Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 534



81 II 534

81. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Dezember 1955 i. S. Daetwyler
gegen Delta-Werke Zofingen

AG Regeste

    1.  Art. 706 Abs. 4 OR. Wann ist die Klage schon mit dem Sühnebegehren
angehoben? (Erw. 1).

    2.  Art. 706 Abs. 1 OR. Auslegung eines Beschlusses der
Generalversammlung (Erw. 2).

    3.  Art. 2 Abs. 2 ZGB, Art. 686 OR.

    a)  Es ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Verkäufer von Namenaktien
vor deren Übertragung auf den Käufer das Stimmrecht nach dessen Weisungen
ausübt, um eine statutarische Vinkulierungsbestimmung zu umgehen (Erw. 3).

    b)  Die Vinkulierung von Namenaktien verbietet die fiduziarische
Aktienzeichnung und die Ausübung des Stimmrechts durch den Fiduziar nach
den Weisungen des Fiduzianten nicht, wenn nicht ein Umgehungsgeschäft
vorliegt (Erw. 4).

    4.  Art. 689 Abs. 2 OR. Wer seine Aktien verkauft aber noch nicht
auf den Käufer übertragen hat, besitzt noch alle Mitgliedschaftsrechte,
inbegriffen das durch die Statuten auf die Aktionäre beschränkte Recht,
andere Aktionäre in der Ausübung des Stimmrechts zu vertreten (Erw. 5).

    5.  Art. 159 Abs. 6 OG. Wenn das Bundesgericht das kantonale Urteil
in der Hauptsache bestätigt, ist es nicht befugt, den Kostenspruch zu
überprüfen (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Das Grundkapital der Aktiengesellschaft Delta-Werke Zofingen ist in
tausend auf den Namen lautende Aktien zerlegt, die nur mit Genehmigung des
Verwaltungsrates übertragen werden können (Art. 3 Abs. 2 der Statuten). Bei
Abstimmungen und Wahlen verleiht jede Aktie eine Stimme (Art. 8 Abs. 1
der Statuten). Die Aktionäre können sich durch andere Aktionäre vertreten
lassen (Art. 8 Abs. 2 der Statuten).

    Am 14. November 1952 wurde eine ausserordentliche Generalversammlung
abgehalten. Unter den 18 teilnehmenden Aktionären mit 678 eigenen und
vertretenen Aktienstimmen befand sich der im Aktienbuch eingetragene
Theo Hertig. Er übte das Stimm- und Wahlrecht mit 142 Aktien aus, die ihm
die Ed. Geistlich Söhne A.-G. für chemische Industrie abgekauft, die er
ihr aber noch nicht übertragen und deren Übertragung der Verwaltungsrat
der Delta-Werke Zofingen A.-G. auch noch nicht zugestimmt hatte. Ausserdem
stimmte und wählte er als Bevollmächtigter des Schweizerischen Bankvereins
mit 240 Aktien, die diese Bank anlässlich der Kapitalerhöhung vom
26. August 1947 im Auftrage und auf Rechnung der Ed. Geistlich Söhne
A.-G. für chemische Industrie, aber im eigenen Namen gezeichnet und nachher
als eingetragener Aktionär ununterbrochen besessen hatte. Hertig stimmte
und wählte sowohl mit den eigenen als auch mit den von ihm vertretenen
Stimmen nach den Weisungen der Ed. Geistlich Söhne A.-G.

    Die Generalversammlung hatte für das im Jahre 1952 beginnende und
die zwei folgenden Geschäftsjahre den Verwaltungsrat zu wählen. Da der
Aktionär Werner Daetwyler die Stimm- und Wahlberechtigung Hertigs und des
Schweizerischen Bankvereins bestritt, wurde einmal mit den Stimmen aller
im Aktienbuch eingetragenen und anwesenden oder vertretenen Aktionäre
und hernach ohne die Stimmen Hertigs und des Schweizerischen Bankvereins
abgestimmt und gewählt, ohne dass ein förmlicher Beschluss darüber gefasst
worden wäre, welche Ergebnisse massgebend sein sollten.

    Die Versammlung gab mit den Stimmen Hertigs und des Schweizerischen
Bankvereins 450 und ohne sie 68 Stimmen für die Wahl eines
Verwaltungsrates von zwei Mitgliedern ab, während 208 Stimmen die Wahl
eines Verwaltungsrates von drei Mitgliedern verlangten.

    Die Wahl mit den Stimmen Hertigs und des Schweizerischen Bankvereins
ergab 641 Stimmen für Dr. Hans Studer, 485 für Paul Geistlich und 193
für Hermann Daetwyler. Ohne die Stimmen Hertigs und des Schweizerischen
Bankvereins fielen 259 Stimmen auf Dr. Studer, 103 Stimmen auf Paul
Geistlich und 193 Stimmen auf Hermann Daetwyler.

    Der Vorsitzende erklärte Dr. Studer und Paul Geistlich als gewählt. Er
fügte bei, wenn die Anfechtung der Stimmen Hertigs Erfolg haben sollte,
wäre nur Dr. Studer gewählt und würde Hermann Daetwyler das andere
Mandat zu übernehmen haben; bis zu einem gerichtlichen Entscheid habe
der mit sämtlichen Stimmen gewählte Verwaltungsrat die Geschäftsführung
zu übernehmen. Die Versammlung widersprach nicht.

    B.- Nachdem am 8. Januar 1953 auf Begehren des Hermann und des
Werner Daetwyler vor dem Friedensrichter des Kreises Zofingen ein
erfolgloser Sühneversuch abgehalten worden war, klagte Hermann Daetwyler
am 3. Juli 1953 beim Bezirksgericht Zofingen gegen die Delta-Werke Zofingen
A.-G. Nach Berichtigung der Klagebegehren beantragte Hermann Daetwyler dem
Bezirksgericht, der Beschluss der ausserordentlichen Generalversammlung vom
14. November 1952, zwei Verwaltungsratsmitglieder zu wählen, sowie die Wahl
des Paul Geistlich seien als ungültig aufzuheben und es sei festzustellen,
dass die Versammlung die Wahl von drei Verwaltungsratsmitgliedern
beschlossen und Dr. Studer sowie den Kläger gewählt habe.

    Das Bezirksgericht und auf Appellation des Klägers auch das Obergericht
des Kantons Aargau, dieses mit Urteil vom 6. Mai 1955, wiesen die Klage
entsprechend dem Antrag der Beklagten ab und verurteilten den Kläger zu den
Gerichtskosten und zum Ersatz der Parteikosten der Beklagten. Letztere
wurden vom Obergericht auf Fr. 2468.70 für das erstinstanzliche und
Fr. 876.-- für das oberinstanzliche Verfahren bestimmt.

    C.- Der Kläger führt Berufung mit den Anträgen, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und die Klage sei unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten gutzuheissen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung sei unter Kosten- und
Entschädigungsfolge abzuweisen.

    D.- Die Beklagte hat sich der Berufung mit den Anträgen angeschlossen,
die Urteilssprüche über die zu ersetzenden Parteikosten seien aufzuheben
und das Bundesgericht habe die der Beklagten auf Grund eines Streitwertes
von mehr als Fr. 150'000.-- zukommende Entschädigung nach Massgabe
des kantonalen Tarifs selber festzusetzen oder die Streitsache zur
entsprechenden Kostenfestsetzung an die kantonale Instanz zurückzuweisen,
unter Kostenfolge.

    Der Kläger beantragt, auf die Anschlussberufung sei nicht einzutreten,
eventuell sei sie abzuweisen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Einwendung der Beklagten, das Anfechtungsrecht des Klägers
sei erloschen, weil er binnen der in Art. 706 Abs. 4 OR vorgesehenen Frist
von zwei Monaten nach der Generalversammlung lediglich das Sühnebegehren
gestellt, nicht aber auch die Klage eingereicht habe, hält nicht stand. Die
Fristen, binnen denen nach Bundesrecht eine Klage bei Gefahr der Verwirkung
eingereicht werden muss, können nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung
auch durch ein Gesuch um Durchführung eines Sühneversuches eingehalten
werden, wenn ein solcher nach kantonalem Prozessrecht nötig oder zulässig
ist und nach dem Scheitern des Versuches entweder der Sühnebeamte die
Streitsache von Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten hat oder der
Kläger zur Vermeidung von Rechtsnachteilen gehalten ist, den Richter
binnen bestimmter Frist anzurufen, und er es auch tatsächlich binnen
dieser Frist tut (BGE 74 II 15 ff.). Nach aargauischem Prozessrecht hat
der Richter die Streitsache von der Hand zu weisen, wenn nicht innerhalb
der vorausgegangenen sechs Monate ein Sühneversuch stattgefunden hat
(§ 106 ZPO). Die Klage muss also binnen dieser Frist nach Abhaltung des
Sühneversuchs eingereicht werden, wenn der Kläger keinen Rechtsnachteil
erleiden will. Im vorliegenden Falle ist diese Frist eingehalten worden,
und da der Kläger das Sühnebegehren binnen zwei Monaten nach Abhaltung
der Generalversammlung gestellt hat, ist die Klagefrist des Art. 706
Abs. 4 OR gewahrt.

Erwägung 2

    2.- Die Beklagte ist der Meinung, die Berechtigung des von Hertig
im eigenen Namen und als Vertreter des Schweizerischen Bankvereins
ausgeübten Stimmrechts könne nicht gerichtlich angefochten werden, da
kein Beschluss der Generalversammlung sie bejaht habe; der Kläger hätte
hierüber eine formelle Abstimmung verlangen müssen, um nach Art. 706 OR
vorgehen zu können.

    Indessen steht fest, dass der Vorsitzende in der Generalversammlung,
von dieser nicht widersprochen, erklärt hat, Dr. Studer und Paul
Geistlich seien gewählt und hätten bis zu einem gerichtlichen Entscheid
die Geschäftsführung zu übernehmen. Dass je zweimal abgestimmt und
gewählt worden ist, kann also nur den Sinn gehabt haben, dass die
unter Mitberücksichtigung der Stimmen Hertigs und des Schweizerischen
Bankvereins ermittelten Ergebnisse massgebend seien, jedoch im Hinblick
auf die Möglichkeit gerichtlicher Anfechtung auch festgestellt werden
solle, welches der Wille der Generalversammlung wäre, wenn Hertig und
der Schweizerische Bankverein kein Stimmrecht haben sollten. Es liegen
somit anfechtbare Beschlüsse vor. Das zu bestreiten, widerspricht Treu
und Glauben, da die Beklagte die Aufgaben des Verwaltungsrates durch
Dr. Studer und Paul Geistlich erfüllen lässt und selber den Standpunkt
einnimmt, sie seien gültig gewählt.

Erwägung 3

    3.- Nach der Feststellung des Obergerichts hatte Hertig seine 142
Aktien zwar vor der Generalversammlung vom 14. November 1952 an die
Ed. Geistlich Söhne A.-G. verkauft, den Kaufvertrag aber an diesem Tage
noch nicht erfüllt. Er war somit noch Eigentümer der Aktien. Das damit
verbundene Stimmrecht kam ihm folglich noch zu; deshalb kann sich die
in der Literatur umstrittene Frage nicht stellen, ob es ihm mangels
Genehmigung der Übertragung der Aktien durch den Verwaltungsrat auch
dann noch zugestanden hätte, wenn die Übertragung vollzogen gewesen
wäre. Der Kläger bestreitet denn auch nicht, dass Hertig an sich trotz
des Verkaufs noch stimmberechtigt war. Er wirft ihm lediglich vor, er
habe Art. 3 Abs. 2 der Statuten umgangen, indem er gemäss eingegangener
Verpflichtung nach den Weisungen der Käuferin gestimmt habe, obschon der
Verkauf vom Verwaltungsrat nicht genehmigt worden sei.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteile vom 29. Juni 1948
und 22. April 1953 i.S. Werner Daetwyler gegen Hermann Daetwyler A.-G. bzw.
Delta-Werke Zo fingen A.-G.) hält diese Rüge stand. Zu Unrecht leitet
das Obergericht aus diesen Entscheiden ab, ein Aktionär könne von der
Ausübung des Stimmrechts nur ausgeschlossen werden, wenn und soweit er ohne
Zustimmung des Verwaltungsrates seine Macht in Gesellschaftsangelegenheiten
durch Erwerb weiterer Stimmen vergrössert habe. Das Bundesgericht hat die
Nichtzulassung zur Abstimmung damals damit begründet, dass die Stimmabgabe
gestützt auf eine Abmachung erfolgen sollte, die gegen die statutarischen
Vinkulierungsvorschriften verstiess und ausgesprochenes Umgehungsgeschäft
war. Ein solches liegt auch hier vor. Indem Hertig sich im Zusammenhang mit
dem Verkauf seiner Aktien verpflichtete, das Stimmrecht nach den Weisungen
der Käuferin Ed. Geistlich Söhne A.-G. auszuüben, versuchte er, dieser die
Rechtsstellung eines stimmberechtigten Aktionärs zu verschaffen, die sie
gemäss Art. 3 Abs. 2 der Statuten nur mit Zustimmung des Verwaltungsrates
hätte erlangen können. Das kann nicht zulässig sein, da sonst der Zweck
des Erfordernisses dieser Zustimmung vereitelt wäre. Die Vinkulierung
soll verhindern, dass gegen den Willen des Verwaltungsrates Dritte auf
die Gesellschaft Einfluss nehmen oder Aktionäre ihre bisherige Stellung
verstärken. Fände das Vorgehen Hertigs Rechtsschutz, so könnte jedermann
sich durch den Kauf von Aktien mit Stimmverpflichtung der Verkäufer in der
Generalversammlung entscheidenden Einfluss verschaffen, sich selber oder
ihm unterworfene Personen in den Verwaltungsrat wählen lassen und hierauf
mit Erfolg um Genehmigung der Übertragung der Aktien nachsuchen. Dieses
Vorgehen ist offenbarer Missbrauch eines Rechts und daher nicht zu schützen
(Art. 2 Abs. 2 ZGB). Die mit den Aktien Hertigs verbundenen 142 Stimmen
fallen daher für das Ergebnis der Abstimmung und Wahl vom 14. November
1952 ausser Betracht, da feststeht, dass Hertig nach den Weisungen der
Käuferin gestimmt und gewählt hat.

Erwägung 4

    4.- Der Kläger bestreitet die Gültigkeit der vom Schweizerischen
Bankverein mit Hilfe Hertigs abgegebenen 240 Stimmen zunächst mit der
Begründung, der Schweizerische Bankverein habe sich in der verdeckten
Stellung eines Bevollmächtigten der Ed. Geistlich Söhne A.-G. befunden,
die mangels Eintragung im Aktienbuch keine Mitgliedschaftsrechte
gehabt habe und daher niemanden gültig habe bevollmächtigen können. Für
Strohmann-Stimmen, wie der Schweizerische Bankverein sie habe ausüben
lassen, sei im Bereiche vinkulierter Namenaktien kein Raum.

    Der Kläger verkennt, dass die Rechte aus dem vom Schweizerischen
Bankverein gezeichneten Aktien nie der Ed. Geistlich Söhne A.-G., sondern
von Anfang an und auch noch am 14. November 1952 gültig dem Schweizerischen
Bankverein zugestanden haben und daher von einer Legitimationsübertragung
durch Vollmacht seitens der Ed. Geistlich Söhne A.-G. keine Rede sein kann.
Dass der Schweizerische Bankverein die Aktien im Auftrag und auf Rechnung
dieser Gesellschaft gezeichnet hat und besitzt, sich ihr gegenüber also
in der Stellung eines Fiduziars befindet, ändert nichts. Er hat die
Aktien ohne Widerspruch der Beklagten im eigenen Namen gezeichnet und
hat daher im Verhältnis zur Beklagten die Stellung eines vollberechtigten
Aktionärs. Weder das Gesetz noch die Statuten der Beklagten verbieten die
Zeichnung von Aktien durch einen Fiduziar. Es sind auch keine Tatsachen
behauptet, aus denen sich ergäbe, dass sie hier in Umgehung des Gesetzes
erfolgte, etwa weil die Ed. Geistlich Söhne A.-G. nicht berechtigt
gewesen wäre, selber Aktien zu zeichnen, oder sonstwie zur Erschleichung
von Stimmrechten. Hatte somit der Schweizerische Bankverein gültig alle
Rechte eines Aktionärs, inbegriffen das Stimmrecht, so trifft auch Art. 3
Abs. 2 der Statuten nicht zu. Diese Bestimmung gilt lediglich für die
Übertragung der Aktien. Eine Übertragung hat nie stattgefunden, weder
von der Ed. Geistlich Söhne A.-G. auf den Schweizerischen Bankverein
noch umgekehrt.

    Stand das fiduziarische Rechtsverhältnis zwischen diesen Firmen
den Aktienrechten des Schweizerischen Bankvereins nicht im Wege, so war
zulässig, dass er das Stimmrecht nach den Weisungen des Fiduzianten ausüben
liess. Wenn nicht ein Umgehungsgeschäft vorliegt, ist jeder Aktionär frei,
nach den Wünschen eines Dritten zu stimmen.

Erwägung 5

    5.- Der Kläger macht sodann geltend, Hertig habe den Schweizerischen
Bankverein in der Ausübung des Stimmrechts nicht vertreten können,
weil er selber nicht stimmberechtigt gewesen sei; nach Art. 8 Abs. 2
der Statuten müsse der Bevollmächtigte nicht nur Aktionär, sondern auch
stimmberechtigt sein.

    Damit unterschiebt der Kläger dieser statutarischen Bestimmung
einen Sinn, den ihr Wortlaut nicht verrät, verlangt sie doch nur,
dass der Bevollmächtigte Aktionär sei, nicht auch, dass er Stimmrecht
habe. Darauf kommt aber nichts an. Hertig hatte am 14. November 1952
noch alle Mitgliedschaftsrechte aus seinen 142 Aktien, insbesondere
auch das Stimmrecht. Lediglich die Befugnis, es in der betreffenden
Generalversammlung nach den Weisungen der Ed. Geistlich Söhne
A.-G. auszuüben, fehlte ihm, weil er damit Art. 3 Abs. 2 der Statuten
umgehen wollte.

    Es ist auch nicht zweifelhaft, dass der Schweizerische Bankverein als
Vollmachtgeber befugt war, die von der Ed. Geistlich Söhne A.-G. erhaltenen
Weisungen an den Bevollmächtigten Hertig weiterzugeben. Die 240 Stimmen
aus den Aktien des Schweizerischen Bankvereins sind daher gültig abgegeben
worden.

Erwägung 6

    6.- Die Ungültigkeit der eigenen 142 Stimmen Hertigs hat zur Folge,
dass nicht 678, sondern nur 536 Aktienstimmen gültig waren, das absolute
Mehr also 269 Stimmen erforderte. Nach Wegfall der 142 Stimmen Hertigs
haben sich für einen Verwaltungsrat von zwei Mitgliedern 308 Stimmen (450
minus 142) ausgesprochen. Da diese Zahl das absolute Mehr übersteigt, ist
ein Verwaltungsrat von zwei Mitgliedern beschlossen; für drei Mitglieder
sind nur 208 Stimmen abgegeben worden.

    In der Wahl des Verwaltungsrates hat nach Wegfall der 142 eigenen
Stimmen Hertigs Paul Geistlich 343 gültige Stimmen erhalten (485 minus
142). Gewählt ist somit Paul Geistlich, nicht der Kläger, der nur 193
Stimmen erhalten hat.

    Das Urteil des Obergerichts ist somit im Ergebnis richtig und unter
Abweisung der Berufung zu bestätigen.

Erwägung 7

    7.- Die Anschlussberufung wird damit begründet, das Obergericht
habe die Prozessentschädigung, die es der Beklagten zulasten des Klägers
zugesprochen hat, nach einem unrichtigen Streitwert berechnet.

    Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfange
eine Partei die andere für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten
zu entschädigen habe, untersteht indessen ausschliesslich dem kantonalen
Recht; die Absätze 1-5 des Art. 159 OG, auf den die Beklagte sich beruft,
gelten nur für das Verfahren vor Bundesgericht (BGE 71 II 189). Das
Bundesrecht verlangt auch nicht, dass die Kantone die Entschädigung nach
einem bundesrechtlichen Begriff des Streitwertes abstufen. Stellen sie auf
den Streitwert ab, so gehört dieser Begriff dem kantonalen Prozessrecht
an, gleichgültig, ob es ihn selbst umschreibt oder durch Verweisung auf
Bundesrecht dieses zu subsidiärem kantonalen Recht erhebt.

    Die Anwendung kantonalen Rechts aber ist auf Berufung oder
Anschlussberufung hin vom Bundesgericht nicht zu überprüfen (Art. 43 Abs. 1
und 2, 55 Abs. 1 lit. c OG). Art. 159 Abs. 6 OG schafft eine Ausnahme
nur für den Fall, dass das in der Hauptsache ergangene kantonale Urteil
durch das Bundesgericht aufgehoben oder abgeändert wird und daher der
Kostenentscheid der neuen Lage angepasst werden muss. Ausgeschlossen ist
nach ständiger Rechtsprechung die Abänderung des kantonalen Kostenspruches
bei Bestätigung des kantonalen Urteils in der Hauptsache (vgl. BGE 40
II 289, 52 II 393, 55 II 35, 71 II 190). Auf die Anschlussberufung ist
daher nicht einzutreten.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1.- Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Abteilung des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 6. Mai 1955 bestätigt.

    2.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.