Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 IV 250



80 IV 250

51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19.November 1954
i.S. Hoessly gegen Ott. Regeste

    Art. 173 Ziff. 5 StGB.

    a)  Genügt die Feststellung, dass der Wahrheitsbeweis nicht erbracht
sei, oder kann der Beleidigte Feststellung der Unwahrheit der Äusserung
und zu diesem Zwecke Beweisführung verlangen?

    b)  Feststellung in den Urteilserwägungen genügt.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Auffassung des Beschwerdeführers, das Obergericht habe sich
geweigert, eine Feststellung im Sinne von Art. 173 Ziff. 5 StGB zu treffen,
hält nicht stand. Diese Bestimmung lautet: "Hat der Beschuldigte den
Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder
nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat der Richter dies im Urteil
oder in einer andern Urkunde festzustellen." Der Richter ist somit
nur verpflichtet, entweder festzustellen, dass der Beschuldigte den
Wahrheitsbeweis nicht erbracht hat, oder dass seine Äusserungen unwahr
sind. Der Beleidigte hat kein Recht, eine Feststellung in letzterem
Sinne zu verlangen, wenn das Urteil oder die Urkunde eine Feststellung in
ersterem Sinne enthält. Der Wortlaut des Gesetzes, auch der französische
und der italienische, ist so klar, dass über seinen Sinn Zweifel nicht
möglich sind und keines der zahlreichen Zitate des Beschwerdeführers
aus den Gesetzesmaterialien dagegen aufzukommen vermag. Der Richter ist
daher nicht gehalten, eigens zur Feststellung der Unwahrheit der Äusserung
Beweis zu führen, wie der Beschwerdeführer meint. Wie der Kassationshof
bereits entschieden hat, verlangt Art. 173 Ziff. 5 StGB auch nicht, dass
die Feststellung, der Beschuldigte habe den Wahrheitsbeweis nicht erbracht,
in den Urteilsspruch aufgenommen werden müsse, also ungenügend sei, wenn
sie bloss in den Urteilserwägungen steht. Das ergibt sich schon daraus,
dass die Bestimmung sogar eine ausserhalb des Urteils, in einer besonderen
Urkunde getroffene Feststellung genügen lässt, aber auch daraus, dass die
formelle Gestaltung der Urteilsausfertigung dem kantonalen Prozessrecht
untersteht. Indem das Obergericht in den Urteilserwägungen ausgeführt hat,
der Beweis der objektiven Wahrheit der Äusserung sei durch die Akten nicht
genügend geleistet, sondern nur der Beweis dafür, dass die Behauptung
aus ernsthaften Gründen in guten Treuen für wahr gehalten werden durfte,
ist es somit Art. 173 Ziff. 5 StGB gerecht geworden.