Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 V 115



Zurück zur Einstiegsseite Drucken

Urteilskopf

139 V 115

17. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. D. gegen
IV-Stelle Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_813/2012 vom 5. März 2013

Regeste

Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG; Art. 2 HVI; Ziff. 15.02 HVI-Anhang.
Das elektronische Kommunikationsgerät ProxTalker ist aufgrund der fehlenden
Sprachentwicklung und eingeschränkten nonverbalen Reaktionsmöglichkeiten der
Versicherten als notwendiges Hilfsmittel zu betrachten (E. 4.2.2).

Erwägungen ab Seite 115

BGE 139 V 115 S. 115
Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Nach Art. 8 Abs. 1 IVG haben Invalide oder von einer Invalidität bedrohte
Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit diese notwendig und
geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich
zu betätigen, wieder herzustellen, zu erhalten oder zu verbessern (a) und die
Voraussetzungen für den Anspruch auf die einzelnen Massnahmen erfüllt sind (b).
Gemäss Art. 8 Abs. 2 IVG besteht der Anspruch auf Leistungen nach Massgabe der
Art. 13 (medizinische Massnahmen bei Geburtsgebrechen) und 21 (Hilfsmittel)
unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den
Aufgabenbereich.
BGE 139 V 115 S. 116

2.2 Zu beurteilen ist, ob Anspruch auf die Abgabe eines ProxTalker durch die
Invalidenversicherung besteht. Anhand von Symbolkärtchen, die auf das Gerät
gelegt und gedrückt werden, erkennt der ProxTalker codierte Nachrichten und
macht diese mittels Sprachausgabe hörbar. Laut Benutzerhandbuch soll die
Kommunikationshilfe Menschen eine (neue) Stimme geben und ihnen eine einfachere
Möglichkeit zum Gespräch mit anderen bieten.

3.

3.1 Das kantonale Gericht hat den strittigen Anspruch unter dem Rechtstitel der
Abgabe von Hilfsmitteln nach Art. 21 IVG verneint.

3.2 Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom
Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die
Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur
Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus-
und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Der
Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die
Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger
Geräte bedarf, hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne
Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel (Art. 21
Abs. 2 IVG).

3.3 In Ausführung dieser Grundsatznorm und gestützt auf eine Subdelegation (
Art. 14 IVV; SR 831.201) erliess das Eidgenössische Departement des Innern die
Verordnung vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die
Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51). Die dort angefügte Liste sieht die
Abgabe von elektrischen und elektronischen Kommunikationsgeräten für schwer
sprech- und schreibbehinderte Versicherte vor, die zur Pflege des täglichen
Kontakts mit der Umwelt auf ein solches Gerät angewiesen sind und über die
notwendigen intellektuellen und motorischen Fähigkeiten zur Bedienung eines
solchen Geräts verfügen; die Abgabe erfolgt leihweise (Ziff. 15.02 HVI-Anhang).
Diese Bestimmung hat die Verwaltung in ihren Weisungen konkretisiert. Nach Rz.
15.02.1 des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) über
die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI; http://
www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/category:34) fallen unter den Begriff
der elektrischen und elektronischen Kommunikationsgeräte elektrische und
elektronische Schreibgeräte sowie Geräte mit synthetischer Sprachausgabe. Diese
enge Definition der (elektrischen und elektronischen)
BGE 139 V 115 S. 117
Kommunikationsgeräte hat das Bundesgericht mit Blick auf den Wortlaut von Ziff.
15.02 HVI-Anhang dahin gehend präzisiert, dass unter Kommunikation -
entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch - nicht bloss die Verständigung
mittels (geschriebener oder gesprochener) Sprache zu verstehen ist, sondern
auch die Verständigung durch Zeichen und andere Mittel (Urteil 9C_214/2008 vom
31. Juli 2008 E. 2.3).

3.4 Unter den Parteien ist unbestritten, dass es sich beim ProxTalker - im
Gegensatz etwa zu einem Bilderbuch, das in beschränktem Umfang Laute (z.B.
Tierlaute) von sich geben kann, wenn auf ein Bild gedrückt wird - um ein
Kommunikationsgerät mit synthetischer Sprachausgabe im Sinne der Definition
gemäss Rz. 15.02.1 KHMI handelt.

4.

4.1 Praxisgemäss ist unter einem Hilfsmittel im Sinne des IVG ein Gegenstand zu
verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile oder Funktionen des
menschlichen Körpers zu ersetzen vermag (BGE 131 V 9 E. 3.3 S. 13).

4.2 Die Möglichkeiten der Versicherten, den Kontakt mit der Umwelt
herzustellen, sind aufgrund ihrer Behinderung (Angelman-Syndrom) stark
eingeschränkt. Es besteht eine schwere Sprechbehinderung mit fehlender
Sprachentwicklung. Gemäss den fachärztlichen Angaben ist syndrombedingt auch
nicht mit dem Erwerb einer aktiven Lautsprache zu rechnen. Im Gegensatz zu
anderen von einem Angelman-Syndrom betroffenen Kindern verfügt die Versicherte
aber über ein sehr gutes Sprachverständnis, einen ausgeprägten
Kommunikationswunsch und eine soziale Interaktionsfähigkeit. Als Folge ihrer
Grunderkrankung konnte sie auch keine Gebärden erlernen und aktiv anwenden. Die
Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen oder von sich aus etwas mitzuteilen,
sind daher sehr begrenzt und beschränken sich auf das Zeigen auf Kärtchen,
Fotos und Symbole. Das Kommunikationsgerät bringt diesbezüglich insofern eine
Verbesserung, als es die Versicherte in die Lage versetzt, einfache
Sprachinhalte zu vermitteln. Nach Angaben der mit ihr befassten Ärzte und
Therapeuten kann der ProxTalker aufgrund seiner variablen Funktionsweise an die
intellektuellen Fähigkeiten des Kindes angepasst werden und ihm so die
Möglichkeit geben, sich selbst verbal kommunikativ auszudrücken. Das modulare
System gewährleistet eine dauernde Adaption an den vorhandenen Wort- und
Begriffsschatz. Da der ProxTalker eine verbale Kommunikation im Sinne der
BGE 139 V 115 S. 118
Vermittlung einfacher Sprachinhalte im Fall der Versicherten überhaupt erst
möglich macht, ging die Vorinstanz davon aus, dass dem Gerät
Hilfsmittelcharakter zuerkannt werden kann, sofern die weiteren Voraussetzungen
erfüllt sind.

5.

5.1 Der Anspruch auf Hilfsmittel im Rahmen der im HVI-Anhang aufgeführten Liste
erstreckt sich auf Vorkehren, die für den Kontakt mit der Umwelt notwendig sind
(Art. 2 Abs. 1 HVI). Das Erfordernis ergibt sich aus dem allgemein für
Eingliederungsmassnahmen geltenden Grundsatz, dass die versicherte Person in
der Regel nur Anspruch auf die dem jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen,
notwendigen Massnahmen hat, nicht aber auf die nach den gegebenen Umständen
bestmöglichen Vorkehren (vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG). Das Gesetz will die
Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als dies im Einzelfall
notwendig, aber auch genügend ist (BGE 134 I 105 E. 3 S. 107; BGE 131 V 9 E.
3.6.1 S. 19). Nach der Rechtsprechung bezieht sich die Notwendigkeit des
Hilfsmittels auf die konkrete Situation, in welcher die versicherte Person lebt
(BGE 135 I 161 E. 5.1 S. 166). Zudem besteht nur Anspruch auf Hilfsmittel in
einfacher und zweckmässiger Ausführung (Art. 21 Abs. 3 IVG und Art. 2 Abs. 4
HVI). Die einfache und zweckmässige Hilfsmittelversorgung muss zeitgemäss sein
(BGE 132 V 215 E. 4.3.3 S. 227; SVR 2011 IV Nr. 64 S. 191, 9C_807/2010 E. 31;
vgl. für den Bereich der Kommunikationsgeräte auch: SVR 2005 IV Nr. 23 S. 89, I
722/03 E. 4.1).

5.2 Die Vorinstanz hat einen Anspruch auf Abgabe des ProxTalker verneint, weil
die Versicherte für die Herstellung und Pflege des täglichen Kontaktes mit der
Umwelt nicht auf ein solches Kommunikationsgerät angewiesen sei. Die
gesprochene Sprache stellt nach Ansicht des kantonalen Gerichts keine zwingende
Voraussetzung für die Kommunikation dar, sondern könne, gerade bei kleinen
Kindern, bei denen die Auseinandersetzung mit der Umwelt nicht auf die verbale
Ebene beschränkt sei, auch durch Zeichen oder andere Mittel erfolgen. Da die
Versicherte in der Lage sei, auf die gesprochene Sprache nonverbal zu
reagieren, könne sie ihr Mitteilungsbedürfnis auch ohne das beantragte Gerät
befriedigen, indem sie beispielsweise auf ein Bild oder Foto zeige. Für die
Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt sei der ProxTalker nicht notwendig,
denn er ermögliche keine spontane und situationsbezogene Kommunikation, sondern
lediglich die Wiedergabe vordefinierter und eigens
BGE 139 V 115 S. 119
programmierter Wörter, Geräusche und Sätze. Daraus schloss die Vorinstanz, dass
- soweit bei der Versicherten überhaupt möglich - die Verfestigung logopädisch
vermittelter (Wort-)Kenntnisse und Fähigkeiten und damit therapeutische
Anstrengungen im Vordergrund stünden.

5.3 In der Beschwerde wird geltend gemacht, entgegen dem angefochtenen
Entscheid trage der ProxTalker durchaus zur spontanen, situationsbezogenen
Kommunikation bei. In diesem Sinne sei er zur Pflege des Kontakts mit der
Umwelt und aktiven Teilnahme am Familien- und Gesellschaftsleben notwendig. Der
Vorinstanz wird vorgeworfen, den Angaben in den medizinischen Unterlagen und
den Fachberichten der Ergotherapeutin und der Berufsberaterin der IV-Stelle
hinsichtlich der beschränkten Möglichkeiten einer nonverbalen Reaktion und
Kommunikation der Versicherten nicht genügend Rechnung zu tragen. Kritisiert
wird auch, dass eine Verständigung mittels Zeichen oder anderer Mittel keine
ausreichende Kommunikationsform darstelle und zunehmend an Grenzen stosse.
Bildkarten und Fotos würden dem Kommunikationsbedürfnis der Versicherten nicht
mehr gerecht und könnten keinen Beitrag zur Weiterentwicklung eines Kindes im
Grundschulalter leisten. Die von der Vorinstanz geäusserte Befürchtung einer
Vernachlässigung der zwischenmenschlichen Zuwendung wegen des Einsatzes des
ProxTalker ist nach Ansicht der Eltern unbegründet, da das Kind aufgrund seiner
schweren Hilflosigkeit intensive Pflege und Aufmerksamkeit erhalte.

6.

6.1

6.1.1 Der ProxTalker erlaubt es sprechbehinderten Personen, mittels indirekter
verbaler Kommunikation, sich selbst verbal-kommunikativ auszudrücken. Im
Gegensatz zur Verwendung von Kärtchen mit Bildern und Symbolen ist somit eine
gleichzeitige "eigene" Sprachausgabe möglich. Die Lautsprache ist unter
Anwesenden die üblichere Form der Kommunikation als das Zeigen auf Bilder.
Etwas anderes kann auch dem von der Vorinstanz erwähnten Urteil 9C_214/2008 vom
31. Juli 2008 E. 2.3 nicht entnommen werden. Wenn dort im Zusammenhang mit
einem "Big Buddy Button" ausgeführt wurde, unter Kommunikation sei auch die
Verständigung durch Zeichen oder andere Mittel zu verstehen, kann daraus nicht
abgeleitet werden, die Verständigung durch Zeichen, Laute und Gesten stelle
bereits eine ausreichende Kommunikationsform dar und lasse ein
Kommunikationsgerät mit Sprachausgabe als nicht notwendig erscheinen. Eine
Verbesserung gegenüber einfachen
BGE 139 V 115 S. 120
Bildern bietet der ProxTalker insofern, als er der Versicherten aufgrund der
Sprachausgabe eine Kontaktaufnahme aus eigenem Antrieb erlaubt, indem diese
beispielsweise jemanden "rufen" kann. Anhand von Bildern und Fotos kann sie
zwar etwas zu essen oder die Wasserflasche verlangen, indem sie das Bild einer
Bezugsperson bringt. Dafür muss sie jedoch zuerst deren volle Aufmerksamkeit
erlangen.

6.1.2 Abgesehen von einer besseren und üblicheren Verständigung mittels
verbaler Laute weist das beantragte Kommunikationsgerät gegenüber einem
Bilderbuch auch deswegen einen Mehrwert auf, weil es mit einer grossen Anzahl
von codierten Bildern ausgestattet werden kann und so eine laufende Anpassung
an die vorhandene Kommunikationsfähigkeit erlaubt. Eine solch variable Palette
könnte nur mit einer grossen Anzahl von Bilderbüchern erreicht werden, welche
zudem schwer zu transportieren wären. Da mit dem ProxTalker ganze Sätze
wiedergegeben werden können, bietet er umfassendere Mitteilungsmöglichkeiten
als ein Bilderbuch. Hinsichtlich der Unterstützung in der Kommunikation ist ein
Bilderbuch somit unvergleichlich weniger gut geeignet als das beantragte
Hilfsmittel.

6.2

6.2.1 Laut Ziff. 4.2 des gemäss Art. 27 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 24
Abs. 2 IVV zwischen dem BSV und der Active Communication GmbH abgeschlossen
Vertrages vom 6. Dezember 2010 (verlängert bis 31. Dezember 2012 gemäss
IV-Rundschreiben des BSV Nr. 301 vom 16. August 2011; vgl. auch
IV-Rundschreiben Nr. 318 vom 21. Dezember 2012), auf welchen IV-Stelle und
Vorinstanz verweisen, erfolgt keine Finanzierung durch die
Invalidenversicherung bei Hilfsmitteln, welche hauptsächlich in der
Sonderschule benutzt werden oder der Sprachförderung dienen (Zuständigkeit der
Kantone).

6.2.2 Im Unterschied zu dem in BGE 131 V 9 beurteilten Fall eines von Trisomie
21 betroffenen Kindes dient der ProxTalker nicht hauptsächlich dem Spracherwerb
oder dem Aneignen der Sprechfähigkeit der Versicherten. Im Gegensatz zu einem
an Trisomie 21 leidenden Kind, das im Vergleich mit nichtbehinderten
Altersgenossinnen und Altersgenossen einen Entwicklungsrückstand hinsichtlich
Wortschatz und Artikulationsfähigkeit aufweist und bei dem es somit nicht darum
geht, mit Hilfe eines Kommunikationsgerätes ein behinderungsbedingt bleibendes
Defizit auszugleichen, fehlt bei der Versicherten aufgrund ihrer
Grunderkrankung die für eine Sprachentwicklung notwendige Basis. Sie wird mit
BGE 139 V 115 S. 121
überwiegender Wahrscheinlichkeit nie eine Lautsprache erwerben können. Anders
als andere Kinder in ihrem Alter verfügt sie nicht über eine eingeschränkte,
sondern über gar keine eigene verbale Kommunikation. Es geht folglich in erster
Linie darum, ihr mittels bildunterstützter (verbaler) Kommunikationshilfe
überhaupt die Möglichkeit zu geben, aus eigenem Antrieb Kontakt aufzunehmen und
ihre (Grund-) Bedürfnisse mitzuteilen. Damit kommt dem ProxTalker bei der
eigentlichen Kommunikation im Alltag eine wesentliche selbstständige Bedeutung
zu.

6.3

6.3.1 Damit der gesetzgeberischen Zielsetzung, auch Schwerstinvaliden den
Kontakt mit der Umwelt zu ermöglichen, Rechnung getragen werden kann, geht die
Rechtsprechung davon aus, dass an die Kommunikationsfähigkeit dieser
Versichertenkategorie keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen
(bereits erwähntes Urteil 9C_214/2008 E. 2.3 mit Hinweis auf die Botschaft vom
27. Februar 1967 zur 1. IV-Revision, BBl 1967 I 653, 668 f. und 676 f.). Bei
einem schwerstbehinderten Kind genügt unter Umständen bereits eine mit dem
Kommunikationsgerät erreichbare Verbesserung des Kontakts mit der Umwelt. Es
ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Indikation gegeben ist.

6.3.2 Die Anerkennung des ProxTalker als Kommunikationsgerät kann entgegen dem
angefochtenen Entscheid nicht mit dem Argument verneint werden, dieses erlaube
keine spontane und situationsbezogene Kommunikation. Für die pflegerische
Betreuung bedeutet es beispielsweise schon eine erhebliche Erleichterung, wenn
das Gerät vorprogrammierte Wörter und Sätze wiedergibt. Der ProxTalker ist für
die Versicherte die einzige Möglichkeit einer sprachlichen Kommunikation
überhaupt. Da sie sich auch keiner über das Zeigen auf Bilder oder Gegenstände
hinausgehenden Gebärdensprache bedienen kann und aufgrund der fehlenden
kognitiven und motorischen Voraussetzungen nicht mit einer Schreibfähigkeit zu
rechnen ist, kommt dem Gerät im Rahmen der Mitteilung elementarer
Lebensbedürfnisse erhebliche Bedeutung zu, auch wenn dieses der Versicherten
nicht erlaubt, sich aller Facetten der Sprache und der spontanen und
situationsbezogenen Interaktion zu bedienen. Eine solche Verbesserung des
täglichen Kontakts wird vom gesetzlich angestrebten Eingliederungserfolg von
Art. 21 Abs. 2 IVG erfasst, dessen Ziel es ist, die Autonomie der invaliden
Person aufgrund der in der Liste angeführten Hilfsmittel zu fördern.
BGE 139 V 115 S. 122

6.4 Da der ProxTalker der Versicherten eine über den nonverbalen Ausdruck
mittels Zeigen auf Bilder hinausgehende Kommunikation erst ermöglicht und sie
für die Pflege des täglichen Kontaktes mit der Umwelt auf ein ihre
Kommunikationsfähigkeit unterstützendes Gerät angewiesen ist, ist der
ProxTalker in ihrem Falle als notwendiges Hilfsmittel im Sinne von Art. 2 Abs.
1 HVI in Verbindung mit Ziff. 15.02 HVI-Anhang zu betrachten.

7.

7.1 Das Erfordernis der notwendigen intellektuellen und motorischen Fähigkeiten
zur Bedienung des Gerätes im Sinne von Ziff. 15.02 HVI-Anhang ist bei
schwerstbehinderten Kindern dahin gehend zu verstehen, dass einzelfallweise zu
prüfen ist, ob mit einem Hilfsmittel die Kommunikationsfähigkeit des Kindes
unter Berücksichtigung seiner Möglichkeiten nützlich erweitert werden kann
(bereits erwähntes Urteil 9C_214/2008 E. 2.4). Dies ist im Falle der
Versicherten zu bejahen, da der ProxTalker - auch nach Ansicht der mit ihr
befassten Ärzte - ein einfach zu bedienendes Gerät ist, das ihr im täglichen
Kontakt zusätzliche Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet.

7.2 Der ProxTalker ist zudem gemessen an der zu erfüllenden Aufgabe besserer
kommunikativer Möglichkeiten durchaus zweckmässig und angemessen.

8. Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht
nicht standhält und die Versicherte angesichts der hiervor aufgezeigten
Umstände Anspruch auf Abgabe des streitigen Kommunikationsgeräts durch die
Invalidenversicherung hat.