Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 107



81 III 107

30. Entscheid vom 1. September 1955 i.S. G. Bühler's Erben. Regeste

    Widerspruchsverfahren (Art. 106 ff. SchKG). Verwirkung des
Widerspruchsrechts wegen arglistiger Verzögerung der Anmeldung des
Eigentumsanspruchs.

Sachverhalt

    Am 22. Mai 1954 arrestierte das Betreibungsamt Zürich 6 für eine
Forderung der Rekurrentin gegen Josef Behrenstamm ein Personenauto VW. Der
Schuldner bezeichnete diesen Wagen als Eigentum von Hans Weilenmann. Da
die Rekurrentin diese Ansprache bestritt, klagte Weilenmann gegen sie auf
Feststellung seines Eigentums. Mit Urteil vom 29. März 1955 wies jedoch
der Einzelrichter für das beschleunigte Verfahren beim Bezirksgericht
Zürich seine Klage ab.

    Schon am 17. Dezember 1954 (nämlich eine Woche nach der
Beweisverhandlung im eben erwähnten Prozesse) hatte Fritz W. Meyer dem
Betreibungsamte mitgeteilt, dass er das Eigentum am arrestierten Auto
geltend mache, um für den Fall, dass die Klage Weilenmanns abgewiesen
werden sollte, seine Rechte zu wahren. Am 13. April 1955, unmittelbar nach
der Zustellung des Urteils vom 29. März 1955, zeigte das Betreibungsamt
der Rekurrentin diese Ansprache an und setzte ihr Frist zu deren
Bestreitung (Formular 18). Hiegegen führte die Rekurrentin Beschwerde
mit der Begründung, Meyer habe die Anmeldung seiner Ansprache arglistig
verzögert und damit sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die obere kantonale
Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde am 29. Juli 1955 in Übereinstimmung
mit der ersten Instanz abgewiesen.

    Diesen Entscheid hat die Rekurrentin an das Bundesgericht
weitergezogen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Die Vorinstanz stellt selber fest, dass Meyer von der am 22. Mai 1954
erfolgten Arrestierung des streitigen Wagens noch am selben Tage Kenntnis
erhielt. Aus den eigenen Aussagen Meyers im Prozess zwischen Weilenmann
und der Rekurrentin, auf welche die Vorinstanz verweist, geht sodann klar
hervor, dass er den Wagen am 25. Januar 1953 nur zum Schein an Weilenmann
verkauft hatte, um eine Arrestierung durch Kalikstein, der Forderungen
gegen ihn geltend machte, zu verhindern. Unter diesen Umständen hatte Meyer
keinen ernsthaften Grund, mit der Anmeldung seines Eigentumsanspruchs
einstweilen zuzuwarten. Er konnte sich nicht in guten Treuen darauf
verlassen, dass Weilenmann mit seiner Ansprache durchdringen und der
Arrestbeschlag infolgedessen ohne seine (Meyers) Intervention dahinfallen
werde. Vielmehr hatte er allen Anlass, seinen Anspruch sofort geltend
zu machen. Es konnte ihm nicht entgehen, dass sein Zuwarten zu einer
Verzögerung des Betreibungsverfahrens führen musste. Er hat also seine
Anmeldung im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 81 III 55,
78 III 71) arglistig verzögert und damit sein Widerspruchsrecht verwirkt.

Entscheid:

        Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:

    In Gutheissung des Rekurses werden der angefochtene Entscheid und die
vom Betreibungsamt Zürich 6 am 13. April 1955 erlassene Anzeige gemäss
Art. 106 SchKG aufgehoben.