Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 413



81 II 413

64. Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. September 1955 i. S. Traxel
gegen Stalder. Regeste

    Berufung.

    1.  Streitwert (Art. 36 OG) bei Anfechtung eines Ehevertrags durch
einen Erben (Erw. 1).

    2.  Können die Gegenbemerkungen der kantonalen Behörde (Art.  56 OG)
tatsächliche Feststellungen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG enthalten?
(Erw. 5 Abs. 2.)

    Eheliches Güterrecht.

    1.  Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zu einem während der Ehe
abgeschlossenen Ehevertrag (Art. 181 Abs. 2 ZGB). Ortliche Zuständigkeit
(Erw. 3 a). Wirkungen der von einer örtlich unzuständigen Behörde erteilten
Zustimmung (Erw. 3 b).

    2.  Gütergemeinschaft. Ehevertragliche Zuweisung des ganzen
Gesamtgutes an den überlebenden Ehegatten (Art. 226 Abs. 1
ZGB). Rechtsmissbrauch? (Erw. 4.)

    3.  Aufhebung einer im Ehevertrag getroffenen Abmachung durch
Testament? (Erw. 5.)

Sachverhalt

    A.- Am 26. Juni 1945 heiratete Franz Traxel, geb. 1885, von Altdorf,
die um zehn Jahre jüngere Marie Theresia Signer. Die Eheleute Traxel-Signer
hatten ihren Wohnsitz in Flüelen. Am 12. September 1947 schlossen sie
vor einem urnerischen Notar einen Ehevertrag, mit dem sie sich dem
Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft gemäss Art. 215 ff. ZGB
unterstellten. Dieser Vertrag bestimmte u.a.:

    "5.   Da die Ehe kinderlos ist, soll das Gesamtgut nach dem Tode des
einen oder andern Ehegatten vollständig und im ganzen Umfange ungeteilt
dem überlebenden Ehegatten zukommen, sofern nicht durch eine gemeinsame
Verfügung anders bestimmt wird.

    6.  Jede Erbfolge von Verwandten des einen oder andern Gatten wird
hiemit ausgeschlossen, sofern nicht durch eine spätere gemeinsame Verfügung
anders bestimmt wird.

    7.  Die Kontrahenten nehmen davon Umgang, diesen Ehevertrag
ins Güterrechtsregister eintragen zu lassen, da gegenüber Erben der
Güterrechtsvertrag auch ohne Eintragung Rechtskraft besitzt. ZGB 248.

    8.  Es wird für diesen Vertrag die Zustimmung der zuständigen
Vormundschaftsbehörde gemäss ZGB 179 und 181 eingeholt."

    Am 6. Oktober 1947 genehmigte der Gemeinderat Flüelen als
Vormundschaftsbehörde diesen Vertrag.

    B.- Am 3. Mai 1948 starb Franz Traxel. Sein reiner Nachlass
betrug gemäss Wehrsteuer- und Wehropferinventar rund Fr. 130'000.--.
Als gesetzliche Erben hinterliess er seine Witwe und seinen Bruder
Josef Traxel.

    C.- Am 31. Juli 1951 leitete die Witwe des Erblassers, die sich
inzwischen mit Emil Stalder verheiratet hatte, beim Landgericht Uri gegen
Josef Traxel Klage ein, mit der sie u.a. die Feststellung verlangte,
dass der Ehevertrag vom 12. September 1947 rechtsgültig verurkundet sei
und dass gemäss diesem Vertrag das Gesamtgut dem überlebenden Ehegatten
gehöre und die Erbfolge von Verwandten, insbesondere des Josef Traxel,
ausgeschlossen sei. Am 24. Juni 1952 zog sie diese Klage zurück.

    D.- Am 5. November 1952 hob Josef Traxel gegen Frau Stalder-Signer
verwitwete Traxel die vorliegende Klage an mit den Rechtsbegehren:

    "1.  Es sei gerichtlich festzustellen, dass der am 12. September 1947
durch Franz Traxel mit der Beklagten als seiner Ehefrau abgeschlossene
Ehevertrag nichtig sei.

    2.  Es sei demgemäss der Kläger als an der Hinterlassenschaft seines
Bruders Franz Traxel erbberechtigt zu erklären.

    3.  Es sei die Hinterlassenschaft des genannten Franz Traxel
richterlich festzustellen und zu teilen...

    Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend, der Ehevertrag
sei nichtig, weil er in der Voraussicht des nahen Todes des Erblassers
und demgemäss nicht zur Regelung eines Rechtsverhältnisses unter
Lebenden, sondern nur zwecks Umgehung des Pflichtteilsrechts des Klägers
abgeschlossen und überdies nicht von der gemäss § 40 des urnerischen
EG zum ZGB zuständigen Vormundschaftsbehörde der Heimatgemeinde Altdorf
genehmigt worden sei. Ausserdem könne sich die Beklagte heute nicht mehr
auf die Gültigkeit des Vertrages berufen, weil sie die hierauf bezügliche
Feststellungsklage zurückgezogen habe, sodass res judicata vorliege.

    Am 4. März 1953 beschloss der Gemeinderat Altdorf auf Gesuch
der Beklagten, den Ehevertrag vom 12. September 1947 nachträglich zu
genehmigen. Der Regierungsrat des Kantons Uri trat auf die Beschwerde
des Klägers gegen diesen Beschluss mangels Aktivlegitimation des Klägers
nicht ein. Das Bundesgericht wies die staatsrechtliche Beschwerde des
Klägers gegen den regierungsrätlichen Entscheid am 14. Oktober 1953 ab.

    Am 24. November 1953 wies hierauf das Landgericht Uri die Klage vom 5.
November 1952 ab. Das Obergericht Uri hat dieses Urteil am 13. Januar
1955 bestätigt.

    E.- Gegen das obergerichtliche Urteil hat der Kläger die Berufung
an das Bundesgericht erklärt. Er erneuert damit seine Klagebegehren und
beantragt eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung
des Klagebegehrens 3. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.

    Die staatsrechtliche Beschwerde des Klägers gegen das obergerichtliche
Urteil ist am 1. Juni 1955 abgewiesen worden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Entgegen Art. 51 lit. a OG ist in der Klage nicht angegeben und in
den kantonalen Entscheiden nicht festgestellt worden, ob der Streitwert Fr.
8000.-- oder wenigstens Fr. 4000.-- erreiche. In der Berufungsschrift
macht der Kläger geltend, die Hinterlassenschaft Franz Traxels betrage
"gestützt auf die Akten und sonstigen Feststellungen (vgl. OG Urteil S. 9)"
gegen Fr. 200'000.--, was von der Gegenpartei nie bestritten worden
sei; die "streitwertmässige Zuständigkeit" des Bundesgerichts sei daher
offenbar gegeben. Demgegenüber ist festzustellen, dass die Beklagte die
Ausführungen des Klägers über die Höhe des Nachlasses in der Klageantwort
bestritten hatte, wenn auch nur "vorsorglich", und dass an der Stelle
des obergerichtlichen Urteils, auf die der Kläger hinweist, nur seine
eigene Behauptung wiedergegeben ist, wonach der Wert des Nachlasses
ca. Fr. 200'000.-- ausmacht. Indessen findet sich in den Akten das
von der Beklagten unterzeichnete Steuerinventar, laut welchem der reine
Nachlass rund Fr. 130 000.-- beträgt. Der Erbteil von 3/4, den der Kläger
auf Grund der Behauptung beansprucht, dass der Ehevertrag nichtig und das
ganze hinterlassene Vermögen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu
teilen sei, beträgt hienach rund Fr. 97'500.--. Nach Massgabe der vor der
letzten kantonalen Instanz noch streitigen Begehren übersteigt also der
Streitwert die Berufungssumme von Fr. 4000.-- und den für das mündliche
Verfahren erforderlichen Betrag von Fr. 8000.--, auch wenn man die vom
Kläger anerkannte Tatsache berücksichtigt, dass der Erbteil, der dem
Kläger bei Gutheissung der Klage zukäme, gemäss Art. 462 Abs. 2 ZGB mit
einer lebenslänglichen Nutzniessung zugusten der Beklagten belastet wäre
(Barwert der Nutzniessung der zur Zeit des Todes des Erblassers 53 Jahre
alten Beklagten bei einem Zinsfuss von 3 1/2% gemäss PICCARD, Tabelle
17, Fr. 50'470.--; Wert der streitigen nuda proprietas des Klägers also
Fr. 97'500.-- - Fr. 50'470.-- = Fr. 47 030.--).

Erwägung 2

    2.- Mit der Behauptung, dass der Streit über die Gültigkeit des
Ehevertrags vom 12. September 1947 infolge des Rückzugs der von der
heutigen Beklagten seinerzeit eingeleiteten Feststellungsklage (oben C)
als abgeurteilte Sache zu betrachten sei, will der Kläger offenbar geltend
machen, bei Beurteilung der vorliegenden Klage müsse als verbindlich
festgestellt angesehen werden, dass der streitige Vertrag ungültig
sei. Indem die Vorinstanz es ablehnte, aus dem erwähnten Klagerückzug
diesen Schluss zu ziehen, hat sie keinen Satz des Bundesrechts verletzt. Es
handelt sich hier um eine Frage des kantonalen Prozessrechts (vgl. Erw. 2
des Urteils der staatsrechtlichen Kammer vom 1. Juni 1955). In diesem Punkt
ist daher auf die Berufung, mit der gemäss Art. 43 OG nur die Verletzung
von Bundesrecht gerügt werden kann, nicht einzutreten.

Erwägung 3

    3.- Es ist unbestritten, dass beim Abschluss des streitigen Ehevertrags
die Vorschriften von Art. 181 Abs. 1 ZGB beobachtet worden sind. Dagegen
macht der Kläger geltend, dieser Vertrag sei ungültig, weil die nach
Art. 181 Abs. 2 erforderliche Zustimmung der Vormundschaftsbehörde
nicht in wirksamer Weise erteilt worden sei; die Genehmigung durch die
Vormundschaftsbehörde Flüelen sei wegen örtlicher Unzuständigkeit dieser
Behörde, die Genehmigung durch die örtlich zuständige Vormundschaftsbehörde
Altdorf deswegen unbeachtlich, weil sie erst nach dem Erbanfall an
den Kläger erteilt worden sei und den vom Bundesgericht aufgestellten
Erfordernissen nicht genügen (d.h. nicht auf einer gehörigen Prüfung der
Sache im Sinne von BGE 77 I 3 beruhen) könne. Die Genehmigung durch die
Vormundschaftsbehörde Flüelen ist jedoch mit der Vorinstanz als wirksam
zu betrachten, sodass auf die nachträgliche Genehmigung durch die Behörden
von Altdorf nichts ankommt.

    a) Art. 181 ZGB sagt nicht, welche Vormundschaftsbehörde für die
Genehmigung eines während der Ehe abgeschlossenen Ehevertrags örtlich
zuständig sei. Auch die analoge Vorschrift von Art. 177 ZGB, die in Abs. 2
und 3 die Rechtsgeschäfte unter Ehegatten betreffend das eingebrachte Gut
der Ehefrau oder das Gemeinschaftsgut und die Dritten gegenüber zugunsten
des Ehemanns eingegangenen Verpflichtungen der Ehefrau der Zustimmung
der Vormundschaftsbehörde unterwirft, schweigt sich über die örtliche
Zuständigkeit aus. Eine Vorschrift, welche diese Zuständigkeit generell
für alle nach Bundesrecht der Vormundschaftsbehörde obliegenden Geschäfte
regeln würde, ist ebenfalls nicht vorhanden. Art. 376 ZGB gilt, obwohl der
französische Text den Ausdruck "for tutélaire" verwendet, der an sich den
"Gerichtsstand" für alle den vormundschaftlichen Behörden übertragenen
Angelegenheiten bezeichnen könnte, unmittelbar nur für die Vormundschaft;
denn er stellt in Abs. 1 nach allen drei Fassungen übereinstimmend auf den
Wohnsitz der zu bevormundenden bezw. bevormundeten Person (du mineur ou
de l'interdit, del tutelato) ab und gehört zu den Vorschriften über die
allgemeine Ordnung der Vormundschaft (vgl. die Überschrift des zehnten
Titels, der zwar auch die Verbeiständung behandelt, hiefür aber eine eigene
Zuständigkeitsvorschrift aufstellt). Anderseits bezieht sich Art. 396 nach
seinem Wortlaut und seiner Stellung im Gesetz, wie soeben angedeutet,
nur auf die Beistandschaft. Aus dem Mangel einer Bestimmung, welche die
örtliche Zuständigkeit für die Fälle von Art. 181 und 177 ZGB ausdrücklich
ordnen würde, ist indessen nicht zu schliessen, dass die Regelung dieser
Frage einfach dem kantonalen Recht anheimgestellt sei. So gut wie für die
Vormundschaft und die Beistandschaft muss vielmehr auch hier mindestens
dem Grundsatze nach eine allgemeine bundesrechtliche Zuständigkeitsordnung
gelten, nicht etwa bloss eine nur im interkantonalen Verhältnis massgebende
Norm, wie sie in Art. 2 NAG, den GULDENER (Grundzüge der freiwilligen
Gerichtsbarkeit der Schweiz, S. 27 Anm. 32) in diesem Zusammenhang
anführt, gefunden werden könnte. Das fordert schon die Rechtssicherheit,
der im Falle der behördlichen Genehmigung von privaten Rechtsgeschäften
besonders grosse Bedeutung zukommt.

    Wie Art. 376 Abs. 1 ZGB, der nicht nur für die Bevormundung
(d.h. die Errichtung der Vormundschaft) gilt, sondern im Hinblick
auf die weitere französische Fassung, auf die Überschrift des zehnten
Titels und auf Art. 377 /78 ZGB auch für die Führung der Vormundschaft
gelten muss, erklärt Art. 396 ZGB, der die Zuständigkeit für die Fälle
der Beistandschaft regelt, in Abs. 1, der von der Anordnung einer
Vertretungsbeistandschaft handelt, den Wohnsitz der hilfsbedürftigen
Person als massgebend. Am Wohnsitz ist nach der Rechtsprechung zu
Art. 396 auch die im gleichen Abschnitt geordnete Beiratschaft zu
errichten (BGE 46 II 3 Erw. 2). Art. 396 Abs. 2, nach welchem die
Anordnung einer Vermögensverwaltung durch die Vormundschaftsbehörde des
Ortes erfolgt, wo das Vermögen in seinem Hauptbestandteil verwaltet
worden oder der zu vertretenden Person zugefallen ist, stellt nach
dem eben erwähnten Entscheid eine Sondervorschrift dar, die sich nur
auf die Verwaltungsbeistandschaft im Sinne von Art. 393 ZGB, nicht
etwa auch auf die Verwaltungsbeiratschaft bezieht. In der Anknüpfung
an den Wohnsitz, die hienach für die Vormundschaft, d.h. für die
zentrale Aufgabe der vormundschaftlichen Behörden, und ausserdem für
die Vertretungsbeistandschaft und die Beiratschaft vorgesehen ist, muss
das Grundprinzip der Ordnung der Zuständigkeit dieser Behörden erblickt
werden. Es wird dadurch gerechtfertigt, dass die Behörden des Wohnsitzes
in der Regel mit den massgebenden Verhältnissen am besten vertraut sind
und am raschesten handeln können. Mit dieser Auffassung steht im Einklang,
dass die Praxis annimt, für die Kinderschutzmassnahmen gemäss Art. 283 /84
ZGB sowie für den Entzug und die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt
(Art. 285-287 ZGB) seien grundsätzlich die Wohnsitzbehörden zuständig
(BGE 52 II 417 /18, 53 II 282, 56 II 346, 62 II 205 f.).

    Der für die Vormundschaft aufgestellte Art. 376 sieht von der in Abs. 1
ausgesprochenen Regel eine Ausnahme vor, indem er in Abs. 2 bestimmt,
die Kantone seien berechtigt, "für ihre im Kanton wohnenden Bürger
die vormundschaftlichen Behörden der Heimat als zuständig zu erklären,
insofern auch die Armenunterstützung ganz oder teilweise der Heimatgemeinde
obliegt." Diese Vorschrift, die nach allgemeiner Auffassung nicht nur für
die vormundschaftlichen Behörden im Sinne von Art. 361 ZGB, sondern auch
für die mit diesen vielerorts nicht identischen Entmündigungsinstanzen
gilt (EGGER, 2. Aufl., N. 23, und KAUFMANN, 2. Aufl. N. 16 /17 a zu
Art. 376 ZGB) und nach den zuletzt angeführten Entscheiden auf die
Kinderschutzmassnahmen sowie auf den Entzug und die Wiederherstellung
der elterlichen Gewalt entsprechend anwendbar ist, hat in Art. 396 ZGB
kein Gegenstück. Diese letzte Bestimmung gewährt der Heimatbehörde
in Abs. 3 lediglich die Befugnis, bei den Behörden des Wohnsitzes
Antrag zu stellen und Beschwerde zu führen (vgl. Art. 378 Abs. 1 und
2 ZGB). Für die Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft sind demnach
die Wohnsitzbehörden ohne einen Vorbehalt im Sinne von Art. 376 Abs. 2
zuständig. Diese unterschiedliche Regelung will der Tatsache Rechnung
tragen, dass die Fälle, wo eine Vormundschaft oder Massnahmen im Sinne
von Art. 283 ff. ZGB angezeigt sind, recht häufig auch die Armenbehörden
beschäftigen, wogegen ein Zusammenhang mit der Armenfürsorge in Fällen,
wo nur eine Vertretungsbeistandschaft angeordnet werden muss, in der
Regel nicht besteht oder doch viel loser ist.

    Die vormundschaftliche Genehmigung von Eheverträgen hat eher noch
seltener als die Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft derartige
Beziehungen zur Armenfürsorge. Der gesetzgeberische Grund der in Art. 376
Abs. 2 ZGB enthaltenen Ermächtigung zugunsten der Kantone mit heimatlicher
Armenfürsorge trifft also für die Genehmigung von Eheverträgen noch
weniger zu als für die Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft. Mit den
Massnahmen, die nach dem Gesagten in solchen Kantonen den Heimatbehörden
übertragen werden können, hat diese Genehmigung aber auch sonst
nicht viel gemein. Es handelt sich dabei im Unterschied zu jenen
Massnahmen nicht um eine umfassende Fürsorge, sondern wie im Falle der
Vertretungsbeistandschaft nach Art. 392 ZGB um die Interessenwahrung in
einer einzelnen Angelegenheit, die der Wohnsitzbehörde zu überlassen allein
zweckmässig ist. Den für die Vormundschaft erlassenen Art. 376 Abs. 2 auf
die Genehmigung von Eheverträgen entsprechend anzuwenden, ist also nicht
am Platze. Vielmehr muss hier wie bei der Vertretungsbeistandschaft der
allgemeine Grundsatz der wohnörtlichen Zuständigkeit vorbehaltlos gelten,
und zwar ist der Wohnsitz des Ehemannes als massgebend anzusehen (so auch
EGGER, N. 13 zu Art. 177 ZGB, hinsichtlich der Genehmigung gemäss Art. 177
Abs. 2 ZGB). Diese Lösung steht mit dem von GULDENER (aaO) zitierten
Entscheide BGE 64 II 5 nicht im Widerspruch, denn das Bundesgericht hat
dort (wie auch in BGE 77 I 1 ff.) zur Zuständigkeitsfrage nicht Stellung
genommen.

    Im vorliegenden Falle war also die Vormundschaftsbehörde Flüelen
örtlich zuständig, obwohl der Kanton Uri in § 40 des EG zum ZGB von der
in Art. 376 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Befugnis Gebrauch gemacht hat.

    b) Selbst wenn übrigens Art. 376 Abs. 2 ZGB und damit § 40 des
urnerischen EG anzuwenden und demgemäss die Vormundschaftsbehörde der
Heimatgemeinde Altdorf als zuständig anzusehen wäre, müsste die von der
Wohnsitzbehörde erteilte Genehmigung aus Gründen der Rechtssicherheit
doch als wirksam anerkannt werden (vgl.

    GULDENER aaO S. 71 und die Praxis betr. die unzuständigen Orts
errichteten Vormundschaften, Beistandschaften und Beiratschaften,
BGE 55 II 325, 58 I 290, 61 II 15 und Urteil der II. Zivilabteilung als
Staatsgerichtshof vom 28. September 1953 i.S. Zwyssig, Erw. 3 a.E.); dies
um so eher, als § 40 EG den Grundsatz, dass für die im Kanton wohnenden
Kantonsbürger der Gemeinderat der Heimatgemeinde als Vormundschaftsbehörde
zuständig ist, nicht streng durchführt, sondern in Abs. 2 bestimmt,
dass statt der Vormundschaftsbehörde der Heimatgemeinde diejenige der
Wohngemeinde des Mündels angegangen oder vom Regierungsrat zur Ausübung
der Vormundschaft angewiesen werden kann, wenn besondere Gründe es
ausnahmsweise notwendig machen. Umgekehrt wird man auch einem Ehevertrag,
der infolge eines Irrtums über die Tragweite von Art. 376 Abs. 2 ZGB und
der gestützt darauf erlassenen kantonalen Bestimmungen von der heimatlichen
statt von der wohnörtlichenVormundschaftsbehörde genehmigt worden ist,
wie es z.B. im Falle BGE 77 I 1 ff. zutraf, deswegen die Wirksamkeit nicht
absprechen können. Interessen Dritter, um derentwillen die am unrichtigen
Ort erfolgte Eintragung eines Ehevertrags in das Güterrechtsregister wohl
als unwirksam betrachtet werden müsste (GULDENER S. 73; vgl. auch IMBODEN,
Der nichtige Staatsakt, S. 116 oben), kommen bei der Genehmigung eines
Ehevertrags, der nur unter den Parteien und ihren Erben gelten soll,
nicht in Betracht.

Erwägung 4

    4.- In materieller Hinsicht zieht der Kläger angesichts der
herrschenden Praxis mit Recht nicht in Zweifel, dass die "andere
Teilung" des Gesamtgutes, welche die Ehegatten gemäss Art. 226 Abs. 1
ZGB durch Ehevertrag an die Stelle der in Art. 225 vorgesehenen Teilung
nach Hälften setzen können, unter Vorbehalt der hier nicht zutreffenden
Bestimmung von Art. 226 Abs. 2 in der Zuweisung des ganzen Gesamtguts an
den überlebenden Ehegatten bestehen kann (BGE 77 I 3 Erw. 3). Er macht
dagegen geltend, die dahingehende Vereinbarung stelle im vorliegenden
Falle einen Rechtsmissbrauch dar, weil sie in einem Zeitpunkt geschlossen
worden sei, wo mit dem täglichen oder sogar stündlichen Ableben des
Ehemanns habe gerechnet werden müssen. Er beruft sich auf das Urteil vom
11. Mai 1927 i.S. Apolloni, wo das Bundesgericht erklärt hat, es müsse als
Rechtsmissbrauch erachtet werden, "wenn zwei Ehegatten - welche sich bisher
nie veranlasst sahen, an eine vom gesetzlichen Güterstand abweichende
vertragliche Regelung auch nur zu denken - in einem Zeitpunkte, wo die
Auflösung der Gemeinschaft durch den Tod des einen Ehegatten offensichtlich
unmittelbar bevorsteht und daher eine Regelung der ökonomischen Folgen des
Gemeinschaftslebens gar nicht mehr in Frage kommt, einen andern Güterstand
vereinbaren, nur um dadurch dem überlebenden Ehegatten auf Kosten der
Pflichtteilserben des dem Tode nahen Kontrahenten mehr zuzuhalten, als
das Gesetz auf dem normalen Wege der Verfügung von Todes wegen erlaubt"
(BGE 53 II 99).

    Diese Rechtsprechung von Grund auf neu zu überprüfen, ist im
vorliegenden Falle nicht notwendig. Der Kläger behauptet selber nicht, dass
die Einrede des Rechtsmissbrauchs gegenüber ehevertraglichen Abmachungen
der in Frage stehenden Art in noch weiterm Umfange zuzulassen sei, als
es im eben zitierten Entscheide geschehen ist. In der Tat kann für die
Anwendung von Art. 2 Abs. 2 ZGB keineswegs genügen, dass die Begünstigung
des überlebenden Ehegatten der Hauptzweck des Ehevertrags war, sondern
von einem Rechtsmissbrauch kann höchstens dann die Rede sein, wenn der
eine solche Begünstigung enthaltende Vertrag unter Umständen eingegangen
wurde, die es als ausgeschlossen erscheinen liessen, dass der vertragliche
Güterstand sich noch unter Lebenden werde auswirken können, m.a.W. wenn
die Ehegatten mit dem Vertrag einzig die Begünstigung des überlebenden
Kontrahenten über das durch Verfügung von Todes wegen erreichbare Mass
hinaus bezweckten. Diese Voraussetzung ist hier nach den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz und denjenigen des Landgerichts, dessen
Erwägungen die Vorinstanz ausdrücklich bestätigt hat, nicht erfüllt. Franz
Traxel war darnach zwar schon längere Zeit vor dem Abschluss des streitigen
Vertrags (12. September 1947) schwer herzleidend. In der Zeit zwischen
dem 20. August und 3. Oktober 1947 trat eine gewisse Krise ein, die
zur Folge hatte, dass Traxel seinen Arzt nicht mehr in dessen Praxis
in Altdorf aufsuchen konnte, sondern dass dieser zu ihm kommen musste.
Bettlägerig war er aber nicht. Sein Zustand war, wie das Landgericht
feststellt, "weit davon entfernt, dass stündlich sein Ableben erwartet
worden wäre." Dr. Müller, dessen Zeugenaussage die kantonalen Gerichte
als zuverlässig beurteilen, erklärte u.a.: "Im Sommer 1947 hätte man
sagen können, dass bei Traxel noch eine Lebensdauer von einigen Jahren
möglich sei. Am letzten Monat der Behandlung (d.h. im April 1948) hätte
man dies nicht mehr sagen können, weil seine Lebensaussichten nicht mehr
günstig waren." Wenn die Prognose sich erst im April 1948 verschlechterte,
so kann die Krise vom Herbst 1947 nicht bedrohlich gewesen sein. Traxel
überlebte denn auch den Abschluss des Ehevertrags immerhin um beinahe
acht Monate, konsultierte seinen Arzt wieder in Altdorf und war bis
kurz vor seinem Tode in seinem Betriebe tätig, welche Tatsachen die
kantonalen Gerichte sehr wohl als Indizien für seinen Gesundheitszustand
zur Zeit des Vertragsabschlusses in Betracht ziehen durften. Bei dieser
Sachlage lässt sich nicht sagen, beim Abschluss des streitigen Vertrags
habe es sich für die Eheleute Traxel nicht mehr um eine Neuordnung
der güterrechtlichen Verhältnisse unter Lebenden, sondern nur noch um
die Regelung der Auseinandersetzung nach dem Tode des Ehemanns handeln
können. Die Einrede des Rechtsmissbrauchs ist daher zu Recht verworfen
worden. Die Umstände lagen im heute zu beurteilenden Falle wesentlich
anders als im Falle Apolloni, wo zur Zeit des Vertragsabschlusses mit dem
nahen Ende des schwer krank darniederliegenden Ehemanns gerechnet wurde
und der Tod dann auch bereits neun Tage später eintrat.

Erwägung 5

    5.- Der Kläger wendet gegen die Gültigkeit des streitigen
Ehevertrags schliesslich noch ein, Franz Traxel habe kurz vor seinem
Tode ein Testament errichtet, mit dem er seine Ehefrau als Universalerbin
eingesetzt habe. Das zeige, dass er sich über die Wirkungen des Ehevertrags
nicht im klaren gewesen sei. Auf jeden Fall habe er mit diesem Testament
die ehevertragliche Teilungsvorschrift hinsichtlich seines Nachlasses
aufgehoben, wozu er berechtigt gewesen sei, weil die Bestimmung des
Ehevertrags, dass eine hievon abweichende Anordnung nur durch gemeinsame
Verfügung getroffen werden könne, gemäss Art. 20 OR nichtig sei.

    Zu diesen in der Hauptsache schon im kantonalen Verfahren erhobenen
Einwendungen hat die Vorinstanz in ihrem Urteil nicht Stellung genommen. In
ihren Gegenbemerkungen zur Berufung erklärt sie, sämtliche Ausführungen
betreffend ein nach Abschluss des Ehevertrags errichtetes Testament
seien mangels Beweises nicht zu hören. Es ist zweifelhaft, ob die in
dieser nachträglichen Äusserung der Vorinstanz enthaltene tatsächliche
Feststellung als eine solche im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG behandelt
werden dürfe; denn der Kläger hatte nicht die Möglichkeit, sie in der
Berufungsschrift als offensichtlich auf Versehen beruhend zu beanstanden
(Art. 55 lit. d OG) oder geltend zu machen, sie sei unter Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustandegekommen, noch konnte er
sie mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Willkür anfechten, was nicht
ohne weiteres aussichtslos gewesen wäre, weil die Beklagte im kantonalen
Verfahren die Tatsache, dass der Erblasser nach Abschluss des Ehevertrags
noch ein Testament zu ihren Gunsten errichtet hatte, ausdrücklich zugegeben
hatte und diese Tatsache auch von der Zeugin Olga Infanger, deren Aussagen
die Vorinstanz nicht würdigte, bestätigt worden war.

    Wie es sich mit diesem (nach den Angaben der Beklagten verschwundenen)
Testament verhalte, braucht indes nicht näher abgeklärt zu werden. Auch
wenn man nämlich davon ausgeht, dass Franz Traxel kurz vor seinem
Tode noch ein Testament errichtete, mit dem er seiner Ehefrau seinen
ganzen Nachlass zuwandte, so ergibt sich daraus nicht, dass er beim
Abschluss des Ehevertrags über dessen Tragweite nicht im klaren gewesen
sei. Freilich war ein solches Testament überflüssig, wenn er ausser dem
gemäss Ehevertrag der überlebenden Ehefrau zufallenden Gesamtgut kein
Vermögen besass. Dass er gleichwohl ein solches Testament errichtete,
beweist aber höchstens, dass er sich bei diesem letzten Akt von der
Bedeutung des früher abgeschlossenen Ehevertrags nicht mehr Rechenschaft
gab. Ebensogut ist im übrigen möglich, dass er das Testament (nach dem
Sprichwort: doppelt genäht hält besser) für den Fall errichtete, dass
der Ehevertrag aus irgendeinem Grunde nicht gültig sein sollte. Den
Hinfall der streitigen Klausel des Ehevertrags konnte dieser Akt schon
deshalb nicht bewirken, weil sich eine ehevertragliche Abmachung über die
güterrechtliche Auseinandersetzung keinesfalls durch eine letztwillige
Verfügung, die sich nur auf das bei dieser Auseinandersetzung den Erben
des verstorbenen Gatten zufallende Vermögen beziehen kann, abändern lässt.

Erwägung 6

    6.- Da der Ehevertrag nach alledem noch gültig ist und der Kläger
selber nicht behauptet, dass der Erblasser nicht zum Gesamtgut gehörendes
Vermögen besessen habe, sind seine Erbansprüche gegenstandslos.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann,
und das Urteil des Obergerichtes Uri vom 13. Januar 1955 wird bestätigt.