Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 73



81 III 73

21. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Mai 1955 i.S. F. gegen B.
Regeste

    Streitwertangabe im Berufungsverfahren (Art. 55 Abs. 1 lit. a
OG). Streitwert im Prozess über ein Pfandrecht bei unbestrittener Forderung
(Erw. 1),

    - insbesondere in einem Kollokationsstreit nach Art. 250 SchKG
(Erw. 2).

Sachverhalt

    A.- Im Konkurs des L. in Kreuzlingen meldete dessen Schwiegermutter,
Frau B., eine restliche Darlehensforderung von Fr. 8200.-- mit
Faustpfandrecht gemäss Vertrag vom 24. September 1950 an. Anderseits
enthielt die von der Ehefrau des Schuldners angemeldete Frauengutsforderung
von insgesamt Fr. 17'500.-- einen Posten von Fr. 8500.-- mit der
Grundangabe: "Erhalten von Mutter B. im Jahre 1937 und an L. gegeben". Da
sich beide Forderungen auf die Beihilfen der Frau B. bezogen, konnten nicht
beide nebeneinander berücksichtigt werden. Die Konkursverwaltung hielt
vorerst dafür, es handle sich um Einbringen der Ehefrau. Sie kollozierte
deren Frauengutsforderung im ganzen Betrage von Fr. 17'500.--, je zur
Hälfte in 4. und 5. Klasse, wies dagegen die Eingabe der Frau B. ab.

    B.- Diese erhob gegen die Masse Klage auf Kollokation gemäss ihrer
Eingabe, während die Kollokation der Frau L. unangefochten blieb. Für den
Fall, dass zwischen der Masse und Frau B. ein Vergleich zustande komme,
erklärte sich indessen Frau L. bereit, auf den erwähnten Teilbetrag
von Fr. 8500. -, und zwar auf je Fr. 4250.-- in 4. und 5. Klasse, zu
verzichten. Hierauf schloss die Masse mit Frau B. am 17. April 1952
folgenden Vergleich:

    "1. An Stelle der von Frau B. s. Zt. angemeldeten faustpfandgesicherten
Forderung von Fr. 8200.-- werden Fr. 6500.-- und deren vorzugsweise
Begleichung aus den für die ursprüngliche Forderung angemeldeten
Pfandgegenständen anerkannt.

    2. Die Verzichtserklärung von Frau Rosa L.-B. ist Bestandteil dieses
Vergleichs. Danach verzichtet sie bei Zustandekommen des Vergleiches
auf Fr. 4250.-- ihrer in 4. Klasse und Fr. 4250.-- ihrer in 5. Klasse
kollozierten Ansprüche..."

    Demgemäss wurden die Kollokationen der Frau B. (mit Hinweis auf den
Vergleich) und der Frau L. (mit Hinweis auf den Verzicht) geändert.

    C.- Ein in 5. Klasse kollozierter Gläubiger F. focht die neue
Kollokation der Frau B. an, indem er das ihr zuerkannte Pfandrecht als
anfechtbar und ungültig bezeichnete. Die Beklagte erklärte im Laufe des
Prozesses, das Pfandrecht nur für einen Forderungsbetrag von Fr. 4250.--
in Anspruch nehmen zu wollen. Diesem Erfolg der Klage entsprechend,
erhielt der Kläger durch Urteil des Obergerichts vom 16. September
1954 "vom Erlös der Pfandgegenstände einen Anteil, der Fr. 4250.--
übersteigt. jedoch Fr. 6500.-- nicht überschreitet", zugesprochen. Das
weitergehende Klagebegehren wurde auch vom Obergericht abgewiesen.

    D.- Mit vorliegender Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren
in vollem Umfange fest.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Mit der Angabe "Streitwert: Fr. 6500.--" bezieht sich der
Berufungskläger auf den Forderungsbetrag, für den der Beklagten im
abgeänderten Kollokationsplan ein Pfandrecht zuerkannt wurde. Diese
Angabe trifft auf alle Fälle für das bundesgerichtliche Verfahren nicht
mehr zu, da die Beklagte ihre Pfandansprache schon in kantonaler Instanz
ermässigt, nämlich das Pfandrecht nur noch für einen Forderungsbetrag
von Fr. 4250.-- in Anspruch genommen und das Obergericht demgemäss dem
Kläger einen allfälligen Mehrerlös der Pfänder zugesprochen hat. Aber
auch wenn man die Streitwertangabe dahin berichtigt, dass der Betrag von
Fr. 6500.-- durch denjenigen von Fr. 4250.-- ersetzt wird, erweist sie
sich als ungenügend. Streitig ist nicht die Forderung (gegen die der
Kläger nichts eingewendet hat, und die er als der Beklagten zustehend
auch vor Bundesgericht anerkennt; Seite 4 der Berufungsschrift), sondern
einzig das Pfandrecht. Dessen Wert ist nun aber von vornherein nicht
nur durch den Betrag der Forderung, für die das Pfand haften soll,
sondern auch durch den Wert der Pfandgegenstände begrenzt. Dass dieser
Wert jenen Betrag erreiche, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Im
Streit um ein Pfandrecht muss sich die von Art. 55 Abs. 1 lit. a OG
verlangte Streitwertangabe daher grundsätzlich auf zwei Zahlen stützen:
den pfandgesicherten Forderungsbetrag und den Wert der Pfänder. Die Angabe
jenes Betrages genügt nur, wenn die streitigen Pfänder dafür offensichtlich
volle Deckung bieten. Im vorliegenden Falle ist aber der wahre Wert der
Pfänder nicht offenkundig. Es handelt sich um Mobilien, die im Klage- und
im Berufungsbegehren wie auch in der angefochtenen Kollokationsverfügung
gar nicht genannt sind. In den Akten nach allfälligen Wertangaben zu
forschen, namentlich das Konkursinventar an Hand des Pfandvertrages
nachzuprüfen und die Summe der dort für die Pfandsachen eingesetzten
Schätzungswerte zu ermitteln, ist nicht Sache des Bundesgerichtes. Vielmehr
hat der Berufungskläger den Wert des Streitgegenstandes anzugeben, was
hier nicht in sachentsprechender Weise geschehen ist.

Erwägung 2

    2.- Auf die Berufung kann somit mangels genügender Streitwertangabe
nicht eingetreten werden (BGE 71 II 252). Die einfach auf den
Forderungsbetrag, für den die Pfänder in Anspruch genommen werden,
anspielende Angabe des Berufungsklägers erweist sich noch um so mehr als
mangelhaft, wenn man die Natur des Kollokationsprozesses in Betracht
zieht. Wie der Kollokationsplan selbst, so hat auch ein auf dessen
Änderung lautendes Urteil im Sinne von Art. 250 SchKG nur Wirkung für
das Konkursverfahren. Es handelt sich lediglich um die Bereinigung der
Passivmasse im Hinblick auf die Verteilung der Konkursaktiven. Beim
Kollokationsstreit über ein Pfandrecht wurde bisher freilich der (den
zu sichernden Forderungsbetrag nicht erreichende) Wert der Pfänder als
Streitwert betrachtet (FAVRE, Cours de droit des poursuites, 303; BGE 29
II 761 = Sep.-Aug. 6 S. 356; BGE 48 II 412). Indessen kann daran nicht
festgehalten werden, nachdem die Rechtsprechung dazu übergegangen ist,
bei Bemessung des Streitwertes einer Kollokationsklage jene beschränkte
Rechtskraftwirkung des Kollokationsurteils zu berücksichtigen. In der
Tat hat, wenn sich die Kollokationsklage auf den gültigen Bestand
einer Forderung bezieht, als Streitwert nicht mehr wie nach der
frühern Betrachtungsweise der streitige Forderungsbetrag, sondern die
dafür zu erwartende Konkursdividende zu gelten (BGE 65 III 28 ff.;
65 II 43). Das hat zur Folge, dass in solchen Fällen eine nur den
streitigen Forderungsbetrag nennende Streitwertangabe ungenügend ist,
da auch die darauf vermutlich entfallende Konkursdividende und damit
der Betrag des wahren Streitinteresses genannt werden muss (BGE 79
III 172). Demgemäss ist beim Kollokationsstreit über ein Pfandrecht zu
beachten, dass bei dessen Wegfall die als solche unbestrittene Forderung
immerhin in 5. (oder allenfalls sogar in einer privilegierten) Klasse am
Konkursergebnis teilnimmt. Nur die Differenz macht das Streitinteresse
des Pfandansprechers aus, und nur sie ("der Betrag, um welchen der Anteil
des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird") kann, wenn sich
der Pfandansprecher in der Beklagtenrolle befindet, nach Art. 250 Abs. 3
SchKG zur Befriedigung des Klägers dienen. Sie macht also den mit der Klage
höchstens erzielbaren Prozessgewinn aus, der übrigens mit einem allfällig
überschüssigen Betrag, nach Deckung von Forderung und Prozesskosten des
Klägers, in die allgemeine Konkursmasse fällt (BGE 57 III 154; JAEGER,
N. 10 und 11 zu Art. 250 SchKG; BLUMENSTEIN, Handbuch S. 789/90; FREY, Der
Prozessgewinn, in Bl. für Schuldbetreibung und Konkurs 11 S. 39/40). Nun
schweigt sich die vorliegende Streitwertangabe nicht nur über den Wert
der Pfänder, sondern auch über die mutmassliche Konkursdividende für
die Forderungen der 5. Klasse und damit über ein weiteres Element zur
Berechnung des wahren Streitwertes aus. Auch das angefochtene Urteil
enthält darüber keine Feststellungen, die der Berufung stillschweigend
zugrunde gelegt sein könnten. Somit vermag die Angabe des Berufungsklägers
nicht darzutun, dass das massgebende Streitinteresse den für die Berufung
an das Bundesgericht erforderlichen Betrag von Fr. 4000.-- erreicht.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Berufung wird nicht eingetreten.