Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 I 184



80 I 184

30. Urteil vom 3. März 1954 i.S. Kanton Thurgau gegen Kanton St. Gallen.
Regeste

    Der Steuerwohnsitz des unselbständig erwerbstätigen Minderjährigen
befindet sich, sofern nicht intensivere persönliche oder familiäre
Beziehungen zu einem andern Ort bestehen, am Arbeitsort (Anderung der
Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- Der 1935 geborene Fritz Indermauer, dessen Eltern in Berneck
(Kanton St. Gallen) wohnen, ist als Landarbeiter in Aadorf (Kanton
Thurgau) in Stellung. Das Gemeindesteueramt Berneck nahm ihm gegenüber die
Steuerhoheit des Kantons St. Gallen und der Gemeinde Berneck in Anspruch
und teilte dem Gemeindesteueramt Aadorf mit Brief vom 6. Dezember 1952
mit, dass Indermauer gestützt auf das Urteil des Bundesgerichtes vom
20. Dezember 1950 i.S. Schüpbach (BGE 76 I 302) am Wohnort der Eltern
in Berneck besteuert werde. Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen
bestätigte diesen Standpunkt.

    B.- Mit staatsrechtlicher Klage vom 14. Juli 1953 beantragt der Kanton
Thurgau, das Bundesgericht wolle feststellen, dass Fritz Indermauer in
Aadorf steuerpflichtig sei. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im Falle Schüpbach befinde
sich der Steuerwohnsitz des unselbständig erwerbenden Minderjährigen am
Wohnort des Inhabers der elterlichen Gewalt. Der Kläger beantrage, diese
Praxis zu überprüfen und für die unmündigen Kinder, welche selbständig oder
unselbständig erwerbstätig seien und sich ausserhalb des Wohnsitzes des
Gewaltinhabers befänden, ein selbständiges Steuerdomizil anzuerkennen. Denn
wirtschaftlich könne zwischen selbständig und unselbständig erwerbenden
Kindern mit Bezug auf ihre Selbständigkeit oder Unselbständigkeit gegenüber
dem Inhaber der elterlichen Gewalt ein massgeblicher Unterschied nicht
anerkannt werden. Die Erfahrung zeige, dass in unselbständiger Stellung
tätige Kinder gegenüber den Eltern oft unabhängiger seien als selbständig
erwerbende. Dazu kämen Schwierigkeiten in der Veranlagung und im Bezug
der Steuern. Da die Behörden des Wohnortes am ehesten in der Lage seien,
sich die notwendigen Unterlagen für die Veranlagung zu beschaffen und
die Verhältnisse des Pflichtigen zu beurteilen, könne die Veranlagung
am Arbeitsort im allgemeinen besser vorgenommen werden. Etwas anderes
gelte nur bei stärkeren persönlichen oder familiären Beziehungen zu einem
andern Ort. Die Annahme des Urteils Schüpbach, dass das unmündige Kind zum
Elternhaus- derartige Beziehungen habe, erweise sich als unzutreffend. Die
Eltern seien oft nicht einmal in der Lage, über den Aufenthaltsort und
die Arbeitsstelle des Kindes Auskunft zu geben, geschweige denn einen
Beitrag an die für dieses bezahlten Steuern zu erhalten. Die praktische
Durchsetzung des Urteils ergäbe daher erhebliche Schwierigkeiten. Den
Inhaber der elterlichen Gewalt zu verpflichten, für das auswärts weilende
Kind eine richtige Steuererklärung abzugeben, lege ihm eine Last auf, der
er oft nicht gerecht zu werden vermöge. Auch für die Steuerverwaltungen
selbst entstünden erhebliche Schwierigkeiten. Bei allen in die Gemeinde
zuziehenden Personen müsse abgeklärt werden, ob es sich um minderjährige
Kinder handle und in welcher Stellung sie tätig seien. Die Behörden
des Arbeitsortes müssten Kontrollen führen, die es ermöglichten,
die Pflichtigen vom Zeitpunkt der Volljährigkeit ab am Arbeitsort zu
besteuern, die Behörden des Wohnortes Kontrollen über die sich auswärts
aufhaltenden minderjährigen Kinder und darüber, ob das Kind selbständig
oder unselbständig erwerbstätig sei. Diese Komplikationen hätten zur Folge,
dass ein grosser Teil der auswärts sich aufhaltenden minderjährigen Kinder
überhaupt nicht besteuert würden. Es sollte deshalb anerkannt werden,
dass das unselbständig erwerbstätige Kind, das sich nicht am Wohnsitz
des Gewaltinhabers aufhalte und das nicht regelmässig das Wochenende in
der Familie verbringe, am Arbeitsort steuerpflichtig sei. Da Indermauer
über das Wochenende nicht nach Berneck zurückkehre, sei er in Aadorf
steuerpflichtig zu erklären.

    C.- Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen beantragt namens
des Regierungsrates die Abweisung der Beschwerde, erklärt indes, sie
könne sich der Auffassung nicht verschliessen, dass der Standpunkt des
Kantons Thurgau viel für sich habe und dass an sich ein Zurückkommen auf
das Urteil i.S. Schüpbach vom Standpunkt der Steuerpflichtigen wie der
Kantone zu begrüssen wäre.

    D.- Das Bundesgericht hat bei sämtlichen Kantonen eine Umfrage
durchgeführt, auf die sich alle mit Ausnahme der Kantone Schwyz, Nidwalden
und Glarus geäussert haben, die Kantone Zürich, Obwalden, Aargau, Waadt
und Wallis im Sinne der Beibehaltung der bisherigen Praxis, die übrigen
im Sinne des Zurückkommens darauf und der Anerkennung des Steuerwohnsitzes
des Arbeitsortes für Minderjährige in unselbständiger Stellung.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitigkeiten unter Kantonen darüber, welchem von ihnen die
Steuerhoheit mit Bezug auf einen Steuerpflichtigen zusteht, gehören
als Kompetenzkonflikte zu den staatsrechtlichen Anständen im Sinne von
Art. 83 lit. b OG. Der Anstand der Parteien darüber, welcher von ihnen die
Steuerhoheit über Fritz Indermauer zukomme, ist ein derartiger Konflikt.

Erwägung 2

    2.- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts bestimmt
sich der Steuerwohnsitz der natürlichen Person für den Regelfall nach dem
zivilrechtlichen Wohnsitz, d.h. danach, wo sich der Pflichtige mit der
Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 ZGB). Dieser zivilrechtliche
Wohnsitz wird für bestimmte Personen vom Gesetz selbst festgelegt. So gilt
der Wohnsitz des Ehemannes auch als Wohnsitz der Ehefrau und der unter
seiner Gewalt stehenden Kinder, der Wohnsitz der Vormundschaftsbehörde
als der Wohnsitz der unter Vormundschaft stehenden Person (Art. 25
ebenda). Die Ehefrau kann jedoch einen selbständigen Wohnsitz haben
(Art. 25 Abs. 2). Unmündige Kinder, die ausserhalb des elterlichen
Wohnsitzes berufstätig sind, haben nach der Rechtsprechung (BGE 45 II 245)
den Wohnsitz am Geschäftsort. Diese Praxis hat das Bundesgericht später
dahin präzisiert, dass nur das in selbständiger Stellung erwerbstätige
Kind einen vom elterlichen getrennten Wohnsitz besitze, während das in
unselbständiger Stellung erwerbstätige den Wohnsitz des Gewaltinhabers
teile (BGE 67 II 82).

    Bei der Bestimmung des Steuerwohnsitzes dieser Personen mit
gesetzlichem Wohnsitz hat freilich das Bundesgericht in Einzelfällen
nicht auf die zivilrechtliche Ordnung abgestellt. So hat es die Regel
des Art. 24 Abs. 1 ZGB, wonach der einmal begründete Wohnsitz einer
Person bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen bleibe, als für
das interkantonale Steuerrecht nicht anwendbar bezeichnet (BGE 52 I 23,
53 I 279, 59 I 213, 67 I 103, 77 I 25 Erw. 2 und die dortigen Zitate),
dies deshalb, weil die Gründe, die für das fiktive Weiterbestehen des
früheren Wohnsitzes in zivilrechtlicher Beziehung sprechen, für die
steuerrechtlichen Domizilwirkungen nicht gelten, das Steuerrecht auf den
tatsächlichen Mittelpunkt der persönlichen Beziehungen abstellt. Weitere
Ausnahmen bestehen, wenn eine vom Wohnsitz des Familienhauptes getrennte,
auf die Dauer berechnete Familienniederlassung besteht (BGE 40 I 227,
47 I 66, 57 I 415 Erw. 2), sodann bei Saisonangestellten. Das Urteil
i.S. Schüpbach stellt für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes
unselbständig erwerbender minderjähriger Personen auf die zivilrechtliche
Ordnung ab, indem es den zivilrechtlichen Wohnsitz des Kindes auch für
die Besteuerung als massgeblich bezeichnet. Die mit der Klage beantragte
Änderung würde also den Anwendungsbereich der vorhandenen Ausnahmen um
eine vermehren und für die steuerrechtliche Entscheidung dem wirklichen
vor dem gesetzlichen Wohnsitz den Vorzug geben.

    Systematisch gesehen kann die bisherige Ordnung den Vorzug der
Klarheit und bessern Übersichtlichkeit für sich in Anspruch nehmen. Sie
hält sich an den zivilrechtlichen Wohnsitz, auf den das Steuerrecht im
allgemeinen abstellt. Doch ist nicht zu verkennen, dass die Anerkennung des
tatsächlichen dauernden Aufenthaltes für die Besteuerung die unselbständig
erwerbenden Minderjährigen den volljährigen Pflichtigen gleichstellen
würde, die, sofern sie nicht stärkere Beziehungen zum Familienort
behalten, am Aufenthalts- oder Arbeitsort steuerpflichtig sind (BGE 68
I 139, 69 I 77, 77 I 118, 78 I 315). Insoweit kann gesagt werden, die
Praxis Schüpbach führe zu Unterscheidungen, die nicht ohne weiteres zu
überzeugen vermöchten. Sie hat z.B. auch zur Folge, dass von zwei zur
selben Familie gehörenden, am gleichen Ort erwerbstätigen Kindern das
volljährig gewordene am Arbeitsort steuerpflichtig ist, das minderjährige
dagegen am gesetzlichen Wohnsitz, und dass der Steuerwohnsitz des
minderjährigen Kindes, das wenige Monate vor Erreichung der Volljährigkeit
auswärts eine Stelle annimmt, nicht schon mit dieser Übersiedlung,
sondern erst auf den Augenblick des Eintrittes der Volljährigkeit auf
den Arbeitsort übergeht. Würde auf diesen abgestellt, d.h. der Steuerort
sich immer danach bestimmen, wenn der Arbeitsort auch für den volljährigen
Pflichtigen zum Steuerwohnsitz wird, weil keine intensiveren Beziehungen
zum Familienort bestehen, so würde damit der unselbständig erwerbende
Minderjährige nicht bloss dem selbständig erwerbenden Kind gleichgestellt,
sondern auch dem Regelfall des unselbständig erwerbstätigen Pflichtigen
überhaupt unterstellt.

Erwägung 3

    3.- Wenn zu entscheiden ist, ob für den Steuerwohnsitz des
unselbständig erwerbstätigen Minderjährigen abgewichen werden soll von der
zivilrechtlichen Ordnung des Wohnsitzes, also dem tatsächlichen vor dem
gesetzlichen Wohnsitz der Vorzug gegeben werden soll, so kann dabei die
Ordnung der Besteuerung dieser Personen in den kantonalen Steuergesetzen
und dürfen ausserdem auch die praktischen Schwierigkeiten nicht ausseracht
gelassen werden, die sich aus der Zugrundelegung der einen oder andern
Lösung ergeben können.

    In den kantonalen Steuergesetzen werden die Minderjährigen für die
Einkommensbesteuerung entweder als gesonderte Steuersubjekte behandelt,
oder ihr Erwerb wird, allenfalls unter Anwendung der Progression,
demjenigen des Gewaltinhabers zugerechnet; letzteres insbesondere, wenn
das minderjährige Kind im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern wohnt,
ersteres, wo dies nicht der Fall ist. Die in den Äusserungen der kantonalen
Finanzdirektoren zum Ausdruck kommenden Meinungsverschiedenheiten scheinen
darin ihren Grund zu haben, dass in der grossen Mehrheit der Kantone der
unselbständig erwerbende Minderjährige als ein vom Inhaber der elterlichen
Gewalt unabhängiges Steuersubjekt behandelt wird. Tatsächlich ruft die
Besteuerung am Wohnsitz des Gewaltinhabers in diesem Falle gewissen
Schwierigkeiten praktischer Art; denn der Inhaber der elterlichen
Gewalt erscheint hier als am Steuerverfahren unbeteiligter Dritter. Der
Minderjährige wird, statt an seinem tatsächlichen Aufenthaltsort
und demjenigen des Arbeitgebers besteuert zu werden, an einem davon
verschiedenen Ort besteuert, mit dem er keine Beziehungen tatsächlicher
Art besitzt. Ist dagegen die Besteuerung des Minderjährigen ein Teil der
Veranlagung des Gewaltinhabers, der seinerseits für die Entrichtung der
Steuer auch verantwortlich wird, als Steuersubstitut des Kindes behandelt
ist, so erscheint die Besteuerung am Wohnsitz des Gewaltinhabers als
natürlich. Darauf weist insbesondere der Kanton Aargau hin, weil sein
Steuergesetz in § 17 die gemeinsame Besteuerung erwerbstätiger Kinder mit
dem Haushaltungsvorstand bis zu ihrer Volljährigkeit vorschreibe. Immerhin
ist darauf hinzuweisen, dass danach (Abs. 3) das unter der elterlichen
Gewalt stehende Kind, das nicht in häuslicher Gemeinschaft mit den
Eltern lebt, für das Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit getrennt
zu veranlagen ist und dass z.B. der analog lautende Art. 14 Abs. 2 des
Wehrsteuerbeschlusses dahin ausgelegt wird, dass zwar der Gewaltinhaber
das minderjährige Kind im Veranlagungsverfahren vertritt, aber selbst weder
als Steuerpflichtiger noch als für die Bezahlung der Steuer verantwortlich
betrachtet wird.

    Keinesfalls würde die Substitution oder die Haftung des Gewaltinhabers
aus der Rechtsprechung i.S. Schüpbach abgeleitet werden können. Denn die
Regeln, die das Bundesgericht in Doppelbesteuerungsfällen aufstellt,
setzen lediglich die Grenzen der kantonalen Steuerhoheit fest, und
sie beanspruchen Geltung nur insoweit, als dies zur Durchsetzung des
Doppelbesteuerungsverbotes notwendig ist. Sie stehen dagegen einer
Ordnung nicht entgegen, wonach der minderjährige Erwerbstätige bezüglich
der Besteuerung für den Arbeitserwerb als selbständiges Steuersubjekt
betrachtet wird.

    Indes darf nicht ausser acht bleiben, dass die überwiegende
Mehrheit der kantonalen Steuergesetze davon ausgeht, das unselbständig
erwerbstätige Kind sei eigenes Steuersubjekt, und dass in diesem Falle
die Besteuerung auf praktische Schwierigkeiten stösst, die einer sachlich
richtigen Besteuerung im Wege stehen oder sie doch erschweren. Diese
Unzukömmlichkeiten bestehen nach den Erklärungen der Finanzdirektoren
darin, dass der Wohnsitzkanton des Gewaltinhabers oft nicht einmal
davon in Kenntnis gesetzt wird, dass ein Minderjähriger zum Zwecke
des Unterhaltserwerbs in einen andern Kanton gezogen ist, dass der neue
Aufenthaltskanton des Kindes oft sogar den Eltern nicht bekannt ist, oder
dass es ihnen doch Schwierigkeiten verursachen kann, vom Minderjährigen
die für die Steuerveranlagung erforderlichen Unterlagen zu erhalten,
dass das Meldewesen unter den Kantonen zuverlässige Auskünfte darüber
nicht gewährleistet und die Änderung der Steuerhoheit auf den Zeitpunkt
des Eintrittes der Volljährigkeit weitere Schwierigkeiten schafft.
Übrigens muss darauf hingewiesen werden, dass die Besteuerung dieser
Personen am Tätigkeitsort auch denjenigen Kantonen möglich ist, welche,
wie es beim Kanton Aargau zutrifft, den Inhaber der elterlichen Gewalt
als Steuersubstituten behandeln. Es ist ihnen nämlich unbenommen, diese
Personen selbst zu veranlagen.

    Verhält es sich aber so, dass die grosse Mehrzahl der Kantone,
wenn sie ihr Steuersystem beibehalten wollen, unbestreitbare praktische
Unzukömmlichkeiten in Kauf nehmen müssten, wenn sie auf den gesetzlichen
Wohnsitz des Minderjährigen abzustellen gezwungen wären, dass sie also
an der Besteuerung am Aufenthaltsort ein erhebliches Interesse haben,
während die wenigen andern Kantone, die auf Grund ihrer Gesetzgebung am
Steuerort des gesetzlichen Wohnsitzes festzuhalten wünschen, erheblichen
Schwierigkeiten nicht begegnen, so rechtfertigt es sich, die mit dem Urteil
Schüpbach eingeleitete Rechtsprechung zugunsten derjenigen aufzugeben,
welche die Steuerpflicht des unselbständig erwerbenden Minderjährigen am
Ort des tatsächlichen Aufenthaltes fixiert.

    Die Einwendungen, die gegen diese Lösung der Frage aus dem
Gesichtspunkt einer möglichst gerechten Verteilung der Steuerhoheit der
Kantone erhoben werden, fallen dabei schon deshalb nicht entscheidend ins
Gewicht, weil es bei den Steuererträgen aus den Einkünften Minderjähriger
nicht um grössere Beträge geht, allfällig sich ergebende Differenzen
zugunsten oder zu Ungunsten einzelner Kantone von durchaus untergeordneter
Bedeutung wären. Viel gewichtiger ist demgegenüber, wie ausgeführt,
die Forderung, dass die Regeln, die der Abgrenzung der Steuerhoheit
und der Vermeidung von Doppelbesteuerung dienen sollen, bei ihrer
Anwendung keine übermässigen Schwierigkeiten zur Folge haben sollen. Ihre
Berücksichtigung rechtfertigt es aber, für die Besteuerung des Kindes in
unselbständiger Stellung nicht auf den gesetzlichen Wohnsitz, sondern den
tatsächlichen Aufenthalt abzustellen. Auch die übrigen Einwendungen gegen
die Massgeblichkeit des tatsächlichen Aufenthaltes für die Anknüpfung der
Steuerhoheit vermögen nicht zu überzeugen. Die Notwendigkeit, im Einzelfall
prüfen zu müssen, ob der Aufenthalt des Pflichtigen nach den Grundsätzen,
die bei der Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes gelten, auf eine
gewisse Dauer angelegt sei, der Pflichtige insbesondere nicht regelmässig
über das Wochenende zur Familie zurückkehre, kein blosser Saisonaufenthalt
in Frage stehe oder der Aufenthalt nicht einem blossen Sonderzweck diene,
besteht auch mit Bezug auf die übrigen Steuerpflichtigen. Dass damit
das Erwerbseinkommen einer besondern Ordnung unterstellt wird, für die
Besteuerung des Vermögens und der Einkünfte daraus etwas anderes gilt,
entspricht der bisherigen Regelung der meisten kantonalen Steuergesetze
wie derjenigen des Wehrsteuerbeschlusses (Art. 14 Abs. 3). Auch darauf,
dass der Betreibungsort, der sich für den Minderjährigen aus Art. 47
Abs. 3 SchKG ergibt, mit dem Steuerwohnsitz nicht übereinstimmt, kann
nichts Entscheidendes ankommen. Es besteht kein zwingender Grund, die
beiden Orte miteinander zusammenfallen zu lassen. Dass der Pflichtige an
einem vom Steuerort verschiedenen Betreibungsort belangt werden muss,
kommt auch sonst, insbesondere beim Wechsel des Wohnsitzes vor. Dass
schliesslich eine bevormundete Person mit Bezug auf den Steuerwohnsitz
anders behandelt wird als der unselbständig erwerbende Minderjährige,
lässt sich ebenfalls rechtfertigen. Ist nämlich das Mündel zur Ausübung
eines Berufes oder Gewerbes befugt (Art. 412 ZGB) und hält es sich
infolgedessen tatsächlich in einem andern Kanton als demjenigen des
Sitzes der Vormundschaftsbehörde auf, so geht die Vormundschaft nach der
Vorschrift von Art. 377 ZGB an den neuen Wohnsitz über.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Klage wird gutgeheissen und demnach Fritz Indermauer in Aadorf
steuerpflichtig erklärt.