Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 417



80 I 417

69. Urteil vom 3. Dezember 1954 i. S. Hertig gegen Rekurskommission des
Kantons Bern. Regeste

    Wehrsteuer:

    1.  Unterscheidung von Geschäftsvermögen einer Kommanditgesellschaft
und Gegenständen des Privatvermögens eines Gesellschafters: Eine
Liegenschaft, die ein Gesellschafter aus privaten Mitteln gekauft hat
und die er durch Vermietung an die Gesellschaft nutzt, gehört nicht zum
Geschäftsvermögen.

    2.  Der Kapitalgewinn, den der Gesellschafter bei einem späteren
Verkauf an die Gesellschaft erzielt, unterliegt der Wehrsteuer nicht.

Sachverhalt

    A.- Fritz Hertig war einziger unbeschränkt haftender Gesellschafter
und Geschäftsleiter der Kommanditgesellschaft Fr. Hertig & Co. Diese
betrieb eine graphische Anstalt in der Liegenschaft Neuhausstr. 30 in
Biel. Hertig hatte die Liegenschaft, auf der schon damals eine Druckerei
betrieben wurde, im Jahre 1913 erworben und seither zur Hauptsache an
die Kommanditgesellschaft, den Rest an Dritte vermietet. 1946 und 1949
erwarb er die beiden Hälften (Miteigentumsanteile) der Liegenschaft
Neuhausstr. 24 mit Wohnhaus und Garten, um im Garten ein Lagergebäude
zu errichten; nachdem dieser Plan aus baupolizeilichen Gründen misslang,
verkaufte er den Garten an die Kommanditgesellschaft, welche darin eine
Baracke aufstellte. Am 22. Februar 1951 wurde der Geschäftsbetrieb
von der Kommanditgesellschaft auf die neugegründete Aktiengesellschaft
Hertig & Co. A. G. übertragen. Am 18. Januar 1951 verkaufte Hertig dieser
Aktiengesellschaft die beiden ihm verbliebenen Liegenschaften mit Gewinn.

    Hertig wurde auf Grund von Art. 21 lit. d WStB für Kapitalgewinn
veranlagt.

    Er erhob Beschwerde und beantragte Aufhebung der Veranlagung
für Kapitalgewinn. Durch Entscheid vom 18. Mai 1954 wies die kant.
Rekurskommission die Beschwerde ab. Die Begründung lässt sich wie folgt
zusammenfassen:

    Gemäss Art. 21 lit. d WStB würden Kapitalgewinne nur besteuert,
wenn sie im Geschäftsbetrieb eines zur Führung kaufmannischer
Bücher verpflichteten Unternehmens erzielt worden seien. Ob
ein Vermögensgegenstand zum Geschäfts- oder Privatvermögen gehöre,
beurteile sich nach der Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse, und
zwar bei einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft ebenso wie beim
Einzelkaufmann. Dem Geschäftsvermögen sei ein Aktivum dann zuzurechnen,
wenn es aus Mitteln des Geschäfts oder für geschäftliche Zwecke erworben
worden sei, ferner auch dann, wenn es dem Geschäftsbetrieb tatsächlich
diene, sei es unmittelbar durch seine Beschaffenheit, sei es mittelbar
durch seinen Wert als Betriebskapital oder als Reserve.

    Der Beschwerdeführer habe die Liegenschaft Neuhausstr. 30 seinerzeit
aus geschäftlichen Überlegungen mit der Druckerei und zur Fortführung
dieses Gewerbes erworben; ihr Charakter als Geschäftsvermögen habe sich
mit der sukzessiven Erweiterung des Betriebes ständig verdeutlicht, und im
Zeitpunkt der Veräusserung habe die ganze Liegenschaft dem Geschäftsbetrieb
gedient. Nr. 24 sei zwar zur Zeit des Kaufes eine ausgesprochene
Wohnliegenschaft gewesen; entscheidend für den Beschwerdeführer sei
aber das Vorhandensein des Gartens gewesen, wo er ein Lagergebäude habe
erstellen wollen; auch sie habe er somit aus geschäftlichen Gründen
erworben. Gestützt auf diese Feststellungen seien schon in einem früheren
kantonalen Rekursverfahren die beiden Liegenschaften als Geschäftsvermögen
betrachtet und die Vermögensgewinnbesteuerung aufgehoben worden; der
Beschwerdeführer habe jenen Entscheid nicht angefochten. Bei dieser
Sachlage müsse auch für die Wehrsteuer davon ausgegangen werden, der
Kapitalgewinn sei auf Geschäftsvermögen erzielt worden. Für seine im
Rahmen der Kommanditgesellschaft ausgeübte Geschäftstätigkeit sei der
Beschwerdeführer buchführungspflichtig. Demgemäss unterliege der auf
dem Geschäftsvermögen erzielte Kapitalgewinn nach Art. 21 lit. d WStB
der Wehrsteuer.

    B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Hertig, seine
Veranlagung zur Wehrsteuer für Kapitalgewinn aufzuheben.

    Er macht geltend, er habe die beiden Liegenschaften an der
Neuhausstrasse aus persönlichen Mitteln erworben und unterhalten. Sie
hätten nie zum Betriebsvermögen der Kommanditgesellschaft gehört und
seien auch steuerlich nie als solches behandelt worden, auch nicht unter
dem alten bernischen Steuergesetz, wonach die Kommanditgesellschaft
bis 1944 ein selbständiges Steuersubjekt gewesen sei. Erst im
Rekursentscheid betreffend die kantonale Vermögensgewinnsteuer habe die
kant. Rekurskommission von sich aus mit jener Begründung erklärt, der
Gewinn sei nicht als Vermögensgewinn, sondern als Einkommen zu besteuern;
da die Belastung in beiden Fällen ungefähr gleich sei, habe er keinen
Grund gehabt, den Entscheid anzufechten. Die Ordnung im WStB sei anders
als in kantonalen Recht.

    Während der ganzen Dauer der Kommanditgesellschaft sei das
Gesellschaftsvermögen von demjenigen der beiden Gesellschafter streng
getrennt worden. Eine Übernahme der Liegenschaft mit den darauf
lastenden Hypotheken durch die Kommanditgesellschaft sei nie in Frage
gekommen. Hertig sei stets als alleiniger Eigentümer im Grundbuch
eingetragen gewesen; der Kommanditär sei an den Liegenschaften in keiner
Weise beteiligt gewesen. Als privater Liegenschaftseigentümer sei der
Beschwerdeführer nicht zur Buchführung verpflichtet; dieser Pflicht
unterstehe nur die Kommanditgesellschaft für das von ihr geführte
kaufmännische Gewerbe. Somit unterliege der Kapitalgewinn, der der
Beschwerdeführer beim Verkauf seiner Liegenschaften erzielt habe, der
Wehrsteuer nicht. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen

Auszug aus den Erwägungen:

                          in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB unterliegen der Wehrsteuer
Kapitalgewinne, die im Betriebe eines zur Führung kaufmännischer Bücher
verpflichteten Unternehmens bei der Veräusserung oder Verwertung von
Vermögensstücken erzielt werden. Nicht steuerbar sind derartige Gewinne,
wenn sie nicht in einem buchführungspflichtigen Betriebe erzielt
werden - sei es von einer Person, die überhaupt nicht zur Buchführung
verpflichtet ist, sei es von einer Person, die zwar einer solchen Pflicht
untersteht, aber ausserhalb des davon betroffenen Betriebes. Die letztere
Unterscheidung ist von Bedeutung beim Einzelkaufmann; bei ihm ist zu
unterscheiden zwischen seinem dem kaufmännischen Betriebe dienenden
Geschäftsvermögen und seinem übrigen, davon nicht berührten Vermögen,
das in Gegenüberstellung zu jenem als Privatvermögen bezeichnet wird;
er unterliegt nur für das erstere der Buchführungspflicht. Ob ein von ihm
erzielter Kapitalgewinn das Geschäfts- oder das Privatvermögen betrifft und
somit der Wehrsteuer unterliegt oder nicht, ist nicht nach seiner Willkür,
wie sie in der Art der Verbuchung zum Ausdruck kommt, sondern nach der
Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse zu entscheiden (BGE 70 I 260,
Erw. 3).

    Ähnliches gilt für die Gesellschafter von Kollektiv- und
Kommanditgesellschaften: Da diese Gesellschaften für die Wehrsteur
keine selbständigen Steuersubjekte bilden, ihr Einkommen und Vermögen
vielmehr bei den einzelnen Gesellschaftern gemäss deren Anteilen erfasst
wird, beurteilt sich die Steuerbarkeit eines den letztern erwachsenden
Kapitalgewinns danach, ob er im Geschäftsbetrieb der Gesellschaft oder
aus dem Privatvermögen der Gesellschafter erzielt wurde. Entscheidend
ist auch hier die Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse und nicht
die formelle Behandlung in den Büchern.

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Falle geht es darum, ob die beiden Liegenschaften
Neuhausstr. 30 und 24 zum Privatvermögen des Beschwerdeführers
oder zum Geschäftsvermögen der Kommanditgesellschaft Fr. Hertig &
Co. gehörten, deren einziger unbeschränkt haftender Gesellschafter
er war. Ausser ihm war an der Gesellschaft noch der Kommanditär Karl
Hertig beteiligt. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer die beiden
Liegenschaften aus persönlichen Mitteln erwarb, dass er im Grundbuch
als deren Eigentümer eingetragen war, und dass sie in den Büchern
der Gesellschaft nicht figurierten und auch stets von ihm persönlich
versteuert wurden - und zwar Nr. 30 schon unter dem bis 1944 gültigen
alten bernischen Steuergesetz, nach welchem die Kommanditgesellschaft
selbst Steuersubjekt war. Die kant. Rekurskommission stellt entscheidend
darauf ab, dass der Beschwerdeführer beide Liegenschaften mit Rücksicht
auf den Geschäftsbetrieb der Kommanditgesellschaft erworben und die Nr. 30
vollumfänglich dafür zur Verfügung gestellt habe.

    Richtig ist, dass er im Jahre 1913 die Liegenschaft Nr. 30 wegen
der schon damals darin betriebenen Druckerei kaufte, die dann von der
Kommanditgesellschaft fortgeführt und erweitert wurde, und dass er den
grössten Teil derselben zu diesem Zwecke an die Kommanditgesellschaft
vermietete. Er hat sie also zur Hauptsache für deren Geschäftsbetrieb zur
Verfügung gestellt - aber unbestrittenermassen nicht etwa unentgeltlich,
sondern für einen angemessenen Mietzins. Hätte die Gesellschaft die
Liegenschaft bzw. den grössten Teil derselben in gleicher Weise von einem
unbeteiligten Dritten gemietet, so wäre niemand auf den Gedanken gekommen,
sie als zu ihrem Geschäftsvermögen gehörig anzusehen. Es besteht jedoch
kein Grund zu einer anderen Behandlung lediglich deswegen, weil der
Vermieter ihr unbeschränkt haftender Gesellschafter war. Ebensowenig
von seiner Seite aus gesehen: Er nützte die Liegenschaft persönlich als
Privatvermögen durch Vermietung; dabei spielt es keine Rolle, dass die
Mieterin die Kommanditgesellschaft war, deren Hauptbeteiligter er war. Der
Mietzins war keine blosse Formsache, indem die Kommanditgesellschaft
weder rechtlich noch wirtschaftlich mit dem Beschwerdeführer identisch
war, obwohl er am stärksten an ihr interessiert war. Die Gesamtheit
der tatsächlichen Verhältnisse steht also hier nicht im Widerspruch zum
Grundbucheintrag, sondern spricht in Übereinstimmung mit ihm dafür, dass
die Liegenschaft zum Privatvermögen des Beschwerdeführers und nicht zum
Gesellschaftsvermögen gehörte.

Erwägung 3

    3.- Die aus einem Wohnhaus und Garten bestehende Liegenschaft
Nr. 24 erwarb der Beschwerdeführer in den Jahren 1946 und 1949
(bis dahin bestand an ihr hälftiges Miteigentum). Sein Motiv war
zugegebenermassen die Absicht, den Garten der Kommanditgesellschaft
für ihren Geschäftsbetrieb zur Verfügung zu stellen, nämlich für ein
Lagergebäude. Ob er dieses ursprünglich selbst erstellen und dann der
Gesellschaft vermieten wollte, steht nicht fest. Tatsächlich hat er
den Garten an die Kommanditgesellschaft verkauft, welche darin gegen
Revers eine Baracke aufstellte. Das Wohnhaus behielt er und vermietete
es zu Wohnzwecken an Dritte. Wenn er auch die ganze Liegenschaft kaufen
musste, um den Garten der Kommanditgesellschaft zuführen zu können, so
hat er dann doch die Verwendung für ihre Geschäftszwecke auf den Garten
beschränkt und das Wohnhaus als Privatvermögen behalten; deutlicher
als durch den Verkauf des Gartens an die Gesellschaft hätte er diese
Trennung nicht zum Ausdruck bringen können. Erst als im Jahre 1951 die
Aktiengesellschaft gegründet wurde, verkaufte er das Wohnhaus an diese;
bis dahin gehörte es zu seinem Privatvermögen; die Kommanditgesellschaft
hatte damit überhaupt nie etwas zu tun. Gegenstand des Verkaufs von 1951,
wo der Kapitalgewinn erzielt wurde, bildete nur noch das Wohnhaus. Es
kann somit keine Rede davon sein, dass dieser Gewinn im Geschäftsbetrieb
der Kommanditgesellschaft erzielt worden sei.

Erwägung 4

    4.- Da der ganze Kapitalgewinn aus dem Privatvermögen des persönlich
nicht buchführungspflichtigen Beschwerdeführers gemacht wurde, unterliegt
er der Wehrsteuer nicht und ist die darauf bezügliche Veranlagung
aufzuheben.