Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 22



81 II 22

4. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Februar 1955
i.S. Aubry gegen Schuler. Regeste

    1.  Formalien der Berufung: Ist es zulässig, das Verhältnis von Haupt-
und Eventualantrag, wie sie in kantonaler Instanz gestellt waren, vor
Bundesgericht umzukehren? Erw. 2.

    2.  Unverjährbarer Anspruch auf Feststellung, dass ein rechtswirksames
Vermächtnis gar nicht vorliege. Erw. 4.

    3.  Genügendes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung. Erw. 5.

    4.  Der Erblasser muss den Vermächtnisnehmer selber genau
bezeichnen. Erw. 6.

    5.  Zum Begriff der Auflage nach Art. 482 ZGB. Erw. 7.

    6.  Zuwendungen mit Zweckbestimmung an eine Mehrheit von Personen
insgesamt: Voraussetzungen zur Annahme einer gültigen Zuwendung solcher
Art, so dass sie nach Art. 539 Abs. 2 ZGB als Stiftung gelten kann. Erw. 8.

Sachverhalt

    A.- Der am 4. August 1949 verstorbene Witwer Carl Martin Jung
in Erlenbach (Zürich) hinterliess keine leiblichen Nachkommen. Seine
Adoptivtochter Agnes Marie Jung ist zwar erbberechtigt, jedoch ohne
Pflichtteilsanspruch. Sie hat aus nun geschiedener Ehe einen am 5. Februar
1945 geborenen Sohn, den Kläger Karl Albert Aubry.

    B.- Der Erblasser hatte am 20. Juli 1949 ein eigenhändiges Testament
errichtet und darin verschiedene Vermächtnisse, unter anderem zugunsten
der Adoptivtochter und seiner vier Schwestern, ausgesetzt. In Ziff. 7
bestimmte er, der Rest seines Vermögens falle an den Kläger. In Ziff. 8
ernannte er den Beklagten zum Willensvollstrecker.

    Die Ziff. 2 und 3 des Testamentes lauten:

    "2. Zehntausend Franken sind für meine Schwester Marie, z.Z. in Wil,
St. Gallen, zu reservieren, wovon jedes Jahr die Zinsen und achthundert
Franken vom Kapital für die Schwester aufzuwenden sind. Der bei ihrem
Ableben eventuell noch vorhandene Rest dieser zehntausend Franken soll
unter die noch lebenden Schwestern gleichmässig verteilt werden. Überlebt
meine Schwester alle andern Schwestern, so soll der noch vorhandene Rest
ihres Vermögens zur Heranbildung von katholischen Priesteramtskandidaten
verwendet werden. Das Nähere bestimmt der Testamentsvollstrecker.

    3. Es ist mein Wunsch, dass der Testamentsvollstrecker zum Vormund oder
Beistand von Karl Albert Aubry ernannt wird, falls er einmal einen solchen
brauchen sollte. Aus dem Ertrag, ev. auch aus dem Erlös meiner Liegenschaft
(mit den darauf lastenden Verpflichtungen) samt Haus in Erlenbach kann
der Testamentsvollstrecker dem Sohn meiner Adoptivtochter, Karl Albert
Aubry, eine gute römischkatholische Erziehung angedeihen lassen. Der
Testamentsvollstrecker ist befugt, Beiträge zu dessen beruflicher
Ausbildung zu verabfolgen und ihn nach Gutdünken auch anderweitig zu
unterstützen. Es ist dem Testamentsvollstrecker anheimgestellt, den
Rest des Vermögens dem mündig gewordenen Karl Albert Aubry zu Eigentum
und persönlicher Verwaltung zu übergeben oder im nachstehenden Sinne
zu verfügen: stirbt der Bedachte Karl Aubry oder kann der von mir
gewünschte Zweck (eine gute katholische Erziehung) für Karl Albert
Aubry nicht erreicht werden, so verfügt der Testamentsvollstrecker über
den noch vorhandenen Vermögensteil zur Heranbildung von katholischen
Priesteramtskandidaten."

    C.- Das Testament wurde der Mutter des Klägers am 13.  September 1949
zur Kenntnis gebracht. Am 3. August 1951 ernannte die Vormundschaftsbehörde
der Stadt Zürich einen Rechtsanwalt zum Beistand des Klägers mit
dem Auftrag, das Testament "wegen Rechtswidrigkeit und nicht genau
bestimmter Erbeinsetzung" anzufechten. Das geschah mit einer am 10.
August 1951 beim Friedensrichteramt Erlenbach und am 22. gl. Mts. beim
Bezirksgericht Meilen gegen den Willensvollstrecker angehobenen Klage,
mit folgenden Rechtsbegehren:

    "1. Das Testament sei wegen Testierunfähigkeit des Erblassers im
Zeitpunkt der Erstellung (20. Juli 1949) als ungültig zu erklären.

    2. Eventuell: Die Bestimmung des Testamentes, die die Ausrichtung
von Leistungen an den Kläger davon abhängig macht, dass er eine gute
römisch-katholische Erziehung, bzw. eine gute katholische Erziehung erhält
(Ziffer 3 des Testamentes) sei als ungültig und nicht erfolgt zu erklären.

    3. Eventuell: Die Bestimmungen des Testamentes (Ziffer 2 und 3 des
Testamentes), die den Testamentsvollstrecker ermächtigen, Nachlassaktiven
"zur Heranbildung von katholischen Priesteramtskandidaten" zu verwenden,
seien als ungültig und nicht erfolgt zu erklären und es sei deren
Einhaltung dem Beklagten ausdrücklich zu untersagen."

    Am Tage vor dem Vermittlungsvorstand hatte der Beklagte eine Stiftung
mit Sitz in Altdorf errichtet, der er den damals noch vorhandenen, aus
dem Verkaufserlös der in Ziff. 3 des Testamentes erwähnten Liegenschaft
stammenden Rest des Nachlasses widmete.

    D.- Nach Durchführung des Beweisverfahrens liess der Kläger das
Klagebegehren 1 fallen. Zur Begründung der übrigen Begehren machte er
geltend, die Bedingung, an die das Testament in Ziff. 3 die Ausrichtung
von Leistungen an ihn knüpfe, verletze die Gewissensfreiheit und sei
daher unsittlich (Begehren 2); sodann ermangle das in Ziff. 2 wie auch in
Ziff. 3 des Testamentes zugunsten von Priesteramtskandidaten ausgesetzte
Vermächtnis der erforderlichen bestimmten Angabe der bedachten Personen
(Begehren 3).

    E.- Nach Abweisung der vom Beklagten vorweg erhobenen Einreden der
fehlenden Passivlegitimation und der Verjährung erklärte das Bezirksgericht
die in Ziff. 3 des Testamentes enthaltene Bedingung als unsittlich
und daher die ganze Ziff. 3 als ungültig. Das Obergericht des Kantons
Zürich, an das der Beklagte appellierte, verneinte dagegen mit Urteil
vom 10. Juni 1954 die vom Bezirksgericht angenommene Unsittlichkeit und
hielt das zugunsten von Priesteramtskandidaten ausgesetzte Vermächtnis
als zu Recht bestehend. Es wies daher die Klage ab. Dabei stehe nur
noch Ziff. 3 des Testamentes im Streit, da das Bezirksgericht sich zur
Anfechtung von Ziff. 2 nicht ausgesprochen und der Kläger weder Haupt-
noch Anschlussappellation eingelegt habe.

    F.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des
Klägers mit folgenden Anträgen:

    "I. Die Bestimmung des Testamentes in Ziffer 3, wonach der
Testamentsvollstrecker ermächtigt ist, Nachlassaktiven zur Heranbildung
von katholischen Priesteramtskandidaten zu verwenden, sei als ungültig
und nicht erfolgt zu erklären und es sei deren Einhaltung dem Beklagten
ausdrücklich zu untersagen.

    II. Die Bestimmung des Testamentes in Ziffer 3, die die Ausrichtung
von Leistungen an den Kläger davon abhängig macht, dass er eine gute
katholische Erziehung erhält, sei als ungültig und nicht erfolgt zu
erklären (Eventualantrag)."

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Streitwert).

Erwägung 2

    2.- Der Kläger hat seine Anträge nicht in einer nach Art. 55 Abs. 1
lit. b OG unzulässigen Weise geändert. Die Anträge der Berufung sind
dieselben, die er in kantonaler Instanz als Begehren 2 und 3 gestellt
hatte. Das letztere Begehren ist wie schon vor Obergericht auf Ziff. 3
des Testamentes eingeschränkt. Im übrigen hat er nur die Reihenfolge
der beiden Begehren geändert und das frühere Eventualbegehren 3 nun
zum Hauptbegehren I der Berufung erhoben. Ob eine derartige Umstellung
allgemein zulässig sei, kann dahingestellt bleiben. Sie ist jedenfalls
dann nicht zu beanstanden, wenn beide Begehren, wie es hier zutrifft,
auf Herbeiführung des nämlichen Rechtserfolges abzielen und sich nur
auf verschiedene Rechtsgründe stützen. Mit beiden Begehren erhebt der
Kläger unbedingten Anspruch auf die in Ziff. 3 des Testamentes erwähnten
Vermögenswerte. Indem er erklärt, nach Ziff. 7 des Testamentes falle dieser
Rest des Nachlasses bei Gutheissung der Klage "automatisch" an ihn (Ziff. 2
der Vorbemerkungen in der Berufungsschrift), gibt er der Meinung Ausdruck,
die in Ziff. 3 des Testamentes vorgesehene Befristung bis zu seiner
Mündigkeit sei nur im Hinblick auf die alternativ verfügte Verwendung
für Priesteramtskandidaten erfolgt und falle bei Rechtsunwirksamkeit der
letztern Verfügung dahin. Der Beklagte, der hiezu "keine Bemerkungen"
anbringen zu wollen erklärt (Ziff. II der Berufungsantwort), scheint diese
Ansicht zu teilen. Sie trifft in der Tat zu, denn die erwähnte Befristung
steht offensichtlich im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Vermächtnis
zugunsten von Priesteramtskandidaten. Bei dieser Sachlage haben die
Begehren auch im Nebenpunkt der Befristung die gleiche Tragweite. Sie
sind somit, wie das Obergericht zutreffend bemerkt, gleichgeordnet. Die
Änderung der Reihenfolge steht daher im Belieben des Klägers.

Erwägung 3

    3.- (Passivlegitimation).

Erwägung 4

    4.- Die vom Beklagten gestützt auf Art. 521 ZGB erhobene
Verjährungseinrede ist vom Bezirksgericht in erster Linie deshalb verworfen
worden, weil zwischen dem Kläger und seiner Mutter, der Inhaberin der
elterlichen Gewalt, eine Interessenkollision bestanden und daher die
Verjährung erst mit der Ernennung eines Beistandes für das Kind begonnen
habe. Das Obergericht hat die Klage materiell abgewiesen und dabei die
Verjährungsfrage offen gelassen. Was das heutige Hauptbegehren betrifft,
so unterliegt es gar nicht der Verjährung. Es geht auf Feststellung des
Nichtbestehens eines dem gesetzlichen Begriff entsprechenden Vermächtnisses
überhaupt. Damit beruft sich der Kläger auf keinen der in Art. 519 ZGB
vorgesehenen Ungültigkeitsgründe. Er macht einen Mangel der Verfügung
geltend, der diese (gemäss den in BGE 68 II 165 ff. ausgesprochenen
Grundsätzen) als schlechthin rechtsunwirksam erscheinen lasse. Trifft
dies zu, liegt also eine ihrem Inhalte nach als Vermächtnis taugliche
Verfügung von vornherein nicht vor, so bedarf es zur Beseitigung der in
Frage stehenden Testamentsklausel in der Tat keiner Ungültigkeitsklage,
die der Verjährung unterläge. Vielmehr hat man es in diesem Falle mit
einer testamentarischen Anordnung ohne jede Rechtswirkung zu tun. Um dies
gerichtlich klarstellen zu lassen, genügt eine Feststellungsklage, die
jederzeit angehoben werden kann, also unverjährbar ist (TUOR, 2. Auflage,
N. 12 der Vorbemerkungen zu den Art. 519-521 ZGB).

Erwägung 5

    5.- Aus dem Gesagten ergibt sich auch, dass der Kläger ein
schutzwürdiges Interesse an der verlangten Feststellung im Sinne von BGE
77 II 344 ff. hat. Wird das Begehren zugesprochen, so ist damit gesagt,
dass der Beklagte nicht befugt sei, das in Ziff. 3 des Testamentes genannte
Vermögen anders als zum Vorteil des Klägers zu verwenden. Das Obergericht
hat denn auch, indem es auf die Klage eintrat, die Voraussetzungen eines
solchen Begehrens stillschweigend bejaht. Das Feststellungsinteresse
des Klägers wird nicht etwa durch die Möglichkeit einer Leistungsklage
ausgeschlossen. Denn im Zeitpunkt der Klageeinreichung kannte der Kläger
den ihm bei grundsätzlicher Richtigkeit seines Standpunktes zukommenden
Betrag des Nachlassvermögens noch nicht. Der Beklagte hat erst am
19. Januar 1953, anderthalb Jahre nach Prozessbeginn, über den von ihm
verwalteten Nachlass Rechnung abgelegt. Übrigens kommt der Feststellnng
der Rechtswirksamkeit oder -unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung
eine erhebliche selbständige Bedeutung zu. Es ist daher fraglich, ob
der Kläger nicht sogar dann eine solche Feststellung hätte verlangen
können, wenn er von Anfang an in der Lage gewesen wäre, daneben ein
Leistungsbegehren zu stellen.

Erwägung 6

    6.- In der Sache selbst folgt die Richtigkeit des vom Kläger
eingenommenen Standpunktes unwiderleglich aus dem in BGE 68 II 165/6
dargelegten Grundsatz, dass der Erblasser die mit einem Vermächtnis
bedachten Personen selbst zu bezeichnen hat und deren Individualisierung
keinem Dritten überlassen kann. Andernfalls liegt kein Vermächtnis
im Sinne des Gesetzes vor. So verhält es sich im vorliegenden Falle,
wo der Erblasser es gänzlich dem Belieben des Willensvollstreckers
anheimgestellt hat, welchen Priesteramtskandidaten er Leistungen
aus dem Nachlass zukommen lassen will. Die Gründe, aus denen das
Obergericht vom erwähnten Präjudiz abgehen zu sollen glaubt, sind nicht
durchschlagend. Ohne sich mit dessen Erwägungen auseinanderzusetzen,
lässt es sich von der Überlegung leiten, es gebe Fälle, in denen
sich das hier vom Erblasser gewählte Vorgehen aufdränge, sei es, dass
die Institution, der er ein Vermächtnis ausrichten wolle, noch nicht
bestehe, sei es, dass er sich im Ungewissen darüber befinde, welche
der verschiedenen Institutionen seinem Willen am besten entspreche. Auf
derartige Bedürfnisse nimmt jedoch das geltende Gesetz dadurch Rücksicht,
dass es dem Erblasser die Befugnis einräumt, durch letztwillige Verfügung
eine Stiftung zu errichten. Wenn der Erblasser die Personen nicht kennt,
die er (nach bestimmten ihnen anhaftenden Eigenschaften) bedenken will,
oder wenn ihm jedenfalls an der Individualität dieser Personen weniger als
an den Eigenschaften liegt, um deren willen er sie bedenken will, so kennt
er doch jedenfalls den Zweck, den er zu fördern wünscht. Das genügt zur
Errichtung einer Stiftung. Ist er aber sogar über den Zweck im Unklaren,
so fehlt es an einem eindeutigen Willen, wie er für eine letztwillige
Verfügung unerlässlich ist. Das Obergericht räumt übrigens zutreffend
ein, es sei, wie gerade der vorliegende Fall zeige, mitunter gefährlich,
Entschliessungen von der Tragweite der Bezeichnung des Vermächtnisnehmers
einem Dritten zu überlassen. In der Tat besteht bei einem Vermächtnis
dieser Art keine Gewähr dafür, dass der Dritte den wirklichen Absichten
des Erblassers gemäss verfahre. Diese Absichten lassen sich eben gar nicht
in zuverlässiger Weise eindeutig ermitteln. Der Dritte könnte im Ergebnis
tun, was er will. Einem als "Vermächtnisnehmer" auftretenden Kläger würde
es in der Regel schwer fallen darzutun, dass er zum Kreis der bedachten
Personen gehöre. Ist dieser Kreis im Testament in unbestimmter Weise
begrenzt, so könnte jener nur darauf klagen, dass der Dritte sein Wahlrecht
ausübe, wobei ungewiss wäre, ob dies zugunsten des betreffenden Klägers
geschähe. An der erwähnten, eingehend begründeten Rechtsprechung, die
Schutz vor missbräuchlicher Handhabung solcher Testamentsklauseln bietet,
indem sie ihnen die Rechtswirksamkeit versagt, ist daher festzuhalten.

    Übrigens vermöchte ein allgemein zugunsten katholischer
Priesteramtskandidaten ausgesetztes Vermächtnis auch vor § 2151 des
deutschen BGB nicht standzuhalten, der dem Erblasser freistellt,
"Mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise (zu) bedenken, dass der
Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den Mehreren
das Vermächtnis erhalten soll". Denn diese Bestimmung erlaubt nicht die
Zuwendung eines Vermächtnisses an einen unbeschränkten Kreis von Personen,
vielmehr hat der Erblasser die "Mehreren" genau und bestimmt anzugeben
(vgl. STAUDINGER, BGB, 9. Aufl. V S. 592). Diesem Erfordernis würde die
vorliegende letztwillige Verfügung nicht genügen.

Erwägung 7

    7.- Der Beklagte nimmt heute hauptsächlich den Standpunkt ein, die
ihm am Schlusse von Ziff. 3 des Testamentes alternativ anheimgegebene
Verwendung des Restes des Liegenschaftserlöses zur Heranbildung von
Priesteramtskandidaten sei richtigerweise als Auflage zu betrachten. Als
solche sei sie aber genügend klar umschrieben, denn eine Auflage könne
nach allgemeiner Auffassung auch in Leistungen an einen mehr oder weniger
weit umgrenzten Personenkreis bestehen.

    Gegenüber dieser vor Obergericht noch nicht geltend gemachten
Rechtskonstruktion erhebt sich in erster Linie das Bedenken, dass dem
Willensvollstrecker in der verwirrlichen Folge unbestimmter Anordnungen,
wie sie die Ziff. 3 des Testamentes enthält, überhaupt nichts in
entschiedener Weise aufgegeben ist. Er "kann" den Liegenschaftsertrag oder
-erlös vorerst dazu verwenden, dem Kläger eine gut katholische Erziehung
angedeihen zu lassen, ist also dazu nicht verpflichtet. Ferner ist er bloss
"befugt", aus diesen Mitteln an die berufliche Ausbildung des Klägers etwas
beizutragen oder ihn "nach Gutdünken" anderweitig zu unterstützen. Auch
die Verwendung des Restes des Vermögens ist dem Willensvollstrecker
"anheimgestellt". Freilich bejaht das Obergericht in dieser Hinsicht
das Vorliegen einer bestimmten Anordnung: Zwar sei es in das Ermessen
des Willensvollstreckers gestellt, ob er den Restbetrag des Vermögens
dereinst dem mündig gewordenen Kläger übergeben oder zur Heranbildung von
Priestern verwenden wolle; das eine oder andere aber müsse er tun. Indessen
ist nicht einmal dies klar ausgesprochen. Ferner läge darin wiederum eine
unzulässigerweise einem Dritten überlassene Verfügung über den Nachlass,
ganz abgesehen davon, dass der Willensvollstrecker die religiöse Erziehung
des Klägers vernachlässigen und damit eine Ausrichtung des Restbetrages
an ihn untunlich machen könnte.

    Auf alle Fälle liegt schon begrifflich keine Auflage vor, weil die
(allfällige) Verwendung des Restvermögens für Priesteramtskandidaten
nach Ziff. 3 des Testamentes Sache des Willensvollstreckers wäre,
also keinem Erben oder Vermächtnisnehmer aufgetragen ist. Nun gibt
es aber im Erbrecht ausser den mit einer Erbeinsetzung oder einem
Vermächtnis verbundenen Auflagen, worauf sich Art. 482 ZGB bezieht,
nur noch sog. selbständige Auflagen zu Lasten eines gesetzlichen Erben
(BGE 76 II 207; TUOR, 2. Aufl., N. 8 zu Art. 482 ZGB). Was dagegen einem
Willensvollstrecker aufgetragen ist, kann niemals Auflage sein, denn
der Willensvollstrecker hat keine eigenen Vermögensrechte am Nachlass,
sondern, wie ein Erbschafts- oder auch etwa ein Konkursverwalter, nur
Machtbefugnisse in bezug auf dieses ihm fremde Vermögen (vgl. v. TUHR,
Allg. Teil des OR, § 3, III). Somit wären die Priesteramtskandidaten
(oder ein mit ihrer Heranbildung befasstes Institut) als Empfänger von
Nachlasswerten im Sinne von Ziff. 3 des Testamentes nach der Absicht des
Erblassers direkte Erwerber dieser Werte, also Vermächtnisnehmer. Da aber
der Willensvollstrecker die in diesem Sinne Bedachten erst zu bestimmen
hätte, liegt, wie dargetan, ein rechtswirksames Vermächtnis nicht vor.

    Dem Beklagten kann nicht etwa neben der Rolle eines
Willensvollstreckers diejenige eines (mit Auflagen belasteten)
Vermächtnisnehmers zuerkannt werden. Er lehnt dies denn auch selber ab,
und Ziff. 3 des Testamentes weiss in der Tat nur von Verrichtungen des
Willensvollstreckers. Ferner lässt sich auch bei freiester Auslegung
dieser Testamentsbestimmung keine Auflage zulasten des Klägers als
des eingesetzten Erben annehmen. Er soll ja den Rest des Vermögens
allenfalls statt der Priesteramtskandidaten bekommen, nicht etwas an
diese auszurichten haben.

Erwägung 8

    8.- Endlich lässt sich die in die Hand des Willensvollstreckers
gelegte, in ihren Voraussetzungen unklar umschriebene allfällige
Verwendung des Restvermögens für die "Heranbildung von katholischen
Priesteramtskandidaten" auch nicht gemäss Art. 539 Abs. 2 ZGB aufrecht
erhalten. Auch unter diesem Gesichtspunkte bedürfte der Zweck einer
näheren Umgrenzung. Denn das in Frage kommende Restvermögen kann nicht
zu solcher Verwendung auf dem ganzen Erdkreise bestimmt sein. Nun ist
aber im Testamente der engere Kreis von Begünstigten in keiner Weise
umgrenzt, weder nach der Herkunft der Kandidaten, noch nach dem Ort
ihrer Studien, noch in anderer Weise. Das wäre aber grundsätzlich Sache
des Erblassers gewesen. Es ist auch nicht die Rede davon, dass ihm die
Förderung eines bestimmten Seminars am Herzen gelegen hätte, so dass sich
der Testamentswille dementsprechend auslegen liesse. Davon abgesehen
fehlt es aber auch an der letztwilligen Widmung einer bestimmten Summe
zu diesem Zweck. Einmal ist die Verfügung über den Liegenschaftserlös
für die Zeit bis zur Mündigkeit des Klägers ganz dem Willensvollstrecker
anheimgegeben. Ob beim Eintritt der Mündigkeit des Klägers etwas übrig
bleibt, würde somit von den ins Ermessen des Willensvollstreckers
gelegten Massnahmen abhängen. Aber auch für jenen Zeitpunkt ist nichts
Bestimmtes verfügt, sondern wiederum eine Willensentschliessung
des Willensvollstreckers vorgesehen. Da nach dem Testamente diesem
überlassen wäre, das Vermögen dem Kläger zu übergeben oder zugunsten von
Priesteramtskandidaten (nach seiner Wahl) zu verwenden, kann Art. 539
Abs. 2 ZGB nicht Platz greifen. Der Erblasser hat eben, statt selbst das
hiefür Nötige zu verfügen, die Verfügung einem Dritten anheimgegeben,
also an die Stelle seines Willens, der allein massgebend wäre, den Willen
des Dritten treten lassen.

Erwägung 9

    9.- Das führt zur Gutheissung des Hauptbegehrens der Berufung in dem
Sinne, dass die angefochtene Testamentsbestimmung als rechtsunwirksam
(statt ungenau als "ungültig und nicht erfolgt") zu bezeichnen ist. Für
das ferner verlangte Verbot an den Willensvollstrecker gibt der Kläger
keine Begründung; darauf kann somit nicht eingetreten werden.

Erwägung 10

    10.- Als unterliegende Partei ist der Beklagte für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig. Ob er
die ihm daraus erwachsenden Aufwendungen dem Nachlass, den er verwaltet,
entnehmen oder bei der Überweisung des Nachlasses an den Kläger verrechnen
darf, ist im vorliegenden Prozess nicht zu entscheiden. Das wird auch
das Obergericht bei der ihm obliegenden neuen Kostenentscheidung zu
beachten haben.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird, soweit darauf eingetreten wird, gutgeheissen
und unter Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom
10. Juni 1954 festgestellt, dass die dem Beklagten gemäss Ziff. 3 der
von Carl Martin Jung am 20. Juli 1949 errichteten letztwilligen Verfügung
eingeräumte Befugnis zur Verwendung von Nachlassvermögen zur Heranbildung
von Priesteramtskandidaten keinerlei Rechtswirkung hat.