Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 II 26



80 II 26

6. Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Februar 1954 i. S. Seelig gegen
Studio 4 AG Regeste

    Befugnis des Kinoinhabers, einem Zeitungsberichterstatter den Zutritt
zu seinen Filmvorführungen zu verweigern.

    Berufung, Zulässigkeit. Streitigkeit nicht vermögensrechtlicher
Natur. Erfordernis der Begründung (Erw. 1).

    Rechtsnatur des Presseausweises (Erw. 2);

    - des Kinobillets (Erw. 3).

    Kein Anspruch auf Zutritt nach den Grundsätzen über den
Kontrahierungszwang, die Offerte an jedermann oder wegen Verstosses der
Zutrittsverweigerung gegen die guten Sitten (Erw. 4). Verletzung in den
persönlichen Verhältnissen setzt Widerrechtlichkeit des Eingriffes voraus
(Erw. 5).

    Kein Anspruch auf Zutritt auf Grund der privatrechtlichen
Pressefreiheit (Erw. 6).

    Frage des Rechtsmissbrauchs (Erw. 7).

Sachverhalt

    A. - Der Kläger Seelig, der den Beruf eines Schriftstellers, Theater-
und Filmkritikers ausübt, ist regelmässiger Mitarbeiter der Zeitung
"Tagesanzeiger für Stadt und Kanton Zürich". In dieser veröffentlichte
er am 28. August 1951 eine etwas abfällige Kritik über einen im Kino
"Studio 4" in Zürich laufenden Film. Die Beklagte "Studio 4 A. G." als
Inhaberin des Kinounternehmens warf mit Schreiben vom 3. September 1951
dem Kläger vor, er habe sich bei der erwähnten Filmbesprechung nicht von
seiner Verantwortung als Filmkritiker, sondern viel mehr "von aufgestautem
Ressentiment gegen das Studio 4 und seinen Inhaber" leiten lassen. Das habe
mit sachlicher Kritik, die von der Beklagten, bezw. von deren einzigem
Verwaltungsrat, geschätzt werde, nichts mehr zu tun. Anschliessend gab der
Kinoinhaber sodann die Erklärung ab: "Es ist besser, Sie meiden von nun ab
mein Kino, zu dem ich Ihnen - ob Sie nun mit Passepartout, Presseausweis
oder mit einem bezahlten Billet erscheinen - den Zutritt verwehre."

    Dieser Mitteilung entsprechend lehnte es die Kassierin der Beklagten
in der Folge ab, dem Kläger auf Grund des von ihm vorgewiesenen
Presseausweises wie auch gegen Bezahlung eines Eintrittspreises ein
Kinobillet auszuhändigen.

    B.- Der Kläger reichte deshalb am 1. April 1952 gegen die Beklagte
die vorliegende Klage ein, deren Rechtsbegehren in der endgültigen,
vom Obergericht zugelassenen Fassung folgendermassen lauten:

    "1. Hat die Beklagte ihre Anordnung, wonach sie dem Kläger jeden von
ihm unter Vorweisung eines Presse-Passepartout, Presseausweises oder
einer Eintrittskarte verlangten Zutritt zum Kino Studio 4 verwehrt,
zu widerrufen, bzw. hat die Beklagte dem Kläger gegen Vorweisung eines
Presse-Passepartouts des Schweizerischen Lichtspieltheater-Verbandes,
Presseausweises des Zürcherischen Lichtspieltheater-Verbandes oder einer
Eintrittskarte den Zutritt zum Kino Studio 4 zu gestatten?

    2. Hat die Beklagte dem Kläger gegen jeweilige Bezahlung eines der
von ihr öffentlich bekanntgegebenen Eintrittspreise den Besuch des Kinos
Studio 4 zu gestatten?

    3. Ist die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 200.--
Schadenersatz zu bezahlen?

    Zur Begründung seiner Begehren machte der Kläger im wesentlichen
geltend, die ohne zureichenden Grund ausgesprochene Zutrittsverweigerung
bedeute eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts im Sinne von
Art. 28 ZGB, insbesondere seines Rechts auf freie Betätigung, sowie
seiner privatrechtlichen Presse- und Informationsfreiheit, und stelle eine
Diskriminierung dar. Diese Verletzung sei schon unter dem Gesichtspunkt von
Art. 28 ZGB widerrechtlich, weiter aber auch deshalb, weil das Verhalten
der Beklagten gegen den nach Art. 7 Abs. 3 OR gegebenen Kontrahierungszwang
oder doch zum mindesten gegen die guten Sitten verstosse. Einen Anspruch
auf Zutritt leitet der Kläger ferner aus der Natur des Presse-Passepartout
und des Presseausweises ab, die ein Schuldversprechen enthaltende
Namen-Ausweispapiere seien, sowie aus der Rechtsnatur des Kinobillets,
bei dem es sich um ein Inhaber-Wertpapier handle. Schliesslich stelle
das Verhalten der Beklagten einen offenbaren Rechtsmissbrauch im Sinne
von Art. 2 Abs. 2 ZGB dar. Nach Art. 28 ZGB habe der Kläger Anspruch auf
Beseitigung der Störung, und ferner habe die Beklagte ihm den Schaden
im Betrag von Fr. 200.--, den er durch Verdienstausfall erlitten habe,
zu ersetzen.

    Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie bestritt die vom
Kläger behaupteten Rechtsverletzungen und machte geltend, sie sei nach
dem Grundsatz der Vertragsfreiheit befugt gewesen, den Abschluss eines
Vertrages mit dem Kläger abzulehnen.

    C.- Das Bezirksgericht und das Obergericht Zürich, dieses mit Urteil
vom 5. September 1953, wiesen die Klage ab.

    D.- Gegen das Urteil des Obergerichts ergriff der Kläger die Berufung
an das Bundesgericht, mit der er an den vor den kantonalen Instanzen
gestellten Rechtsbegehren festhält.

    Der Kläger beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Entscheides.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagte erhebt in erster Linie den prozessualen Einwand,
die Berufung sei unwirksam, weil der Kläger entgegen der Vorschrift von
Art. 55 Abs. 1 lit. a OG in der Berufungsschrift nicht angegeben habe,
ob der Streitwert Fr. 8000.--, wenigstens aber Fr. 4000.-- betrage. Einen
Antrag, es sei auf die Berufung nicht einzutreten, wie er dem erhobenen
Einwand entsprechen würde, hat die Beklagte dann allerdings nicht
gestellt. Da jedoch die Zulässigkeit der Berufung von Amtes wegen zu
prüfen ist, schadet diese Unterlassung der Beklagten nicht.

    Die erwähnte Einwendung ist indessen nicht stichhaltig. Die Bestimmung
des Art. 55 Abs. 1 lit. a OG gilt gemäss ihrem Wortlaut für Streitigkeiten
vermögensrechtlicher Natur. Die vorliegende Klage bezweckt aber in
erster Linie die Beseitigung einer angeblichen Störung des Klägers in
seinen persönlichen Verhältnissen im Sinne von Art. 28 ZGB durch die
Beklagte. Eine Streitigkeit dieser Art ist nicht vermögensrechtlicher
Natur und daher gemäss Art. 44 OG der Berufung ohne Rücksicht auf den
Umfang des im Streit liegenden Interesses zugänglich. Das hat nach der
Rechtsprechung (BGE 78 II 290) zur Folge, dass die Berufung auch für
die weiter eingeklagten, mit der behaupteten Persönlichkeitsverletzung
im Zusammenhang stehenden vermögensrechtlichen Ansprüche zulässig ist,
selbst wenn diese den Berufungsstreitwert nach Art. 46 OG nicht erreichen.

    Dagegen kann auf die Berufung nicht eingetreten werden, soweit sie
die Gutheissung des Rechtsbegehrens 3 auf Verpflichtung der Beklagten
zur Bezahlung einer Schadenersatzsumme von Fr. 200.-- anstrebt. Dieser
Antrag wird entgegen der Vorschrift von Art. 55 Abs. 1 lit. c. OG in der
Berufungsschrift nicht begründet. Das Fehlen der Begründung für einzelne
Berufungsanträge macht die Berufung nach ständiger Rechtsprechung mit
Bezug auf die betreffenden Anträge unwirksam (BGE 77 II 343 Erw. 3 und
dort erwähnte Entscheide). Es sind somit lediglich die Berufungsbegehren
1 und 2 zu prüfen.

Erwägung 2

    2.- Der Kläger leitet den Anspruch auf Zutritt zu den Filmvorführungen
der Beklagten, gegen deren Verweigerung sich seine Klage richtet, in erster
Linie aus den Befugnissen ab, die ihm als Inhaber des Presseausweises
oder Presse-Passepartouts aus diesen Urkunden zustehen.

    Beide kantonalen Instanzen haben eine Pflicht der Beklagten, dem Kläger
auf Grund der genannten Ausweise den Eintritt zu gewähren, verneint, weil
der Kläger keinen Beweis dafür anerboten habe, dass den vom SLV bezw. ZLV
unentgeltlich abgegebenen Ausweisen nach dem Willen der Aussteller die
von ihm behauptete Tragweite zukomme.

    Nach der Ansicht des Klägers verstösst diese Auffassung der
Vorinstanzen gegen die bundesrechtlichen Regeln über die Auslegung
schriftlich festgehaltener rechtsgeschäftlicher Erklärungen, wonach der
Urheber einer Erklärung sich diese so entgegenhalten lassen muss, wie der
Empfänger sie nach Treu und Glauben im Verkehr verstehen durfte. Nach
diesem Grundsatz ergebe sich aus dem auf den Ausweisen angebrachten
Vermerk "An Samstagen, Sonn- und Feiertagen ungültig" bezw. "Samstagabends
und sonntags sowie an Premièren ungültig", dass die Ausweise an allen
übrigen Tagen gültig seien; gemeint sei damit die Gültigkeit für den
unentgeltlichen Erwerb einer Eintrittskarte. Dieses Recht könne vom
einzelnen Kino-Inhaber nicht beliebig beschränkt werden. Eine solche
Befugnis müsste in der Skriptur des Papiers niedergelegt sein, was nicht
der Fall sei (Berufungsschrift S. 2-4).

    a) Bei der Entscheidung der Frage, ob die genannten Presseausweise
eine Rechtspflicht der Beklagten des vom Kläger behaupteten Inhalts
verurkunden, ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Ausweisen
um Namen-Ausweispapiere handelt. Solche fallen urkundenrechtlich nur
in Betracht, wenn sie nicht bloss die Personalien oder eine bestimmte
Eigenschaft der benannten Person verurkunden, sondern eine Pflicht des
Ausstellers zu einer Leistung festhalten (JÄGGI, Komm. zu Art. 965 OR, N.
301). Danach ist also der rechtliche Gehalt des Namen-Ausweispapieres im
Einzelfall nach Massgabe der konkreten Verhältnisse zu ermitteln. Dabei
ist, wie der Kläger zutreffend ausführt, die im Presseausweis niedergelegte
Willenserklärung des Ausstellers nach dem sog. Vertrauensprinzip
auszulegen: Massgebend ist, wie der Empfänger der Erklärung, hier also
der Kläger, sie nach Treu und Glauben verstehen durfte (BGE 69 II 322).

    b) Die Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze auf den vorliegenden
Fall ergibt, dass die Skripturen der in Frage stehenden Ausweise keine
Anhaltspunkte für das Bestehen eines Rechtsanspruches zu Gunsten des
Inhabers darbieten. Der Text der Urkunde enthält keinen Hinweis darauf,
welche Leistung an den Inhaber zu erbringen sei. Es ist daraus nicht einmal
ersichtlich, dass die in der Urkunde bezeichnete Person unentgeltlichen
Zutritt zu den Filmvorführungen der Beklagten haben soll, geschweige denn,
ob dieser Zutritt unbeschränkt sein soll, auf welche Platzkategorie er
sich beziehe, ob er für den Ausweisträger allein gelte oder auch für
Begleitpersonen, und wenn ja, für wieviele.

    Auch der Verpflichtete ist im Text der Urkunde nicht genannt, was
unter den gegebenen Umständen für die Begründung eines Rechtsanspruches des
Urkundeninhabers unerlässlich wäre. Die Ausweise werden nämlich nicht von
den Kinobesitzern, sondern vom SLV bezw. ZLV ausgestellt. Aus dem Text ist
nicht ersichtlich, dass die Verbände eigene Verpflichtungen übernommen
haben und welcher Art diese sind. Ebenso ergibt sich aus ihm nicht,
dass die Verbände bestimmte Leistungen ihrer Mitglieder, der einzelnen
Kinobesitzer, an die Ausweisinhaber versprechen und garantieren. Endlich
fehlt auch jeder Hinweis darauf, dass die Verbände als Vertreter und im
Namen der ihnen angehörenden Kinoinhaber Verpflichtungen der letzteren
eingegangen seien.

    Bei objektiver Betrachtung des Urkundentextes kann aus diesem
nicht mehr herausgelesen werden als die Legitimation des Inhabers als
Journalist, der sich mit Filmfragen befasst. Die Legitimation erfolgt zu
Handen der Verbandsmitglieder, die darüber aufgeklärt werden sollen, dass
der im Ausweis bezeichnete Inhaber zu den Personen gehöre, welchen die im
Kinogewerbe üblichen Vergünstigungen für Journalisten eingeräumt werden
sollen. Der Inhalt dieser Vergünstigungen (Platzkategorie, Zahl der freien
Eintritte usw.) wird dagegen nicht festgelegt. Die Papiere verurkunden also
lediglich die Personalien und die Journalisteneigenschaft des Inhabers,
nicht dagegen eine bestimmte Verpflichtung des ausstellenden Verbandes
oder seiner Mitglieder. Sie werden denn auch im Text als Ausweise und
nicht etwa als Freikarten oder dergl. bezeichnet.

    Diese Auslegung des Presseausweises wird nicht erschüttert durch die
Vermerke, wonach deren Gültigkeit für bestimmte Tage verneint wird. Diese
Klauseln besagen lediglich, dass die Ausweisinhaber für die betreffenden
Veranstaltungen nicht auf die Einräumung der sonst üblichen Vergünstigungen
zählen können.

    Die rechtliche Würdigung der Ausweise nach dem Vertrauensprinzip ist
somit nicht geeignet, die von der Vorinstanz ausgesprochene Verneinung
eines Rechtsanspruches des Klägers aus diesen Urkunden zu widerlegen.

Erwägung 3

    3.- Der Kläger behauptet weiter eine Verpflichtung der Beklagten,
ihm gegen Vorweisung einer "gewöhnlichen Eintrittskarte", d.h. eines
unter Entrichtung des ordentlichen Preises erworbenen Kinobillets, den
Zutritt zu ihren Filmvorführungen zu gestatten. Diesen Anspruch leitet er
aus der Rechtsnatur des Kinobillets ab, das nach vorherrschender Meinung
ein Wertpapier und zwar ein Inhaberpapier im Sinne von Art. 978 Abs. 1 OR
darstelle. Zur Begründung dieses Standpunktes, mit dem sich die Vorinstanz
nicht auseinandergesetzt hat, verweist die Berufungsschrift unter Angabe
der entsprechenden Seitenzahlen auf die Ausführungen in der Replik vor
1. Instanz und in der Berufungsbegründung vor dem Obergericht.

    Es mag dahingestellt bleiben, ob ein derart umschriebener Hinweis auf
Ausführungen in einer an eine kantonale Instanz gerichteten Rechtsschrift
als eine ausreichende Begründung des Berufungsantrages im Sinne von
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG angesehen werden kann. Denn im vorliegenden
Falle erweist sich der vom Kläger eingenommene Standpunkt auch bei
Berücksichtigung der von ihm angerufenen Ausführungen vor den kantonalen
Instanzen als unzutreffend.

    a) Für die Beurteilung der Rechtsnatur des Kinobillets ist zunächst
darauf hinzuweisen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kinobesucher
und dem Betriebsinhaber auf einem sog. Vorstellungsbesuchsvertrag
beruhen. Durch diesen verpflichtet sich der Kinoinhaber, die angekündigte
Filmvorführung zu veranstalten und dem Gegenkontrahenten den Genuss
dieses Vorführung zu erschliessen. Der Besucher anderseits verpflichtet
sich zur Entrichtung einer Gegenleistung in Geld. Die Einzelheiten der
gegenseitigen Verpflichtungen (Programm der Vorstellung, Zeitpunkt und
Ort der Veranstaltung, Platz des Besuchers, Höhe des Eintrittspreises)
werden im Einzelfalle von den Parteien festgelegt. Aus diesen Merkmalen
hat die Rechtsprechung gefolgert, dass der Vorstellungsbesuchsvertrag dem
Grundsatze nach den Vorschriften über den Werkvertrag zu unterstellen sei
(BGE 70 II 218). Von dieser Auffassung abzuweichen, besteht kein Anlass.

    b) Aus dem dargelegten Wesen des Rechtsverhältnisses zwischen
Kinobesitzer und Besucher ergibt sich, dass der Eintrittskarte vorwiegend,
wenn nicht ausschliesslich, Beweisfunktion zukommt. Das Billet verurkundet,
dass ein bestimmter Vorstellungsbesuchsvertrag abgeschlossen worden ist,
dass der Besucher den Eintrittspreis entrichtet hat und der Unternehmer
infolgedessen verpflichtet ist, seinem Vertragspartner die vereinbarte
Teilnahme an der Vorstellung zu ermöglichen. Die Zweckbestimmung des
Kinobillets besteht demnach nicht darin, die Rechte des Besuchers so
mit der Urkunde zu verknüpfen, dass sie ohne die letztere weder geltend
gemacht, noch auf andere übertragen werden können, wie es gemäss Art. 965
OR im Wesen des Wertpapiers liegt. Einer solchen Verkörperung des Rechts
in der Urkunde bedarf es im Rahmen der Beziehungen zwischen Kinounternehmer
und Publikum nicht. Die im Kinobillet verurkundete Schuld des Kinobesitzers
wird entweder unverzüglich oder innert kurzer Frist erfüllt. Wer
mit dem Kinobesitzer einen Vertrag abschliesst oder bei Billetbezug
im Vorverkauf durch einen Stellvertreter abschliessen lässt, übt die
erworbenen Rechte selbst aus. Eine Übertragung dieses Rechts auf Dritte
ist verhältnismässig selten. Sie kann gemäss Art. 164 OR ohne Zustimmung
des Kinounternehmers erfolgen, sofern sie nicht durch Parteivereinbarung
ausdrücklich ausgeschlossen wird. Diese Abtretungsmöglichkeit genügt
den Bedürfnissen des praktischen Lebens, zumal ein gewerbsmässiger
oder sonst ins Gewicht fallender Weiterverkauf von Kinobillets in der
Schweiz nicht üblich ist (im Gegensatz zum Handel mit Eintrittskarten
zu gewissen Sportveranstaltungen und zu den Verhältnissen im Ausland,
namentlich in Frankreich; vgl. hiezu DALLOZ, Répertoire pratique, tome
12 s. v. Théâtre-Spectacle, nos. 201 ss.).

    Die vom Kläger verfochtene Unterstellung des Kinobillets unter den
Begriff des Wertpapiers, insbesondere des Inhaberpapiers nach Art. 978
ff. OR, widerspricht somit der Aufgabe der Urkunde und ist abzulehnen. Auf
diesem Boden steht denn auch die neuere schweizerische Literatur (JÄGGI,
N. 299 zu Art. 965 OR; KöNG, Schweizer Theaterrecht, S. 48 f.); die
vom Kläger angerufene ausnahmslos ältere, ausländische Literatur, in
der die gegenteilige Auffassung vertreten wird (wie z.B. von JACOBI,
Die Wertpapiere, 1901, S. 367 f.) erscheint demgegenüber weitgehend
als überholt. Damit ist den Folgerungen, die der Kläger aus der
Wertpapiernatur des Kinobillets ableitet, der Boden entzogen.

Erwägung 4

    4.- a) Nach der Meinung des Klägers soll sich eine Pflicht der
Beklagten zum Abschluss des Vorstellungsbesuchsvertrags aus Art.
7 Abs. 3 OR ergeben, der unter den dort umschriebenen Voraussetzungen
einen Kontrahierungszwang begründe.

    Gemäss der angerufenen Gesetzesbestimmung gilt die Auslage von Waren
mit Angabe des Preises in der Regel als Antrag zum Vertragsschluss. Nach
ihrem klaren Wortlaut findet die Vorschrift also nur Anwendung auf
Verträge, die Waren zum Gegenstand haben. Dies trifft für einen
Vorstellungsbesuchsvertrag nicht zu, da dieser nach den oben gemachten
Ausführungen einen Werkvertrag darstellt. Die durch ihn begründete typische
Leistung des Kinoinhabers besteht nicht in der Lieferung einer Ware,
sondern in der Veranstaltung der angezeigten Vorstellung und in deren
Zugänglichmachung für den Besucher als Vertragspartner.

    Der Standpunkt des Klägers sodann, es sei die Eintrittskarte, die von
der Beklagten im Sinne einer Auslage von Waren zum Kauf angeboten werde,
beruht auf der Annahme, das Kinobillet sei ein Wertpapier. Diese Auffassung
trifft aber, wie dargelegt wurde, für die streitigen Ausweise nicht zu.

    Übrigens wäre mit der Bejahung der Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 3
OR auf den vorliegenden Sachverhalt für den Kläger nichts gewonnen. Denn
die genannte Vorschrift ist entgegen seiner Meinung nicht zwingenden
Rechts. Dies erhellt schon aus der Wendung, eine solche Auslage gelte
"in der Regel" als Antrag, vor allem aber aus der Zweckbestimmung der
Vorschrift, die das Publikum vor einer missbräuchlichen Verwendung von
Auslagen schützen will: Es soll verhindert werden, dass das Publikum durch
Warenauslagen angelockt wird, um es dann für die Erwerbung anderer als der
ausgestellten Waren zu gewinnen. Dieses Schutzbedürfnis entfällt aber,
wenn der Geschäftsinhaber gegenüber bestimmten Personen zum Voraus klar zu
erkennen gibt, dass er es ablehne, mit ihnen Verträge über die ausgelegten
Waren abzuschliessen. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch
gemacht durch ihre briefliche Erklärung an den Kläger vom 3. September
1951, sie lehne jede geschäftliche Verbindung mit ihm ab.

    b) Aus dem gleichen Grunde kann auch nicht etwa geltend gemacht
werden, die öffentliche Ankündigung der Filmvorführung zusammen mit dem
Anschlag der Eintrittspreise für die einzelnen Platzkategorien stelle
eine - von der Auslage im Sinne von Art. 7 Abs. 3 OR zu unterscheidende
- verbindliche Offerte an jedermann dar. Denn selbst wenn im Verhalten
der Beklagten eine solche Offerte und nicht bloss eine Einladung an das
Publikum, seinerseits Offerten zu stellen, zu erblicken wäre, so wäre auch
in diesem Falle eine zum Voraus erklärte Beschränkung des Personenkreises,
an den sich die Offerte richtet, zulässig und hier auf Grund des Schreibens
der Beklagten vom 3. September 1951 gegeben.

    c) Der Kläger wendet demgegenüber ein, die grundlose Verweigerung des
Vertragsabschlusses durch jemand, der das Publikum zur Offertstellung
aufgefordert und sich zum Vertragsabschluss empfohlen habe, verstosse
gegen die guten Sitten. Mit Recht hat jedoch die Vorinstanz diese
Ansicht abgelehnt. Sie hätte zur Folge, dass durch die allgemein übliche
öffentliche Empfehlung in Inseraten, Reklamen usw. die grundsätzlich
bestehende Vertragsfreiheit in hohem Masse eingeschränkt würde. Es würde so
auf einem Umweg ein Kontrahierungszwang von erheblich grösserer Tragweite
geschaffen, als er auf Grund von Art. 7 Abs. 3 OR besteht. Eine derartige
abändernde Wirkung einer vom Gesetzgeber bewusst getroffenen Regelung
kommt aber dem Gebot zur Beachtung der guten Sitten nicht zu. Aus ihm
kann sich ein Kontrahierungszwang nur in ganz besondern Ausnahmefällen
ergeben, nämlich dort, wo eine sachlich nicht gerechtfertigte Verweigerung
des Vertragsabschlusses lebenswichtige Interessen des davon Betroffenen
verletzt oder gefährdet. Hievon kann aber für den vom Kläger angestrebten
Zutritt zu den Fimvorführungen der Beklagten nicht die Rede sein.

    Dagegen kann die willkürliche Ablehnung von Offerten, zu deren Stellung
das Publikum öffentlich und vorbehaltlos aufgefordert worden ist, unter
Umständen eine Ersatzpflicht begründen für Schaden, den der abgewiesene
Vertragsinteressent dadurch erleidet, dass er im Vertrauen auf die
Auskündigung Aufwendungen gemacht oder die Möglichkeit zu anderweitigem
Vertragsabschluss unbenützt gelassen hat; in solchen Fällen könnte im
Verhalten des Ablehnenden eine culpa in contrahendo erblickt werden, die
nach Art. 41 Abs. 2 OR zu einer Ersatzpflicht für den Vertrauensschaden
führen würde. Einen Anspruch dieser Art erhebt der Kläger indessen nicht,
ganz abgesehen davon, dass auch hier mit Rücksicht auf die zum Voraus
erfolgte Ablehnungserklärung der Beklagten vom 3. September 1951 von einer
vorbehaltlosen Aufforderung zur Stellung einer Offerte nicht gesprochen
werden könnte.

Erwägung 5

    5.- Der Kläger macht weiter geltend, der von der Beklagten über ihn
verhängte Ausschluss von ihren Filmvorführungen bedeute eine Verletzung
seines Persönlichkeitsrechtes im Sinne von Art. 28 ZGB. Das Besuchsverbot,
das einer Rechtfertigung entbehre, stelle eine Herabsetzung dar, in der
"eine innominate Verletzung der Persönlichkeit in ihrem allgemeinen
Anspruch auf Achtung und Geltung" liege. Denn mit dem Besuchsverbot
wolle die Beklagte zum Ausdruck bringen, dass der Kläger einer sachlichen
Kritik nicht fähig sei; ferner liege darin eine Gleichstellung mit Leuten,
die des Rechts unwürdig seien, in einem öffentlichen Kino Platz zu nehmen.

    a) Bei der Prüfung der Begründetheit der vom Kläger vertretenen
Auffassung ist davon auszugehen, dass Art. 28 ZGB das Persönlichkeitsrecht
nur gegen unbefugte Verletzungen schützt. Der Eingriff in die persönlichen
Verhältnisse muss also widerrechtlich sein. Erfüllt die Handlungsweise
der Beklagten diese Voraussetzung nicht, so versagt der Rechtsschutz aus
Art. 28 ZGB, selbst wenn jene einen Eingriff in persönliche Güter des
Klägers in sich schliesst.

    Nach der Meinung des Klägers bestünde die ihm zugefügte Verletzung
seines Persönlichkeitsrechts in einem Nichttun, in einem passiven
Verhalten der Beklagten, nämlich in der Weigerung, mit ihm einen
Vorstellungsbesuchsvertrag abzuschliessen. Dementsprechend zielt das
Begehren um Beseitigung der Störung darauf ab, die Beklagte dazu zu
veranlassen, die erwähnte Passivität aufzugeben und mit dem Kläger die
von ihm gewünschten Verträge abzuschliessen.

    Eine Widerrechtlichkeit kann im Verhalten der Beklagten aber nur
liegen, sofern eine Rechtspflicht der letzteren besteht, die dem Kläger
verweigerte Leistung zu erbringen, andernfalls ist das Verhalten der
Beklagten nicht rechtswidrig; denn wer eine Handlung unterlässt, zu der
er von der Rechtsordnung nicht verpflichtet ist, verstösst nicht gegen
diese und handelt nicht rechtswidrig. Eine allgemeine Rechtspflicht, im
Interesse anderer tätig zu werden, besteht nicht. Dies gilt als Regel
auch, wenn das passive Verhalten eine Schädigung von Rechtsgütern
anderer nach sich zieht. Eine Pflicht zum Handeln bedarf einer
besonderen Rechtsgrundlage. Es fragt sich daher, ob Art. 28 ZGB eine
solche darbietet. Dabei ist zu beachten, dass das schweizerische Recht
auf dem Boden der Vertragsfreiheit steht. Diese ist eine Auswirkung der
Rechts- und Handlungsfähigkeit und bildet einen wesentlichen Teil der
privatrechtlichen persönlichen Freiheit. Sie umfasst neben der Freiheit
zur Gestaltung des Vertragsinhalts im Sinne von Art. 19 OR insbesondere
auch die Abschlussfreiheit, d.h. die Freiheit, einen Vertrag abzuschliessen
oder nicht, sowie die Freiheit, den Vertragspartner auszuwählen.

    Der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt auch im Bereich der
Persönlichkeitsgüter. Art. 28 ZGB sieht insbesondere keine Rechtspflicht
vor, zu handeln, um eine Schädigung persönlicher Güter eines andern zu
vermeiden. Auch auf diesem Gebiete besteht eine Rechtspflicht, zu Gunsten
eines Dritten tätig zu werden, nur ausnahmsweise, nämlich dort, wo eine
ausdrückliche Gesetzesbestimmung ein Handeln vorschreibt oder ein passives
Verhalten gegen die guten Sitten verstiesse. An diesen Voraussetzungen
gebricht es aber im vorliegenden Fall. Es besteht keine Rechtsnorm, die
die Beklagte zum Abschluss eines Vorstellungsbesuchsvertrages mit dem
Kläger verpflichten würde. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang erneut
erhobene Berufung auf Art. 7 Abs. 3 OR (Vorliegen einer verbindlichen
Offerte der Beklagten) geht, wie schon dargelegt wurde, fehl. Ebenso
kann nach den oben gemachten Ausführungen nicht gesagt werden, dass
die guten Sitten der Beklagten gebieten, mit dem Kläger einen Vertrag
abzuschliessen. Die Beklagte bewegt sich daher mit ihrer Ablehnung eines
Vertragsschlusses innerhalb der Grenzen der ihr nach dem Grundsatz der
Vertragsfreiheit zustehenden Befugnisse. Dabei kann dahin gestellt
bleiben, ob die Vertragsfreiheit als subjektives Recht zu bewerten
(so offenbar z.B. EGGER, Art. 27 ZGB N. 2) oder mit der Vorinstanz als
Teil des objektiven Rechtes zu betrachten ist. Im einen wie im andern
Falle wäre das Verhalten der Beklagten nur widerrechtlich, wenn es sich
in einer Form abgewickelt hätte, durch welche die Ehre und das Ansehen
des Klägers in Mitleidenschaft gezogen worden wären (z.B. bei Verwendung
von Ausdrücken ehrverletzenden Inhalts). Dass dies der Fall gewesen sei,
behauptet aber der Kläger selber nicht.

    Unerheblich ist für die Frage der Widerrechtlichkeit, ob die Beklagte
sich für ihr Vorgehen auf eine objektive Rechtfertigung stützen kann
oder nicht. Die Ausübung eines Rechtes, insbesondere die Betätigung der
Vertragsfreiheit innerhalb der zulässigen Grenzen, wird nicht dadurch
widerrechtlich, dass sie objektiv betrachtet eines sachlichen Grundes
entbehrt. Wer kraft eines subjektiven Rechtes oder auf Grund einer Norm
des objektiven Rechtes zu einem Tun oder Lassen befugt ist, ist nicht
verpflichtet, von seiner Befugnis nur beim Vorliegen einer sachlichen
Rechtfertigung Gebrauch zu machen. Er ist auch nicht gehalten, über den
Grund seines Handelns Rechenschaft abzulegen.

    Bei dieser Rechtslage fällt somit eine Verletzung des Klägers in
seinen persönlichen Verhältnissen unter dem Gesichtspunkt der behaupteten
Herabwürdigung ausser Betracht, weshalb sich eine Prüfung erübrigt,
ob im Verhalten der Beklagten überhaupt eine solche gelegen habe.

Erwägung 6

    6.- a) Die Weigerung der Beklagten, den Kläger zu ihren
Filmvorführungen zuzulassen, soll nach der Ansicht des Klägers vor Art. 28
ZGB weiter deshalb nicht haltbar sein, weil sie seine privatrechtliche
Presse- und Informationsfreiheit verletze. Unter Hinweis auf die Botschaft
des Bundesrats vom 19. November 1951 über die Revision von Art. 55 BV (BBl
1951 III S. 241 ff.) sowie auf die "Allgemeine Erklärung der Vereinigten
Nationen über die Menschenrechte" vom 10. Dezember 1948, Art. 19 (zit.
aaOS.247 f.) vertritt der Kläger die Auffassung, die zunehmende Verankerung
und Ausbildung der Informationsfreiheit (d.h. des Rechts auf die Freiheit
der Verbreitung einschliesslich des Rechts zur Beschaffung von Nachrichten)
im Staats- und Völkerrecht müsse auch im Privatrecht ihren Niederschlag
finden, in dem ja die verfassungsmässigen Freiheitsrechte ebenfalls
enthalten seien. Die elastische Formulierung von Art. 28 ZGB sei gerade
gewählt worden, damit "die zu Persönlichkeitsrechten sich verdichtenden
neuen Interessen des Schutzes dieser Bestimmung teilhaftig werden
können." Die Informationsfreiheit habe sich im öffentlichen Recht soweit
durchgesetzt, dass der Richter die Anerkennung ihres privatrechtlichen
Gegenstückes verantworten könne.

    b) Wie der Kläger selber anerkennt, betrifft der in Art.
55 BV verankerte Grundsatz der Pressefreiheit ausschliesslich die
Rechtsbeziehungen zwischen dem Bürger und dem Staat. Die zivilrechtliche
Verantwortlichkeit für Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht, die eine
Person des Privatrechts gegenüber einer andern durch das Mittel der Presse
begeht, bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften von Art. 28 ZGB
in Verbindung mit Art. 41 und 49 OR. Diese umschreiben abschliessend die
Voraussetzungen, unter denen ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines
andern auf Grund der dem Täter als Ausfluss seines Persönlichkeitsrechts
zustehenden privatrechtlichen Pressefreiheit als erlaubt zu betrachten
ist (BGE 43 I 42 ff., 71 II 191 ff.). Das gilt auch, wo nicht der in der
Presse Angegriffene, sondern der für die Presse Tätige den Rechtsschutz
aus Art. 28 ZGB beansprucht.

    Bei der Prüfung des Vorliegens einer kraft der privatrechtlichen
Pressefreiheit bestehenden Verletzungsbefugnis hat das Bundesgericht
in seiner Rechtsprechung indessen von jeher auf die Grundsätze Bezug
genommen, die in Auslegung von Art. 55 BV entwickelt worden sind (BGE 71
II 192 und dort erwähnte Entscheide). Es fragt sich daher, ob im Rahmen
von Art. 55 BV eine Informationsfreiheit in dem vom Kläger behaupteten
Sinne eines Anspruchs auf freien Zugang zum Informationsmaterial bestehe,
auf Grund deren eine entsprechende privatrechtliche Befugnis angenommen
werden könnte.

    c) Die verfassungsmässigen Freiheitsrechte, und damit auch die
Pressefreiheit gemäss Art. 55 BV, gewährleisten dem Bürger die freie,
vom Staate nicht behinderte Betätigung in den betreffenden Bereichen
des Lebens. Hierin erschöpft sich ihr Inhalt. Einen Anspruch auf
positive Leistungen des Staates verschaffen sie nicht (BGE 73 I 216, 76 I
297). Diese im Wesen der Freiheitsrechte begründete Rechtslage will die vom
Kläger angezogene, im Wurfe befindliche Revision des Art. 55 BV mit der
Anerkennung der Informationsfreiheit als Bestandteil der Pressefreiheit
nicht ändern. Aus den Ausführungen der Botschaft, insbesondere S. 248,
ist ersichtlich, dass der Bundesrat die Informationsfreiheit auffasst als
"das Recht auf freie Verbreitung von Nachrichten", das "die Freiheit von
Beschaffung und Übermittlung von Nachrichten" in sich schliesse. Danach
besteht die Informationsfreiheit also darin, dass der Staat die Presse
in der Beschaffung des zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigten Materials
nicht behindern darf. Dagegen schafft sie keine Verpflichtung des Staates
zu einer aktiven Tätigkeit, die darauf gerichtet wäre, der Presse das
gewünschte Informationsmaterial zu vermitteln. Eine Ausgestaltung der
Pressefreiheit im Sinne einer Informationspflicht des Staates hat die
Revision des Art. 55 BV nicht im Auge. Sie ist, wie die Botschaft in
den Schlussfolgerungen (S. 257) ausdrücklich erklärt, lediglich darauf
gerichtet, "den freien Bewegungsraum der Presse vor staatlichen Eingriffen,
die öffentlichen Interessen vor einem Missbrauch der Pressefreiheit
zu schützen".

    Selbst im öffentlichen Recht hat sich somit bis heute der Gedanke
nicht durchgesetzt, dass derjenige, der über Informationsmaterial von
öffentlichem Interesse verfügt, verpflichtet sei, tätig zu werden, um
es der Presse zu erschliessen. Eine Rechtspflicht hiezu besteht vielmehr
auch im öffentlichen Recht nach wie vor nur, soweit die Gesetzgebung sie
ausdrücklich vorschreibt.

    Auch eine an den staatsrechtlichen Begriff der Pressefreiheit
anknüpfende Umschreibung der privatrechtlichen Pressefreiheit im Sinne
des Art. 28 ZGB gibt somit keine Grundlage ab für eine Rechtspflicht der
Beklagten, dem Kläger durch Abschluss eines Vertrages den Besuch ihrer
Filmvorführungen zu gestatten, um sie hernach in der Presse besprechen zu
können. Auch unter dem Gesichtspunkt der privatrechtlichen Pressefreiheit
fehlt deshalb dem Verhalten der Beklagten das Merkmal der Rechtswidrigkeit.

Erwägung 7

    7.- Der Kläger ficht schliesslich die Verweigerung des Abschlusses
von Vorstellungsbesuchsverträgen durch die Beklagte als offenbaren
Missbrauch des Rechts der Vertragsfreiheit an. Er erachtet das Verhalten
der Beklagten als rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB,
weil sie ausdrücklich auf jede Rechtfertigung verzichte und sich für
befugt halte, ein Besuchsverbot ohne Grund anzuordnen.

    Es kann auch in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob die
Vertragsfreiheit ein subjektives Recht ist und deshalb ihre Ausübung der
Vorschrift von Art. 2 Abs. 2 ZGB unterstehe; denn ein Rechtsmissbrauch
wäre selbst bei Bejahung dieser Voraussetzung abzulehnen. Das Verhalten
der Beklagten ist, wie bereits ausgeführt wurde, durch die Vertragsfreiheit
gedeckt. Eine Pflicht der Beklagten, ihre Haltung gegenüber dem Kläger zu
rechtfertigen, besteht nicht. Sie bezweckt damit, ihre Veranstaltungen der
nach ihrer Auffassung unsachlichen kritischen Würdigung durch den Kläger
zu entziehen. Diese vom Interesse der Beklagten beherrschte Zielsetzung
läuft zwar den Interessen des Klägers zuwider. Sie ist aber gleichwohl
nicht so geartet, dass sie die Rechtsausübung seitens der Beklagten zu
einem offenbaren Missbrauch zu stempeln vermöchte. Denn es lässt sich
nicht sagen, dass die Beklagte damit das Recht der Vertragsfreiheit
in seiner Form der Abschluss- und Partnerwahlfreiheit einem dem Grund
seiner Einräumung völlig fremden, schutzunwürdigen Zwecke dienstbar
gemacht habe, wenn auch nicht zu leugnen ist, dass das Vorgehen der
Beklagten, eine ihr nicht genehme Filmkritik mit der Ausschliessung des
betreffenden Journalisten zu beantworten, im Hinblick auf die wünschbare
Unabhängigkeit der Kritik zu gewissen Bedenken Anlass gibt. Allein
dieser Unzukömmlichkeit ist auf dem Boden des geltenden Privatrechts
nicht beizukommen. Der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauches lässt sich
umsoweniger vertreten, als der Kläger als einzelner Filmkritiker einem
Kinobesitzer gegenübersteht. Wie sich die Sache verhalten würde, wenn
der Ausschluss von einer Mehrzahl von Kinobesitzern oder allen ausginge
oder ganze Gruppen von Filmkritikern oder alle treffen würde, steht nicht
zum Entscheid.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts Zürich, I.
Zivilkammer, vom 5. September 1953 wird bestätigt.