Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 81 III 1



81 III 1

1. Entscheid vom 19. Januar 1955 i.S. Kruszona. Regeste

    Zwangsvollstreckung unter Ehegatten. Für das Haushaltungsgeld
kann die Ehefrau den Ehemann auch dann nicht betreiben, wenn es durch
eine Verfügung des Eheschutzrichters oder eine von diesem genehmigte
Vereinbarung festgesetzt worden ist (Art. 173, 176 Abs. 2 ZGB).

Sachverhalt

    Die Eheleute Kruszona schlossen am 24. November 1951 vor dem
Eheschutzrichter, den die Ehefrau um Ermahnung des Ehemannes im Sinne
von Art. 169 ZGB ersucht hatte, einen Vergleich, durch den der Ehemann
sich verpflichtete, der Ehefrau ab 1. Dezember 1951 ein monatliches
Haushaltungsgeld von Fr. 360.-- zu geben und ihr ab 1. Januar 1952 für ihre
persönlichen Anschaffungen vierteljährlich Fr. 150.-- zu entrichten. Mit
Verfügung vom gleichen Tage genehmigte der Eheschutzrichter diesen
Vergleich.

    Als die Ehefrau den Ehemann im September 1954 für verfallene "Beiträge
gemäss ... Verfügung ... vom 24. November 1951" betrieb, führte dieser
Beschwerde mit dem Antrag, die Betreibungen seien wegen Verletzung des
Verbots der Zwangsvollstreckung unter Ehegatten (Art. 173 ZGB) aufzuheben.
Die untere kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde ab, die obere
dagegen hat sie am 9. Dezember 1954 gutgeheissen.

    Diesen Entscheid hat die Ehefrau an das Bundesgericht weitergezogen
mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist den
Rekurs ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

    Die streitigen Betreibungen könnten vor Art. 173 ZGB nur dann
Bestand haben, wenn die Voraussetzungen von Art. 176 Abs. 2 ZGB erfüllt
wären, d.h. wenn es sich bei den in Betreibung gesetzten Forderungen
um Beiträge handeln würde, die dem einen Ehegatten gegenüber dem andern
durch den Richter auferlegt worden sind. Eine andere Ausnahme vom Verbot
der Zwangsvollstreckung unter Ehegatten trifft von vornherein nicht zu.

    Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, stellen die Leistungen,
für welche die Rekurrentin ihren Ehemann betrieben hat, nicht Beiträge
des einen Gatten an den Unterhalt des andern im Sinne von Art. 170 Abs. 3
ZGB dar. Das durch die Verfügung vom 24. November 1951 abgeschlossene
Verfahren vor dem Eheschutzrichter hatte nicht die Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts und die Regelung der daraus sich ergebenden Folgen
zum Gegenstand. Es handelte sich vielmehr darum, welche Beträge der Ehemann
der Rekurrentin dieser zur Bestreitung der Lebensbedürfnisse der Familie
im gemeinsamen Haushalt zur Verfügung zu stellen habe, m.a.W. wie das
Haushaltungsgeld zu bemessen sei, welchen Ausdruck die Parteien wenigstens
für die monatlich zu zahlenden Fr. 360.-- selber gebraucht hatten. Das
Haushaltungsgeld, das der Frau als Führerin des gemeinsamen Haushalts
zukommt und im Eigentum des Mannes bleibt, bis es ausgegeben ist (BGE
51 II 100 ff.), fällt nicht unter den Begriff der "Beiträge" (subsides,
sovvenzioni) im Sinne von Art. 176 Abs. 2 ZGB, der nach Sinn und Zweck des
Verbots der Zwangsvollstreckung unter Ehegatten nicht ausdehnend ausgelegt
werden darf. Hievon abgesehen gibt das Gesetz dem Eheschutzrichter keine
Handhabe, diese Leistung des Ehemannes in verbindlicher Weise (d.h. nicht
bloss im Sinne einer Empfehlung, wie sie im Rahmen der in Art. 169 ZGB
vorgesehenen Ermahnung möglich ist) festzusetzen. Kommt der Ehemann
der Pflicht zur Leistung eines angemessenen Haushaltungsgeldes trotz
Mahnung nicht nach, so hat der Eheschutzrichter nur die Möglichkeit, auf
Grund von Art. 171 ZGB Anweisungen an die Schuldner zu erlassen (wobei
die Höhe des Haushaltungsgeldes lediglich als Vorfrage zu prüfen ist)
oder der Ehefrau in Anwendung von Art. 170 Abs. 1 ZGB wegen Gefährdung
ihres wirtschaftlichen Auskommens das Getrenntleben zu bewilligen und
ihr Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 170 Abs. 3 zuzusprechen (vgl.
BGE 51 II 101 unten). Ist der Richter zur verbindlichen Festsetzung des
Haushaltungsgeldes nicht befugt, so kann selbstverständlich auch die
richterliche Genehmigung einer Vereinbarung über das Haushaltungsgeld
dieses nicht zu einer "durch den Richter auferlegten" Leistung
stempeln. Die streitigen Betreibungen sind daher mit Recht aufgehoben
worden.