Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 264



80 I 264

43. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juni 1954 i.S. Hinden gegen Wachter
und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft. Regeste

    Art. 84 Abs. 2 OG, Art. 264 BStP. Der Beschuldigte kann den
interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen auch nach Ausfällung des
Sachurteils nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten.

Sachverhalt

    Wachter reichte gegen Hinden beim Bezirksgericht Arlesheim
Strafklage ein, unter anderem weil sich der Beklagte in einem Brief an die
Militärversicherung und einem solchen an die Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Land gegenüber dem Kläger der Ehrverletzung und im ersterwähnten
Schreiben ausserdem der Kreditschädigung schuldig gemacht habe. Nachdem
Hinden behauptet hatte, er habe die beiden Briefe in Basel geschrieben
und der Post übergeben, weshalb die Behörden des Kantons Basel-Land zur
Verfolgung nicht zuständig seien, reichte Wachter vorsorglicherweise
auch noch bei den Behörden des Kantons Basel-Stadt Strafklage wegen
Ehrverletzung und Kreditschädigung ein. Am 27. Mai 1953 stellte die
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt das Strafverfahren betreffend
Kreditschädigung wegen Fehlens des Tatbestandes ein. Am 29. September
1953 sprach das Polizeigericht Arlesheim Hinden von der Anschuldigung der
Kreditschädigung frei, verurteilte ihn dagegen wegen übler Nachrede. Auf
Appellation des Verurteilten bestätigte das Obergericht des Kantons
Basel-Land dieses Urteil am 15. Februar 1954. Hinden focht das Urteil
des Obergerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des
Art. 4 BV an.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger
Rechte der Bürger ist nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung
nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder
einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann (Art. 84 Abs. 2 OG). Die
interkantonale Zuständigkeit der Behörden des Kantons Basel-Land konnte,
solange das Polizeigericht das Sachurteil nicht gefällt hatte, gemäss Art.
264 BStP vom Beschuldigten bei der Anklagekammer des Bundesgerichts
bestritten werden. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher nicht
zulässig, soweit sie darauf abzielt, einen anderen Gerichtsstand zu
erreichen, sei es auch bloss mittelbar, indem der Beschwerdeführer eine
Rechtsverweigerung und Willkür darin sieht, dass seinem Antrage auf
Überweisung der Akten an die Anklagekammer des Bundesgerichts nicht Folge
gegeben wurde und das Obergericht nicht zu der Frage Stellung genommen
habe, ob der Entscheid der Basler Staatsanwaltschaft vom 27. Mai 1953
über den Vorwurf der Kreditschädigung den Gerichtsstand Basel auch zur
Verfolgung der Ehrverletzungen begründet habe. Dass nach Ausfällung des
Sachurteils die Anklagekammer nicht mehr angerufen werden kann, macht die
staatsrechtliche Beschwerde in Fragen des interkantonalen Gerichtsstandes
nicht zulässig. Dieses Rechtsmittel ist nicht nur ausgeschlossen, wenn
die behauptete Verletzung durch ein anderes gegen das letztinstanzliche
Endurteil gerichtetes Rechtsmittel beim Bundesgericht, sondern auch,
wenn sie schon vor der Fällung dieses Urteils, im Laufe des kantonalen
Verfahrens, auf diese andere Weise gerügt werden kann (Urteil vom 4. Juni
1945 i.S. Gut).

    Übrigens haben die kantonalen Gerichte dem Beschwerdeführer nicht das
Recht verweigert, indem sie es ablehnten, die Akten von Amtes wegen der
Anklagekammer des Bundesgerichts zu übermitteln. Wenn der Beschwerdeführer
einen Entscheid dieser Instanz begehrte, war es an ihm, sich in gehöriger
Form (Art. 30 OG) durch ein Gesuch an sie zu wenden.