Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 109



81 III 109

31. Entscheid vom 18. Juli 1955 i. S. Gauch. Regeste

    Die Teilnahme an einer Pfändung (Art. 110 SchKG) tritt nicht von
selbst ein, sondern wird durch eine Verfügung des Betreibungsamtes
(Ergänzungspfändung oder Mitteilung des Anschlusses an den Schuldner)
hergestellt. Kann eine vom Betreibungsamt zunächst versäumte
Anschlussverfügung später nachgeholt werden?

Sachverhalt

                   (Gekürzter Tatbestand)

    A. - In der Betreibung Nr. 515 der Frau Katharina Hässig-Fischer gegen
Wwe. Elise Homberger-Staiger in Zurzach pfändete das Betreibungsamt
Zurzach auf Grund des Fortsetzungsbegehrens der Gläubigerin vom
14. April 1954 für eine Forderung von Fr. 4946.-- am 27. April 1954 die
der Schuldnerin gehörende Liegenschaft GB Nr. 148 an der Schwertgasse
in Zurzach. Es schätzte dieses mit drei Schuldbriefen von insgesamt
Fr. 72'500.-- belastete Grundstück auf Fr. 85'000.--. Die Abschriften der
Pfändungsurkunde wurden den Beteiligten am 11. Dezember 1954 zugestellt.

    B.- Am 19. Mai 1954 stellte Ernst Gauch-Egloff auf Grund eines
Pfandausfallscheins, den er am 5. Mai 1954 in der Betreibung Nr.
6912/Zürich 6 gegen Frau Homberger erhalten hatte, das Begehren
um Fortsetzung der Betreibung für den Betrag von Fr. 8413.90. Das
Betreibungsamt Zurzach kündigte der Schuldnerin die Pfändung auf
den 21. Mai 1954 an (Betreibung Nr. 845/Zurzach). Mit Schreiben vom
21. Mai 1954 ersuchte der Gläubiger das Betreibungsamt, vor allem den
Inhaberschuldbrief im ersten Rang von Fr. 10'000.--, haftend auf dem
Grundstück in der "Breite" (GB Nr. 827) zu pfänden, den Titel in amtliche
Verwahrung zu nehmen und ihm (dem Gläubiger) die Pfändungsurkunde nicht
erst nach Ablauf der Teilnahmefrist, sondern sofort zuzustellen. Der
Betreibungsbeamte sprach am 21. Mai 1954 bei der Schuldnerin vor,
um die Pfändung vorzunehmen. Er wollte den eben erwähnten Schuldbrief
pfänden. Es kam jedoch nicht zu einer Pfändung. Als Grund hiefür gab
der Betreibungsbeamte in seinem Bericht vom 15. März 1955 u.a. an, der
Vertreter der Schuldnerin, V. Imhof, habe erklärt, der Brief könne nicht
gepfändet werden, weil er voll belastet im Besitze eines Dritten sei,
den er nicht bekanntgebe. Imhof behauptet dagegen, er sei zur Bekanntgabe
dieses Dritten nicht aufgefordert worden. Ein Protokoll wurde am 21. Mai
1954 nicht aufgenommen.

    C.- Am 29. Oktober 1954 stellte P. Morger in der Betreibung Nr. 746,
die er für eine Forderung von Fr. 13'125.25 gegen Frau Homberger
angehoben hatte, das Fortsetzungsbegehren. Diesem Begehren entsprach das
Betreibungsamt, indem es am 30. Oktober 1954 die Grundstücke GB Nr. 148
und 827 pfändete. Es schätzte das erste auf Fr. 85'000.--, das zweite auf
Fr. 18'500.-- und gab die hypothekarische Belastung mit Fr. 72'500. - bzw.
10'000.-- an. Mit Bezug auf das erste Grundstück ist in der am 14. Januar
1955 versandten Pfändungsurkunde ein "Pfändungsvorgang" für Betreibung
Nr. 515 (Frau Hässig) von Fr. 5500.-- vorgemerkt.

    D.- Am 15. Januar 1955 erkundigte sich der Gläubiger Gauch beim
Betreibungsamt nach dem Stand seiner Betreibung (Nr. 845). Gleichentags
erliess das Betreibungsamt in dieser Betreibung an die Schuldnerin eine
zweite Pfändungskündigung. Am 17. Januar 1955 pfändete es zugunsten
Gauchs unter Bezugnahme auf das Fortsetzungsbegehren vom 19. Mai 1954
die Grundstücke GB Nr. 148 und 827. Letzteres schätzte es wie bisher auf
Fr. 18'500.--, ersteres dagegen in Abweichung von den frühern Schätzungen
auf Fr. 94'000.--. In der am 22. Januar 1955 versandten Pfändungsurkunde
ist vorgemerkt, dass die Pfändungen in den Betreibungen Nr. 515 (Hässig)
und 746 (Morger) mit Fr. 5500.-- bzw. Fr. 13'500.-- der Pfändung in der
Betreibung Nr. 845 vorgehen.

    E.- Am 29. Januar 1955 führte Gauch Beschwerde mit dem Begehren,
der Pfändung zu seinen Gunsten seien keine Vorgänge voranzustellen,
sondern das Betreibungsamt sei anzuweisen, ihn an der Pfändung in der
Betreibung Nr. 515 teilnehmen zu lassen.

    Mit Entscheid vom 2. April 1955 hat die untere Aufsichtsbehörde diesem
Begehren entsprochen.

    F.- Gegen diesen Entscheid rekurrierte die Schuldnerin an die kantonale
Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, er sei aufzuheben und der Gläubiger Gauch
sei von der Teilnahme an der Pfändung in der Betreibung Nr. 515 (Hässig)
auszuschliessen.

    Am 14. Juni 1955 hat die kantonale Aufsichtsbehörde erkannt:

    In Aufhebung... der vorinstanzlichen Verfügung wird die vom
Betreibungsamt Zurzach in Betreibung Nr. 845 am 17. Januar 1955
vorgenommene selbständige Pfändung grundsätzlich bestätigt und das
Betreibungsamt angewiesen, diese... unter nochmaliger Schätzung der
Liegenschaften und unter Pfändung allfällig vorhandenen beweglichen
Vermögens, zu vervollständigen...

    G.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde haben die
Erben Gauch an das Bundesgericht rekurriert mit den Anträgen:

    "1) a.  Es sei festzustellen und zu verfügen, dass gestützt auf das am
19.5.54 gestellte Fortsetzungsbegehren in Betreibung Zurzach Nr. 845 der
beschwerdeführende Gläubiger (Erbengemeinschaft Gauch) für seine Forderung
von Fr. 8413.90 nach Art. 110, Absatz 1, SchKG teilnehme an der am 27.4.54
für Betreibung Zurzach Nr. 515 (Gläubiger: Hässig; Forderung Fr. 4946.--)
vollzogenen Pfändung der schuldnerischen Liegenschaft G. B. Zurzach
Nr. 148, und diese beiden Betreibungen vorgangs- und konkurrenzlos die
erstberechtigte Gläubigergruppe bilden.

    b.  Der Gläubiger Morger sei gestützt auf das am 29.10.54 gestellte
Fortsetzungsbegehren und der am 30.10.54 vollzogenen Pfändung der
gleichen Liegenschaft in seiner Betreibung Zurzach Nr. 746 (Forderung Fr.
13'125.25) in Rang und Recht hinter die vorgehende Gläubigergruppe Hässig
und Gauch (Betreibungen Nr. 515 und 845) zu stellen.

    2 a.  Es sei festzustellen und zu erklären, dass das Betreibungsamt
Zurzach auf die gesetzeskonforme Pfändungsankündigung in der Betreibung
Nr. 845 des beschwerdeführenden Gläubigers hin, die Pfändung laut Ziffer
1a hievor durch Einbezug der schuldnerischen Liegenschaft G. B. Zurzach
Nr. 827, im Sinne von Art. 110, Abs. 1, SchKG ergänzte. Dies geschah durch
die einfache mündliche Äusserung des Betreibungsbeamten vom 21.5.54 dem
Schuldner bzw. dessen Vertreter gegenüber, er pfände beide Liegenschaften,
G. B. Zurzach Nr. 148 und Nr. 827.

    b.   Wie nach Ziffer 1b hievor sei festzustellen und zu verfügen, dass
auch die Liegenschaft G. B. Zurzach Nr. 827 für den Gläubiger Morger nur
so weit gepfändet ist, als deren Erlös nicht den vorgehenden Gläubigern
Hässig und Gauch auszurichten sein werde, d.h. es sei für den Gläubiger
Morger in Betreibung Nr. 746 nur ein allfälliger Mehrerlös gepfändet,
der nach Befriedigung der erstberechtigten Gläubigergruppe Betreibungen
Nr. 515 und Nr. 845 übrig bleibe.

    c.  Eventuell: Sofern eine Ergänzungspfändung nach Ziffer 2 a hievor
als nicht bestehend gelte, sei die am 17.1.55 in der Betreibung Nr. 845
des beschwerdeführenden Gläubigers vollzogene Pfändung der Liegenschaft
Zurzach G. B. 827 als Nachpfändung zu qualifizieren..."

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 2

    2.- Der für den Fall der Abweisung des Rekursantrags 2 a gestellte
Rekursantrag 2 c zielt, wie die dafür gegebene Begründung zeigt, nicht
auf eine Abänderung des angefochtenen Entscheides ab. Die Rekurrenten
anerkennen ausdrücklich, dass dann, wenn angenommen wird, die (von der
Pfändung zugunsten der Frau Hässig vom 27. April 1954 nicht erfasste)
Liegenschaft GB Nr. 827 sei nicht schon am 21. Mai 1954, sondern erst am
17. Januar 1955 zu ihren Gunsten gepfändet worden, der am 30. Oktober 1954
in der Betreibung Morger erfolgten Pfändung dieser Liegenschaft der Vorrang
zukommt. Der Rekursantrag 2 c braucht daher nicht materiell behandelt zu
werden, auch wenn der Fall eintritt, für den er gestellt wurde. ..

Erwägung 3

    3.- Gegenüber der Behauptung der Rekurrenten, der Betreibungsbeamte
habe am 21. Mai 1954 die Liegenschaften GB Nr. 148 und 827 als gepfändet
erklärt und damit die am 27. April 1954 in der Betreibung Nr. 545 (Frau
Hässig) erfolgte, nur die Liegenschaft GB Nr. 148 betreffende Pfändung
ergänzt, hat die Vorinstanz festgestellt, der Beamte habe an jenem Tage
zwar bei der Schuldnerin vorgesprochen, aber keine Pfändung vollzogen. An
dieser tatsächlichen Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 und Art. 81
OG für das Bundesgericht verbindlich ist, scheitert der Rekursantrag 2
a. Wenn die Liegenschaft GB Nr. 827 erst am 17. Januar 1955 zugunsten
Gauchs gepfändet wurde, kann aber auch der Rekursantrag 2 b nicht
geschützt werden, was die Rekurrenten einsehen (vgl. den Rekursantrag
2 c und die Begründung dazu, oben Erw. 2). Die seinerzeit versäumte
Ergänzungspfändung nachzuholen, ist nicht möglich. Eine Ergänzung der
Pfändung im Sinne von Art. 110 SchKG kann nach ständiger Praxis nur binnen
der 30tägigen Anschlussfrist oder unmittelbar nach deren Ablauf erfolgen
(BGE 30 I 823 oben = Sep. ausg. 7 S. 393 und BGE 80 III 78/79). Es kann
sich daher nur noch fragen, ob die Rekurrenten, deren Rechtsvorgänger
das Fortsetzungsbegehren am 19. Mai 1954 gestellt hat, wenigstens an
der am 27. April 1954 zugunsten von Frau Hässig vollzogenen Pfändung der
Liegenschaft GB Nr. 148 teilnehmen und deshalb zusammen mit Frau Hässig
gegenüber dem Gläubiger Morger das Vorrecht auf Befriedigung aus dieser
Liegenschaft geniessen (Rekursanträge 1a und b).

Erwägung 4

    4.- Diese Frage wäre zu bejahen, wenn es für die Teilnahme an einer
Pfändung im Sinne von Art. 110 SchKG keiner Verfügung des Betreibungsamtes
bedürfte. Dieser Auffassung ist offenbar JAEGER, der in N. 4 zu Art. 110
bemerkt, die betreffenden Gläubiger (d.h. die Gläubiger, für welche die
gesetzlichen Voraussetzungen des Anschlusses gegeben sind) "nehmen ohne
weiteres an der Pfändung teil, ohne dass die Teilnahme von einer vom
Betreibungsamt erst noch vorzunehmenden Anschlusserklärung abhängig wäre"
(vgl. auch die entsprechende Note bei JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs-
und Konkurspraxis der Jahre 1911-1945). Von einer automatisch eintretenden
Teilnahme kann jedoch nicht die Rede sein, obwohl das Gesetz in Art. 110
Abs. 1 einfach sagt, dass Gläubiger, die innerhalb 30 Tagen nach dem
Vollzug einer Pfändung das Fortsetzungsbegehren stellen, an derselben
teilnehmen. Ob und in welchem Umfang jemand an einer Zwangsvollstreckung
teilnimmt, ist immer durch eine Verfügung der Vollstreckungsbehörde zu
bestimmen. Freilich hat sich diese dabei an das Gesetz und, wo der Richter
zu entscheiden hat, an den Richterspruch zu halten. Sie hat aber in jedem
Fall zu prüfen, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine
bestimmte Art der Teilnahme an einer Zwangsvollstreckung erfüllt seien,
und hierauf eine entsprechende Verfügung zu treffen. Dass es sich bei
der Teilnahme an einer Pfändung anders verhalte, kann schon deshalb
nicht angenommen werden, weil ja die Einhaltung der Frist des Art. 110
SchKG keineswegs die einzige Voraussetzung des Anschlusses ist. Erste
Voraussetzung ist vielmehr, dass das Fortsetzungsbegehren überhaupt
zulässig sei. Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn der Rechtsvorschlag
des Schuldners noch nicht beseitigt, die Frist von Art. 88 Abs. 1 SchKG
noch nicht abgelaufen oder die Frist von Art. 88 Abs. 2 überschritten
ist. Ob ein solches Hindernis bestehe oder nicht, hat das Betreibungsamt
selbstverständlich zu prüfen. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung hat es
die Pfändung gemäss Art. 110 Abs. 1 Satz 2 SchKG soweit nötig zu ergänzen
und die in Art. 114 SchKG vorgesehenen Amtshandlungen vorzunehmen oder
aber das Fortsetzungsbegehren zurückzuweisen. Daraus erhellt, dass die
Teilnahme von einer Entscheidung des Amtes abhängt, und zwar ist als
den Anschluss bewirkende Verfügung die in den Formen von Art. 112 SchKG
vollzogene Ergänzungspfändung oder, wo eine solche nicht nötig ist, die
Mitteilung des Anschlusses an den Schuldner mittels Formular 5 f oder 5
g zu betrachten.

    Zum gleichen Schluss führt auch die Erwägung, dass für die Pfändung das
Verfügungsverbot im Sinne von Art. 96 SchKG wesentlich ist und dass dessen
Geltung die Kenntnis des Schuldners von der Pfändung voraussetzt. Diese
Kenntnis, die dem Schuldner nur durch eine ihm eröffnete Verfügung
vermittelt werden kann, ist auch dann unentbehrlich, wenn es sich nicht
um eine selbständige Pfändung, sondern nur um die Teilnahme eines neuen
Gläubigers an einer bereits bestehenden Pfändung handelt. Der Schuldner
muss wissen, für welche Gläubiger und welche Forderungen eine bestimmte
Sache gepfändet ist. Zugunsten von Gläubigern, deren Teilnahme an der
Pfändung ihm nicht bekanntgegeben wurde, kann das an ihn gerichtete
Verfügungsverbot nicht gelten. Die Bekanntgabe, die hienach für die
Herstellung des Anschlusses notwendig ist, geschieht eben durch die
Ergänzungspfändung oder die Mitteilung der Teilnahme mittels der erwähnten
Formulare.

Erwägung 5

    5.- Die bei JAEGER und JAEGER/DAENIKER zitierten Entscheide und
Meinungsäusserungen vermögen die bisher gewonnenen Ergebnisse nicht
zu erschüttern.

    a) Im Falle BGE 27 I Nr. 114 S. 594 ff. = Sep. ausg. 4 Nr. 55 war die
Frage zu entscheiden, ob eine durch Pfändungsanschluss notwendig gewordene
Ergänzungspfändung, die durch eine unbegründete Sistierungsverfügung
der untern Aufsichtsbehörde vereitelt worden war, nach dem Hinfall dieser
Verfügung nachgeholt werden und Gegenstände erfassen durfte, die inzwischen
für andere Gläubiger gepfändet worden waren. Das Bundesgericht leitete
seine Erwägungen, die zur Bejahung dieser Frage führten, mit dem Satze ein:
"Unzweifelhaft konnte Ehrler" (der innerhalb der Teilnahmefrist für die
Gruppe 59 Fortsetzung der Betreibung verlangt hatte) "... in gültiger Weise
das Fortsetzungsbegehren stellen und erwarb mit letzterm nach Art. 110 des
Betreibungsgesetzes ohne weiteres die Rechte eines Pfändungsgläubigers in
Gruppe 59." Da im Tatbestand (S. 594/95) ausdrücklich festgestellt worden
war, dass das Betreibungsamt Ehrler Anschluss an die Gruppe 59 "erteilt"
habe, kann die wiedergegebene Erwägung kaum besagen wollen, der Anschluss
sei ohne Zutun des Betreibungsamtes zustande gekommen. Ihr Sinn dürfte
vielmehr sein, dass Ehrler auf Grund seines Fortsetzungsbegehrens mit
Recht ohne weiteres an die Gruppe 59 angeschlossen worden sei und damit die
Rechte eines Pfändungsgläubigers erlangt habe. Auf jeden Fall aber würde
es sich bei der Annahme, die Teilnahme sei von selbst eingetreten, nicht
um ein tragendes Motiv der in BGE 27 I Nr. 114 getroffenen Entscheidung
handeln.

    b) In BGE 33 I Nr. 83 S. 480 f. = Sep. ausg. 10 Nr. 36 wurde
entschieden, die Nachlassstundung hindere die betreibenden Gläubiger
nicht, das Fortsetzungsbegehren zu stellen, und habe keinen Einfluss
auf die Teilnahmefrist des Art. 110 SchKG. In diesem Zusammenhang führte
das Bundesgericht aus, hieran ändere nichts, "dass das Amt infolge des
Verbotes, Betreibungshandlungen vorzunehmen, erst nach einem Wegfall der
Stundung den anbegehrten Anschluss erteilen und die allfällig notwendige
Pfändungsergänzung vornehmen kann". Darin kommt die Auffassung zum
Ausdruck, dass es für den Anschluss einer Verfügung des Amtes bedürfe. Das
Bundesgericht hat sich hier also nicht für, sondern gegen die Ansicht
JAEGERs ausgesprochen.

    c) BGE 38 I Nr. 140 S. 830 ff. = Sep. ausg. 15 Nr. 103 sagt nur,
dass der Vorrang früherer Pfändungen gegenüber spätern nicht von ihrer
Vormerkung in der über die spätern Pfändungen errichteten Urkunde abhängig
sei (Erw. 3). Mit der vorliegenden Frage hat das nichts zu tun.

    d) In ZBJV 49 S. 316 Nr. 16 (Entscheid der bernischen Aufsichtsbehörde
vom 16. Dezember 1911) wird zwar erklärt, der Gläubiger, der das
Pfändungsbegehren innert der Anschlussfrist gestellt habe, nehme "von
Gesetzes wegen" an der bereits vorgenommenen Pfändung teil. Dieser
Annahme bedurfte es jedoch nicht, um zur nachfolgenden Feststellung
zu gelangen, die Teilnahme brauche vom Gläubiger nicht nachgesucht zu
werden. Die weitere Feststellung, der Schuldner sei vom Anschluss nur bei
Ergänzungspfändung zu benachrichtigen, ist falsch (vgl. Art. 114 Abs. 2
SchKG und die obligatorischen Formulare 5 f und g).

    e) Die Argumente, mit denen KELLER in den Monatsblättern für
Betreibungs- und Konkursrecht, III. Jahrgang, 1910, S. 181/82 die
Auffassung befürwortete, dass es für den Anschluss keiner Verfügung des
Betreibungsamtes bedürfe, sind nicht stichhaltig. Dass der Anschluss in
seinem Vollzug ein interner betreibungsamtlicher Akt sei, der nicht als
besonderer Pfändungsakt nach aussen in Erscheinung trete, trifft eben
nicht zu (vgl. oben d am Ende). Die Kritik KELLERS an BGE 27 I Nr. 108
S. 578 ff. = Sep. ausg. 4 Nr. 49 (dessen Erwägung 2 heute durch BGE 67
III 103 f. überholt ist) betrifft nicht den hier streitigen Punkt und
stösst übrigens ins Leere, weil in diesem Entscheid gar nicht in Abrede
gestellt wurde, dass die Teilnahmefrist durch das blosse Pfändungsbegehren
innegehalten wird. Aus dem Wortlaut von Art. 110 Abs. 1 SchKG folgt nicht
zwingend, dass die hier vorgesehene Teilnahme ohne Zutun des Amtes zustande
komme. Noch weniger ergibt sich dies aus Art. 110 Abs. 2. Schliesslich ist
aus Art. 116 Abs. 2 SchKG, wonach die Fristen für das Verwertungsbegehren
vom Tage des letzten Pfändungsbegehrens an laufen, keineswegs zu
schliessen, dass das Datum dieses Begehrens das Datum des Anschlusses sei.

Erwägung 6

    6.- Mit der Feststellung, dass es zum Anschluss an eine Pfändung
einer Verfügung des Betreibungsamtes bedarf, ist nun freilich nicht ohne
weiteres gesagt, dass eine zunächst unterbliebene Anschlussverfügung nicht
nachgeholt werden könne. Im vorliegenden Falle wäre ein nachträglicher
Anschluss vielleicht möglich, wenn nach der für Frau Hässig vollzogenen
Pfändung keine weitern Pfändungen erfolgt wären oder wenn jene Pfändung
nach der damaligen Schätzung des gepfändeten Gegenstandes (der Liegenschaft
GB Nr. 148) genügende Deckung für die Forderungen der Frau Hässig und der
Rekurrenten böte. Denn alsdann würde der nachträgliche Anschluss nicht
ohne weiteres die Exekutionsrechte der Frau Hässig schmälern. Nur reicht
aber der Wert des Pfändungsgegenstandes nach der Schätzung, die damals
weder von Frau Hässig noch von den Rekurrenten noch von der Schuldnerin
angefochten wurde, nicht zur Deckung beider Forderungen aus (Wert des
Grundstücks nach Abzug der hypothekarischen Belastung Fr. 85'000.-- -
Fr. 72'500.-- = Fr. 12'500.--; zu deckende Forderungen Fr. 4946.-- +
Fr. 8413.90 nebst Zinsen und Kosten = Fr. 13'359.90 nebst Zinsen und
Kosten), weshalb ja eben das Betreibungsamt seinerzeit die Pfändung
ergänzen wollte. Die von der Vorinstanz angeordnete neue Schätzung bezieht
sich nach der Begründung des angefochtenen Entscheides nicht auf die von
Frau Hässig erwirkte Pfändung. Da nun aber eine Ergänzungspfändung heute
ausgeschlossen ist (ober Erw. 3), würde der nachträgliche Anschluss der
Rekurrenten an die für Frau Hässig vollzogene Pfändung eine durch nichts
gerechtfertigte Benachteiligung dieser Gläubigerin darstellen.

    Auch die Rekursanträge 1a und b sind deshalb abzuweisen. Den
Rekurrenten bleibt, wenn sie infolge der Unterlassungen
des Betreibungsamtes zu Schaden kommen, nur der Weg der
Verantwortlichkeitsklage gemäss Art. 5 SchKG offen.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.