Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 V 234



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Urteilskopf

139 V 234

32. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S.
Pensionskasse des Bundes PUBLICA gegen B. und viceversa (Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_687/2012 / 9C_691/2012 vom 1. Mai 2013

Regeste

Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz; Art. 39 Abs. 1 und Art. 40 VRAB; Art. 35 Abs. 1
PKBV 1 (in Kraft gestanden bis 30. Juni 2008); Besitzstandsgarantie bei
(teilweisem) Kapitalbezug.
Die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz gilt nicht nur und
so weit, als eine Altersrente bezogen wird, sondern kommt auch bei einem
teilweisen Kapitalbezug im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 zum Tragen (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 235

BGE 139 V 234 S. 235

A. B. arbeitete seit 1998 im Bundesamt X. Sie war bei der Pensionskasse des
Bundes PKB (seit 1. März 2001: Pensionskasse des Bundes PUBLICA; nachfolgend:
Publica) berufsvorsorgeversichert. Diese vollzog auf den 1. Juli 2008 den
Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Im selben Monat teilte die Publica
der Versicherten mit, sie habe nach Art. 25 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
2006 über die Pensionskasse des Bundes (PUBLICA-Gesetz; SR 172.222.1) Anspruch
auf eine Besitzstandsgarantie. Ihre garantierte jährliche Altersrente betrage
Fr. 56'371.30. Ende Februar 2009 ging B. in Pension. Entsprechend ihrem Gesuch
um Kapitalauszahlung vom 23. November 2008 richtete ihr die Publica ab 1. März
2009 eine jährliche Altersrente von Fr. 30'005.40 sowie eine einmalige
Kapitalabfindung in der Höhe von Fr. 278'703.90 aus.

B. Am 20. Juli 2011 liess B. beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Klage
gegen die Publica einreichen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, die
Beklagte sei zu verpflichten, ihr eine zusätzliche Kapitalauszahlung in der
Höhe von Fr. 84'378.20, eventualiter von Fr. 44'385.10 auszurichten und diese
mit Wirkung ab dem heutigen Datum mit 5 % zu verzinsen.
Die Publica beantragte in ihrer Antwort die Abweisung der Klage. Im Rahmen des
zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest.
Mit Entscheid vom 5. Juli 2012 hiess die Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung des bernischen Verwaltungsgerichts die Klage teilweise gut. Es wies
die Publica an, der Klägerin eine zusätzliche Kapitalabfindung von Fr.
21'285.60 zuzüglich Zins von 3 % vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von
2,5 % ab 1. Januar 2012 auszurichten. Im Übrigen wies es die Klage ab.

C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
Publica, der Entscheid vom 5. Juli 2012 sei aufzuheben und die Klage
vollumfänglich abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das
kantonale Gericht zurückzuweisen.
BGE 139 V 234 S. 236
B. hat ebenfalls Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
eingereicht mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 5. Juli 2012 sei insoweit
aufzuheben, als ihr nicht mehr als Fr. 21'285.60 zugesprochen worden seien, und
die Publica sei zu verpflichten, eine zusätzliche Kapitalzahlung von Fr.
63'092.60, eventualiter von Fr. 23'099.50 auszurichten, zuzüglich Zins von 3 %
vom 5. März 2009 bis 31. Dezember 2011 und von 2,5 % ab 1. Januar 2012 auf den
nachzuzahlenden Beträgen.
B. (im Verfahren 9C_687/2012) und die Publica (im Verfahren 9C_691/2012)
beantragen jeweils die Abweisung der Beschwerde der Gegenpartei. Das kantonale
Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine
Stellungnahme bzw. auf eine Vernehmlassung verzichtet.
In einer weiteren Eingabe hat sich B. zur Vernehmlassung der Publica geäussert.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Art. 25 PUBLICA-Gesetz lautet wie folgt: "Alle aktiven Versicherten, die im
Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes das 55., aber noch nicht das 65.
Altersjahr vollendet haben, haben Anspruch auf eine statische
Besitzstandsgarantie im Umfang von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im
Alter von 62 Jahren erreichbaren Altersrente, mindestens aber auf die
Altersleistungen nach diesem Gesetz. Erfolgt die freiwillige vorzeitige
Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr, so wird der garantierte
Anspruch versicherungsmathematisch gekürzt. Die aus der Besitzstandsgarantie
resultierenden Kosten trägt PUBLICA."
B. gehört der Übergangsgeneration im Sinne von Art. 25 PUBLICA-Gesetz an, was
unbestritten ist.

4.

4.1 Die Vorinstanz ist aufgrund des Wortlauts (Anspruch auf
"Besitzstandsgarantie" nicht auf "Altersrente") sowie der Materialien
(Botschaft vom 23. September 2005 über die Pensionskasse des Bundes
[PUBLICA-Gesetz und Änderung des PKB-Gesetzes]; BBl 2005 5829 ff.) zum Ergebnis
gelangt, Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz bezwecke die Wahrung des
leistungsmässigen Status der Übergangsgeneration und beschränke sich damit
nicht auf eine Garantie der altrechtlichen Rente. Die Garantie komme unabhängig
davon zum
BGE 139 V 234 S. 237
Tragen, ob die versicherte Person die Altersrente oder den (teilweisen)
Kapitalbezug gewählt habe (vgl. Art. 39 und 40 des Vorsorgereglements vom 15.
Juni 2007 für die Angestellten und die Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks Bund
[VRAB; SR 172.220.141.1]). Hingegen erfolge die in Art. 25 Satz 2
PUBLICA-Gesetz vorgesehene - gerade deshalb gesondert geregelte -
versicherungsmathematische Kürzung des garantierten Besitzstandes bei einer
vorzeitigen Pensionierung vor dem Alter 62 nach dem neuen, seit 1. Januar 2008
geltenden Recht.
Das Auslegungsergebnis hat die Vorinstanz rechnerisch wie folgt umgesetzt:
(1) Nach bisherigem Recht berechnete jährliche Altersrente bei Rücktritt im
Alter 62 (62 Jahre und 0 Monate [62/0]): Fr. 56'371.30 (95 % von Fr. 59'317.-
[zuzüglich Fr. 20.15 aus dem Ergänzungsplan])
(2) Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende Februar 2009
im Alter 60/2 (Eintritt Versicherungsfall am 1. März 2009; Urteil 9C_769/2009
vom 9. April 2010 E. 3.2): Fr. 811'879.50
Berechnung:
- Reglementarisch mögliches bzw. effektiv vorhandenes Altersguthaben im Alter
60/2 (gemäss Schreiben der Publica vom 7. Oktober 2010, ausgehend vom
Altersguthaben von Fr. 720'809.60 am 1. Juli 2008; inkl. Ergänzungsplan): Fr.
754'273.10;
- Reglementarisch mögliches Altersguthaben im Alter 62/0 am 1. Januar 2011: Fr.
864'275.50;
- Zur Finanzierung der statisch garantierten altrechtlichen Altersrente im
Alter 62/0 benötigtes Altersguthaben: Fr. 925'637.10;
- Differenzbetrag (Fr. 61'361.60) diskontiert mit technischem Zinssatz 3,5 %
auf den Rücktrittszeitpunkt 60/2 (Garantiekapital): Fr. 57'606.40;
Altersguthaben im Rücktrittszeitpunkt (Fr. 754'273.10 + Fr. 57'606.40).
(3) Höhe der Kapitalabfindung bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von
Fr. 30'005.40: Fr. 299'989.50
Berechnung:
- Mit dem Altersguthaben im Zeitpunkt der vorzeitigen Pensionierung Ende
Februar 2009 von Fr. 811'879.50 finanzierbare (volle) Altersrente (bei einem
Umwandlungssatz von 5,861666 % [Anhang 3 VRAB]): Fr. 47'589.65;
- Einmalig auszubezahlendes Kapital ([(Fr. 47'589.65 - Fr. 30'005.40)/ Fr.
47'589.65] x Fr. 811'879.50).

4.2 Die Berechnung der Höhe der einmaligen Kapitalabfindung der Publica
unterscheidet sich in einem einzigen Punkt von derjenigen der Vorinstanz: In
Schritt (3) wird an Stelle des Altersguthabens im
BGE 139 V 234 S. 238
Rücktrittszeitpunkt (Fr. 811'879.50) das reglementarisch mögliche bzw. das
effektiv vorhandene Altersguthaben im Alter 60/2 (Fr. 754'273.10) verwendet.
Daraus ergibt sich die Summe von Fr. 278'703.90. Die Publica begründet diese
Differenz im Wesentlichen damit, dass nach zutreffender Gesetzesauslegung
lediglich die Altersrente, nicht jedoch der Kapitalbezug unter die
Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz falle.

4.3 B. wiederum vertritt im Gegensatz zu Vorinstanz und Publica den Standpunkt,
dass auch die in Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz vorgesehene
versicherungsmathematische Kürzung bei freiwilliger vorzeitiger Pensionierung
vor dem vollendeten 62. Altersjahr von der Besitzstandsgarantie in Satz 1
erfasst werde und somit ebenfalls nach bisherigem Recht vorzunehmen sei. Ihre
Berechnung sieht wie folgt aus:
(1) Garantierte jährliche Altersrente bei Pensionierung im Alter 62/0: Fr.
56'371.30.
(2) Garantierte jährliche Altersrente bei Rücktritt mit Alter 60/2: Fr.
51'283.85
(berechnet unter Berücksichtigung der Kürzung wegen vorzeitigem Rücktritt um
4,4 % [Art. 33 Abs. 4 der Verordnung vom 25. April 2001 über die Versicherung
im Kernplan der Pensionskasse des Bundes (PKBV 1; AS 2001 2327), in Kraft
gestanden bis Ende Juni 2008] und der statischen Besitzstandsgarantie von 95
%).
(3) Höhe des Kapitalbezugs bei einer ausbezahlten jährlichen Altersrente von
Fr. 30'005.40: Fr. 363'081.70
([Fr. 51'283.85 - Fr. 30'005.40] x 1/0,05861666 [Umwandlungssatz gemäss Anhang
3 VRAB]).
Für den Fall, dass die versicherungsmathematische Kürzung nach Art. 25 Satz 2
PUBLICA-Gesetz nicht nach dem alten Recht vorzunehmen sei, ist nach Auffassung
von B. die vorinstanzliche Berechnung zu modifizieren, sodass sich ein Kapital
von Fr. 323'088.61 (ausgegangen von einer garantierten jährlichen Altersrente
von Fr. 48'939.45) ergebe.

5.

5.1 PUBLICA-Gesetz, PKBV 1 und VRAB sind öffentlich-rechtliche Erlasse. Deren
Bestimmungen, insbesondere Art. 25 PUBLICA-Gesetz, sind somit nach den Regeln
der Gesetzesauslegung zu interpretieren (BGE 138 V 98 E. 5.1 S. 102; BGE 133 V
314 E. 4.1 S. 316 mit Hinweisen). Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Ist der
Text nicht ganz klar und sind verschiedene Deutungen möglich, sind weitere
BGE 139 V 234 S. 239
Auslegungselemente heranzuziehen, neben der Entstehungsgeschichte der Norm, wie
sie sich namentlich aus den Materialien ergibt, deren Zweck sowie die
Bedeutung, die ihr im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Lediglich dann
kann allein auf den Wortlaut abgestellt werden, wenn sich daraus zweifelsfrei
die sachlich richtige Lösung ergibt. Sind mehrere Interpretationen denkbar,
soll jene gewählt werden, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten
berücksichtigt (BGE 138 II 107 E. 5.2 S. 107 f.; BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; BGE
131 III 33 E. 2 S. 35; je mit Hinweisen).

5.2 Der Wortlaut von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz spricht vom Anspruch auf
eine Besitzstandsgarantie. Der Anspruch bezieht sich somit nicht unmittelbar
auf die Altersrente nach bisherigem Recht, wie die Vorinstanz insoweit richtig
erkannt hat. Die bei der Auslegung ebenfalls zu berücksichtigende Überschrift
zu dieser Bestimmung "Garantie der Altersrenten für die Übergangsgeneration"
zeigt indessen, wie die fragliche Wendung zu verstehen ist. Danach besteht für
den genannten Versichertenkreis eine statische Besitzstandsgarantie im Umfang
von 95 Prozent der nach bisherigem Recht im Alter von 62 Jahren erreichbaren
Altersrente (vgl. auch Urteil 9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 4.1). Mit
anderen Worten ist dieser Anspruch Gegenstand der Besitzstandsgarantie. Dieses
Verständnis ergibt sich auch aus der bundesrätlichen Botschaft, wo etwa von
betragsmässig garantiertem Besitzstand bzw. garantierter Rente die Rede ist
(BBl 2005 5879 zu Art. 26 E-PUBLICA-Gesetz und 5914 Ziff. 4.1.1.6). Dabei
bedeutet statische Besitzstandsgarantie, dass die (nach bisherigem Recht
erreichbare) Altersrente grundsätzlich aufgrund des zuletzt (ab 1. Januar 2008)
ausbezahlten Lohnes festgesetzt wird (Botschaft, a.a.O.; Art. 13 Abs. 1 und
Art. 32 f. PKBV 1; SVR 2010 BVG Nr. 29 S. 112, 9C_869/2009 E. 2.3). Dass Art.
25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz von erreichbarer und nicht von erworbener Altersrente
spricht, wie in Art. 32 und Art. 33 Abs. 3 PKBV 1, ist damit zu erklären, dass
es diesen mit dem Leistungsprimat eng verknüpften Begriff im neuen System des
Beitragsprimats nicht mehr gibt.

5.3 Aus dem Vorstehenden kann indessen nicht gefolgert werden, dass die
Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz nur und so weit gilt,
als eine Altersrente bezogen wird, die (altrechtliche) einmalige
Kapitalabfindung gemäss Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 mithin nicht darunter fällt.
Gegenteils widerspräche es dem Grundgedanken der Garantie (Schutz der
Erwartungshaltung insbesondere
BGE 139 V 234 S. 240
der aktiven Versicherten der Übergangsgeneration, mit 62 Jahren und 40
Versicherungsjahren mit vollem Rentengenuss in Pension gehen zu können; BBl
2005 5879 zu Art. 26 E-PUBLICA-Gesetz; vgl. auch AB 2006 N 825 [Votum Heim]),
diesbezüglich nach der Form des Bezugs der Altersleistung zu unterscheiden.
Laut Botschaft sollen "die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes 55-, aber noch
nicht 65-jährigen Versicherten noch von den geltenden günstigeren Modalitäten
des vorzeitigen Altersrücktritts einschliesslich der Überbrückungsrente
Gebrauch machen können" (Botschaft, a.a.O.). Der Kapitalbezug ist eine solche
Modalität des Rentenanspruchs (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 74/03
vom 29. März 2004 E. 3.3.2), auf die sich die Besitzstandsgarantie nach Art. 25
Satz 1 PUBLICA-Gesetz somit ebenfalls erstreckt. Die Kapitalabfindung nach Art.
35 Abs. 1 PKBV 1 entspricht denn auch wertmässig dem nicht bezogenen Teil der
Altersrente, berechnet anhand der versicherungstechnischen Unterlagen der
Pensionskasse. Im Übrigen räumt auch die Publica ein, dass in der Botschaft die
Begriffe Altersrenten und Altersleistungen, worunter nach bisherigem und nach
neuem Recht sowohl die Altersrente als auch die Kapitalabfindung fallen (vgl.
Überschriften 5. Kapitel 2. Abschnitt [Art. 32 ff. PKBV 1] und Art. 33 und 35
PKBV 1 sowie 6. Kapitel 1. Abschnitt [Art. 36 ff. VRAB] und Art. 39 f. VRAB),
nicht immer präzise verwendet werden.
Schliesslich fehlen Anhaltspunkte, dass die bereits nach bisherigem Recht
bestehende Möglichkeit eines Kapitalbezugs (bis höchstens die Hälfte der
Altersrente; Art. 35 Abs. 1 PKBV 1) im Rahmen von Art. 25 PUBLICA-Gesetz
eingeschränkt werden sollte, wie auch die Vorinstanz festgestellt hat. Nach dem
Berechnungsmodell der Publica führt nun aber jeder Kapitalbezug wertmässig zu
einer Verschlechterung in dem Sinne, dass das Garantiekapital bei der
Ermittlung der garantierten Altersrente, nicht aber bei der Bestimmung der Höhe
des Kapitals berücksichtigt wird. Dieses bemisst sich nach dem effektiv
vorhandenen Altersguthaben im Zeitpunkt der (vorzeitigen) Pensionierung und
kann selbst bei einem Rücktritt im Alter 62 nicht mehr betragen (vorne E. 4.1
und 4.2). Damit werden die Versicherten der Übergangsgeneration in ihrer
Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Bezugsform der Altersleistungen (Altersrente,
Kapitalabfindung) eingeschränkt, was nicht dem gesetzgeberischen Willen
entspricht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kosten der
Besitzstandsgarantie nach Art. 25 PUBLICA-Gesetz, welche gemäss Satz 3 von der
Publica zu tragen sind, ein ständiges Thema im
BGE 139 V 234 S. 241
Gesetzgebungsverfahren waren. Dabei ging es indessen ausschliesslich um die
Ausgestaltung der Garantie, statisch oder dynamisch (Berücksichtigung der
Lohnerhöhungen [infolge Stufenanstiegs, Beförderung, Teuerungszulagen und
allgemeiner Reallohnerhöhungen] bis zur vorzeitigen Pensionierung; SVR 2010 BVG
Nr. 29 S. 112, 9C_869/2009 E. 2.3), sowie um den Umfang des Anspruchs, 95 oder
100 Prozent (Protokolle der vorberatenden Staatspolitischen Kommissionen von
National- und Ständerat vom 26./27. Januar, 23./24. Februar, 30./31. März und
19./20. Oktober 2006; BBl 2005 5879 zu Art. 26 E-PUBLICA-Gesetz und 5914 Ziff.
4.1.1.6; AB 2006 N 824 f.). Die für die Finanzierung der Übergangsregelung von
Art. 25 PUBLICA-Gesetz an sich ebenfalls bedeutsame Frage, ob bei der
Besitzstandsgarantie nach der Bezugsform (Altersrente, Kapitalabfindung) zu
differenzieren sei, war demgegenüber kein Diskussionsthema.

5.4 Die Publica bringt vor, im Unterschied zur geltenden Regelung (Art. 40 Abs.
2 VRAB) habe unter dem früheren Recht höchstens die Hälfte der Altersrente als
Kapitalabfindung bezogen werden können (Art. 35 Abs. 1 PKBV 1). Die Auslegung
von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz durch die Vorinstanz habe zur Folge, dass
eine versicherte Person nach dem nun anwendbaren neuen Recht einen Kapitalbezug
von 100 % tätigen und sich den ganzen Garantiebetrag bar ausbezahlen lassen
könnte. Damit ergäbe sich eine Konstellation, die nach Leistungsprimat nie
möglich gewesen sei. Indessen besteht - nach dem bisher Gesagten folgerichtig -
eine Besitzstandsgarantie lediglich im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1, d.h.
bei einem Kapitalbezug von höchstens der Hälfte der Altersrente, was auch hier
zur Diskussion steht. Im Übrigen gehen die Vorinstanz und auch die Parteien bei
ihren Berechnungen von der nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz garantierten (im
Alter 62 erreichbaren, um 5 % gekürzten) Altersrente aus (vorne E. 4.1-4.3).
Im Weitern verweist die Publica auf Art. 107 VRAB ("Wiederbeschäftigung von
Bezügerinnen und Bezügern einer überführten Altersrente") und Art. 108 VRAB
("Garantie nach Artikel 25 PUBLICA-Gesetz"). Indessen vermag sie nicht
überzeugend darzutun, inwiefern unter Berücksichtigung des Ergebnisses der
Auslegung von Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz eine (möglichst) rechtsgleiche
Behandlung der weiterbeschäftigten Bezüger einer Altersrente und der Personen,
welche ein Kapital mit Garantie bezogen haben, soweit
BGE 139 V 234 S. 242
diesbezüglich überhaupt sachliche Identität angenommen werden kann, nicht
möglich sein soll. Die Gesetzmässigkeit von Art. 107 Abs. 3 und Art. 108 Abs. 2
VRAB im Besonderen steht im Übrigen nicht auf dem Prüfstand. Schliesslich
ergibt sich nichts zu Gunsten der Publica daraus, dass nach Art. 25 Satz 1
PUBLICA-Gesetz die Versicherten der Übergangsgeneration mindestens Anspruch auf
die Altersleistungen nach diesem Gesetz haben. Im Gegenteil spricht dies dafür,
dass bei einem teilweisen Kapitalbezug die Rente und das Kapital unter die
Besitzstandsgarantie fallen. Mit Altersleistungen sind begrifflich Altersrente
und/oder Kapitalabfindung gemeint (vorne E. 5.3).

5.5 Die Besitzstandsgarantie nach Art. 25 Satz 1 PUBLICA-Gesetz gilt somit
nicht nur und so weit, als eine Altersrente bezogen wird, sondern kommt auch
bei einem teilweisen Kapitalbezug im Rahmen von Art. 35 Abs. 1 PKBV 1 zum
Tragen.

6.

6.1 Gemäss Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz ist der in Satz 1 garantierte Anspruch
bei freiwilliger vorzeitiger Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr
versicherungsmathematisch zu kürzen. Nach welchem Recht und wie die Kürzung
vorzunehmen ist, wird nicht gesagt.

6.1.1 Nach Auffassung der Vorinstanz hat der Gesetzgeber dadurch, dass er die
Kürzung im zweiten Satz besonders geregelt hat, ohne weiteres klargestellt,
dass sie gerade nicht Bestandteil des im ersten Satz garantierten Besitzstandes
ist, mithin nicht nach altem Recht erfolgt. Da es in dem nach dem
Beitragsprimat ausgestalteten Vorsorgereglement (VRAB) systembedingt an einer
Kürzungsmöglichkeit fehle, sei daher mit Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz eigens
eine (neurechtliche) Grundlage dafür geschaffen worden.

6.1.2 Die Publica weist in ihrer Vernehmlassung (im Verfahren 9C_691/2012)
darauf hin, die von ihr vorgenommene versicherungsmathematische Kürzung sei
eine Berechnungsmethode, die vom Pensionskassenexperten für den in Art. 25
PUBLICA-Gesetz genannten Fall ausgearbeitet worden sei.

6.1.3 B. vertritt den Standpunkt, die Kürzung sei nach bisherigem Recht, d.h.
nach Massgabe von Art. 33 Abs. 4 PBKV 1 vorzunehmen (offengelassen im Urteil
9C_769/2009 vom 9. April 2010 E. 4.2). Nach dieser Bestimmung wird die
Altersrente bzw. der Betrag der erworbenen Altersrente im Zeitpunkt der
Pensionierung um 0,2
BGE 139 V 234 S. 243
Prozent pro Monat vor Alter 62 gekürzt. Die Berechnungsmethode der Publica
führe zu einer überproportionalen Kürzung der garantierten Altersrente bei
vorzeitiger Pensionierung vor Alter 62. Sie sei von den Betroffenen auch nicht
nachvollziehbar, da die Berechnung des zwischen dem Zeitpunkt der Pensionierung
und dem Alter 62 geäufneten Altersguthabens ebenso wie die Diskontierung des
Garantiekapitals ein sachfremdes dynamisches Element enthielten
(Projektionszinssatz bzw. technischer Zinssatz von 3,5 %, fiktive Lohnerhöhung
von 1,5 %). Daraus resultiere eine kleinere Altersrente, was aufgrund der
statischen Besitzstandsgarantie im Beitragsprimat umgekehrt sein sollte. Die
von der Publica angewendete Methode der versicherungsmathematischen Kürzung
nach Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz sei zudem weder den am
Gesetzgebungsverfahren Beteiligten bekannt gewesen noch jemals irgendwo
publiziert worden. Sie lasse sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen.

6.2 In BGE 139 V 230 hat das Bundesgericht entschieden, dass (auch) die
versicherungsmathematische Kürzung des garantierten Anspruchs (von 95 Prozent
der nach bisherigem Recht im Alter von 62 Jahren erreichbaren Altersrente)
gemäss Art. 25 Satz 2 PUBLICA-Gesetz nach dem bisherigem Recht vorzunehmen ist.
Anwendbar ist somit Art. 33 Abs. 4 PBKV 1. Nach dieser bis 30. Juni 2008 in
Kraft gestandenen Vorschrift ist die Altersrente bzw. der Betrag der erworbenen
Altersrente bei Pensionierung vor dem vollendeten 62. Altersjahr um 0,2 Prozent
pro Monat vor Alter 62 zu kürzen. Es kann an dieser Stelle auf die
bundesgerichtlichen Ausführungen in BGE 139 V 230 E. 5 verwiesen werden. Es
besteht aufgrund der Vorbringen der Parteien kein Anlass zu Ergänzungen oder
Präzisierungen.