Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 45



81 III 45

14. Entscheid vom 2. Februar 1955 i.S. Radio-Finanzierung AG Regeste

    Eigentumsvorbehaltsregister. Eintragung eines erstmals vor dem
1. April 1954 eingetragenen Eigentumsvorbehalts am neuen Wohnort des
Erwerbers. Ist der Kaufvertrag einzureichen und vom Amte aufzubewahren?
(Verordnung vom 19. Dezember 1910 /23. Dezember 1932 /23. Dezember 1953).

Sachverhalt

    Am 13. November 1953 liess die Rekurrentin beim Betreibungsamt Kriens
einen Eigentumsvorbehalt zulasten von Giulio Barazzutti eintragen. Da
dieser in der Folge nach Littau und dann nach Luzern zog, erwirkte sie
am 24. April 1954 beim Betreibungsamte Littau und hierauf am 11. November
1954 beim Betreibungsamte Luzern eine neue Eintragung. Gegen die Weigerung
dieses letzten Amtes, ihr den Originalkaufvertrag zurückzugeben, den sie
ihrem Eintragungsgesuch neben einem Auszug aus dem Register von Littau
beigelegt hatte, führte sie Beschwerde mit dem Begehren, das Amt sei
anzuweisen, ihr den Vertrag herauszugeben. Den abweisenden Entscheid der
kantonalen Aufsichtsbehörde vom 3. Januar 1955 hat sie an das Bundesgericht
weitergezogen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Nach Art. 4 und 15 der ursprünglichen Fassung der Verordnung
betr. die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19. Dezember 1910 war
der Vertrag, der dem Amte im Falle einseitiger Anmeldung im Original
oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden musste (Art. 4 Ziff. 2
lit. a), dem Einleger auf Verlangen zurückzugeben (Art. 15 Abs. 2). Wenn
der Erwerber seinen Wohnsitz wechselte, war der einseitigen Anmeldung
zur Eintragung am neuen Wohnort ein beglaubigter Auszug über eine nicht
gelöschte Eintragung im Register eines andern Kreises (d.h. des frühern
Wohnortes) beizulegen (Art. 4 Ziff. 2 lit. b). Die am 1. April 1954 in
Kraft getretene Verordnung vom 23. Dezember 1953 hat diese Vorschriften
insofern abgeändert, als die das Einverständnis der andern Partei
bekundende Erklärung (Kaufvertrag usw.) im Original oder in beglaubigter
Wiedergabe zu den Akten des Amtes einzureichen, vom Amte aufzubewahren und
dem Einleger (erst) nach Löschung des Eintrags zurückzugeben ist (Art. 4
Abs. 4, Art. 15 Abs. 1 und 2). Der Vorschrift, dass bei Wohnsitzwechsel des
Erwerbers für die Eintragung am neuen Wohnort ein beglaubigter Auszug aus
dem Register des frühern Wohnortes als Ausweis genügt, fügt Art. 4 Abs. 5
neuer Fassung bei, dass die dort (d.h. am frühern Wohnort) aufbewahrten
Aktenstücke (Art. 15) vom Registeramt des neuen Wohnortes auf Kosten
des Anmeldenden einzuverlangen seien. Aus dieser neuen Regelung ergibt
sich, dass das Amt, bei dem die zeitlich letzte Eintragung auf einseitige
Anmeldung hin erfolgt ist, den Kaufvertrag (oder eine sonstige Erklärung,
aus der sich das Einverständnis der andern Partei in allen wesentlichen
Punkten ergibt) im Original oder in beglaubigter Wiedergabe bei seinen
Akten haben soll.

    Dies bedeutet nun freilich nicht, dass dann, wenn die Eintragung
am frühern Wohnorte vor dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen
erfolgt ist und der Anmeldende auf Grund von Art. 15 Abs. 2 alter Fassung
den Vertrag zurückerhalten hat, das Registeramt des neuen Wohnortes
berechtigt oder gar verpflichtet sei, vom Anmeldenden zu verlangen, dass
er neben dem Auszug aus dem Register des frühern Wohnortes den Kaufvertrag
einreiche. Auch in einem solchen Falle genügt vielmehr jener Auszug als
Ausweis. Von demjenigen, der einen unter dem frühern Recht eingetragenen
Eigentumsvorbehalt am neuen Wohnorte des Erwerbers eintragen lassen
will, die Einreichung weiterer Urkunden zu verlangen, ist mangels einer
dahingehenden ausdrücklichen Vorschrift nicht statthaft. Noch weniger ist
es die Meinung der revidierten Verordnung, dass die auf Grund von Art. 15
alter Fassung zurückgegebenen Kaufverträge in allen Fällen, auch wenn
es sich nicht um die Eintragung am neuen Wohnorte des Erwerbers handelt,
zu den Akten des Amtes einzufordern seien.

    Im vorliegenden Falle ist die Einreichung des Kaufvertrags von der
Rekurrentin aber auch gar nicht verlangt worden, sondern sie hat ihn, wie
aus der Beschwerde an die untere Aufsichtsbehörde und der Rekursschrift
an das Bundesgericht hervorgeht, bei der Anmeldung in Luzern zusammen mit
dem Auszug aus dem Register von Littau von sich aus eingereicht. Unter
diesen Umständen ist der Vertrag in Anwendung des revidierten Art. 15
aufzubewahren und erst nach Löschung des Eintrags zurückzugeben. Dass die
Vorlegung des Auszugs aus dem Register des frühern Wohnortes genügt hätte,
heisst nicht, dass das Amt des neuen Wohnortes ihn zurückzugeben habe,
wenn er aus freien Stücken zusätzlich eingereicht worden ist. Jedenfalls
erscheint das Vorgehen des Amtes angesichts des neuen Wortlautes von
Art. 15 nicht als rechtswidrig.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.