Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 82



80 I 82

15. Urteil vom 12. März 1954 i.S. Luisoni gegen
Eidg. Volkswirtschaftsdepartement. Regeste

    Beamtenrecht: Entlassungen, die nicht wegen Verletzung
von Dienstpflichten ausgesprochen worden sind, unterliegen der
Disziplinarbeschwerde an das Bundesgericht nicht.

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer ist, nach einer zweijährigen Berufslehre
als Landwirt und nach praktischer Betätigung in verschiedenen
Landwirtschaftsbetrieben, im Jahre 1928 in den Dienst der eidgenössischen
landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Örlikon eingetreten. Von
1928-1930 war er daselbst in der Stellung eines Angestellten, auf
den 1. Januar 1931 wurde er in das Amt eines Laboratoriumsgehilfen
(21. Besoldungsklasse) gewählt und blieb seither in dieser Stellung. Seine
Tätigkeit bestand während nahezu 25 Jahren im wesentlichen in der
Vornahme von Trockensubstanzbestimmungen. Vom 1. Oktober 1945 bis Ende
Oktober 1946 leitete er nebenamtlich die Beratungszentrale bei der
Gemeindeackerbaustelle in Zürich.

    Im Dezember 1951 wurde ihm von der Anstalt mündlich eröffnet und
anschliessend schriftlich bestätigt, dass ihm eine andere Tätigkeit
zugewiesen werde, da er die ihm übertragene Aufgabe in den letzten
Jahren nicht mehr so erledigt habe, wie es wünschbar gewesen wäre. Er
werde auf den 1. Januar 1952 der Arbeitsgruppe Vogt zugeteilt. Es
bestehe die Aussicht, ihn später wieder mit einer selbständigen Arbeit
zu betrauen. Gedacht werde dabei an eine Tätigkeit in einem Gewächshaus
für den Kartoffelknollentest, das man in absehbarer Zeit zu errichten
hoffe. Die Verfügung wurde am 19. Mai 1952 durch Beschwerdeentscheid
der Abteilung für Landwirtschaft bestätigt. Dieser Entscheid wurde nicht
weitergezogen.

    Inzwischen war der Entscheid der Abteilung für Landwirtschaft, nach
welchem er bei der Arbeitsgruppe Vogt zugeteilt bleiben werde, Luisoni
bereits am 1. Mai 1952 mündlich eröffnet worden. Daraufhin meldete sich der
Beschwerdeführer am 2. Mai krank. Dieses Verhalten veranlasste eingehende
Untersuchungen über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.
Einzelheiten können hier auf sich beruhen bleiben. Das Endergebnis war,
dass das eidg. Volkswirtschaftsdepartement den Beschwerdeführer mit
Verfügung vom 26. November 1953 wegen durch den verwaltungsärztlichen
Dienst festgestellter Invalidität mit Wirkung auf 1. Dezember 1953 der
eidg. Versicherungskasse überwies.

    B.- Gegen diese Verfügung richtet Luisoni eine
Disziplinarbeschwerde. Er beantragt, die Verfügung aufzuheben und ihn in
seinem Amte als Laboratoriumsgehilfen zu bestätigen.

    Zur Begründung wird im wesentlichen geltend gemacht, das gegen
den Beschwerdeführer gerichtete Verfahren sei in Wirklichkeit ein
Disziplinarverfahren, die "Invalidierungsverfügung" der Abschluss dieses
Verfahrens. Sie bilde daher, wenn auch unter anderer Bezeichnung und
Begründung, eine disziplinarische Entlassung.

    C.- Das eidg. Volkswirtschaftsdepartement beantragt, auf die Beschwerde
nicht einzutreten.

    Das Bundesgericht hat das Eintreten auf die Beschwerde abgelehnt

Auszug aus den Erwägungen:

                          in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 117 OG ist in Disziplinarfällen die Beschwerde an das
Bundesgericht u.a. gegen Verfügungen zulässig, durch die der Beamte wegen
Verletzung seiner Dienstpflichten entlassen wird. Das sind zunächst die
Verfügungen, in denen Dienstpflichtverletzungen als Entlassungsgrund
aufgeführt werden. Unerheblich ist, wie die Verwaltung die Entlassung
charakterisiert, ob sie sie als Disziplinarmassnahme nach Art. 31 oder
als Auflösung des Dienstverhältnisses nach Art. 55 BtG bezeichnet. Die
Garantie richterlicher Überprüfung einer wegen Dienstpflichtverletzungen
angeordneten Entlassung kann dem Beamten nicht deswegen entzogen sein, weil
die Behörde die Massnahme als Entlassung ohne Strafcharakter bezeichnet
(BGE 56 I S. 494 f., 59 I S. 299; nicht publ. Urteil vom 6. Juni 1935
i.S. Frieden). Weiterhin werden auch Entlassungen, die auf andere Gründe
gestützt werden, als disziplinarische Entlassungen zu behandeln sein, wenn
sich nach den Umständen die Annahme rechtfertigen sollte, der wirkliche
Grund für die Entlassung liege in Verletzungen der Dienstpflicht, die
andere Begründung werde lediglich vorgeschoben.

    Anderseits aber darf eine aus andern Gründen als wegen
Dienstpflichtverletzungen ausgesprochene Entlassung nicht schon deshalb
als Disziplinarmassnahme angesehen werden, weil die verantwortlichen
Behörden den Tatbestand, der zur Entlassung führt, im Verlaufe der
Untersuchung auch daraufhin überprüft haben, ob er unter Umständen eine
disziplinarische Erledigung rechtfertige oder erfordere. Massgebend ist
die Erledigung, zu der die Behörde auf Grund ihrer Untersuchung gelangt,
nicht die Möglichkeiten, die während des Verfahrens erwogen worden waren.

Erwägung 2

    2.- Hier hat man es offensichtlich mit einer Entlassung zu tun, der
jeder disziplinarische Charakter abgeht. Der Beschwerdeführer ist nicht
wegen Dienstpflichtverletzungen entlassen worden, sondern weil er nach dem
Befunde des verwaltungsärztlichen Dienstes für eine weitere Beschäftigung
im Dienste des Bundes invalid geworden ist. Allerdings war das Verhalten
des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens auch auf die Möglichkeit
einer Verletzung von Dienstpflichten überprüft worden. Die Annahme von
disziplinarische Ahndung rechtfertigenden Dienstpflichtwidrigkeiten wurde
aber bestimmt abgelehnt. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein,
in der Entlassung des Beschwerdeführers und seiner vorzeitigen Versetzung
in den Ruhestand eine Massnahme disziplinarischen Charakters zu erblicken,
gegen die die Beschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 117 OG zulässig
wäre.