Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 267



81 II 267

45. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Juni 1955 i. S.
Munizipalgemeinde Ferden gegen Lehner. Regeste

    Bau auf fremdem Boden. Voraussetzungen des Anspruchs auf Wegschaffung
des Materials (Art. 671 Abs. 3 ZGB) und des Anspruchs auf Zuweisung des
Grundeigentums an den Materialeigentümer (Art. 673 ZGB).

Sachverhalt

    A.- Am 22. August 1946 kaufte der Bergführer Willi Lehner, der auf
der Lauchernalp ob Wiler (Lötschental) ein Berghaus betreibt, von der
Militärverwaltung zwei auf der Berner Seite des Lötschenpasses stehende
Armeebaracken, um sie als Unterkunft für Touristen in der Nähe des
Passübergangs aufzustellen. Da die Gemeinde Ferden (Lötschental), deren
Gebiet zum Lötschenpass hinaufreicht, die Bewilligung zur Errichtung der
geplanten Hütte auf ihrem Boden am 6. Oktober 1946 verweigerte, ersuchten
Willi Lehner und sein Bruder Innozenz mit Schreiben vom 16./17. Oktober
1946 den Regierungsrat des Kantons Bern und den Regierungsstatthalter
von Frutigen, zu gestatten, dass die Baracken ca. 80 m nordöstlich des
Passübergangs auf Berner Gebiet "wie eine SAC-Hütte benutzt werden dürfen".
Unter Bezugnahme auf eine mündliche Erklärung des Regierungsstatthalters,
dass gegen die Versetzung der Baracken nichts einzuwenden sei, die Herberge
aber unter das bernische Wirtschaftsgesetz falle, baten die Brüder Lehner
die Direktion des Innern des Kantons Bern mit Schreiben vom 29. Oktober
1946 um Anerkennung des von Willi Lehner im Kanton Wallis erworbenen
Fähigkeitsausweises zur Führung eines Gastwirtschaftsbetriebes. Nach
Ablegung einer Teilprüfung erhielt Willi Lehner am 29. Mai 1947 für den
Betrieb der "Lötschberghütte" in der Zeit vom 1. Juni bis 30. September
der Jahre 1947 bis 1950 das bernische "Saisonpatent für alkoholfreien
Gastwirtschaftsbetrieb mit Beherbergungsrecht". Im Sommer 1947 wurde die
Hütte eröffnet.

    B.- In der Folge gelangten die Gemeinden Ferden und Kandersteg an die
Regierungen von Wallis und Bern, damit auf dem Lötschenpass die bisher nie
genau festgelegte Grenze, die dort zugleich Kantons- und Gemeindegrenze
ist, bereinigt werde. Die beiden Kantonsgeometer einigten sich dahin, dass
die Grenze der Wasserscheide folgen solle. Darauf wurde sie im Gelände
entsprechend abgesteckt. Nach Massgabe der so gezogenen Grenzlinie stand
die Lötschberghütte auf bernischem Gebiet. Die Vertreter der Gemeinden
Ferden und Kandersteg (die nach den Aussagen des Grundbuchgeometers Kummer
von den "direkt interessierten Herren Bellwald von Kummenalp und Rauber
von Gasterntal", d.h. von den Inhabern der am Lötschenpassweg liegenden
Wirtschaften auf Kummenalp ob Ferden und Gfällalp im Gasterntal begleitet
waren) billigten bei der Begehung vom 2. September 1948 die abgesteckte
Grenze mit Ausnahme des Abschnitts bei der Hütte. Sie verlangten, dass
die Grenze an dieser Stelle durch den von ihnen bezeichneten, auf der
bernischen Seite der Wasserscheide liegenden Punkt gezogen werde, wo nach
ihren Angaben früher ein die Grenze markierendes Kreuz gestanden hätte. Die
Geometer gaben diesem Begehren statt. Die neu abgesteckte Grenze, die von
den beteiligten Gemeindeverwaltungen und Kantonsregierungen genehmigt
wurde, wies den Standort der Hütte der Gemeinde Ferden und dem Kanton
Wallis zu.

    Die Brüder Lehner ersuchten darauf den Staatsrat des Kantons Wallis,
ihnen die Konzession für den Betrieb einer Herberge in der Lötschberghütte
zu erteilen. Unter Abweisung einer Einsprache der Gemeinde Ferden und
des Wirtes von Kummenalp erteilte ihnen der Staatsrat diese Bewilligung
für die Dauer von fünf Jahren ab 1949, "an welchem Datum die vom Kanton
Bern erteilte Konzession infolge Grenzberichtigung erlosch".

    C.- Am 9. Juli 1951 reichte die Gemeinde Ferden gegen Innozenz und
Willi Lehner Klage ein mit den Begehren, es sei festzustellen, dass der
Boden, auf dem die Baracke der Beklagten stehe, Eigentum der Gemeinde
Ferden sei, und die Beklagten seien zu verpflichten, die Baracke zu
entfernen und der Gemeinde Ferden für die widerrechtliche Benutzung
ihres Bodens Fr. 200.-- zu bezahlen. Das Entschädigungsbegehren
änderte sie in der Folge dahin ab, dass ihr für die Jahre 1947 bis
1951 je Fr. 100.-- zu zahlen seien. Nachdem Willi Lehner erklärt hatte,
dass er Alleineigentümer der streitigen Hütte sei, liess sie die Klage
gegen Innozenz Lehner fallen. Am 8. Juni 1953 stellte sie das folgende
subsidiäre Rechtsbegehren: "Es wird festgestellt: Die Gemeinde Ferden
ist Eigentümerin der fraglichen Baracke und erklärt sich bereit, hierfür
Herrn Lehner Willi gemäss Art. 672 ZGB, Ziff. 3, eine Entschädigung für
den Bau zu bezahlen."

    Willi Lehner beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage
mit dem Begehren, es sei ihm gegen eine angemessene Entschädigung an
die Gemeinde Ferden soviel vom fraglichen Boden zuzusprechen, dass
die von den Berner Behörden seinerzeit erteilte Herbergs-Konzession
ungehindert ausgeübt werden könne. Vor Kantonsgericht verdeutlichte er das
Widerklagebegehren dahin, dass ihm 200 m2 Boden und der Bau zuzusprechen
seien und dass die Entschädigung für den Boden auf Fr. 600.-- festzusetzen
sei.

    Während des Prozesses wurde die Hütte, wie im November 1953
festgestellt wurde, von unbekannten Tätern zerstört. Der Beklagte stellte
sie wieder instand.

    Mit Urteil vom 11. Januar 1955 hat das Kantonsgericht

    Wallis entschieden:

    1. Die klägerischen Rechtsbegehren werden abgewiesen.

    2. Die Widerklage wird gutgeheissen. Demnach wird erkannt:

    a) Willi Lehner wird eine Fläche von 200 m2 Boden zu Eigentum
zugesprochen, bestehend aus dem Baugrund der Hütte und dem für die
Bewirtschaftung der Herberge notwendigen Platz.

    b) Die Abgrenzung des Platzes um die Hütte herum hat nach den Angaben
des Widerklägers zu erfolgen.

    c) Der Widerkläger zahlt der Gemeinde Ferden für den m2 zugesprochenen
Bodens den Betrag von drei Franken, d.h. insgesamt sechshundert Franken.

    D.- Gegen dieses Urteil hat die Gemeinde Ferden die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, die Klage sei gutzuheissen und die
Widerklage abzuweisen; dementsprechend sei der Beklagte zu verpflichten,
die Hütte vom Territorium der Klägerin zu entfernen und für die jährliche
Benutzung ab 1947 diese mit je Fr. 100.-- zu entschädigen. Der Beklagte
schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Beim Prozess über die im kantonalen Verfahren gestellten
Rechtsbegehren, die sich auf die Bestimmungen des ZGB über das
Eigentum stützen, handelt es sich um eine vermögensrechtliche
Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von 46 OG. Die Zulässigkeit der Berufung
hängt also davon ab, ob der Streitwert nach Massgabe der Rechtsbegehren,
wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig waren, wenigstens
Fr. 4000.-- beträgt.

    Mit der Klage wurde u.a. die Feststellung verlangt, dass die Gemeinde
Ferden Eigentümerin der Lötschberghütte sei (Subsidiärbegehren vom 8. Juni
1953). Mit der Widerklage beantragte der Beklagte u.a. die Zusprechung
dieses Baues an ihn. Die Hütte ist also Gegenstand der Klage wie der
Widerklage. Auf Grund der vom Kantonsgericht eingeholten Schätzung darf
ohne weiteres angenommen werden, dass der Wert dieser Hütte Fr. 4000.--
übersteigt (vgl. unten Erw. 7). Die Berufung ist daher auf alle Fälle
zulässig.

Erwägung 2

    2.- Die Annahme der Vorinstanz, dass die streitige Hütte auf
Walliser Gebiet stehe, ist vor Bundesgericht von keiner Seite angefochten
worden. Mit Recht nicht. Die zwischen den Gemeinden Ferden und Kandersteg
und den Kantonen Wallis und Bern getroffene Vereinbarung hatte nicht
eine Gebietsabtretung, sondern die Festsetzung einer bisher nicht genau
bestimmten Grenze zum Gegenstand. Solche Verträge sind nach Art. 7 BV
zulässig. Ob die fragliche Vereinbarung von den nach kantonalem Recht
zuständigen Behörden abgeschlossen worden sei, kann das Bundesgericht
als Berufungsinstanz nicht nachprüfen. Wenn die nach Art. 7 Abs. 2
BV erforderliche Genehmigung der Bundesbehörde (d.h. des Bundesrates,
Art. 102 Ziff. 7 BV) nicht eingeholt worden sein sollte, so würde dies
an der Verbindlichkeit der Vereinbarung nichts ändern (BGE 54 I 333/34;
BURCKHARDT, Kommentar der BV, 3. Aufl., S. 76/77; FLEINER/GIACOMETTI,
Schweiz. Bundesstaatsrecht, S. 163). Ebensowenig ist in diesem Zusammenhang
die von der Vorinstanz verbindlich festgestellte Tatsache von Bedeutung,
"dass das ganze Grenzbereinigungsverfahren von Ferden und Kandersteg
einzig deshalb in Szene gesetzt wurde, um die Hütte von Willi Lehner auf
Walliser Boden im Gebiet der Gemeinde Ferden zu bringen, deren Verwaltung
nur darauf wartete, gegen Willi Lehner vorgehen zu können".

Erwägung 3

    3.- Beim Boden, auf dem die Lötschberghütte errichtet wurde, handelt
es sich unstreitig um der Kultur nicht fähiges Land. An solchem Lande
besteht nach Art. 664 Abs. 2 ZGB unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises
kein Privateigentum. Aus Art. 3 des kantonalen Gesetzes vom 17. Januar
1933 betreffend das Eigentum an öffentlichen und herrenlosen Gütern,
wonach das der Kultur nicht fähige Land im öffentlichen Eigentum der
Gemeinden steht, hat die Vorinstanz geschlossen, die Hütte stehe "auch
privatrechtlich gesehen auf Grund und Boden der Gemeinde Ferden". Sie hält
also dafür, der in Art. 664 Abs. 2 vorbehaltene Nachweis sei mit Bezug
auf das streitige Land geleistet. Diese auf der Auslegung kantonalen
Rechts beruhende Annahme kann das Bundesgericht im Berufungsverfahren
nicht überprüfen. Es hat sie vielmehr als richtig hinzunehmen. Die
Klägerin rügt also mit ihrer Berufung vergeblich, dass die Vorinstanz
den vorliegenden Rechtsstreit nach den Bestimmungen des ZGB über das
Privateigentum beurteilt hat. Diese Rüge ist um so weniger verständlich,
als sich die Klägerin in ihrer Klage vom 9. Juli 1951 selber ausdrücklich
auf ihr "zivilrechtliches Eigentum" berufen hatte.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz hat aus einer Reihe von Indizien geschlossen, der
Beklagte habe die Lötschberghütte in der Absicht errichtet, sie dauernd mit
dem Boden zu verbinden. Dabei handelt es sich um die Feststellung einer
("innern") Tatsache, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht
verbindlich ist. Hält man sich an diese Feststellung, so ist der Vorinstanz
darin beizustimmen, dass es sich bei der streitigen Hütte nicht um eine
Fahrnisbaute im Sinne von Art. 677 ZGB, sondern um eine Dauerbaute handelt,
für welche, da sie auf fremdem Boden erstellt wurde, die Bestimmungen
von Art. 671-673 ZGB gelten.

Erwägung 5

    5.- Da der Beklagte sein Material ohne den Willen der Klägerin auf
deren Boden verwendet hat, kann die Klägerin gemäss Art. 671 Abs. 3
(in Verbindung mit Abs. 2) die Wegschaffung des Materials auf Kosten des
Beklagten verlangen, wenn diese Wegschaffung "ohne unverhältnismässige
Schädigung möglich ist." Das Vorliegen dieser Bedingung ist zu verneinen,
wenn zwischen dem Interesse der Klägerin an der Entfernung der Baute und
dem Schaden, der sich daraus für den Beklagten ergäbe, ein bedeutendes
Missverhältnis besteht (BGE 40 II 343/44). Dies ist der Fall.

    a) Müsste der Beklagte seine Hütte entfernen, so würden sich
die Aufwendungen für ihre Erstellung als nutzlos erweisen. Nach der
Schätzung Rieder, auf welche die Vorinstanz abstellt, hatten allein das
Fundament-Mauerwerk und die Eckverstärkung Fr. 1560.-- gekostet. Dazu
kämen die Kosten des Abbruchs und des Wegtransports der hölzernen
Bauelemente. Darnach ist klar, dass dem Beklagten aus der Wegschaffung
der Hütte ein erheblicher Schaden entstünde.

    b) Anderseits hat die Klägerin, bei Lichte besehen, an der Beseitigung
dieser Baute kein wesentliches Interesse. Josef Rieder aus Kippel
offerierte ihr zwar mit Kaufversprechen vom 22. Oktober 1954 für einen
Bauplatz auf dem Lötschenpass Fr. 30'000.-- unter der Bedingung, dass
die Hütte des Beklagten verschwinde und dass sie (die Klägerin) in den
nächsten 100 Jahren zwischen Lötschenpass, Kummenalp und Hockensattlegi
keinen andern Bauplatz veräussere. Die Vorinstanz erklärt jedoch, dieses
"unsinnige Angebot" könne nur als "übler Witz" angesehen werden. Darin
liegt die nach der herrschenden Rechtsprechung (BGE 66 II 32, 72 II 158)
für das Bundesgericht verbindliche Feststellung, dass das Kaufversprechen
nicht ernst gemeint war und auch nicht so aufgefasst wurde. Schon deshalb
ist es nicht geeignet, ein Interesse der Klägerin am Verschwinden der
Hütte des Beklagten darzutun. Ein solches ist aber auch sonst nicht
ersichtlich. Ob auf dem felsigen Boden in der Einöde des Passübergangs
eine Hütte stehe oder nicht, kann ihr als Grundeigentümerin an und für
sich gleichgültig sein. So wenig wie durch den Bestand der Hütte wird sie
durch den Gastwirtschaftsbetrieb benachteiligt, den der Beklagte darin
führt. Ein Interesse an der Schliessung dieses Betriebs haben höchstens die
auf ihrem Gebiet ansässigen Wirte, deren private Interessen zu verfechten
sie nicht berufen ist. (Dass es dem Beklagten als Inhaber der Hütte auf dem
Lötschenpass gelingen könnte, einen erheblichen Teil des "Fremdenstroms"
über den Pass von der Kummenalp und dem Dorfe Ferden nach der Lauchernalp
abzulenken, erscheint im übrigen als wenig wahrscheinlich.) Wegen des
Betriebs der Lötschberghütte etwa einen Steuerausfall erlitten zu haben,
behauptet die Klägerin selber nicht.

    Dem bedeutenden Schaden, den der Beklagte erlitte, wenn er seine Hütte
entfernen müsste, steht also in Wirklichkeit kein oder doch jedenfalls kein
erhebliches Interesse der Klägerin am Verschwinden der Hütte gegenüber,
sodass Art. 671 Abs. 3 nicht anwendbar ist.

Erwägung 6

    6.- Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so bleibt
jenes als Bestandteil des Grundstücks (Art. 671 Abs. 1 ZGB) im Eigentum
des Grundeigentümers und hat dieser dem bauenden Materialeigentümer
dafür gemäss Art. 672 ZGB eine angemessene Entschädigung zu leisten,
deren Höhe wesentlich vom guten oder bösen Glauben des letztern abhängt
(Abs. 3). Vorbehalten bleibt jedoch der Fall, dass der Wert des Baues
offenbar den Wert des Bodens übersteigt. Wenn es sich so verhält, kann nach
Art. 673 ZGB derjenige, der sich in gutem Glauben befindet, verlangen,
dass das Eigentum an Bau und Boden gegen angemessene Entschädigung dem
Materialeigentümer zugewiesen werde.

Erwägung 7

    7.- Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz festgestellt, der Wert
des Baues übersteige den Wert des Bodens in höchstem Masse, weil die
Hütte nach der Expertise einen Wert von Fr. 19'918.-- habe, während
der Bodenwert einen halben Rappen pro m2 betrage. Diese letzte Angabe
beruht auf einem Versehen, das die Vorinstanz in ihrem Begleitschreiben
zu den Akten dahin richtiggestellt hat, dass die Schatzung auf 5 Rp. pro
m2 laute. Am Ergebnis ändert dies praktisch nichts, weil der Wert der
in Frage stehenden 200 m2 Boden auch bei diesem Ansatz nur Fr. 10.-
ausmacht. Bewertet man den Bau auf nahezu Fr. 20'000.-- und den Boden
auf nur Fr. 10.-, so ist die Annahme, dass der Wert des Baues denjenigen
des Bodens offenbar übersteige, gewiss begründet.

    Gegenüber der Festsetzung des Bauwertes auf Fr. 19'918. - wendet
die Klägerin nun freilich mit Recht ein, dass diese Zahl den Wert des
Mobiliars und Inventars und eine Position "10% Risiko und Verdienst"
einschliesst, die nicht zum Werte des Baues gehören. Auch wenn man diese
Posten ausscheidet, bleibt jedoch als reiner Bauwert ein Betrag von
ca. Fr. 14'500.--.

    Zur Schätzung des Bodenwertes hat die Vorinstanz bei der Bemessung der
vom Beklagten zu entrichtenden Entschädigung ausgeführt, hier könne nicht
auf die Expertise abgestellt werden; im Gebirge gebe es nämlich wegen der
Lawinengefahr und der Schneeverwehungen nur wenig geeignete Bauplätze,
denen auch auf grosser Höhe noch ein beachtlicher Wert als Bauplatz
zuerkannt werden müsse; zur Präzisierung seiner Begehren aufgefordert,
habe der Beklagte für den m2 drei Franken geboten; diese Entschädigung
sei angemessen. Das bedeutet, dass die Vorinstanz als wirklichen Wert des
in Frage stehenden Bodens den Betrag von drei Franken pro m2 oder Fr.
600.-- für den ganzen Bauplatz angenommen hat. Diese Bewertung ist vom
Gesichtspunkte des Bundesrechts aus nicht zu beanstanden. Die besondere
Lage des Grundstücks ist dabei berücksichtigt worden. Die übrigen von
der Klägerin geltend gemachten Momente sind nicht beachtlich. Selbst
wenn sie wegen der befürchteten Ablenkung des Touristenverkehrs an der
Unterbindung des Betriebs der Lötschberghütte durch den Beklagten ein
eigenes Interesse hätte, wäre dieses bei der Bestimmung des Bodenwertes
im Sinne von Art. 673 ZGB nicht in Anschlag zu bringen. Dass das nicht
ernst gemeinte (und übrigens nur unter der Bedingung der Einräumung eines
weitgehenden Monopols abgegebene) Kaufversprechen Rieders für die Bewertung
des streitigen Bodens nicht massgebend sein kann, versteht sich von selber.

    Nimmt man an, dass der Wert des Bodens Fr. 600.-- und der Wert des
Baues Fr. 14'500.-- ausmache, so ergibt sich immer noch ein offenbares
Überwiegen dieses letztern. Der Beklagte hat daher Anspruch auf Zuweisung
des Baugrundes, wenn er im Sinne von Art. 673 ZGB gutgläubig ist.

Erwägung 8

    8.- Die Vorinstanz hat mit Recht angenommen, dem Beklagten sei der
gute Glaube im Sinne von Art. 673 ZGB nicht nur dann zuzubilligen, wenn
er in entschuldbarem Irrtum geglaubt hatte, dass der Baugrund ihm gehöre,
sondern auch dann, wenn er nach den Umständen hatte annehmen dürfen,
dass er mit Zustimmung des Grundeigentümers baue, und dieser ihm nicht
zu erkennen gegeben hatte, dass eine Übertragung des Eigentums an ihn
ausser Betracht falle (vgl. BGE 57 II 255 Erw. 2). Dass der Beklagte
in diesem Sinne gutgläubig war, lässt sich auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nicht in Abrede stellen. Er hat den Bauplatz
nicht etwa in eigenmächtiger Weise kurzerhand in Besitz genommen. Er gab
vielmehr den Behörden des Staates Bern, der nach der für das Bundesgericht
massgebenden Auslegung des kantonalen Rechts durch die Vorinstanz in diesem
Kanton Eigentümer des nicht kultivierbaren Bodens ist, von seinem Vorhaben
Kenntnis, indem er in seinen Eingaben an den bernischen Regierungsrat und
den Regierungsstatthalter von Frutigen vom 16./17. Oktober 1946 angab,
wohin die Baracken, für deren Benützung nach Art einer SAC-Hütte er um
Bewilligung nachsuchte, zu stehen kämen. Der Regierungsstatthalter teilte
ihm gemäss Feststellung der Vorinstanz mit, dass gegen das Versetzen der
Hütte nichts einzuwenden sei, und wies ihn im übrigen lediglich auf die
Bedingungen hin, die nach dem Wirtschaftsgesetz zu erfüllen seien. Dass er
noch weitere Schritte zu tun habe, um das Recht zu erlangen, seine Pläne
auszuführen, sagte ihm keine der von ihm angegangenen Instanzen. Da es sich
um die Erstellung einer Baute auf nicht kultivierbarem Boden weitab von
menschlichen Siedlungen handelte, musste ihm nicht als selbstverständlich
erscheinen, dass eine förmliche Abtretung des Bodens an ihn nötig sei. Es
wurde ihm auch nicht etwa zur Kenntnis gebracht, dass eine Übertragung
des Grundeigentums an ihn nicht in Betracht komme, sondern dass er sich
mit einer blossen Gebrauchserlaubnis begnügen müsse. Dass er den Baugrund
noch zu erwerben habe, erfuhr er nach den tatsächlichen Annahmen der
Vorinstanz erst nach Fertigstellung der Hütte (d.h. nach Ende Juni 1947),
jedenfalls aber erst nach Baubeginn. Diese mala fides superveniens konnte
ihm nach BGE 57 II 257 nicht schaden. Endlich ist auch der Einwand der
Klägerin nicht zu hören, der Beklagte habe, weil die Grenze nicht ganz
bestimmt gewesen sei, damit rechnen müssen, dass er auf dem Gebiet der
Klägerin baue, von der er gewusst habe, dass sie sich seinen Plänen mit
allen Mitteln widersetze. Der von ihm gewählte Bauplatz liegt auf der
Berner Seite der Wasserscheide. Die Berner Behörden, an die er sich wandte,
betrachteten sich deshalb als zuständig. In dem auf Betreiben der Gemeinden
Ferden und Kandersteg eingeleiteten Grenzbereinigungsverfahren einigten
sich die technischen Organe der beiden Kantone dahin, dass die Grenze
der Wasserscheide folgen solle. Erst auf Drängen der Gemeindevertreter,
die nach den von der Vorinstanz als glaubwürdig beurteilten Aussagen des
Zeugen Dr. Caviezel klar zu erkennen gaben, dass es ihnen darum ging,
die Zugehörigkeit des Hüttenplatzes zum Gebiet der Gemeinde Ferden
feststellen zu lassen, fanden sich die Geometer gemäss tatsächlicher
Feststellung der Vorinstanz bereit, die Grenze in deutlicher Abweichung von
der Wasserscheide so zu ziehen, dass der Standort der Hütte der Gemeinde
Ferden zugewiesen wurde. Nach der vorinstanzlichen Beweiswürdigung kann
"nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit gesagt werden, die Grenze halte
sich an den Standort des alten, heute verschwundenen Kreuzes", von dem
bei der Begehung vom 2. September 1948 die Rede war. Daher lässt sich die
Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass die Geometer gegenüber den
Wünschen der Gemeindevertreter allzu willfährig waren. Auf jeden Fall
aber kann bei den gegebenen Umständen dem Beklagten kein Vorwurf daraus
gemacht werden, dass er nicht damit rechnete, dass der Boden, auf dem er
die Hütte errichtete, im Gebiet der Gemeinde Ferden liegen könnte.

    Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 673 ZGB sind demnach
erfüllt. Mit Bezug auf den Umfang und die Regelung der Abgrenzung der
an den Beklagten abzutretenden Bodenfläche und die Höhe der dafür
zu leistenden Entschädigung ist das Urteil der Vorinstanz nicht
angefochten. Dispositiv 2 dieses Urteils ist daher zu bestätigen.

Erwägung 9

    9.- Aus der Gutheissung der Widerklage folgt nicht ohne weiteres,
dass die mit der Hauptklage gestellten Begehren abgewiesen werden mussten;
denn bis zur Übereignung (die erst erfolgen kann, wenn die abzutretende
Fläche abgegrenzt ist) sind der Boden, auf dem die Hütte steht, und diese
selber Eigentum der Klägerin. Die Berufungsschrift enthält jedoch keine
Ausführungen zur Begründung der Klagebegehren. Soweit die Berufung auf
deren Schutz abzielt, ist also darauf nicht einzutreten (BGE 72 II 6
Erw. 3, 77 II 343 Erw. 3). Praktisch hätte im übrigen die Klägerin an
der urteilsmässigen Feststellung, dass sie bis zum Vollzug des Urteils
über die Widerklage Eigentümerin von Boden und Bau sei, kaum ein Interesse.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes
Wallis vom 11. Januar 1955 bestätigt.