Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 44



80 I 44

9. Auszug aus dem Urteil vom 26. März 1954 i.S. Carl Hamel, Spinn-
und Zwirnereimaschinen AG gegen Eidg. Steuerverwaltung. Regeste

    Warenumsatzsteuer:

    1.  Lieferung von Textilmaschinen, die vom Besteller im Werk des
Fabrikanten abgenommen und dann von diesem am Bestimmungsort auf Grund
besonderen Auftrages zusammengesetzt werden. Der Abgabe unterliegt ausser
der in der Maschinenfabrik vollzogenen Lieferung auch die Ablieferung
der zusammengesetzten Ware.

    2.  Berechnung des Entgelts für die zweite Lieferung.

Sachverhalt

    A.- Die Beschwerdeführerin ist Grossist im Sinne des
Warenumsatzsteuerbeschlusses (WUStB). Nach den von ihr aufgestellten
"allgemeinen Lieferungsbedingungen" liefert sie die Textilmaschinen, die
sie herstellt, "ab Werk". Können versandbereite Waren ohne ihr Verschulden
auf den vorgesehenen Zeitpunkt nicht abgeliefert werden, so geht deren
Lagerung auf Kosten und Gefahr des Bestellers. Ist eine bestellte Maschine
fertiggestellt und versandbereit, so teilt die Beschwerdeführerin das
dem Besteller mit. Wenn die montierte Maschine für den Transport zu
schwer und unförmig ist, so wird sie vor dem Versand demontiert. Der
Besteller erhält in diesem Fall gleichzeitig mit der Anzeige, dass
die Maschine versandbereit zu seiner Verfügung in der Fabrik stehe, ein
Kisten-Inhaltsverzeichnis. Er holt die Maschine bei der Beschwerdeführerin
ab oder lässt sie abholen, oder er beauftragt die Beschwerdeführerin mit
dem Versand.

    Die Montage und die Inbetriebsetzung der Maschine ist nach den
"allgemeinen Lieferungsbedingungen" im Preise nicht inbegriffen. Einzelne
Kunden der Beschwerdeführerin besorgen diese Arbeiten selber. Die
Beschwerdeführerin stellt auf Wunsch ihre Monteure zur Verfügung. Hiefür
werden in Rechnung gestellt die Löhne nach Massgabe der Reisestunden,
der Arbeits- und Wartezeit, ferner die Auslagen für Bahnbillette, für
den Transport der Montagewerkzeuge und des Monteurgepäcks und für den
auswärtigen Unterhalt des Monteurs.

    Die Beschwerdeführerin behält sich bis zur gänzlichen Abzahlung des
Preises das Eigentum an den von ihr gelieferten Maschinen vor. Es wird
jeweils vereinbart, dass diese Objekte nicht Zugehör einer Liegenschaft
des Bestellers sein sollen.

    B.- Die Beschwerdeführerin hat in ihren Abrechnungen über die
Warenumsatzsteuer die für die Montage von Maschinen erhaltenen Entgelte
um die Auslagen für Bahnbillette, Unterhalt des Monteurs und Transport der
Werkzeuge gekürzt. Die eidg. Steuerverwaltung (EStV) fordert für die Zeit
vom 1. Januar 1948 bis zum 31. März 1953 von den abgezogenen Beträgen die
Steuer (4%) nach. Auf Einsprache hin hat sie an dem Anspruch festgehalten
(Entscheid vom 17. Dez. 1953).

    C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Firma Hamel
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie macht geltend, dass im Zeitpunkte,
wo sie dem Kunden die Maschine in der Fabrik zur Vergütung stelle,
die Lieferung im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses (Art. 15)
vollzogen sei. Was sie nachher auf Grund des gleichen Vertrages, der
dieser Lieferung zugrunde liege, auf Wunsch des Kunden noch besorge, sei
umsatzsteuerrechtlich belanglos. Die von ihr nach Ankunft der Ware beim
Kunden ausgeführte Montage sei keine Herstellung im Sinne von Art. 10
Abs. 2 WUStB; diese Leistung erfordere keine Zulieferung von Material.

    Sollte auch die Montage eines Steueranspruch begründen, so wäre die
Berechnung der Steuer zu berichtigen. Zunächst wären nach Art. 22 Abs. 2
WUStB vom Entgelt die Auslagen für den Transport des Montagewerkzeugs,
die Reisespesen des Monteurs und die Kosten seines auswärtigen Unterhalts
abzuziehen. Das übrige Entgelt, bestehend aus den Stundenlöhnen, wäre zum
Pauschalsatz von 0,8% zu besteuern; durch die Anwendung dieses von der
Verwaltungspraxis (Mitteilungen Nr. 2 a, c und d der EStV) zugelassenen
Satzes würde erreicht, dass die Löhne, die auf die Arbeit nach der
Verbindung der Maschine mit dem Gebäude des Bestellers entfallen (sog.

    Verbindungslöhne), entsprechend Art. 22 Abs. 1, Satz 3 WUStB ausser
Betracht blieben.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Warenumsatzsteuerbeschluss unterwirft der Abgabe unter
anderem die Lieferung im Inlande (Art. 13 Abs. 1 lit. a). Nach Art. 15
Abs. 1 liegt eine Lieferung vor, wenn der Abnehmer instand gesetzt wird,
im eigenen Namen - wie ein Eigentümer - über eine Ware zu verfügen, die
sich im Zeitpunkte der Verschaffung der Verfügungsmacht im Inlande befindet
(BGE 74 I 68). Als Lieferung gilt nach Abs. 2 daselbst auch die Ablieferung
einer auf Grund eines Werkvertrages oder Auftrages hergestellten Ware. Als
Herstellung ist nach der ausdrücklichen Vorschrift in Art. 10 Abs. 2
WUStB auch die Zusammensetzung einer Ware anzusehen. Ob die Herstellung
für den ausführenden Grossisten Arbeit und die Zulieferung von Material
oder nur Arbeit erfordert, ist gleichgültig (BGE 73 I 268 Erw. 2). Die
Ablieferung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 ist vollzogen in dem Zeitpunkte,
da der Unternehmer oder Beauftragte dem Besteller oder Auftraggeber die
hergestellte Ware übergibt oder zu seiner Verfügung freigibt (BGE 74 I
70 Erw. 3).

    a) Aus den "allgemeinen Lieferungsbedingungen" der Beschwerdeführerin
ergibt sich, dass sie die bei ihr bestellten Maschinen "ab Werk"
liefert. Im Zeitpunkte, in dem der Abnehmer die Mitteilung der
Beschwerdeführerin erhält, dass die bestellte Maschine in der Fabrik
versandbereit zu seiner Verfügung steht, wird er instand gesetzt, über
die Ware im eigenen Namen zu verfügen. Damit ist eine Lieferung im Sinne
des Art. 15 WUStB vollzogen, was die Beschwerdeführerin auch anerkennt.

    b) Nach dieser Lieferung versendet die Beschwerdeführerin die Maschine,
sofern der Kunde nicht vorzieht, die Ware selber abzuholen oder durch
einen Dritten abholen zu lassen. Der Versand durch die Beschwerdeführerin
setzt einen besonderen Auftrag des Kunden voraus. Die Erfüllung dieses
Auftrages ist nicht Warenlieferung im Sinne des WUStB oder Teil einer
solchen, sondern tritt zu der im Werk der Beschwerdeführerin vollzogenen
Lieferung als selbständige Leistung hinzu, die der Warenumsatzsteuer
nicht unterliegt. Der Abnehmer empfängt vom Frachtführer dieselbe Ware,
die ihm bereits in der Fabrik der Beschwerdeführerin, bereit zum Versand,
zur Verfügung gestellt und damit geliefert worden ist; aus dem Gegenstand
der damaligen Lieferung ist bis zur Ablieferung durch den Frachtführer
nicht etwas Neues hergestellt worden. Diese Ablieferung fällt daher
nicht unter Art. 15 Abs. 2 WUStB.

    c) Für die Montage der Maschine am Bestimmungsort stellt die
Beschwerdeführerin dem Kunden auf Wunsch Monteure zur Verfügung. Wünscht
das der Kunde, so schliesst die Beschwerdeführerin mit ihm eine weitere
besondere Vereinbarung ab, durch die sie sich verpflichtet, gegen
zusätzliches Entgelt die Montage zu besorgen. Die Montage ist eine
Zusammensetzung, also eine Herstellung im Sinne von Art. 10 Abs. 2
WUStB, auch wenn sie, wie im Falle der Beschwerdeführerin, für den
ausführenden Unternehmer nur Arbeit, nicht auch die Zulieferung von
Material erfordert. Sie wird von der Beschwerdeführerin auf Grund
eines Werkvertrages oder Auftrages mit besonderer Preisabmachung
ausgeführt. Indem die Beschwerdeführerin die so hergestellte Ware dem
Kunden wieder zur Verfügung stellt, nimmt sie eine Ablieferung vor,
die nach Art. 15 Abs. 2 WUStB als Warenlieferung gilt und daher einen
Abgabeanspruch begründet. Ihr Einwand, dass "die" Lieferung im Sinne
des WUStB schon mit der Abnahme der Maschine in ihrem Werk vollzogen
sei, hilft ihr nicht. Die nachherige Montage im Betriebe des Kunden,
die sie auf Grund einer besonderen Abmachung übernimmt, ist eine
selbständige Leistung, die zu einer neuen steuerbaren Lieferung führt.
Unbegründet ist auch der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, die
Besteuerung der Montagearbeit hätte eine dem Grundsatz der Rechtsgleichheit
widersprechende Benachteiligung der Hersteller grosser Maschinen, die für
den Transport zerlegt werden müssen, zur Folge. Wenn kleinere Maschinen
für den Transport nicht auseinandergenommen und daher am Bestimmungsort
nicht zusammengesetzt werden müssen, so kann es eben nicht dazu kommen,
dass der Lieferung "ab Werk" eine auf Grund eines besonderen Auftrages
vorzunehmende Wiederherstellung und damit eine zweite Lieferung im Sinne
des WUStB folgt. Es kann keine Rede davon sein, dass Gleiches ungleich
behandelt wird.

Erwägung 2

    2.- Die Steuer, welcher die Lieferungen unterliegen, wird nach
Art. 20 Abs. 1 lit. a WUStB von der Summe der vereinnahmten Entgelte
berechnet. Zum Entgelt gehört nach Art. 22 Abs. 1, Satz 1 alles, was der
Lieferer (oder an seiner Stelle ein Dritter) als Gegenleistung für die
Ware erhält. Die Steuer, die der liefernde Grossist schuldet, ist daher
von der Bruttoeinnahme zu berechnen, die er auf Grund der Lieferung
erzielt. Die Bruttoeinnahme umfasst alle Leistungen, die dem Abnehmer
überbunden werden, ohne Unterschied danach, ob die eingenommenen Beträge
für den Empfänger Kostenersatz oder Erträgnisse darstellen. Auch die
Nebenleistungen, die der Abnehmer bei der Lieferung erbringen muss, sind
daher Entgelt im Sinne des Gesetzes, soweit dieses sie nicht ausdrücklich
von der Belastung ausnimmt. Die Aufzählung der Ausnahmen in Art. 22 Abs. 2
WUStB ist abschliessend (BGE 74 I 319; Urteil vom 19. September 1952 in
Sachen H., Erw. 1, ASA 21, 205). Nach lit. a ebenda können vom Entgelt die
Auslagen für die Beförderung und Versicherung der Waren abgezogen werden,
sofern sie vom Lieferer gesondert in Rechnung gestellt werden. Gemeint
sind effektive Auslagen an Dritte, und zwar für den Transport der Ware, die
Gegenstand der Lieferung ist, auf dem Wege zwischen Lieferer und Abnehmer
und für die Versicherung dieser Ware (BGE 74 I 326 ff., betreffend die
entsprechende Bestimmung des Luxussteuerbeschlusses; zit. Urteil H.,
Erw. 1).

    Die Bruttoeinnahme, welche die Beschwerdeführerin zufolge Ablieferung
der von ihr im Betriebe des Kunden montierten Maschine erzielt, umfasst
eine Gegenleistung für Stundenlöhne, ferner Vergütungen der Auslagen für
Bahnbillette, für den Transport des Montagewerkzeugs und des Monteurgepäcks
und für den auswärtigen Unterhalt des Monteurs. Alle diese Leistungen
sind nach Art. 22 WUStB zum steuerbaren Entgelt zu rechnen. Für die
Lohnvergütungen wird dies bestätigt durch Abs. 1, Satz 2, wonach bei der
Lieferung auf Grund eines Werkvertrages der Werklohn zum Entgelt gehört,
auch wenn er gesondert in Rechnung gestellt wird. Zu Unrecht verlangt
die Beschwerdeführerin, unter Berufung auf Abs. 2 lit. a ebenda, den
Abzug der übrigen Gegenleistungen des Kunden. Dass Billettspesen und
Kosten der auswärtigen Verpflegung und Unterkunft des Monteurs nicht
unter diese Bestimmung fallen, liegt auf der Hand; denn das sind nicht
Auslagen für die Beförderung von Waren. Aber auch die Kosten des Hin-
und Rücktransportes des Montagewerkzeugs und des Monteurgepäcks sind nicht
abziehbar, auch wenn sie effektive Auslagen an Dritte sind und gesondert
in Rechnung gestellt werden. Sie betreffen nicht die Beförderung der Ware,
die Gegenstand der Lieferung (Ablieferung) bildet. Sie können so wenig
abgezogen werden wie etwa Auslagen für den Hertransport von Werkstoffen,
die für die Herstellung der zu liefernden Ware benötigt werden (vgl. BGE
74 I 327; zit. Urteil H., Erw. 1).

    Haltlos ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin, es widerspreche
dem Gebot der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen, dass die für die
Montage berechneten Löhne und übrigen Kosten besteuert werden, wenn diese
Arbeit von ihr übernommen wird, dagegen nicht, wenn der Kunde dieselbe
besorgt. Dass die beiden Fälle verschieden behandelt werden, entspricht dem
System des Gesetzes, wonach die Steuerpflicht des Grossisten beschränkt
ist auf die Umsätze, die Gegenstand seines Geschäftsbetriebes bilden
(BGE 73 I 261).

Erwägung 3

    3.- Bei der Lieferung von Waren, die zur Herstellung (Neuerstellung
oder Instandstellung) von Bauwerken verwendet werden, bemisst sich
das steuerbare Entgelt nach dem Wert der Ware im Zeitpunkte ihrer
Verbindung mit dem Grund und Boden oder dem Gebäude (Art. 22 Abs. 1,
Satz 3 WUStB). Daher kommen die Löhne und übrigen Kosten, die auf die
Bearbeitung nach dieser Verbindung entfallen (sog. Verbindungslöhne),
für die Berechnung des steuerbaren Umsatzes nicht in Betracht. Die
Verwaltungspraxis lässt gestützt auf Art. 34 Abs. 2 WUStB eine
annäherungsweise Ermittlung des steuerbaren Betreffnisses in der Weise
zu, dass vom Gesamtbetrag der Kosten der betreffenden baugewerblichen
Leistung jeweilen ein bestimmter einheitlicher Prozentsatz für steuerfreie
Verbindungslöhne abgezogen wird. So ist für die Montage gewisser
Maschinenanlagen vorgesehen, dass vom gesamten Rechnungsbetrag 80%
steuerfrei sind und dementsprechend die Steuer, bezogen auf diesen
Gesamtbetrag, 0,8% ausmacht. Indessen wendet die Verwaltung die
besondere Bewertungsregel von Art. 22 Abs. 1, Satz 3 WUStB nur an, wo
die Ware derart mit dem Grundstück (Bauwerk) verbunden wird, dass sie
zu seinem Bestandteil (Art. 642 ZGB) wird. Mit Recht; denn der Wortlaut,
insbesondere die französische Fassung ("incorporation"), schliesst eine
andere Auffassung aus. Wird eine Maschine, die ein Grossist auf Grund
eines Werkvertrages oder Auftrages in der Fabrik des Kunden zu montieren
hat, nicht Bestandteil des Fabrikgrundstücks, so bleibt sie auch nach der
"Verbindung" mit diesem eine Ware im Sinne des WUStB, da sie nach wie vor
Gegenstand eines Fahrniskaufes sein kann (Art. 17). In diesem Fall wird
sie nicht "zur Herstellung eines Bauwerkes verwendet" (Art. 22 Abs. 1,
Satz 3). Sie wird nach der Montage, als hergestellte Ware, abgeliefert,
und darin liegt eine Warenlieferung (Art. 15 Abs. 2). Zum Entgelt für diese
Lieferung gehört, nach der allgemeinen Regel (Art. 22 Abs. 1, Satz 1),
auch die Gegenleistung für die Bearbeitung, die in der Zeit zwischen der
"Verbindung" und der Ablieferung noch vorgenommen wird.

    Die von der Beschwerdeführerin gelieferten Textilmaschinen werden bei
der Montage am Bestimmungsort nicht zu Bestandteilen des Fabrikgrundstücks
des Bestellers. Es verhält sich nicht so, dass das Aufnahmegebäude nur
in Verbindung mit der Maschine bestimmungsgemäss verwendet werden könnte
(BGE 76 II 30 Erw. 2; HAAB, Kommentar zu Art. 642 ZGB, N. 12). Eine
andere Auffassung wird auch von der Beschwerdeführerin nicht vertreten und
wäre übrigens nicht vereinbar mit den von ihr aufgestellten "allgemeinen
Lieferungsbedingungen", wonach sie sich das Eigentum an den gelieferten
Maschinen bis zur gänzlichen Abzahlung des Preises vorbehält und mit
dem Kunden vereinbart, dass die Maschinen nicht einmal Zugehör werden
dürfen. Die Beschwerdeführerin hat daher keinen Anspruch darauf, dass
die Steuer für die Montage auf 0,8% des gesamten Rechnungsbetrages
herabgesetzt wird.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.