Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 IV 37



80 IV 37

8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. März 1954
i.S. Hugelshofer gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Regeste

    Die Urkundenfälschung (Art. 251 StGB), die begangen wird, um die
Verletzung der Zollmeldepflicht nach Art. 74 Ziff. 3 ZG, einen Bannbruch
nach Art. 76 Ziff. 2 ZG und die damit verbundene Hinterziehung der
Warenumsatzsteuer (Art. 52 Abs. 1 WUStB) zu tarnen, wird durch die
Fiskalstrafe nicht abgegolten.

Sachverhalt

    A.- Im März 1949 kaufte Hugelshofer in Deutschland einen neuen
Volkswagen und ersetzte dessen mit der Chassisnummer versehenes Plättchen
durch das entsprechende, eine andere Nummer tragende Plättchen seines
alten Wagens. Er beging die Tat, um die Identifizierung des neuen Wagens zu
verhindern und ihn unter Umgehung der Zollpflicht in die Schweiz einführen
zu können. Er führte den Wagen in Verletzung eines Einfuhrverbotes in
die Schweiz ein und hinterzog dabei den Zoll von Fr. 771.60 und die
Warenumsatzsteuer von Fr. 282.60.

    Ende Sommer/Anfang Herbst 1949 kaufte Hugelshofer in Deutschland vier
gestohlene Volkswagen und bestimmte die Verkäufer, daran die Motor- und
Chassisnummern durch die entsprechenden Nummern seines in der Schweiz zum
Verkehr zugelassenen Wagens zu ersetzen. Damit wollte er bei den mit der
Kontrolle der Automobile betrauten Behörden den Eindruck erwecken, die
Nummern seien für die fraglichen Wagen von der Fabrik angebracht worden
und seien echt. Ende 1949 und Anfang 1950 liess er die vier Wagen mit den
Kontrollschildern seines Wagens und mit dem für diesen bestehenden Freipass
durch einen Beauftragten ohne Einfuhrbewilligung und unter Hinterziehung
des Zolles von Fr. 3086.40 und der Warenumsatzsteuer von Fr. 1130.40 in
die Schweiz einführen.

    B.- Für die anlässlich der Einfuhr der fünf Volkswagen begangenen
Fiskalvergehen wurde Hugelshofer am 11. Juli 1951 durch das eidgenössische
Finanz- und Zolldepartement in Anwendung der Art. 74 Ziff. 3, 76 Ziff. 2
ZG und Art. 52 Abs. 1 WUStB gebüsst. Die Beschwerde des Gebüssten wurde
am 27. November 1951 vom Bundesrat abgewiesen.

    Über die Abänderung der Motor- und Chassisnummern urteilte das
Kriminalgericht des Kantons Aargau. Es verurteilte Hugelshofer am
18. Februar 1953 wegen Urkundenfälschung und Anstiftung dazu.

    C.- Hugelshofer führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen,
das Urteil des Kriminalgerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur
Freisprechung zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht, dass die vom
eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement ausgefällten Bussen der
Bestrafung wegen Urkundenfälschung nicht im Wege stehen. In BGE 77 IV
45 ff. hat der Kassationshof Art. 85 Abs. 2 ZG, wonach eine Handlung,
die gleichzeitig den Tatbestand eines Zollvergehens erfüllt und gegen
die Strafgesetzgebung des Bundes oder der Kantone verstösst, sowohl nach
dieser Gesetzgebung als auch nach dem Zollgesetz gesühnt werden soll,
dahin ausgelegt, dass jedenfalls dann die Bestimmung des Fiskalrechtes
die Anwendung des gemeinen Strafrechts nicht ausschliesse, wenn sie nach
ihrem Sinn und Wortlaut die Tat nicht nach allen Seiten abgelte, also
nicht ein Fall unechter Gesetzeskonkurrenz vorliege. Solche Konkurrenz
wurde verneint zwischen Art. 251 StGB einerseits und Art. 76 Ziff. 3
ZG und Art. 52 Abs. 1 WUStB anderseits, weil diese Fiskalbestimmungen
die Fälschung von Ausweisen als Mittel der Begehung des Bannbruches
bzw. der Hinterziehung der Warenumsatzsteuer nicht erwähnen. Das
gleiche ist zu sagen von Art. 76 Ziff. 2 und 74 Ziff. 3 ZG, die das
eidgenössische Finanz- und Zolldepartement im vorliegenden Falle neben
Art. 52 Abs. 1 WUStB angewendet hat. Sowohl der Bannbruch nach Art. 76
Ziff. 2 als auch die Zollübertretung nach Art. 74 Ziff. 3 ZG wird schon
dadurch begangen, dass der Zollmeldepflichtige es unterlässt, die Ware
zur Zollbehandlung anzumelden; nicht nötig ist, dass er die Ware durch
gefälschte Urkunden tarne. Mit der Anstiftung zur Abänderung der Nummern
an den vier gestohlenen Wagen hat übrigens der Beschwerdeführer nach den
tatsächlichen Angaben der Anklage, die er durch Unterziehung anerkannt
hat, ganz allgemein bei den mit der Kontrolle der Automobile betrauten
Behörden den Eindruck erwecken wollen, die Nummern seien echt. In diesen
vier Fällen könnte somit die Strafe wegen Zollübertretung, Bannbruchs und
Hinterziehung der Warenumsatzsteuer die Anstiftung zu Urkundenfälschung
auch schon deshalb nicht abgelten, weil der Beschwerdeführer durch sie
nicht bloss auf Täuschung der Zollbehörden ausgegangen ist.