Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 80 III 7



80 III 7

3. Entscheid vom 6. März 1954 i. S. Rumänische Volksrepublik. Regeste

    Gläubigerbezeichnung (Art. 67 Ziff. 1, 69 Ziff. 1 SchKG).

    Erfordernis einer klaren Bezeichnung. Die Verwendung eines
Sammelnamens, der nicht die klare Bezeichnung einer parteifähigen
Personenverbindung oder Vermögensmasse ist, sowie die Angabe eines
Haupt- und eines Eventualgläubigers sind unzulässig. Verbesserung der
Gläubigerbezeichnung in einer Arrestbetreibung nach Ablauf der Frist von
Art. 278 Abs. 1 SchKG? Befugnis des Willensvollstreckers zur Eintreibung
von Erbschaftsforderungen im eigenen Namen.

Sachverhalt

    Am 15. Mai 1953 erwirkte Fürsprecher L. für die "Erben des
Dr. Alomir Elemer Katona, wohnhaft gewesen in Seini, Rumänien" in
Zürich einen Arrestbefehl gegen Joseph Orban in Paris. Der Arrest
wurde am 16. Mai vollzogen. Die Abschriften der Arresturkunde wurden am
23. Mai versandt. Am 27. Mai/3. Juni 1953 stellte Fürsprecher L. für die
Arrestforderung von Fr. 34'500.-- unter Verwendung der im Arrestbefehl
enthaltenen Gläubigerbezeichnung das Betreibungsbegehren. Mit Schreiben
vom 4. Juni ersuchte ihn das Betreibungsamt Zürich 1 unter Hinweis auf
das Kreisschreiben Nr. 16 des Bundesgerichts vom 3. April 1925, die
Erben einzeln anzugeben. Am 17. Juli 1953 setzte es ihm hiefür Frist
bis zum 31. Juli 1953. Am 30. Juli berichtete Fürsprecher L. dem Amte,
die Erbschaft von Dr. Katona sei auf die Alomir Elemer Katona-Stiftung,
Seini, übergegangen, deren Stiftungsrat aus dem Testamentsvollstrecker
Dr. Ioan Pogacias, Notar in Satu Mare, und zwei weitern Personen bestehe;
als Ersatzerbe figuriere im Testament von Dr. Katona der rumänische
Staat; er ersuche deshalb das Amt, den Zahlungsbefehl zuzustellen und als
Gläubiger anzugeben: "Alomir Elemer Katona-Stiftung, Seini, eventuell die
Rumänische Volksrepublik, als Erben von Herrn Dr. Alomir Elemer Katona
sel." Im übrigen hielt er an der schon in einem Schreiben vom 6. Juli
bekundeten Auffassung fest, dass das Kreisschreiben vom 3. April 1925
nur für schweizerische, nicht auch für ausländische Erbschaften gelte.

    Hierauf erliess das Betreibungsamt am 3./4. August 1953 den
Zahlungsbefehl mit der Gläubigerbezeichnung: "Erben des Dr. Alomir Elemer
Katona, wohnhaft gewesen in Seini, Rumänien: Alomir Elemer Katona-Stiftung,
Seini, eventuell die Rumänische Volksrepublik" (Betreibung Nr. 4590).

    Mit Beschwerde vom 14. August 1953 beantragte der Vertreter des
Schuldners die Aufhebung dieses Zahlungsbefehls wegen mangelhafter
Gläubigerbezeichnung. Die untere Aufsichtsbehörde hob die Betreibung
Nr. 4590 als nichtig auf. Gegen diesen Entscheid rekurrierte
Fürsprecher L. für "die Erben bezw. die Erbschaft des Dr. Alomir
Elemer Katona,... nämlich die Volksrepublik Rumänien" an die kantonale
Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben
und die Beschwerde abzuweisen; eventuell sei das Betreibungsamt anzuweisen,
dem Schuldner "einen neuen Zahlungsbefehl in der Arrestbetreibung
Nr. 4590 zuzustellen, auf welchem lediglich die Rumänische Volksrepublik
als Gläubigerin figuriert." Den abweisenden Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde vom 12. Februar 1954 hat er unter Erneuerung des
in zweiter Instanz gestellten Rechtsbegehrens an das Bundesgericht
weitergezogen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Obwohl sich die Bezeichnung der rekurrierenden Partei im Ingress
der Rekursschrift mit der Gläubigerbezeichnung im Zahlungsbefehl deckt, hat
einzig die Rumänische Volksrepublik als Rekurrentin zu gelten; denn in der
Rekursbegründung wird wie schon im Rekurs an die Vorinstanz erklärt, heute
stehe fest, dass die Rumänische Volksrepublik die Erbin von Dr. Katona
sei, und dementsprechend hat Fürsprecher L. die Rekursschrift auch bloss
"Namens der Rumänischen Volksrepulik" unterzeichnet.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 67 Ziff. 1 SchKG ist im Betreibungsbegehren u.a. der
Name und Wohnort des Gläubigers anzugeben. Das gleiche gilt nach Art. 69
Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 67 Ziff. 1 für den Zahlungsbefehl. Diese
Angabe muss, wie das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung (BGE 43
III 177, 51 III 58, 62 III 135, 65 III 99) und in seinem Kreisschreiben
Nr. 16 vom 3. April 1925 (BGE 51 III 98) festgestellt hat, so gefasst
sein, dass sie jeden Zweifel darüber ausschliesst, wer als Gläubiger
auftritt. Mangels einer klaren und unzweideutigen Bezeichnung ist
die Betreibung nichtig. Diesen Grundsatz hat das Bundesgericht vor
allem auf Betreibungen angewendet, wo eine nur mit einem Sammelnamen
bezeichnete Mehrheit von Personen als Gläubiger erschien, in BGE 62 III
134 ff. aber auch auf eine von einer unklar bezeichneten Einzelperson
angehobene Betreibung. Eine Ausnahme ist nur in einem Falle gemacht
worden, wo die in Betreibungsbegehren und Zahlungsbefehl enthaltene
Gläubigerbezeichnung (Fürst & Cie.) lediglich insofern unklar war, als
sie nicht erkennen liess, welche von zwei durch die gleiche Person als
unbeschränkt haftende Gesellschaftterin bezw. Liquidatorin vertretenen,
zueinander in einem Nachfolgeverhältnis stehenden Kommanditgesellschaften
(Fürst & Cie. in Liq. oder A. B. Fürst & Cie.) gemeint war, und diese
Unklarheit, die dem Schuldner keinen Nachteil verursacht hatte und von
ihm erstmals im Aberkennungsprozess gerügt wurde, nachträglich beseitigt
worden war (BGE 65 III 97 ff.).

    Im vorliegenden Falle erweist sich demnach auf jeden Fall die im
Betreibungsbegehren vom 27. Mai 1953 enthaltene Gläubigerbezeichnung
(Erben des Dr. Alomir Elemer Katona) als ungenügend. Diese Bezeichnung
könnte, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, höchstens dann
zugelassen werden, wenn angenommen werden dürfte, dass es sich dabei um
die klare Bezeichnung einer Personenverbindung oder Vermögensmasse handle,
die nach dem in dieser Beziehung massgebenden rumänischen Rechte partei-
und prozessfähig ist. Dass es sich so verhalte, hat jedoch die Rekurrentin
nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen.

    Die - vom Betreibungsamt sinngemäss übernommene - Fassung, die
Fürsprecher L. der Gläubigerbezeichnung im Schreiben vom 30. Juli 1953
gegeben hat (Alomir Elemer Katona-Stiftung, eventuell die Rumänische
Volksrepublik, als Erben von Dr. Katona), ist ebenfalls nicht klar
und eindeutig. Daraus, dass die Stiftung, "eventuell" die Rumänische
Volksrepublik, als Gläubiger bezeichnet wird, ergibt sich, dass die beiden
genannten Personen die in Betreibung gesetzte Forderung nicht als ihnen
beiden zustehend geltend machen, sondern dass die Rumänische Volksrepublik
nur für den Fall als Gläubigerin auftreten will, dass die Forderung nicht
der Stiftung zustehen sollte. Den Schuldner in dieser Weise über die Person
des betreibenden Gläubigers im ungewissen zu lassen, ist nicht angängig. Ob
er weiss, wovon es abhängt, welche der beiden im Zahlungsbefehl genannten
Personen die wirkliche Gläubigerin ist, spielt gar keine Rolle. Der
Schuldner muss wissen, wer ihn betreibt. Diese Kenntnis kann für ihn bei
der Entscheidung darüber, ob er Rechtsvorschlag erheben soll oder nicht,
und im Hinblick auf eine allfällige Zahlung bedeutsam sein. Es ist mit der
Möglichkeit zu rechnen, dass er die Forderung bestreiten oder anerkennen
und bezahlen will, je nachdem sie vom einen oder andern Prätendenten
geltend gemacht wird. In bedingter Form Rechtsvorschlag zu erheben, ist
ihm nicht zuzumuten. Eine bedingte Zahlung brächte die Betreibung nicht
zum Erlöschen (vgl. BGE 74 III 25). Aber auch wenn er die Forderung
gegenüber beiden Prätendenten bestreiten will, hat er ein legitimes
Interesse daran, von Anfang an genau zu wissen, wer ihm als betreibender
Gläubiger gegenübersteht. Das Betreibungsamt seinerseits muss im klaren
darüber sein, wer über den Fortgang der Betreibung verfügen (Begehren
stellen oder auch die Betreibung ganz oder teilweise zurückziehen)
kann und nach Vollstreckungsrecht auf einen allfälligen Erlös Anspruch
hat. Auf Grund der vorliegenden Gläubigerbezeichnung kann es das nicht
feststellen. Die Tatsache, dass der "Haupt-" und der "Eventualgläubiger"
bei Einleitung der Betreibung durch den gleichen Anwalt vertreten waren,
erlaubt nicht den Schluss, dass es für das Betreibungsamt gleichgültig
sei, welchem von beiden die Rechte des betreibenden Gläubigers zukommen;
denn in einem Falle, wo zwei Personen für eine Forderung, die einer von
ihnen zusteht, gemeinsam Betreibung anheben, weil sie noch nicht angeben
können, welche von ihnen die wirkliche Gläubigerin sei, besteht keine
hinlängliche Gewähr dafür, dass beide bis zum Schluss des Verfahrens
den gleichen Vertreter haben werden, wie im Falle BGE 65 III 97 für
die dort in Frage stehenden Gesellschaften angenommen werden durfte
(vgl. S. 101). Es kann auch nicht etwa ohne weiteres erwartet werden,
dass von zwei Prätendenten, die zunächst gemeinsam gegen den Schuldner
vorgehen, der eine später bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses aus
freien Stücken die Fortführung der Betreibung und den Anspruch auf den
Erlös dem andern überlassen werde. Auch die im Schreiben vom 30. Juli 1953
enthaltene Gläubigerbezeichnung wird also den gesetzlichen Anforderungen
nicht gerecht.

    Der Hinweis der Rekurrentin auf die Möglichkeit einer Hinterlegung
gemäss Art. 168 OR ist abwegig. Durch Hinterlegung kann der Betriebene
die Betreibung nicht erledigen. Es bedürfte hiezu ausserdem eines
Verfahrens nach Art. 85 SchKG. Der Schuldner darf jedoch keinesfalls in
die Notwendigkeit versetzt werden, gerichtliche Verfahren einleiten zu
müssen, nur weil der Gläubigervertreter bei Anhebung der Betreibung den
Gläubiger nicht genau bezeichnen konnte.

    Die Betreibung Nr. 4590 erweist sich demnach als nichtig,
gleichgültig, ob man der Beurteilung die erste oder die zweite Fassung
der Gläubigerbezeichnung zugrundelegt.

Erwägung 3

    3.- Der Umstand, dass Fürsprecher L. nachträglich - erstmals im Rekurs
an die Vorinstanz vom 21. November 1953 - die Erklärung abgegeben hat,
es stehe nunmehr fest, dass die Rumänische Volksrepublik anstelle der
(nicht zur Eintragung gelangten) Stiftung Universalerbin von Dr. Katona
geworden sei, kann hieran nichts ändern. Man kann sich fragen, ob das
Betreibungsamt überhaupt berechtigt gewesen sei, den Arrest aufrecht zu
erhalten, obwohl innert der Frist von Art. 278 Abs. 1 SchKG kein gültiges
Betreibungsbegehren gestellt worden war, und dem Gläubigervertreter
Gelegenheit zu geben, die Gläubigerbezeichnung in der Betreibung Nr. 4590,
die nur beim Bestehen eines gültigen Arrestes in Zürich durchgeführt
werden konnte, nach Ablauf jener Frist zu verbessern. Diese Frage kann
indes offen bleiben. Selbst wenn man sie nämlich bejaht, waren doch
nur solche Verbesserungen beachtlich, die innert der vom Betreibungsamt
angesetzten Nachfrist angebracht wurden. Die nachträgliche Verbesserung
von Mängeln, die einer Arrestbetreibung anhaften, ohne zeitliche
Beschränkung zuzulassen, kommt auf keinen Fall in Frage. Wenn das Amt dem
Gläubigervertreter überhaupt erlauben durfte, die Gläubigerbezeichnung nach
Ablauf der Prosequierungsfrist zu verbessern, war es also unzweifelhaft
berechtigt, ihm hiefür eine peremtorische Frist zu setzen, wie es das am
17. Juli 1953 getan hat. Dass es bei der Bemessung dieser Frist das Gesetz
verletzt habe, behauptet die Rekurrentin mit Recht nicht. Sie macht nur
geltend, die Frist sei unangemessen kurz gewesen. Fragen der Angemessenheit
kann das Bundesgericht nicht überprüfen (Art. 19 im Gegensatz zu Art. 17/18
SchKG). Im übrigen hätten allfällige Einwendungen gegen die Verfügung
des Betreibungsamtes vom 17. Juli 1953 innert 10 Tagen durch Beschwerde
geltend gemacht werden müssen, was nicht geschehen ist. Die Rekurrentin
muss daher diese Verfügung, wonach die Nachfrist am 31. Juli 1953 ablief,
gegen sich gelten lassen. Dem Eventualbegehren, mit dem verlangt wird,
in der Betreibung Nr. 4590 sei ein neuer Zahlungsbefehl zu erlassen,
der gemäss den Ausführungen im Rekurs an die Vorinstanz vom 21. November
1953 lediglich die Rumänische Volksrepublik als Gläubigerin nennt, kann
deshalb nicht entsprochen werden, sondern es muss bei der Aufhebung der
ganzen Betreibung sein Bewenden haben.

Erwägung 4

    4.- Diese Entscheidung steht mit dem von der Rekurrentin angerufenen
Präjudiz BGE 53 II 208 f. keineswegs im Widerspruch. Es wäre allerdings
möglich gewesen, dass der Testamentsvollstrecker von Dr. Katona die
in Frage stehende, zum Nachlass von Dr. Katona gehörende Forderung in
seinem eignen Namen geltend gemacht hätte (vgl. auch BGE 54 II 200,
59 II 122). Hätte er dies getan und hätte das Betreibungsamt den
Zahlungsbefehl gleichwohl einfach auf den Namen der Erben oder mit
der Gläubigerbezeichnung "Alomir Elemer Katona-Stiftung, eventuell
Rumänische Volksrepublik, als Erben von Dr. Katona" ausgestellt,
so hätte ein Begehren um Zustellung eines neuen Zahlungsbefehls mit
dem Namen des Testamentsvollstreckers als Gläubigers nicht wegen
Verspätung zurückgewiesen werden dürfen, auch wenn es mehr als 10
Tage nach Zustellung des anders lautenden Zahlungsbefehls gestellt
worden wäre; denn wenn ein gültiges Betreibungsbegehren vorliegt,
kann der Gläubiger jederzeit verlangen, dass der wegen mangelhafter
Gläubigerbezeichnung nichtige Zahlungsbefehl durch einen mit dem
Betreibungsbegehren übereinstimmenden gültigen ersetzt werde. Dass der
Zahlungsbefehl auf den Namen des Testamentsvollstreckers ausgestellt
werde, ist aber weder im Betreibungsbegehren noch im Schreiben vom
30. Juli 1953 verlangt worden. Der Testamentsvollstrecker ist im
Betreibungsbegehren überhaupt nicht, im Schreiben vom 30. Juli 1953
nur als Mitglied des Stiftungsrates der Alomir Elemer Katona-Stiftung
erwähnt. Das Betreibungsamt war weder berechtigt noch verpflichtet, diese
Persönlichkeit, die der Gläubigervertreter selber gar nicht als Gläubiger
bezeichnet wissen wollte, im Zahlungsbefehl als Gläubiger anzugeben. Es ist
im übrigen mindestens zweifelhaft, ob ein auf den Testamentsvollstrecker
als Gläubiger lautender Zahlungsbefehl zur Prosequierung des für die
"Erben des Dr. Katona" erwirkten Arrestes getaugt hätte.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.