Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 35



80 I 35

7. Urteil vom 12. März 1954 i.S. Gummiwerke Riehterswil AG gegen
Eidg. Steuerverwaltung. Regeste

    Couponabgabe, Verrechnungssteuer: Die Erhöhung des Nennwerts von Aktien
unter Verwendung von Mitteln der Gesellschaft unterliegt diesen Abgaben.

Sachverhalt

    A.- Die Gummiwerke Richterswil A. G. hat durch Beschluss der
Generalversammlung vom 30. April 1953 den Nennwert ihrer 3000 Aktien
von Fr. 250.-- auf Fr. 300.-- je Stück erhöht. Die erforderlichen
Mittel sind einer Spezialreserve der Gesellschaft entnommen
worden. Die eidg. Steuerverwaltung fordert von der Gesellschaft für
die Nennwerterhöhung die Couponabgabe und die Verrechnungssteuer im
Gesamtbetrag von Fr. 45'000.--.

    B.- Gegen den die Forderung bestätigenden Einspracheentscheid
vom 28. Dezember 1953 erhebt die Gummiwerke Richterswil
A. G. Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen,
dass die Erhöhung des Nennwerts ihrer Aktien keine steuerbare Leistung im
Sinne von Art. 5 Abs. 2 CG und Art. 4 Abs. 1 lit. a VStB sei. Sie macht
geltend, der Verkehrsvorgang der Zuteilung von Gratisaktien "als solcher"
sei in Art. 5 Abs. 2 CG nicht ausdrücklich als steuerbar erklärt, und
noch weniger die Erhöhung des Nennwerts der Aktien durch Umwandlung von
Reserven. Die Bestimmung führe die Gratisaktien "nur als Beispiel" an. Die
Couponabgabe sei zur Erfassung des Kapitalertrages geschaffen worden. Sie
belaste ihn aber nur, soweit er ausgerichtet, d.h. aus dem Vermögen
der Gesellschaft ausgeschieden und dem Kapitalgeber zur freien Verfügung
überlassen werde, sei es durch Barzahlung (als Zins oder Dividende), sei es
durch geldwerte Leistung. Die Ausgabe von Gratisaktien stelle indes keine
solche Ausrichtung dar. Wollte man den Begriff der geldwerten Leistung
weiter fassen, so müsste doch zum mindesten verlangt werden, dass dem
Kapitalgeber ein Vorteil mit Geldwert verschafft werde. Das träfe bei der
Umwandlung von Reserven in Aktienkapital nur unter besonderen Umständen zu,
so wenn sie die Umgehung der Couponabgabe auf dem Liquidationsüberschuss
bezweckte, oder allenfalls wenn sie mit der Ausgabe neuer Aktien verbunden
wäre, oder wenn sie auf eine Umgehung einer gesetzlichen Beschränkung
des Dividendensatzes hinausliefe. Hier liege aber kein solcher Fall vor.

    C.- Die eidg. Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 5 Abs. 2 CG sind Gegenstand der Couponabgabe
u.a. Urkunden zum Bezuge, zur Auszahlung, Überweisung, Gutschrift
oder Verrechnung solcher geldwerter Leistungen der Aktiengesellschaft
an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die sich nicht
als Rückzahlung der dividendenberechtigten Anteile am einbezahlten
Grundkapital darstellen. Die Bestimmung nennt am Schluss Beispiele
steuerbarer Leistungen, darunter die Ausgabe von Gratisaktien. Der Sinn
der Aufzählung ist klar. Das Gesetz führt typische Tatbestände an, um
zu veranschaulichen, wie die vorausgehende allgemeine Umschreibung der
steuerbaren Leistung zu verstehen ist. Es stellt damit zugleich fest,
dass diese Tatbestände selbst der Abgabe unterliegen; es lässt für eine
abweichende Auffassung keinen Raum. Daher ist im einzelnen Fall nicht
mehr zu untersuchen, ob die Zuteilung von Gratisaktien an Aktionäre eine
steuerbare Leistung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 CG sei.

    Der Ausgabe von Gratisaktien ist der Fall gleichzustellen, wo der
Nennwert von Aktien gratis erhöht wird; denn die betreffenden Titel werden
zu Gratisaktien in dem Betrage, mit dem sie aus Mitteln der Gesellschaft
liberiert werden. Die Gratiserhöhung des Nennwerts von Aktien ist somit,
kraft positiver Anordnung in Art. 5 Abs. 2 CG, der Couponabgabe und
infolgedessen, nach Art. 4 Abs. 1 lit. a VStB, auch der Verrechnungssteuer
unterworfen.

Erwägung 2

    2.- Die Entscheidung könnte auch dann nicht anders ausfallen, wenn
Art. 5 Abs. 2 CG die Zuteilung von Gratisaktien nicht ausdrücklich als
Gegenstand der Abgabe erklärte. Durch den Bezug solcher Aktien und durch
die ihm gleichstehende Gratiserhöhung des Nennwerts von Aktien erhalten die
Aktionäre kraft ihrer Mitgliedschaft und nach Massgabe ihrer bisherigen
Beteiligung eine Leistung, die nicht Rückzahlung dividendenberechtigter
Anteile am einbezahlten Grundkapital ist. Die Leistung wird von der
Aktiengesellschaft erbracht, deren Mittel dafür verwendet werden. Sie
besteht in der Liberierung, Einzahlung des entsprechenden Betrages
auf das Aktienkapital. Einer Zahlung kann aber Geldwert unter keinen
Umständen mit Grund abgesprochen werden, auch dann nicht, wenn sie,
wie hier, durch Gutschrift vorgenommen wird, zumal da Art. 5 Abs. 2 CG
Gutschriften ausdrücklich als Formen geldwerter Leistungen aufführt. Der
Einwand, dass durch den in Frage stehenden Vorgang nichts aus dem Vermögen
der Gesellschaft ausgeschieden, an den Aktionär zur freien Verfügung
ausgerichtet werde, hilft der Beschwerdeführerin nicht. Die Ausrichtung
liegt darin, dass frei verfügbare Mittel der Gesellschaft gebunden,
auf die persönliche Beteiligung des einzelnen Aktionärs übertragen und
diesem damit, durch Gutschrift, zugewendet werden. Über den Titel im
neuen erhöhten Nennwert kann der Aktionär frei zu eigenem Nutzen verfügen
(BGE 69 I 38; Urteil vom 31. Mai 1943, ASA 12, 356). Dass die Leistung
eine Bereicherung des Aktionärs bewirke, ist nicht Voraussetzung der
Abgabepflicht (BGE 61 I 293), was in der Beschwerdeschrift anerkannt
wird. Ebenso ist unwesentlich, ob mit der Leistung eine Steuerumgehung
beabsichtigt war oder nicht (BGE 72 I 314 oben, Erw. 3).

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.