraussehbarer Wucht gegen diese angefahren wäre,
so ist sowohl der natürliche Zusammenhang zwischen der pflichtwidrigen
Unterlassung des Beschwerdeführers und der Gefährdung von Leib und Leben
anderer, als auch die Adäquanz dieses Zusammenhanges zu bejahen; gerade
weil nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die ungenügende Sicherung eines
Turmdrehkrans zu Unfällen solcher Art führen kann, schreibt die Verordnung
der Stadt Zürich Puffer oder geeignete Prellböcke vor.

Erwägung 6

    6.- Da der Kassationshof nicht Appellationsinstanz ist, hat er
die Strafe nicht nach eigenem Ermessen zu bestimmen. Er könnte die
Herabsetzung der Busse nur verfügen, wenn sie nach unzutreffenden
rechtlichen Gesichtspunkten zugemessen worden oder willkürlich hart wäre
(BGE 68 IV 21, 78 IV 72). Davon kann angesichts der schweren Gefahr für
Leib und Leben von Menschen, die der Beschwerdeführer geschaffen hat,
keine Rede sein. Eher liesse sich von übertriebener Milde sprechen.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.