Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 502



81 II 502

78. Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. November 1955 i. S. Göldlin
gegen Brunner. Regeste

    Vorkaufsrecht an einem realen Teil eines Grundstücks.  Form des
Vorkaufsvertrags (Art. 216 OR). Vormerkung eines solchen Rechts im
Grundbuch (Art. 681 ZGB). Notwendiger Vertragsinhalt. Genügende Bezeichmmg
des Grundstücksteils, auf den das Vorkaufsrecht sich bezieht? Ausübung
des Vorkaufsrechts im Falle, dass nicht bloss dieser Teil, sondern das
ganze Grundstück verkauft wird. Wie bestimmt sich in einem solchen Falle
der vom Berechtigten zu bezahlende Preis? Richterliche Zusprechung des
Eigentums an den Berechtigten?

Sachverhalt

    A.- Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 15. Januar 1948 verkaufte
Göldlin, dem damals die aneinandergrenzenden Grundstücke Parz. Nr. 459
(Willimatthof), 460 (Willimatt) und 664 in Sursee gehörten, das zuerst
genannte Grundstück an Brunner. Der Vertrag bestimmte u.a. wörtlich:

    "6.  Zu Gunsten der Parzelle Nr. 459 wird zu Lasten der Parzelle
Nr. 664 und eine südliche Parzelle (von Parz. Nr. 460) von ca. 700 m2 eine
Gewerbebeschränkung für eine öffentliche Autogarage oder Autowerkstätte
oder ein sonstiges lärmendes Gewerbe errichtet. Dieses Recht ist im
Grundbuch einzutragen.

    7.  Der Verkäufer räumt dem Käufer auf den oben bezeichneten
Parzellen Nr. 664 und von Parz. 460 (ca. 700 m2) ein Vorkaufsrecht
ein. Dieses Vorkaufsrecht ist im Grundbuch einzutragen."

    Der Kaufvertrag wurde am 17. Februar 1948 in das Grundbuch eingetragen.
Auf dem Blatt für das Grundstück Nr. 460 wurde vorgemerkt: "Vorkaufsrecht
an 700 m2 zG. Fritz Brunner ... bis 19. Januar 1958."

    B.- Am 14. Oktober 1954 verkaufte Göldlin das Grundstück Nr. 460
(Willimatt) im Umfange von 10 724 m2, das aus Wiesland und der seiner
nordöstlichen Grenze folgenden Willimattstrasse besteht, nebst dem mit
dieser Liegenschaft nicht zusammenhängenden Strassengrundstück Nr. 963 im
Ausmass von 274 m2 zu einem Gesamtpreise von Fr. 70'000.-- an Frau Lehmann,
die ihm am 12. August 1954 bereits das neben dem Willimatthof liegende,
aus 646 m2 Wiesland bestehende Grundstück Nr. 664 zu Fr. 25'000.--
abgekauft hatte. Der Kaufvertrag vom 14. Oktober 1954 erwähnt unter den
Dienstbarkeiten und Grundlasten u.a. ein "Fahrwegrecht (4,50 m Breite)
zG. Nr. 973", das beim Verkauf dieser von Nr. 460 abgetrennten Parzelle
an die Katholische Kirchgemeinde gemäss Vertrag vom 9. Februar 1954
begründet worden war, sowie das durch den Kaufvertrag vom 12. August 1954
errichtete Fahrwegrecht zugunsten von Nr. 664, und bestimmt in Ziffer 7,
dass die Käuferin (Frau Lehmann) dem Verkäufer (Göldlin) auf der verkauften
Parzelle Nr. 460 ein im Grundbuch vorzumerkendes Vorkaufsrecht für die
Dauer von zehn Jahren einräume.

    Am 23. Oktober 1954 richtete Brunner an das Grundbuchamt Sursee sowie
an Göldlin und Frau Lehmann folgendes Schreiben:

    "Mit Zuschrift vom 21. crt. teilt mir das Grundbuchamt Sursee mit,
dass die Parzelle No. 460 des Grundbuches Sursee von Herrn Göldlin an
Frau Lehmann verkauft worden ist.

    Laut Eintragung im Grundbuch habe ich auf dieser Parzelle ein
Vorkaufsrecht für 700 m2 südlich, anstossend an mein Grundstück auf
dessen Breite.

    Zu Ihrer Orientierung teile ich Ihnen mit, dass ich von diesem
Vorkaufsrecht Gebrauch mache.

    Ich ersuche Sie hievon Vormerk nehmen zu wollen. Gleichzeitig bitte ich
um Mitteilung, wann, wohin und an wen ich mein Betreffnis für fragl. 700
m2 zu vergüten habe."

    Göldlin liess Brunner antworten, er betrachte das Vor kaufsrecht als
ungültig, da es "in wesentlichen Punkten ...

    viel zu wenig bestimmt oder bestimmbar" sei.

    C.- Hierauf leitete Brunner am 9. November 1954 gegen Göldlin Klage
ein mit den Begehren:

    "1.  Der Beklagte habe dem Kläger gegen Bezahlung von Fr. 6.52 pro
m2 auf dem Grundstück Willimatt, Parzelle Nr. 460 Grundbuch Sursee, eine
Parzelle von 700 m2, gelegen südlich der Parzelle des Klägers Nr. 459,
in einer Anstosslänge von 24 m und einer Tiefe von 29.15 m zu überlassen
und ihm das Eigentum daran einzuräumen.

    2.  Der Richter habe dem Kläger an der sub 1 erwähnten Parzelle das
Eigentum zuzusprechen."

    Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage und verlangte eventuell: a)
es sei festzustellen, dass ihm "an der dem Kläger zu Eigentum übertragenen
Parzelle von 700 m2 des Grundstücks Nr. 460 ... ein Vorkaufsrecht zustehe,
welches im Grundbuch vorzumerken ist"; b) der Kläger habe ihm einen
Kaufpreis von Fr. 15.- pro m2 zu bezahlen. Das Amtsgericht Sursee hiess
die Klagebegehren und das Eventualbegehren a) des Beklagten gut. Das
Obergericht des Kantons Luzern, an das nur der Beklagte appellierte,
hat am 2. Juni 1955 "in Bestätigung des angefochtenen Urteils (mit
redaktioneller Ergänzung)" erkannt:

    "1.  Der Beklagte hat dem Kläger vom Grundstück Willimatt, Parzelle
No. 460 des Grundbuches Sursee, eine Parzelle von 700 m2 zum Preis
vo n Fr. 6.52 pro m2 zu Eigentum zu überlassen. Diese Parzelle, deren
gegenüberliegende Seiten parallel verlaufen, schliesst nordseits in ihrer
vollen Breite von 24 m an die Südseite der Liegenschaft Willimatthof,
Parzelle No. 459, an, während die östliche Längsseite fadenrichtig in
Verlängerung der Ostseite der Parzelle No. 459 entlang der Willimattstrasse
verläuft.

    2.  Das Eigentum an der unter Ziff. 1 umschriebenen Parzelle wird
hiemit dem Kläger ... zugesprochen.

    3.  Es wird festgestellt, dass auf der dem Kläger gemäss Ziff. 1 und
2 hievor zugesprochenen Parzelle ein Vorkaufsrecht des Beklagten besteht,
das im Grundbuch vorzumerken ist.

    4.  Mit den abweichenden Begehren sind die Parteien abgewiesen."

    D.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage, eventuell
Bestätigung von Ziffer 3 des obergerichtlichen Urteils und Festsetzung
des vom Kläger zu bezahlenden Kaufpreises auf Fr. 15.- pro m2.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Streitwert.)

Erwägung 2

    2.- Art. 216 OR bestimmt in Abs. 1 und 2, dass Kaufverträge, die ein
Grundstück zum Gegenstand haben, Vorverträge sowie Verträge, die ein
Kaufrecht oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen, zu ihrer
Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung bedürfen, und fügt in Abs. 3 bei,
Vorkaufsverträge seien "schon" in schriftlicher Form gültig. Damit ist
implicite gesagt, dass Vorkaufsverträge in formeller Hinsicht auch dann
gültig sind, wenn sie nicht in schriftlicher Form gemäss Art. 12 ff. OR
errichtet, sondern öffentlich beurkundet wurden, wie es im vorliegenden
Falle geschehen ist. Im übrigen trägt der öffentlich beurkundete
Kaufvertrag vom 15. Januar 1948, worin der Kläger sich das streitige
Vorkaufsrecht ausbedungen hat, die Unterschriften der Parteien. Unter
diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob mit v. TUHR /SIEGWART
(OR I 222) anzunehmen sei, die Schriftform könne immer durch öffentliche
Beurkundung ersetzt werden, oder ob die Auffassung von OSER /SCHÖNENBERGER
(N. 27 zu Art. 11 OR) den Vorzug verdiene, wonach die öffentliche
Beurrkundung unter Vorbehalt gesetzlicher Vorschriften, welche die beiden
Formen für bestimmte Fälle als gleichwertig erklären, dann nicht an
die Stelle der Schriftlichkeit im Sinne von Art. 12 ff. OR treten kann,
wenn nach kantonalem Recht die öffentliche Urkunde die Unterschriften
der Parteien nicht enthalten muss (und sie dementsprechend nicht enthält).

Erwägung 3

    3.- Nach dem Grundsatze der Vertragsfreiheit (Art. 19 OR) ist es
ohne weiteres möglich, ein Vorkaufsrecht zu vereinbaren, das sich nur auf
einen bestimmten realen Teil eines Grundstücks bezieht. Es ist aber auch
zulässig, ein solches Vorkaufsrecht gemäss Art. 681 ZGB im Grundbuch
vorzumerken, ohne vorher den in Frage stehenden Grundstücksteil als
besonderes Grundstück ins Grundbuch aufzunehmen. Sogar gewisse dingliche
Rechte, nämlich Dienstbarkeiten, die nur auf einem Teil eines Grundstücks
ruhen, können ja ohne grundbuchliche Verselbständigung dieses Teils
eingetragen werden. Um so eher muss ein persönliches Recht im Sinne von
Art. 959, das sich nur auf einen Grundstücksteil bezieht, vorgemerkt werden
können (so auch LEEMANN, 2. Aufl., N. 11 zu Art. 681 ZGB; OSTERTAG,
2. Aufl., N. 8 zu Art. 945 ZGB; Entscheid der Justizkommission des
luzernischen Obergerichts vom 17. September 1942 in Maximen IX Nr. 85;
Jahresbericht 1951 des zürcherischen Notariatsinspektorats in ZGBR 33
S. 152 Nr. 7). Die Auffassung HAABS, wonach sich die Vormerkung eines auf
einen realen Grundstücksteil begrenzten Vorkaufsrechts nur in der Weise
bewerkstelligen lässt, dass entweder das Grundstück vorher parzelliert oder
aber ein auf das ganze Grundstück bezügliches Vorkaufsrecht vorgemerkt
und dessen Ausübung durch Begründung einer persönlichen Verpflichtung
des Berechtigten auf den fraglichen Teil beschränkt wird (N. 31 zu
Art. 681 /82 ZGB), schafft unnötige Komplikationen. Der Umstand, dass
das Vorkaufsrecht im Vertrag vom 15. Januar 1948 nicht für das ganze
Grundstück Nr. 460, sondern nur für einen Teil davon stipuliert und im
Grundbuch mit dieser Beschränkung vorgemerkt wurde, macht also dieses
Recht und dessen Vormerkung keineswegs ungültig.

Erwägung 4

    4.- Bei der Begründung eines Vorkaufsrechts, das sich auf einen realen
Teil eines Grundstücks beziehen soll, bildet die Begrenzung dieses Teils
ohne Zweifel einen wesentlichen Punkt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OR. Das
Zustandekommen des Vorkaufsvertrags setzt also die Einigung hierüber
voraus. Ausserdem ist für die Gültigkeit des Vertrags notwendig, dass
die Willenserklärungen über diesen Punkt in der für den Vorkaufsvertrag
vorgeschriebenen Form zum Ausdruck gebracht worden sind (vgl. BGE 68
II 233 und dortige Zitate sowie BGE 75 II 148 und 78 II 224, wonach
bei formbedürftigen Geschäften alle objektiv und subjektiv wesentlichen
Vertragsabreden dem Formzwang unterliegen). Die Gültigkeit der streitigen
Vorkaufsklausel hängt also davon ab, ob ihr entnommen werden kann, welcher
Teil des Grundstücks Nr. 460 vom Vorkaufsrecht erfasst wird. Dabei sind die
allgemeinen Grundsätze über die Auslegung von Verträgen massgebend. Neben
dem Wortlaut der streitigen Klausel sind also auch der Zusammenhang,
in dem sie steht, sowie die weitern Verumständungen in Betracht zu ziehen.

    Ziffer 7 des Kaufvertrags vom 15. Januar 1948 nennt als Gegenstand
des Vorkaufsrechts die "oben bezeichneten Parzellen Nr. 664 und von
Parz. Nr. 460 (ca. 700 m2)." In der vorausgehenden Ziffer, auf die hier
ausdrücklich verwiesen wird, ist neben der heute nicht interessierenden
Parzelle Nr. 664 "eine südliche Parzelle (von Parz. Nr. 460) von ca. 700
m2" erwähnt. Es ist klar, dass unter dem in Ziff. 7 verwendeten Ausdruck
"Parzelle ... von Parz. Nr. 460 (ca. 700 m2)" diese "südliche" Parzelle
zu verstehen ist. Der Einwand des Beklagten, dass es nicht angehe,
zur Interpretation der Bestimmung über das Vorkaufsrecht auf eine
andere Ziffer des Kaufvertrags zurückzugreifen, ist unverständlich. Der
Vorinztanz ist auch darin beizustimmen, dass mit dieser südlichen Parzelle
von ca. 700 m2 nach den Umständen vernünftigerweise nur eine an das
vom Kläger erworbene Grundstück Nr. 459 südlich (genauer: südöstlich)
anstossende viereckige Parzelle dieses Ausmasses gemeint sein kann,
deren Nord(west)seite mit der Süd(ost)seite des Grundstücks Nr. 459
übereinstimmt, deren (Nord)ostseite in geradliniger Verlängerung der
entsprechenden Grenze des Grundstücks Nr. 459 der Willimattstrasse
folgt und deren gegenüberliegende Seiten parallel sind. Die Angabe,
dass die Parzelle "ca." 700 m2 messen soll, ist dahin auszulegen, dass
bei der Abgrenzung Bruchteile eines Quadratmeters vernachlässigt werden
dürfen. Die so bestimmte Parzelle weist, da die Grenze gegenüber dem
Grundstück Nr. 459 24 m misst, zwischen dieser und der gegenüberliegenden
Grenze einen Abstand von 29,15 m auf. Unter vernünftiger Berücksichtigung
der bestehenden Grenz- und Lageverhältnisse ausgelegt, gibt also der
Vertrag vom 15. Januar 1948 eindeutig darüber Auskunft, auf welchen Teil
des Grundstücks Nr. 460 das Vorkaufsrecht des Klägers sich bezieht. Die
Vorinstanz stellt im übrigen noch fest, dass Stadtschreiber Randegger,
der diesen Vertrag beurkundete, nach seinem Zeugnis der Auffassung war,
die 700 m2 seien "entlang der Willimattstrasse in der Breite der Parzelle
Nr. 459" zu messen, und dass "bei Abschluss des Vertrages vom 15. Januar
1948 auch für den Beklagten die Anstosslänge und der Verlauf der Ostseite
gegebene Grössen waren." Diese tatsächlichen Feststellungen bekräftigen
die schon aus den objektiven Umständen sich ergebende Auslegung.

    Der Einwand des Beklagten, dass die Vorkaufsklausel den Gegenstand
des Vorkaufsrechts nicht genügend bezeichne, ist demnach unbegründet.

Erwägung 5

    5.- Der Beklagte lässt heute mit Recht gelten, dass nicht nur
der Verkauf des in Frage stehenden Grundstücksteils, sondern auch der
Verkauf der ganzen Parzelle Nr. 460 einen Vorkaufsfall bildet. Dass der
Kaufvertrag mit Frau Lehmann hinfällig werde, wenn diese nicht die ganze
Parzelle Nr. 460 erhält, hat der Beklagte nie behauptet; offenbar mit
Grund nicht, da Frau Lehmann angesichts der Vormerkung von vornherein mit
dieser Möglichkeit rechnen musste. Es kann deshalb dahingestellt bleiben,
ob ein solcher Hinfall des Kaufvertrags das Vorkaufsrecht irgendwie zu
beeinflussen vermöchte.

Erwägung 6

    6.- Die Auffassung des Beklagten, dass mindestens für den Fall
des Verkaufs des ganzen Grundstücks Nr. 460 der Kaufpreis für die dem
Vorkaufsrecht unterliegende Parzelle als essentiale negotii in der
Vorkaufsklausel hätte festgesetzt werden müssen, ist unzutreffend. Der
Kaufpreis kann im Vorkaufsvertrag und in der Vormerkung festgesetzt werden
(sog. limitiertes Vorkaufsrecht), muss es aber nicht. Fehlt diese Angabe,
wie es im vorliegenden Falle zutrifft, so ist der Preis dem Kaufvertrag
zu entnehmen, mit dem der aus dem Vorkaufsvertrag Verpflichtete sein
Grundstück verkauft hat (vgl. Art. 681 Abs. 1 ZGB), hier also dem Vertrag
mit Frau Lehmann.

Erwägung 7

    7.- Es kann schliesslich auch keine Rede davon sein, dass die
Vorkaufsklausel einen wesentlichen Punkt nicht regle, weil darin
nicht bestimmt ist, wie die auf dem ganzen Grundstück Nr. 460
liegenden Belastungen (insbesondere Strassenbauverpflichtungen und
Wegdienstbarkeiten) zu verteilen sind. Dieser Einwand kann schon deshalb
nicht geschützt werden, weil die Ausführungen in der Berufungsschrift
über die angeblichen Strassenbaupflichten als neue Vorbringen unzulässig
sind (Art. 55 lit. c OG) und der "Bebauungsplan", den der Beklagte
im kantonalen Verfahren erwähnt hat, gemäss seiner Überschrift nur
einen "Vorschlag" für die Parzellierung der Willimatte darstellt, dem
gemäss unwidersprochener Feststellung des Amtsgerichts die behördliche
Genehmigung fehlt, und weil die Ausführungen des Beklagten über die
Wegdienstbarkeiten mangels näherer Angaben über den Verlauf der Wege nicht
genügend substantiiert sind. Hievon abgesehen musste der Vorkaufsvertrag
über die Verteilung dieser Dienstkarkeitsbelastungen keine Bestimmungen
enthalten, ja konnte dies überhaupt nicht, weil die vom Beklagten erwähnten
Wegrechte erst nach dem 15. Januar 1948 errichtet worden sind. Wenn und
soweit die zulasten des Grundstücks Nr. 460 bestellten Dienstbarkeiten
auf der Vorkaufsparzelle ruhen und dem Kläger trotz der Vormerkung des
Vorkaufsrechts entgegengehalten werden können, hat dieser sie von Gesetzes
wegen zu übernehmen. (Zum Einfluss der Teilung des belasteten Grundstücks
auf die Dienstbarkeiten vgl. Art. 744 ZGB und Art. 86 GBV, zur Wirkung der
Vormerkung persönlicher Rechte Art. 959 Abs. 2 ZGB.) Wie es sich damit
im vorliegenden Falle verhalte, kann im heutigen Verfahren, an dem die
Dienstbarkeitsberechtigten nicht teilnehmen, nicht entschieden werden.

    Ist die Vorkaufsklausel demnach gültig und stellt der Verkauf des
Grundstücks Nr. 460 an Frau Lehmann einen Vorkaufsfall dar, so hat
der Kläger, der die Ausübungserklärung rechtzeitig abgegeben hat, auf
Überlassung der beschriebenen Parzelle von ca. 700 m2 Anspruch.

Erwägung 8

    8.- Der vom Kläger zu bezahlende Preis muss sich, wie schon
gesagt, nach dem Kaufvertrag mit Frau Lehmann richten. Dabei kann,
da dieser Vertrag keinerlei Anhaltspunkte für eine andere Bewertung
der Vorkaufsparzelle bietet, nur der Durchschnittspreis pro m2 der
gesamten am 14. Oktober 1954 an Frau Lehmann verkauften Bodenfläche
massgebend sein. Der Kläger hat diesen in der Klage irrtümlich etwas
zu hoch auf (Fr. 70'000: 10 724 =) Fr. 6.52 statt auf (Fr. 70'000: 10
998 =) Fr. 6.36 berechnet, wobei ihn die kantonalen Gerichte behaftet
haben. Sollten zwischen den einzelnen Teilen des Grundstücks Nr. 460
Wertunterschiede bestehen, was vom Beklagten behauptet wird, aber
bestritten und nicht festgestellt ist, so hätte der Beklagte der Anwendung
des Durchschnittspreises dadurch vorbeugen können, dass er entweder bei
Bestellung des Vorkaufsrechts einen bestimmten Preis ausbedungen oder
(worauf das Amtsgericht hingewiesen hat) das Grundstück vor dem Verkauf
an Frau Lehmann parzelliert und die Preise für die einzelnen Teile dem
Werte gemäss abgestuft hätte. Dass dies rechtsmissbräuchlich gewesen
wäre, wie er meint, trifft wenigstens dem Grundsatze nach nicht zu. Da der
Beklagte solche Vorkehren unterlassen hat, muss er nun eben dem Kläger die
fragliche Parzelle zum Durchschnittspreis überlassen, was ihm übrigens gar
keinen Nachteil verursacht, wenn ihm Frau Lehmann den Rest zu dem um (700
x Fr. 6.52 =) Fr. 4564.-- verminderten vertraglichen Kaufpreise abnimmt. Zu
welchem Preis er die Parzelle Nr. 664 verkaufen konnte, ist unerheblich.

    Da der Kaufvertrag mit Frau Lehmann bestimmt, dass die
Wertzuwachssteuern, die Handänderungsgebühren usw. von beiden
Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen werden, muss dies mit
Bezug auf das Teilstück von 700 m2 auch für die heutigen Prozessparteien
gelten. Für die Preisbestimmung spielen diese Kosten aber keine Rolle.

Erwägung 9

    9.- Das von der Vorinstanz mit Dispositiv 2 gutgeheissene
Klagebegehren 2, mit dem die richterliche Zusprechung des Eigentums an der
Vorkaufsparzelle verlangt worden war, hat der Kläger heute im Hinblick auf
die in BGE 78 II 360 Erw. 4 erwähnte Praxis fallen gelassen. Es hätte im
übrigen auf jeden Fall deshalb nicht geschützt werden können, weil diese
Parzelle noch nicht als ein besonderes Grundstück ins Grundbuch aufgenommen
wurde und demzufolge noch einen Bestandteil der Liegenschaft Nr. 460
bildet, an dem bis zur grundbuchlichen Abtrennung kein Sondereigentum
bestehen kann. Der Richterspruch im Sinne von Art. 665 ZGB kann nur
allenfalls die dem Veräusserer obliegende Anmeldung zur Eintragung des
neuen Eigentümers, keinesfalls dagegen die Parzellierung ersetzen.

Erwägung 10

    10.- Dispositiv 3 des obergerichtlichen Urteils ist wie schon die
entsprechende Bestimmung des amtsgerichtlichen Urteils vom Kläger nicht
angefochten worden.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass Dispositiv
2 des Urteils des Obergerichtes des Kantons Luzern, I. Kammer, vom 2. Juni
1955 aufgehoben wird. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen und das
angefochtene Urteil bestätigt.