Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 139 IV 161



Zurück zur Einstiegsseite Drucken

Urteilskopf

139 IV 161

20. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen)
6B_142/2012 vom 28. Februar 2013

Regeste

Art. 15 Verantwortlichkeitsgesetz; Ermächtigung zur Strafverfolgung eines
ehemaligen Angestellten der Bundespolizei.
Bestätigung der Rechtsprechung, wonach der Mangel einer fehlenden Ermächtigung
zur Strafverfolgung eines Beamten geheilt wird, wenn die obere kantonale
Instanz mit voller tatsächlicher und rechtlicher Kognition zu Beginn des
Rechtsmittelverfahrens die Ermächtigung einholt (E. 2.5).
Anwendung auf den Einzelfall, in dem die Ermächtigung zur Strafverfolgung einen
Tag vor der obergerichtlichen Hauptverhandlung erteilt wurde. Unter
Berücksichtigung verschiedener Umstände ist eine definitiv nicht erfüllbare
positive Prozessvoraussetzung anzunehmen (E. 2.6).

Sachverhalt ab Seite 162

BGE 139 IV 161 S. 162

A. X. stand seit 1. April 2003 im Dienst der Bundespolizei. Er wurde unter
anderem wegen Missbrauchs der elektronischen Zeiterfassung am 21. August 2008
fristlos entlassen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
hiess am 3. April 2009 eine gegen die fristlose Entlassung gerichtete
Beschwerde teilweise gut und hielt fest, dass das Arbeitsverhältnis ordentlich
auf den 31. Dezember 2008 aufgelöst war. Am 7. Juli 2009 reichte das Bundesamt
für Polizei (Fedpol) beim Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland
Strafanzeige wegen Betrugs ein. Dieses sprach X. mit Strafmandat vom 20. August
2009 diesbezüglich schuldig. Es warf ihm vor, während mindestens 9,5 Stunden
von seinem Arbeitsplatz abwesend gewesen zu sein, ohne ausgestempelt zu haben.
Gegen das Strafmandat erhob X. Einspruch.
Am 26. Januar 2011 verurteilte das Regionalgericht Bern-Mittelland X. wegen
mehrfachen Betrugs sowie wegen (jeweils mehrfacher) einfacher und grober
Verkehrsregelverletzung zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr.
25.- bei einer Probezeit von zwei Jahren, zu einer Verbindungsbusse von Fr.
500.- sowie zu einer Übertretungsbusse von Fr. 1'900.-. Die gegen dieses Urteil
gerichtete Berufung wies das Obergericht des Kantons Bern am 20. September 2011
ab.

B. X. erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Bern vom 20. September 2011 sei aufzuheben, und er sei
vom Vorwurf des Betrugs freizusprechen. Eventualiter sei die Strafuntersuchung
diesbezüglich einzustellen. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Das gleichzeitig gestellte Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege zog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. März
2012 zurück.

C. Das Obergericht des Kantons Bern beantragt in seiner Vernehmlassung
sinngemäss, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Im Übrigen verweist es
auf den angefochtenen Entscheid. Die
BGE 139 IV 161 S. 163
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte am 12. November 2012, nachdem sein
Gesuch um Fristerstreckung am 7. November 2012 abgewiesen worden war. Mit der
Replik ist er (in Abweisung des Wiedererwägungsgesuchs) nicht zu hören.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, ihn wegen Betrugs zu Lasten
der Eidgenossenschaft verurteilt zu haben, ohne dass die nötige Ermächtigung
nach Art. 15 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit
des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten
(Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32) rechtzeitig vorgelegen habe. Gemäss
Art. 15 Abs. 2 VG hätte unverzüglich nach der Strafanzeige des Fedpols vom 7.
Juli 2009 um Ermächtigung nachgesucht werden müssen. Selbst wenn man annehmen
wollte, dass dies im kantonalen Berufungsverfahren nachgeholt werden könnte,
sei dies erst einen Tag vor der Berufungsverhandlung und damit verspätet
erfolgt. Zudem habe er erst mit der schriftlichen Begründung des Urteils vom
20. September 2011 von der Ermächtigung erfahren. Er habe keine Gelegenheit
gehabt, sich zur Ermächtigungsverfügung zu äussern. Der Beschwerdeführer rügt
unter anderem eine Verletzung von Art. 15 Abs. 1 und 2 VG.

2.2 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer als ehemaliger Angestellter der
Bundespolizei unter den Anwendungsbereich des Verantwortlichkeitsgesetzes fällt
und der vorgeworfene Betrug einen Amtsbezug aufweist. Die erste Instanz fällte
ihren Entscheid am 26. Januar 2011. Am 7. Februar 2011 meldete der
Beschwerdeführer Berufung an. Die erste Instanz hielt in ihrer schriftlichen
Begründung fest, die unterbliebene Ermächtigung könne durch die
Rechtsmittelinstanz eingeholt werden. Sie überwies die Akten am 1. April 2011
an die Vorinstanz. Diese wies unter anderem am 4. Mai 2011 Beweisanträge der
Verteidigung ab und lud am 15. Juni 2011 die Verfahrensbeteiligten auf den 20.
September 2011 zur Berufungsverhandlung vor. Am 15. September 2011 ersuchte sie
das EJPD um Ermächtigung im Sinne von Art. 15 VG. Die Ermächtigungsverfügung
datiert vom 19. September 2011. Am 20. September 2011 fand die
Berufungsverhandlung statt und wurde der vorinstanzliche Entscheid gefällt.
BGE 139 IV 161 S. 164

2.3 Art. 15 Abs. 1 VG sieht vor, dass die Strafverfolgung von Beamten wegen
strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung
beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, der
Ermächtigung des EJPD bedarf. Die Bestimmung bezweckt den Schutz des Beamten
vor Belästigung durch ungerechtfertigte Strafanzeigen und gleichzeitig einen
reibungslosen Gang der Verwaltung (BGE 112 Ib 350 E. 2c S. 352; BGE 110 IV 46
E. 3b S. 48; je mit Hinweis; Botschaft vom 29. Juni 1956 zum Entwurf eines
neuen Verantwortlichkeitsgesetzes, BBl 1956 I 1398 Ziff. IV.2.; CHRISTOF RIEDO,
Der Strafantrag, 2004, S. 55 f.). Diese Ziele können selbstredend nur erreicht
werden, wenn die Ermächtigung zu Beginn eines Strafverfahrens eingeholt wird.
Art. 15 Abs. 2 VG hält entsprechend fest, dass kantonale
Strafverfolgungsbehörden darum "unverzüglich" ("immédiatement",
"immediatamente") zu ersuchen haben. Entgegen der Auffassung der
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern besteht die
Ermächtigungsvoraussetzung unabhängig davon, ob die Strafanzeige durch eine
Privatperson oder eine Behörde des Bundes respektive durch den Arbeitgeber des
Beschuldigten erfolgt. Eine entsprechende Ausnahme sieht das
Verantwortlichkeitsgesetz nicht vor. Es liegt nicht im Ermessen der kantonalen
Strafverfolgungsbehörden, darüber zu entscheiden, in welchen Fällen von der
Ermächtigung abgesehen werden kann. Ebenso wenig ist darin eine "reine
Formalität" zu erblicken. Dies gilt zumindest, wenn die Verweigerung einer
Ermächtigung durchaus im Raum steht (Art. 15 Abs. 3 VG).
Wird das Ermächtigungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach
(umfangreichen) Untersuchungshandlungen eingeleitet, wird die Schutzfunktion
von Art. 15 VG unterlaufen. Verweigert die zuständige Behörde die Ermächtigung,
so sind der Beschuldigte und die betroffene staatliche Institution regelmässig
stärker tangiert als nach bloss dringlichen sichernden Massnahmen (Art. 15 Abs.
2 VG) respektive nach den nötigen Erhebungen im Hinblick auf das
Bewilligungsverfahren. Der Beschwerdeführer bringt zudem vor, die
Wahrscheinlichkeit, dass die Ermächtigung erteilt werde, sei nach einer
erstinstanzlichen Verurteilung wesentlich grösser. Dies ist im Sinne eines
"Fait accompli" nicht von der Hand zu weisen, selbst wenn eine
Ermächtigungsverweigerung in jenem Zeitpunkt nicht "fast unmöglich" ist. Mithin
erhöht sich der Druck, die Ermächtigung zu erteilen. Das kann sich insbesondere
bei einem gemäss Art. 15 Abs. 3 VG leichten Fall zum Nachteil des Beschuldigten
BGE 139 IV 161 S. 165
auswirken. Diese Bestimmung sieht bei gewissen Voraussetzungen die Verweigerung
der Ermächtigung vor. Sie will eine unbillige doppelte, das heisst
strafrechtliche und disziplinarische Ahndung von leichten Fällen vermeiden.
Nach HAUENSTEIN wird die Ermächtigung selbst bei einem leichten Fall trotz
vorhandenem Verweigerungsgrund erteilt, wenn erst die Rechtsmittelinstanz um
die Ermächtigung nachsucht. Ein leichtes Vermögensdelikt liegt nach dem
genannten Autor bei Deliktsbeträgen bis zu Fr. 500.- (per Ende 1994) vor
(ROLAND HAUENSTEIN, Die Ermächtigung in Beamtenstrafsachen des Bundes, 1995, S.
160 ff. und 169 f.).

2.4 Dem Beschwerdeführer wird ein Deliktsbetrag von Fr. 554.40 zur Last gelegt.
Mithin ist grundsätzlich von einem leichten Fall auszugehen. Der
Beschwerdeführer wurde durch die Kündigung per Ende 2008 und vor der
Anzeigeerstattung disziplinarisch zur Verantwortung gezogen. Diese Umstände
legen prima vista die Erfüllung der Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 3 VG und
ein Absehen von der Strafverfolgung nahe. Die über zwei Jahre nach Eröffnung
der Strafuntersuchung (3. August 2009) im Rahmen des kantonalen
Berufungsverfahrens (in dessen Verlauf bereits weitere prozessleitende
Entscheide ergingen, E. 2.2 hievor) eingeholte Ermächtigung der
Bundesanwaltschaft ist verspätet und in diesem Sinne mangelhaft.

2.5 Umstritten sind die Rechtsfolgen einer verspäteten Ermächtigung. Das
Verantwortlichkeitsgesetz beantwortet die Frage nicht, ebenso wenig die
Schweizerische Strafprozessordnung in Art. 303 StPO. Nach dem klaren
Gesetzeswortlaut ist die Ermächtigung zur Strafverfolgung im Voraus und
möglichst frühzeitig einzuholen. Dies folgt auch aus der teleologischen
Auslegung (E. 2.3 hievor). Gleichwohl handelt es sich um eine positive
Prozessvoraussetzung mit relativer Sperrwirkung (NIKLAUS SCHMID,
Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2005, Rz. 535 ff.). Das Bundesgericht hat in BGE
110 IV 46 E. 3b S. 47 f. erwogen, dass eine verspätete Ermächtigung nicht die
Nichtigkeit des Strafurteils zur Folge hat, wenn sie zu Beginn des Verfahrens
vor der oberen kantonalen Instanz eingeholt wird und dieser die volle
rechtliche und tatsächliche Kognition zusteht. Auch HAUENSTEIN (a.a.O., S. 91)
stellt auf den Beginn des Rechtsmittelverfahrens ab und bejaht in diesem Fall
eine Heilung des Mangels (vgl. zudem ROBERT ROTH, in: Commentaire romand, Code
de procédure pénale suisse, 2011, N. 34 f. zu Art. 7 StPO, und HAUSER/SCHWERI/
BGE 139 IV 161 S. 166
HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 19 Rz. 2, welche
auf den obgenannten Bundesgerichtsentscheid verweisen und eine Heilung im
Rechtsmittelverfahren bejahen, ohne näher auf den spätesten Zeitpunkt
einzugehen; vgl. auch CORNELIA HÜRLIMANN, Die Eröffnung einer Strafuntersuchung
im ordentlichen Verfahren gegen Erwachsene im Kanton Zürich, 2006, S. 118 f.).
Nach RIEDO/FALKNER hingegen sind die Erhebungen, die über das für das
Ermächtigungsverfahren Erforderliche hinausgehen, nichtig. Die Ermächtigung hat
nach der Meinung dieser Autoren vor Beginn des (erstinstanzlichen)
gerichtlichen Verfahrens zu erfolgen (RIEDO/FALKNER, in: Basler Kommentar,
Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 29 zu Art. 303 StPO). Auch MAURER
stellt betreffend den spätesten Zeitpunkt grundsätzlich auf den Beginn des
gerichtlichen Verfahrens vor erster Instanz ab (THOMAS MAURER, Das bernische
Strafverfahren, 2. Aufl. 2003, S. 334).
Es besteht keine Veranlassung, von BGE 110 IV 46 abzuweichen. Dass bei
fehlender Ermächtigung der Mangel zu Beginn eines Rechtsmittelverfahrens (bei
voller rechtlicher und tatsächlicher Kognition der Rechtsmittelinstanz) in
keinem Fall geheilt werden kann, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt und
übertrieben streng. Gleichwohl ist mit Blick auf den Zweck des
Ermächtigungsverfahrens weiterhin zu verlangen, dass die obere Instanz
unverzüglich und damit zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens tätig wird. Eine
noch spätere Ermächtigung, insbesondere unmittelbar vor dem zweitinstanzlichen
Erkenntnis, lässt den Schutzgedanken der Bestimmung von Art. 15 VG ins Leere
laufen.

2.6 Die Ermächtigungsverfügung der Bundesanwaltschaft lag der Vorinstanz erst
einen Tag vor der am 20. September 2011 durchgeführten Hauptverhandlung vor (E.
2.2 hievor). Dadurch wurde der Mangel, dass die Ermächtigung entgegen Art. 15
VG nicht zu Beginn des Strafverfahrens eingeholt worden war, nicht geheilt.
Dies gilt umso mehr, als die fehlende Ermächtigung der ersten Instanz bekannt
war und im Rahmen ihrer schriftlichen Erwägungen thematisiert wurde. Solches
geht bereits aus dem Inhaltsverzeichnis der Urteilsbegründung hervor. Diese
Akten gingen der Vorinstanz am 6. April 2011 zu. Ungeachtet dessen erliess sie
am 4. Mai 2011 und 25. Mai 2011 Entscheide in Bezug auf die Verfahrenssprache
und Beweisanträge und gelangte sie erst am 15. September 2011 an die
Ermächtigungsbehörde.
BGE 139 IV 161 S. 167
Der Verfahrensfehler führt zur Nichtigkeit des vorinstanzlichen Schuldspruchs
wegen Betrugs (BGE 110 IV 46 E. 3b S. 47 mit Hinweis auf das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. März 1940, in: ZR 39/1940 Nr. 88). Es
stellt sich die Frage, ob die Vorinstanz die fehlende Prozessvoraussetzung
nachzuholen und das Rechtsmittelverfahren zu wiederholen hat. Bestätigte die
Bundesanwaltschaft in einem solchen Fall ihren Entscheid vom 19. September 2011
respektive erteilte sie erneut die Ermächtigung zur Strafverfolgung, so wäre
dieser Entscheid endgültig (Art. 15 Abs. 4 VG). Die Verteidigungsrechte des
Beschwerdeführers wären nicht in einem grösseren Ausmass gewahrt. Vielmehr
erführe der Beschwerdeführer durch die Wiederholung des Rechtsmittelverfahrens
und die damit in aller Regel einhergehende Belastung eine Benachteiligung. Zu
berücksichtigen ist, dass dem Beschwerdeführer ein relativ geringer
Deliktsbetrag angelastet wird, grundsätzlich von einem leichten Fall im Sinne
von Art. 15 Abs. 3 VG auszugehen ist und in Anwendung dieser Bestimmung mit
Blick auf die ausgesprochene Kündigung die Voraussetzungen für ein Absehen von
der Strafverfolgung gegeben erscheinen. Weiter ist in Rechnung zu stellen, dass
die durchgeführte Strafverfolgung und die erstinstanzliche Verurteilung ohne
Ermächtigung sowie das Zuwarten der Vorinstanz bis unmittelbar vor der
Hauptverhandlung, wenn nicht ein "Fait accompli" geschaffen, so zumindest die
Wahrscheinlichkeit einer nachträglichen Ermächtigungserteilung wesentlich
erhöht haben. Dies darf dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen.
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos, wer im konkreten Fall
Anzeigeerstatter war. Anzufügen bleibt, dass die Vorinstanz erst wenige Tage
vor der Hauptverhandlung das Ermächtigungsverfahren einleitete. Diese Säumnis
haben beide gerichtlichen Instanzen und nicht etwa der Beschwerdeführer zu
vertreten. Obgleich die erste Instanz vom Mangel Kenntnis hatte, ist nicht
ersichtlich, dass sie die Vorinstanz im Rahmen der Aktenüberweisung
ausdrücklich auf die fehlende und von Amtes wegen einzuholende Ermächtigung
aufmerksam gemacht hat. Hingegen hat sie die fehlende Prozessvoraussetzung in
ihrer Urteilsmotivation zur Sprache gebracht. Unter Berücksichtigung der
genannten Umstände ist es sachgerecht, von einer nicht nachholbaren
Prozessvoraussetzung auszugehen. Der Beschwerdeführer ist so zu stellen, wie
wenn ein dauerndes Prozesshindernis bestünde, respektive die fragliche positive
Prozessvoraussetzung definitiv nicht erfüllbar wäre. Wie zu entscheiden wäre,
wenn
BGE 139 IV 161 S. 168
kein leichter Fall im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VG vorläge, kann offenbleiben.

2.7 Im Berufungsverfahren finden die Bestimmungen des erstinstanzlichen
Hauptverfahrens sinngemäss Anwendung (vgl. Art. 379 StPO). Die
Verfahrensleitung prüft im Hauptverfahren, ob die Prozessvoraussetzungen
erfüllt sind und Verfahrenshindernisse bestehen (Art. 329 Abs. 1 lit. b und c
StPO). Kann ein Urteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das
Verfahren ein (Art. 329 Abs. 4 StPO; vgl. auch Art. 329 Abs. 5 StPO). Das
Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren über das
Eintreten, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei Prozesshindernisse oder
fehlende Prozessvoraussetzungen geltend macht (vgl. Art. 403 Abs. 1 lit. c StPO
). Stellt die Berufungsinstanz ein Prozesshindernis fest, ergeht analog zu Art.
329 Abs. 4 StPO eine Einstellung des Verfahrens (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 9 zu Art. 403 StPO; vgl. HAUSER/
SCHWERI/HARTMANN, a.a.O., § 41 Rz. 15). Die Vorinstanz wird das Verfahren
betreffend den Betrugsvorwurf einzustellen und die Strafe für die übrigen
Delikte neu festzusetzen haben.
Es erübrigt sich, die weiteren Rügen näher zu prüfen.