Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 65



81 III 65

19. Entscheid vom 26. Mai 1955 i.S. AHV-Verbandsausgleichskasse des
Schreiner-, Möbel- und Holzgewerbes, Zürich. Regeste

    Beschwerde gegen den gewesenen Konkursverwalter ist nach Widerruf
des Konkurses nicht mehr zulässig, auch nicht mit dem Begehren auf
Nachholung von Handlungen, die jener zur Zeit seiner amtlichen Funktion
hätte vornehmen sollen.

Sachverhalt

    A.- Nachdem der im Konkurs über Theo Müller zustande gekommene
Nachlassvertrag am 9. Dezember 1954 bestätigt und infolgedessen der
Konkurs am 23. Dezember widerrufen worden war, führte im April 1955 die
Rekurrentin gegen das Konkursamt Beschwerde mit dem Begehren, dieses
sei zur sofortigen Zahlung der AHV-Beiträge für die Zeit vom 4. Oktober
bis 10. Dezember 1954 zu verhalten, in welcher Zeit der Konkursbeamte als
Massaverwalter die AHV-Abrechnungen mit der Kasse hätte erledigen sollen,
aber nur mangelhaft erledigt habe.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde ist auf diese Beschwerde nicht
eingetreten, weil mit dem Widerruf des Konkurses und der Wiedereinsetzung
des Schuldners in die freie Verfügung über sein Vermögen die amtliche
Tätigkeit des Konkursamtes als solchen beendigt gewesen sei; wenn der
Konkursbeamte noch weiter sich mit der Sache befasse, so nicht in amtlicher
Eigenschaft, sondern als privatrechtlicher Vertreter des Schuldners. Da
sich die Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG grundsätzlich nur gegen
Massregeln bzw. die Unterlassung von solchen richten könne, die ein
Organ der Zwangsvollstreckung oder der Sachwalter im Nachlassverfahren
im Rahmen seiner amtlichen Befugnisse vornehme oder vorzunehmen habe,
könne das Verhalten des Konkursamtes beim Vollzug des Nachlassvertrages
nicht Gegenstand einer Beschwerde an die Aufsichtsbehörde sein. Nach
Erledigung des Konkursverfahrens durch Widerruf des Konkurses habe der
Konkursbeamte lediglich gegenüber dem Schuldner noch die Abrechnung zu
erstatten. Selbst wenn Dritte gegenüber der Konkursmasse oder gegenüber dem
Konkursverwalter Forderungsansprüche erhöben, die dieser nicht anerkenne,
so sei dafür weder während des Konkursverfahrens noch nachher der Weg der
Rechtsverzögerungs- oder Verweigerungsbeschwerde an die Aufsichtsbehörde
gegeben, sondern einzig der ordentliche Richter zuständig.

    B.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält die Beschwerdeführerin an ihrem
Begehren fest. Sie führt aus, zu Unrecht nehme die Vorinstanz an, die
Beschwerde beziehe sich nicht auf die amtliche Tätigkeit des Konkursamtes
als Konkursverwaltung. Gerade das sei der Fall, denn eben in und bezüglich
der Zeit bis zur Bestätigung des Nachlassvertrages und zum Konkurswiderruf
hätte das Konkursamt als Konkursverwaltung über die ihm anvertrauten
AHV-Gelder abrechnen und diese abliefern sollen, habe diese Pflicht aber
vernachlässigt; sie sei mit dem Konkurswiderruf nicht erloschen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Nachdem der Konkurs widerrufen und der Schuldner wieder in die
Verfügung über sein Vermögen eingesetzt worden ist, besteht kein
Konkursverfahren mehr und hat die ehemalige Konkursverwaltung keine
Verfügungen mehr zu treffen; sie kann daher auch nicht mehr mittels
Beschwerde verhalten werden, solche vorzunehmen. Zu Unrecht behauptet
die Rekurrentin dies mit der Begründung, sie verlange vom ehemaligen
Konkursverwalter ja nur und gerade die Vornahme von Vorkehren, die
er damals, als er noch in amtlicher Funktion stand, hätte von Amtes
wegen vornehmen sollen, aber pflichtwidrig unterlassen habe. Selbst
solche Verfügungen jedoch, die zur Zeit seiner amtlichen Funktion
in die Zuständigkeit und Pflicht des Konkursverwalters fielen, kann
dieser vom Moment an, da er jene Funktion eben nicht mehr ausübt, nicht
mehr abändern bzw. nachholen, daher auch nicht mittels Beschwerde dazu
verhalten werden. Auch handelt es sich vorliegend nicht etwa um einen
vollstreckungsrechtlichen Anspruch gegen das Konkursamt als Vertreter
des Justiz- und Vollstreckungsfiskus, der mittels Aufsichtsbeschwerde
geltend gemacht werden könnte (vgl. BGE 35 I 482, 76 III 84 ff.);
vielmehr untersteht der ehemalige Konkursverwalter überhaupt nicht
mehr der Aufsichtsbeschwerde. Hat er sich damals als Konkursverwalter
einer schuldhaften Pflichtverletzung schuldig gemacht und dadurch
Schaden verursacht, kann er allenfalls gemäss Art. 5 SchKG auf
Schadenersatz belangt werden, aber vor dem Zivilrichter, nicht vor den
Aufsichtsbehörden. Wo die Aufsichtsbeschwerde nicht mehr zur Erreichung
eines praktischen Verfahrenszweckes zu führen geeignet ist, kann sie
auch nicht zur blossen Feststellung einer behaupteten schuldhaften
Pflichtverletzung benutzt werden, was darauf hinausliefe, dass die
Aufsichtsbehörde dem Zivilrichter in seiner Beurteilung vorgriffe.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.