Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 II 178



81 II 178

31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Mai 1955
i.S. Eheleute Drechsel. Regeste

    Internationales Privatrecht; Nebenfolgen der Ehescheidung.

    Die Nebenfolgen einer in der Schweiz auf Klage eines schweizerischen
Ehegatten ausgesprochenen Scheidung, insbesondere die Elternrechte,
sind vom Scheidungsgericht nach schweizerischem Recht zu beurteilen,
auch wenn der beklagte Ehegatte Ausländer ist.

Sachverhalt

    Bei der Scheidung der Ehe zwischen dem Beklagten, der deutscher
Staatsangehöriger ist, und der Klägerin, die auf Grund von Art. 58 des
Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29.
September 1952 wieder in das Schweizerbürgerrecht aufgenommen wurde,
ordnet das Bundesgericht die Elternrechte in Übereinstimmung mit der
Vorinstanz nach schweizerischem Recht (Art. 156 ZGB).

Auszug aus den Erwägungen:

                           Begründung:

    Die Wirkungen einer in der Schweiz ausgesprochenen Scheidung,
insbesondere auch die Nebenfolgen, bestimmen sich grundsätzlich nach
schweizerischem Recht, selbst wenn beide Ehegatten Ausländer sind (BGE 44
II 454 und dort zit. Entscheide, 50 II 312, 51 II 110; BECK N. 221 ff. zu
Art. 7 h NAG). Um so eher muss für die Nebenfolgen wie für die Scheidung
selbst das schweizerische Recht dann massgebend sein, wenn der klagende
Ehegatte die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt. Der Einwand des
Beklagten, dass die Anwendung des schweizerischen Rechts auf einen Fall wie
den vorliegenden (wo die Kinder Ausländer sind) dem schweizerischen ordre
public zuwiderlaufe, ist abwegig. Der schweizerische ordre public kann
nur die Anwendung ausländischen, nicht die Anwendung schweizerischen
Rechts ausschliessen. Im übrigen verlangt die schweizerische
Rechtsauffassung gerade, dass dort, wo die Scheidung in der Schweiz nach
schweizerischem Recht ausgesprochen wird, die Nebenfolgen (insbesondere die
Kinderzuteilung) in Anbetracht ihres engen Zusammenhangs mit der Scheidung
selbst im gleichen Verfahren und nach dem gleichen Rechte beurteilt werden
(vgl. BGE 77 II 20). Die Tatsache, dass im Heimatstaate des Beklagten und
der Kinder nicht das Scheidungsgericht, sondern eine andere Instanz über
die Kinderzuteilung entscheidet, ist unerheblich. Diese Regelung ist für
den schweizerischen Richter nicht verbindlich. Schliesslich kommt auch
nichts darauf an, ob das schweizerische Scheidungsurteil hinsichtlich
der Nebenfolgen im Heimatstaate des Beklagten und der Kinder anerkannt
und vollstreckt werde. Das schweizerische internationale Privatrecht
macht die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Beurteilung
der Nebenfolgen einer in der Schweiz ausgesprochenen Scheidung und die
Anwendung des schweizerischen Rechts auf diese Frage nicht vom Nachweis der
Anerkennung und Vollstreckbarkeit des Urteils im ausländischen Heimatstaate
abhängig. Mit Recht hat also das Obergericht die Frage der Elternrechte
nach schweizerischem Rechte beurteilt.