Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 IV 22



80 IV 22

6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Januar 1954
i.S. Nova-Werke Junker & Ferber gegen Brandenberger und Mitangeklagte.
Regeste

    1. Art. 162 StGB, Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses.

    a)   Was ist ein Fabrikationsgeheimnis? Wem steht es zu, wenn ein
Dienstpfiichtiger es schaffen hilft? (Erw. 2 a).

    b)  Bestand und Dauer der vertraglichen Pflicht, ein
Fabrikationsgeheimnis zu wahren (Erw. 2 b).

    c)  Das handelnde Organ einer juristischen Person, die sich den Verrat
eines Fabrikationsgeheimnisses zunutze macht, ist weder nach Abs. 2, noch
als Gehülfe des sich nach Abs. 1 vergehenden Täters strafbar (Erw. 2 c).

    2. Art. 13 lit. g UWG, unlauterer Wettbewerb durch Verwertung eines
Fabrikationsgeheimnisses.

    a)   Fabrikationsgeheimnis (Erw. 3 a).

    b)  Täterschaft setzt wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen dem Täter
und dem Geschädigten voraus (Erw. 3 b).

    c)  Gehülfenschaft setzt nicht voraus, dass der Täter bestraft werde
(Erw. 3 b).

Sachverhalt

    A.- Die Kollektivgesellschaft Nova-Werke Junker & Ferber in Zürich
stellt Kolbenringe mit grossem geschäftlichem Erfolge in einem von ihrem
Gesellschafter Emil Junker erdachten Verfahren, das am 4. April 1938 in der
Schweiz zur Patentierung angemeldet und am 31. Juli 1942 patentiert worden
ist, in der Weise her, dass sie sie, um ihnen überall gleiche Spannung zu
verleihen, in entspanntem Zustande auf Unrundform dreht und erst nachher
ausschneidet. Die zur Anwendung dieses Verfahrens (Formdrehverfahren)
benötigten (nicht patentierten) Maschinen liess sie durch Dr. ing. Heinrich
Brandenberger, geb. 1896, konstruieren, den sie zu diesem Zwecke anstellte.
In ihrem die Anstellungsbedingungen enthaltenden Brief an Brandenberger
vom 20. Juni 1932 führte sie aus: "Ihr Monatsgehalt beträgt 800 Frcs.
(achthundert). Der Eintritt erfolgt am 1. September dieses Jahres. Die
ersten drei Monate sind von beiden Seiten unkündbar, nachher kommt als
Kündigungsbedingung die Bestimmung des schweizerischen Obligationenrechts
in Betracht. - Sie verpflichten sich, unsere Konstruktionen streng geheim
zu halten und auch im Falle eines eventuellen Austritts bei uns mindestens
während zwei Jahren nach Ihrem Austritt bei keiner Konkurrenz, sei es im
Inland oder Ausland, in ähnlicher Art tätig zu sein." Brandenberger nahm
diese Vorschläge mit Schreiben vom 21. Juni 1932 an.

    Am 27. Mai 1937 erhielt er von der Firma die Mitteilung: "Nachdem die
Entwicklung der Neueinrichtung unserer Kolbenring-Abteilung beendet ist
und wir keine weiteren Maschinen mehr auszuführen gedenken, lösen wir das
Konstruktionsbureau auf und sehen uns genötigt, Ihnen unter Verdankung der
geleisteten Dienste per 31. Juli 1937 zu kündigen." Brandenberger arbeitete
von da an nur noch teilweise in der Firma. Auf 31. März 1939 wurde er
vollständig entlassen. Bei seinem Austritt bestätigte er die Verpflichtung,
die Konstruktionen streng geheim zu halten und während mindestens zwei
Jahren bei keiner Konkurrenz in ähnlicher Art tätig zu sein.

    Im Sommer 1948 schlug Ingenieur Ernst Fischer, der vom November 1925
bis Ende August 1942 als Betriebsassistent im Dienste der Nova-Werke Junker
& Ferber gestanden und namentlich in der Kolbenring-Abteilung gearbeitet
hatte, dem Brandenberger mit Erfolg vor, die erwähnten Konstruktionen in-
und ausländischen Konkurrenzfirmen anzubieten. Zur Rekonstruktion der Pläne
der Maschinen verwendete Brandenberger Notizen und Entwicklungszeichnungen,
die er im Dienste der Nova-Werke Junker & Ferber gemacht und nach Auflösung
des Dienstvertrages behalten hatte. Die Verhandlungen mit den Interessenten
führte Fischer. Um sie zu erleichtern, trat er formell neben Brandenberger
als Vertragspartei auf. Über den Inhalt der Verträge entschied dieser
allein. Brandenberger verpflichtete sich, Fischer 25% des Erlöses aus
den von diesem zustande gebrachten Geschäften zukommen zu lassen.

    Durch Vertrag vom 1. Juni 1948 zwischen der Sim SA in Morges
einerseits, für die deren Generaldirektor Rogier handelte, sowie
Brandenberger und Fischer anderseits, erlaubte Brandenberger der Sim SA,
die Maschinen für das Formdrehverfahren herzustellen. Er verpflichtete
sich, die notwendigen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen herzustellen
und der Sim SA zu übergeben. Diese versprach ihm eine nach der Zahl der
hergestellten Formdrehbänke (nebst zugehöriger Apparate) abgestufte
Vergütung, nämlich Fr. 70'000.-- für die ersten sechs Drehbänke und
Fr. 5000.-- für jede weitere solche Maschine.

    Durch gleichzeitigen Vertrag versprach Fischer der Sim SA, mit seinem
Fachwissen und seiner praktischen Erfahrung bei der Umstellung auf das
Formdrehverfahren mitzuarbeiten, die Ausführung zu überwachen und für
die lückenlose Abwicklung des Programms besorgt zu sein. Die Sim SA
verpflichtete sich, ihm für diese Tätigkeit bis zur Durchführung des
Programms monatlich Fr. 850.-- zu bezahlen und überdies seine Reise-
und Hotelspesen zu tragen.

    Auf Grund des ersten Vertrages zahlte die Sim SA in der Folge die
versprochenen Fr. 70'000.--. Brandenberger kamen davon Fr. 60'000.-- zu,
während Fr. 10'000.-- an Fischer gingen. Dieser erhielt ausserdem die im
zweiten Vertrag vorgesehenen Leistungen der Sim SA

    Am 12. März 1949 erlaubte Fischer der Firma Goetze Werke, Friedrich
Goetze AG in Burscheid (Deutsche Bundesrepublik), die von Brandenberger
konstruierten Maschinen für das Formdrehverfahren herzustellen, und
versprach ihr, sämtliche Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen, alle
Betriebsmittel für die rationelle Erzeugung von Kolbenringen nach dem
Formdrehverfahren und einen vollständigen Satz Pausen zu liefern. Die Firma
verpflichtete sich, ihm für das Recht zur Herstellung von acht Maschinen
100'000 Mark und für das Recht zur Herstellung jeder weiteren Maschine
15'000 Mark zu zahlen. Von einer ersten Zahlung von 60'000 Mark kamen 25%
an Fischer und 75% an Brandenberger.

    Einen ähnlichen Vertrag schloss Fischer am 14. März 1949 mit der
Aktiebolaget Davy Robertsons Maskinfabrik in Goeteborg (Schweden). Sie
versprach ihm für die Ermächtigung zur Herstellung von sechs Formdrehbänken
nebst zugehörigen Apparaten und Betriebsmitteln Fr. 120'000.-- und für
das Recht zur Herstellung jeder weiteren Maschine Fr. 15'000.--. Fischer
verpflichtete sich, ihr gegen Vergütung seiner Spesen mit seinem Fachwissen
und seinen praktischen Erfahrungen für die Erfüllung des Abkommens zur
Verfügung zu stehen. Die Firma zahlte in der Folge Fr. 90'000.-- an. Davon
gingen 75% an Brandenberger und 25% an Fischer.

    Brandenberger erstellte sämtliche in den Verträgen mit den drei Firmen
vorgesehenen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen und lieferte sie ihnen
unmittelbar oder durch Fischer aus. Er erteilte den Firmen auch weitere
technische Ratschläge.

    B.- Auf Strafanzeige und Strafantrag der Nova-Werke Junker &
Ferber klagte die Bezirksanwaltschaft Zürich Brandenberger und Fischer
des vollendeten und versuchten wirtschaftlichen Nachrichtendienstes
(Art. 273 StGB), der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses (Art. 162
StGB) und des unlauteren Wettbewerbs (Art. 13 lit. g UWG) und Rogier
der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses und der Gehülfenschaft zu
unlauterem Wettbewerb an.

    Das Bezirksgericht Zürich sprach die Angeklagten am 14. Dezember
1951 frei.

    Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und die Nova-Werke Junker
& Ferber erklärten die Berufung. Die Staatsanwaltschaft zog die ihrige
später zurück.

    Das Obergericht des Kantons Zürich sprach die Angeklagten am 3. Oktober
1952 frei.

    Den Tatbestand der Verletzung eines Fabrikationsgeheimnisses
verneinte es mit der Begründung, Brandenberger habe nicht durch
unerlaubte Mittel ein solches Geheimnis ausgekundschaftet. Es habe
ihn auch keine Norm verpflichtet, das Formdrehverfahren und dessen
maschinelle Durchführung geheimzuhalten; dem Art. 356 OR könne im
Gegenteil entnommen werden, dass der Dienstpflichtige nach Beendigung
des Dienstvertrages Geschäftsgeheimnisse des Dienstherrn verwerten
dürfe, wenn er nicht auf unredliche oder unerlaubte Art in ihren Besitz
gekommen sei. Auch der Dienstvertrag vom Juni 1932 habe Brandenberger
nicht zur Geheimhaltung verpflichtet. Er habe ihm erlaubt, zwei Jahre
nach Beendigung des Dienstverhältnisses bei Konkurrenten der Firma in
ähnlicher Weise wie früher bei dieser tätig zu sein. Er habe somit auch
seine Kenntnisse und Erfahrungen betreffend das Formdrehverfahren zum
Vorteil eines neuen Arbeitgebers verwerten dürfen. Dass ihm frühere
Notizen und Entwicklungsskizzen seine Konkurrenztätigkeit erleichtert
hätten, ändere nichts. Er wäre vom Ablauf des Konkurrenzverbotes an bis
zum Vertrag mit Fischer auch ohne diese Hilfsmittel in der Lage gewesen,
die für das Formdrehverfahren benötigten Maschinen erneut zu konstruieren,
zumal die Konstruktion nach Aussagen von Professor Leyer auch jedem anderen
fähigen Ingenieur möglich gewesen wäre. Da Brandenberger zu seinem Vorgehen
berechtigt gewesen sei, seien auch Fischer und Rogier freizusprechen.

    Von der Anklage des unlauteren Wettbewerbs sprach das Obergericht die
Angeklagten frei, weil Brandenberger das Geheimnis der Nova-Werke Junker
& Ferber nicht ausgekundschaftet und weil er von ihm auch nicht sonstwie
gegen Treu und Glauben Kenntnis erlangt habe.

    C.- Die Nova-Werke Junker & Ferber führen Nichtigkeitsbeschwerde
mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und dieses
anzuweisen, die Angeklagten im Sinne der Anklage schuldig zu erklären
und zu bestrafen, eventuell die Sache neu zu beurteilen.

    D.- Brandenberger, Fischer und Rogier beantragen, die Beschwerde
sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- ..... Soweit Bestrafung der Beschwerdegegner wegen wirtschaftlichen
Nachrichtendienstes (Art. 273 StGB) beantragt wird, ist auf die Beschwerde
nicht einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 162 StGB ist strafbar, wer ein Fabrikations- oder
Geschäftsgeheimnis, das er infolge einer gesetzlichen oder vertraglichen
Pflicht bewahren sollte, verrät (Abs. 1 ) oder den Verrat sich zunutze
macht (Abs. 2).

    a) Gegenstand eines Fabrikationsgeheimnisses im Sinne dieser Bestimmung
bilden alle einen Fabrikationsvorgang betreffenden und weder offenkundigen
noch allgemein zugänglichen Tatsachen, an deren Geheimhaltung der den
Vorgang Beherrschende ein berechtigtes Interesse hat und die er tatsächlich
geheimhalten will (vgl. BGE 64 II 170).

    Diese Voraussetzungen trafen im vorliegenden Fall auf die Maschinen
zu, mit denen die Beschwerdeführerin das von Emil Junker erdachte
Formdrehverfahren zur Herstellung von Kolbenringen anwendet.

    Die Konstruktion dieser Maschinen war weder offenkundig noch allgemein
zugänglich, als Brandenberger die ihm zur Last gelegten Handlungen
beging, ansonst nicht zu verstehen wäre, weshalb die Sim SA und die
beiden ausländischen Firmen für die Kenntnisse, die er ihnen vermittelte,
Vergütungen versprachen, die weit über das Honorar hinausgingen, das er für
die Herstellung der Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen billigerweise
hätte verlangen können. Dass nach der verbindlichen Feststellung der
Vorinstanz jeder andere fähige Ingenieur solche Maschinen auch hätte
konstruieren können, ändert nichts daran, dass die konkrete Lösung des
Problems, die die Beschwerdeführerin seinerzeit mit Hilfe Brandenbergers
gefunden hatte, ein Geheimnis war, dessen Aufdeckung dem Aussenstehenden
eigene Forschungsarbeit erübrigte.

    Trägerin dieses Geheimnisses war die Beschwerdeführerin, die die
Maschinen durch einen eigens zu diesem Zwecke angestellten Ingenieur,
den Beschwerdegegner Brandenberger, hatte konstruieren lassen. Ob
Junker eine eigene schöpferische Idee zur Entwicklung der Konstruktionen
beigetragen hat oder diese das ausschliessliche Ergebnis der Forschung
des Dienstpflichtigen bilden, ist unerheblich, wie auch nichts darauf
ankommt, dass Brandenberger einen Teil der Konstruktionen in seiner
Privatwohnung und ohne Inanspruchnahme betrieblicher Einrichtungen seiner
Arbeitgeberin entworfen und in Entwicklungszeichnungen, die bei der
Auflösung des Dienstverhältnisses in seinem Besitze blieben, festgehalten
hat. Entscheidend ist, dass er für seine Tätigkeit als Dienstpflichtiger
entlöhnt worden ist. Die Dienstherrin hat damit Anspruch auf das
Ergebnis der Tätigkeit erlangt. Da das Gesetz sogar Erfindungen, die der
Dienstpflichtige in Ausübung einer zu seinen dienstlichen Obliegenheiten
gehörenden Erfindertätigkeit macht, dem Dienstherrn zuweist (Art. 343
OR), kann es nicht zulassen wollen, dass das immaterielle Rechtsgut des
Fabrikationsgeheimnisses nicht ebenfalls dem Dienstherrn, sondern dem
Dienstpflichtigen zustehe.

    Die Beschwerdeführerin hatte ein berechtigtes Interesse an der
Geheimhaltung. Ihr musste daran liegen, den Konkurrenten die Herstellung
solcher Maschinen nicht durch Bekanntgabe ihrer eigenen Konstruktionen
zu erleichtern. Die Preisgabe des Geheimnisses konnte das Auftauchen von
Konkurrenzprodukten (im Formdrehverfahren hergestellten Kolbenringen)
beschleunigen oder die Unkosten des Konkurrenten und damit den Preis
dieser Erzeugnisse verbilligen.

    Auch der Wille der Beschwerdeführerin, ihre Maschinen geheimzuhalten,
steht fest. Er ergibt sich daraus, dass sie Brandenberger mit Schreiben
vom 20. Juni 1932 die Verpflichtung zur Geheimhaltung auferlegte. Diese
Verpflichtung bezog sich nicht etwa bloss auf Konstruktionen, die im
Betriebe der Beschwerdeführerin schon bestanden, sondern vor allem auch
auf jene, die Brandenberger schaffen half und von denen er daher dank
seiner dienstlichen Tätigkeit in erster Linie Kenntnis hatte.

    b) Brandenberger verpflichtete sich am 21. Juni 1932 durch Annahme
des Antrages der Beschwerdeführerin, deren Konstruktionen "streng geheim
zu halten".

    Die Auffassung der Vorinstanz, dass diese Pflicht zwei Jahre nach
Auflösung des Dienstverhältnisses erloschen sei, hält nicht stand.

    Der Dienstentlassene kann wie jeder Dritte auf eigene oder fremde
Rechnung in wirtschaftlichen Wettbewerb zum früheren Arbeitgeber treten,
ohne ein Fabrikationsgeheimnis, von dem er im früheren Dienstverhältnis
Kenntnis erlangt hat, notwendigerweise zu verletzen, wie umgekehrt
auch denkbar ist, dass er ein solches Geheimnis preisgebe, ohne dem
früheren Dienstherrn Konkurrenz zu machen. Auch Brandenberger wäre es
an sich möglich gewesen, das Konkurrenzverbot zu übertreten, ohne die
Geheimhaltungspflicht zu verletzen; denn die im Dienstvertrag eingegangene
Verpflichtung, nicht "in ähnlicher Art tätig zu sein", hatte nicht bloss
den Sinn, dass er nach Auflösung des Dienstverhältnisses für sich oder
Dritte keine Maschinen für das Formdrehverfahren konstruieren, sondern
dass er der Beschwerdeführerin überhaupt nicht als Maschinenkonstrukteur
Konkurrenz machen dürfe. Dass das Konkurrenzverbot zwei Jahre nach
Auflösung des Vertrages dahinfiel, enthob ihn deshalb nicht ohne weiteres
auch der Pflicht, die für das Formdrehverfahren konstruierten Maschinen
weiterhin geheimzuhalten.

    Dass diese Pflicht in gleicher Weise befristet sein sollte wie
das Konkurrenzverbot, lässt sich auch nicht aus dem Wortlaut des
Schreibens vom 20. Juni 1932 ableiten. Beide Verpflichtungen sind zwar
in ein und demselben Satze behandelt. Daraus kann aber umsoweniger
auf eine Befristung der Geheimhaltungspflicht geschlossen werden, als
ein Dienstnehmer auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die in seinem
Dienste wahrgenommenen Dinge, falls deren Geheimcharakter ihm bewusst
ist, während und nach Auflösung des Dienstvertrages geheimzuhalten
hat, wenn die Umstände darauf schliessen lassen, er sei nur unter
der Voraussetzung der Verschwiegenheit in die Geheimnisse eingeweiht
worden, und wenn überdies die vertraglichen Grundlagen, seine Person
und Ausbildung, seine Stellung im Geschäft, sein Arbeitsgebiet und seine
Entlöhnung dazu in einer gewissen Beziehung stehen (BGE 64 II 172). Diese
Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die dienstlichen Obliegenheiten
Brandenbergers bestanden gerade darin, die für die Verwirklichung des
Formdrehverfahrens benötigten Maschinen zu konstruieren. Er bezog einen
Lohn, der in Anbetracht der damals herrschenden Wirtschaftskrise, der
damaligen ordentlichen Gehaltsverhältnisse, des Geldwertes und des Alters
des Dienstnehmers ziemlich hoch war. Auch konnte Brandenberger nicht nur
angesichts der ausdrücklich anerkannten Geheimhaltungspflicht, sondern
auch angesichts der von der Beschwerdeführerin von Anfang an erstrebten
besonderen technischen und wirtschaftlichen Vorteile des neuen Verfahrens
nicht entgehen, dass seine Dienstherrin wesentlich daran interessiert war,
die entwickelten Konstruktionen geheimzuhalten, und zwar besonders auch
nach Ablauf des Patentschutzes für das Formdrehverfahren. Dass er solange
zur Verschwiegenheit verpflichtet sei, als nicht die Beschwerdeführerin
selber das Geheimnis lüften werde oder die fraglichen Konstruktionen
sonstwie allgemein bekannt würden, verstand sich unter diesen Umständen
geradezu von selbst.

    c) Indem Brandenberger die in den Verträgen mit der Sim SA, der
Goetze Werke, Friedrich Goetze AG und der Aktiebolaget Davy Robertsons
Maskinfabrik vorgesehenen Zeichnungen, Stücklisten und Tabellen an diese
Firmen auslieferte und ihnen technische Ratschläge für die Konstruktion
der Maschinen erteilte, verriet er das Fabrikationsgeheimnis der
Beschwerdeführerin. Dieses Tatbestandsmerkmal wäre selbst dann erfüllt,
wenn es Brandenberger im Jahre 1948 noch möglich gewesen sein sollte,
die Maschinen ohne Verwendung der Entwicklungszeichnungen, die er nach
Auflösung des Dienstverhältnisses zurückbehalten hatte, zu rekonstruieren;
denn auch das war ihm auf Grund des Vertrages verboten.

    Fischer machte sich den Verrat zunutze, indem er aus dem
Vertragsverhältnis zwischen Brandenberger und der Sim SA eigene Vorteile
zog. Dass er sich nach Art. 162 Abs. 2 StGB auch dadurch vergangen habe,
dass er aus den Verträgen mit den ausländischen Firmen Nutzen zog, wirft
ihm die Anklage nicht vor.

    Rogier zog aus dem Verrat persönlich keine Vorteile, da nicht er,
sondern die Sim SA Vertragspartei war. Wäre sie eine natürliche Person, so
müsste sie als Täter des in Art. 162 Abs. 2 StGB umschriebenen Vergehens
zur Rechenschaft gezogen werden. Als juristische Person kann sie es
nicht. Rogier aber, der für sie handelte, hätte für sie nur einzustehen,
wenn das Gesetz eine entsprechende Bestimmung enthielte (Art. 1
StGB). Das trifft nicht zu. Art. 172 Abs. 1 StGB, der für eine Reihe
anderer Vermögensdelikte des zweiten Titels (Entzug und Veruntreuung von
Pfandsachen und Retentionsgegenständen, Konkurs- und Betreibungsverbrechen
und -vergehen) die im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person handelnden
Direktoren usw. als Täter strafbar erklärt, führt Art. 162 StGB nicht an.

    Rogier kann auch nicht als Gehülfe bestraft werden. Gehülfe der
Sim SA war er nicht, weil diese nicht strafbar ist, Gehülfenschaft aber
voraussetzt, dass ein Haupttäter sich strafbar gemacht habe (BGE 74 IV
123). Die Stellung eines Gehülfen Brandenbergers und Fischers sodann hatte
er nicht, weil seine Mitwirkung nicht über das hinausging, was begrifflich
notwendig war, damit diese beiden das Fabrikationsgeheimnis an die Sim
SA überhaupt verraten konnten; er befand sich, was die Verletzung des
Fabrikationsgeheimnisses betrifft, bloss in der Stellung eines sogenannten
notwendigen Teilnehmers (vgl. HAFTER, Allgem. Teil § 43 Ziff. 2; LOGOZ,
Vorbem. zu Art. 24 ff. Ziff. 3). Wirkt ein solcher nicht weitergehend
mit, als begriffsnotwendig ist, damit der andere das Verbrechen überhaupt
begehen kann, so ist er nur strafbar, wenn das Gesetz auch ihn zum Täter
stempelt. Von dieser Auffassung geht denn auch Art. 162 StGB aus, indem
er die Personen, die den Verrat sich zunutze machen, gleich dem, der ihn
begeht, mit Strafe bedroht.

    Rogier ist daher von der Anklage der Verletzung eines
Fabrikationsgeheimnisses freizusprechen.

    ...

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 13 lit. g UWG ist strafbar, wer sich unlauteren
Wettbewerbs schuldig macht, indem er vorsätzlich Fabrikations-
oder Geschäftsgeheimnisse verwertet oder andern mitteilt, die er
ausgekundschaftet oder von denen er sonstwie gegen Treu und Glauben
Kenntnis erlangt hat.

    a) Der Begriff des Fabrikationsgeheimnisses im Sinne dieser Bestimmung
deckt sich mit dem Begriff des Fabrikationsgeheimnisses nach Art. 162
StGB. Art. 13 lit. g UWG ist denn auch, mit gewissen Änderungen, aus
Art. 162 StGB übernommen worden, in dem die Bestimmung bis zum Erlass des
Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb als Absatz 3 enthalten war.

    b) Die Anklage geht davon aus, Brandenberger und Fischer hätten durch
den Abschluss und die Ausführung der Verträge mit der Sim SA das der
Beschwerdeführerin zustehende Fabrikationsgeheimnis im Sinne des Art.
13 lit. g UWG verwertet und mitgeteilt und Rogier habe ihnen dadurch,
dass er im Namen der Sim SA mit ihnen verhandelte und Verträge abschloss,
bei der Verwertung und Mitteilung des Geheimnisses im Sinne des Art. 25
StGB geholfen. Damit verkennt der Ankläger, dass als Täter des unlauteren
Wettbewerbes nicht Brandenberger und Fischer, sondern nur die Organe der
Sim SA in Betracht kommen können; denn nicht Brandenberger und Fischer
traten in wirtschaftlichen Wettbewerb zu der Beschwerdeführerin,
sondern das Wettbewerbsverhältnis, das durch die Verwertung des
Fabrikationsgeheimnisses zu einem unlauteren gestaltet worden sein
soll, bestand zwischen der Sim SA und der Beschwerdeführerin. Dass
zur Zeit der Tat ein solches Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Täter
und dem Geschädigten bestehen muss, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 in
Verbindung mit den einleitenden Worten des Art. 13 UWG. Wenn unlauterer
Wettbewerb überhaupt vorliegt, ist daher Rogier in seiner Eigenschaft
als handelndes Organ der Sim SA (Art. 15 UWG) als Täter zu bestrafen,
wogegen Brandenberger und Fischer, die durch ihre Tat den Wettbewerb der
Sim SA förderten, nur als Gehülfen sich allenfalls gegen Art. 13 lit. g
UWG vergangen haben.

    Auch wegen der Förderung des unlauteren Wettbewerbs der beiden
ausländischen Firmen können Brandenberger und Fischer nicht als Täter,
sondern nur allenfalls als Gehülfen zur Rechenschaft gezogen werden. Dass
gegen die beiden Firmen keine Anklage erhoben worden ist, steht der
Bestrafung Brandenbergers und Fischers nicht im Wege; Gehülfenschaft setzt
bloss voraus, dass der Haupttäter sich strafbar gemacht habe, nicht auch,
dass er für seine Tat bestraft werde (nicht veröffentlichtes Urteil des
Kassationshofes vom 15. November 1945 i.S. Duchêne). Dass sich die Organe
der Goetze Werke, Friedrich Goetze AG und der Aktiebolaget Davy Robertsons
Maskinfabrik im Sinne des Art. 13 lit. g UWG des unlauteren Wettbewerbs
schuldig gemacht haben, ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sie
möglicherweise bloss im Ausland gehandelt haben. Da sich ihre Tat gegen
Schweizer richtete, ist sie gemäss Art. 5 StGB nach schweizerischem Recht
zu beurteilen, wenn sie auch nach dem Rechte des Begehungsortes strafbar
ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wird die Vorinstanz allenfalls
auf Grund des deutschen bzw. schwedischen Rechts zu beurteilen haben.

    Ob Rogier als Täter, Brandenberger und Fischer dagegen als Gehülfen
im vorliegenden Verfahren bestraft werden können, obschon die Anklage
ersterem Gehülfenschaft, letzteren beiden dagegen Täterschaft vorwirft,
ist eine Frage des kantonalen Prozessrechts, die dem Entscheid der
Vorinstanz vorbehalten bleibt.

    ...

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit auf sie eingetreten werden
kann, dahin teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichtes
des Kantons Zürich vom 3. Oktober 1952 aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.